Top-Transferraten durch vier Controller

SSD-Test - OCZ IBIS mit Turbo-Schnittstelle

04.03.2011 von Christian Vilsbeck
OCZ preist mit der IBIS eine Solid State Disk als 3,5-Zoll-Laufwerk mit vier SandForce-Controllern an. Für die hohe Performance ist ein HSDL-Interface mit zugehöriger PCI-Express-Karte notwendig. Im Test überzeugt die SSD durch hervorragende Transferraten - es gibt jedoch eine Alternative.

Produktdaten: OCZ hat für die IBIS die eigene proprietäre Schnittstelle HSDL entwickelt. Für die hohen avisierten Transferraten von bis zu 740 MByte/s reicht selbst SATA 6 Gbps nicht mehr aus. Die HSDL-Schnittstelle, die OCZ als offenen Standard proklamiert, verwendet ein mitgeliefertes SAS-Kabel, über das PCIe-Signale transferriert werden. Der Anschluss der IBIS im PC erfolgt über die im Paket enthaltene PCI-Express-Controller-Karte.

Die IBIS verwendet wie das RevoDrive X2 von OZC intern vier SandForce-1200-Controller. Jeweils zwei Controller sitzen mit den MLC-NANDs auf einer Platine. Bei der getesteten 240-GByte-Version der IBIS (OCZ3HSD1IBS1-240G) kommen 64 MLC-NANDs vom Typ Intel 29F32G08AAMDB zum Einsatz.

Auf einer dritten Platine befindet sich der Silicon Image Sil3124 RAID-Chip, der alle vier SF-1200 im RAID-Verfahren ansteuert. Die SATA-Signale des RAID-Chips werden dann über einen PCIe-Chip im IBIS-Laufwerk über das HSDL-Interface ausgegeben. HSDL erlaubt laut OCZ eine Bandbreite von bis zu 20 Gbit/s - umgerechnet sind somit 2,5 GByte/s möglich.

Per Werkseinstellung arbeiten die vier SandForce-Controller beim IBIS für eine maximale Performance im schnellen RAID-0-Verfahren. Optional lässt beim Booten über das eigene BIOS der SSD auch für erhöhte Datensicherheit das RAID-10-Verfahren auswählen. Hier arbeiten jeweils die beiden SF-1200-Controller auf einer Platine im schnellen RAID-0-Verfahren - diese beiden Stripesets sind dann untereinander gespiegelt. Wer will, kann auch zwei einzelne RAID-1-Volumes kreieren. Alternativ bietet das BIOS noch das RAID-5-Verfahren mit den vier SF-1200 an. Die zur Verfügung stehende Kapazität reduziert sich dann natürlich entsprechend.

OCZs IBIS wird vom System als SCSI-Karte gehandhabt. Entsprechend lässt sich von dem 3,5-Zoll-Laufwerk auch direkt booten. Bei der Installation von Windows XP, Windows Vista oder Windows 7 auf dem IBIS muss nur der entsprechende Treiber eingebunden werden.

Normalerweise unterstützen die SandForce-Controller den TRIM-Befehl. Das speziell für SSDs entwickelte ATA-Kommando ändert die Löschstrategie und beschleunigt so Schreibzugriffe. Das RevoDrive bietet allerdings keinen TRIM-Support. Schuld daran ist der RAID-Controller auf der Karte, der die TRIM-Kommandos nicht an die SandForce-Controller weitergibt. OCZ betont allerdings, dass die SSD auch ohne TRIM-Support Algorithmen verwendet, um im Laufe der Zeit sinkende Schreibraten zu verhindern. OCZ hat die MTBF für die IBIS mit 2.000.000 Stunden spezifiziert - ein üblicher Wert bei SSDs.

Die von TecChannel getestete 240-GByte-Version der IBIS kostet bei typischen Online-Händlern zirka 620 Euro. Das als PCI-Express-Karte ausgeführte OCZ RevoDrive X2 mit ebenfalls vier SandForce-Controllern ist in der 240-GByte-Version für etwa 600 Euro erhältlich. OCZ bietet die IBIS in sieben Varianten mit Kapazitäten von 100 GByte (zirka 420 Euro) bis hin zu 960 GByte (zirka 2600 Euro) an. (Stand Preise: 07.01.11). Im Laufe des ersten Quartals 2011 will OCZ noch eine PCI-Express-RAID-Controller-Karte mit vier HSDL-Anschlüssen anbieten. Damit sollen dann vier IBIS im RAID-Verfahren betrieben werden können.

Benchmarks

Geschwindigkeit: Die IBIS erreicht im vorkonfigurierten RAID-0-Modus eine maximale sequenzielle Leserate von 672 MByte/s. Im Streaming mit 128 KByte Blöcken und einer Queue-Depth von 32 sind sogar hervorragende 725 MByte/s möglich. Die hohe Leserate wird über die komplette Kapazität mit nur minimalen Einbrüchen aufrecht erhalten. Auch die maximale sequenzielle Schreibrate gibt mit 632 MByte/s wenig Anlass zur Kritik.

Sequenzielle Leserate: Im RAID-0-Modus schafft das RevoDrive X2 eine durchschnittliche sequenzielle Leserate von 648 MByte/s.

Beim Umkonfigurieren der IBIS auf RAID 10 (alle Daten gehen dabei verloren) sinkt die mittlere sequenzielle Schreibrate um über die Hälfte auf 250 MByte/s (RAID-0 576 MByte/s). Die Erklärung ist einfach, die Daten müssen parallel über beide Controller-Paare gleichzeitig geschrieben werden. Beim sequenziellen Lesen sind die Einbrüche gegenüber dem RAID-0-Verfahren dagegen relativ gering.

Sequenzielle Schreibrate: Im Durchschnitt schreibt das RevoDrive X2 in der serienmäßigen RAID-0-Konfiguration mit 591 MByte/s.

Beim typischen Lesen (243 MByte/s), Schreiben (328 MByte/s) und Kopieren (271 MByte/s) von Dateien unterschiedlicher Größe liegt die IBIS (RAID-0) mindestens zirka 50 bis 70 Prozent vor den schnellsten 2,5-Zoll-SSDs.

Bei den für professionelle Enterprise-Anwendungen wichtigen IOPS ist die IBIS eine Klasse für sich (zusammen mit dem RevoDrive X2). Die Benchmark-Suite IOMeter entlockt der SSD bei 100 Prozent zufälligen Lesen mit 4 KByte Blöcken (unaligned) und Queue Depth 32 eine Rate von 73.104 IOPS. Zum Vergleich: Eine Vertex 2 von OZC (ebenfalls MLC-NANDs und SF-1200) schafft "nur" 13.812 IOPS. Auch in den Szenarien Databaseserver, Fileserver, Webserver und Streamingserver liegt die IBIS zusammen mit dem RevoDrive X2 jeweils unangefochten in Führung.

Fazit & Daten

Die OCZ IBIS wartet mit einer hervorragenden Performance in allen Einsatzgebieten auf. Die sequenziellen Lese- und Schreibraten sind zwei- bis dreimal so hoch im Vergleich zu einem SSD-Topmodell im 2,5-Zoll-Formfaktor. Auch die IOPS sind bei der IBIS um diesen Faktor höher. Beim typischen und alltäglichen Lesen, Schreiben und Kopieren von Dateien geht es mit der IBIS stets zirka 50 bis 70 Prozent flotter voran als mit den besten 2,5-Zoll-SATA-SSDs.

Durch die identische Konfiguration mit vier SandForce-1200-Controllern entspricht die Geschwindigkeit der IBIS ziemlich exakt auch der Leistungsfähigkeit des RevoDrive X2, die als PCI-Express-Karte konzipiert ist. Wer diese Performance benötigt und vor einer Kaufentscheidung steht, dem raten wir allerdings zum RevoDrive X2. Die PCI-Express-Karte kostet etwas weniger als die IBIS, ein freier Steckkarten-Slot wird in beiden Fällen benötigt. Richtig Sinn würde die IBIS im Vergleich zum RevoDrive X2 künftig nur im 4fach-Verbund mit der HSDL-RAID-Controller-Karte machen. Allerdings wird dies eine sehr teure und exotische Lösung bleiben.

Ein günstiges Vergnügen ist weder das RevoDrive X2 noch die IBIS. Für die getesteten 240-GByte-Modelle sind etwa 600 bis 620 Euro fällig. Eine 2,5-Zoll-SATA-SSD mit 240 GByte Kapazität und SandForce-Controller gibt es für zirka 460 Euro (Stand Preise: 07.01.11). Für die gebotene Mehrleistung der IBIS beziehungsweise des RevoDrive X2 geht der Aufpreis allerdings wieder in Ordnung.

Alle SSD-Einzeltests hat unsere Schwesterpublikation TecChannel auf ihrer Übersichtsseite für Solid State Disks zusammengestellt.

Quickinfo

Produkt

IBIS OCZ3HSD1IBS1-240G

Hersteller

OCZ

Kapazität

240 GByte

Technologie

MLC-NAND

Cache / Puffer

Interner Cache in allen SF-1200-Controllern - keine Größenangabe vom Hersteller

Interface

HSDL

Leistung Leerlauf

6,6 Watt

Leistung Zugriff

9,5 Watt

Temperaturbereich - Aus

-45 bis 85° C

Temperaturbereich - Betrieb

0 bis +50° C

Fehlerrate

--

MTBF

2.000.000 Std.

Schock - Aus

1500 G / 0,5 ms

Schock - Betrieb

1500 G / 0,5 ms

Formfaktor

3,5 Zoll

Gewicht

339 Gramm

Preis (Stand: 07.01.11)

620 Euro

Testplattform

Als Testplattform für die SSDs dient uns ein Gigabyte 890GPA-UD3H mit AMD-Chipsatz 890GX. Das Socket-AM3-Mainboard statten wir mit einem Phenom II X4 910e aus. Die Quad-Core-CPU arbeitet mit einer Taktfrequenz von 2,6 GHz und ist mit einer maximalen Verlustleistung von 65 Watt besonders stromsparend. Dem Prozessor stehen 4 GByte DDR3-1333-DIMMs als Arbeitsspeicher zur Verfügung.

Testplattform: Alle 3,5-Zoll-Desktop-Festplatten werden an einem Gigabyte 890GPA-UD3H getestet. Als Betriebssystem kommt Windows 7 Professional in der 32-Bit-Ausführung zum Einsatz.

Die Ansteuerung der Festplatten übernimmt AMDs Chipsatz 890GX, der sechs SATA-3.0-Schnittstellen zur Verfügung stellt. Damit sind theoretische Transferraten von 600 MByte/s über das Interface möglich. Für Laufwerke oder Storage-Controller mit PCI-Express-Schnittstelle stehen Gen2-Interfaces zur Verfügung.

SATA 3.0: Der Chipsatz AMD 890GX stellt secht SATA-Ports mit 6 GBit/s zur Verfügung.

Als Systemlaufwerk setzen wir die 500-GByte-Festplatte Samsung SpinPoint F3 HD502HJ ein. Die SATA-II-Festplatte beherbergt das Betriebssystem Windows 7 Professional in der 32-Bit-Ausführung.

Testszenarien

Die Leistungsfähigkeit einer Festplatte bewerten wir anhand von verschiedenen Tests. Wir unterscheiden zwei Kategorien: Der Lowlevel-Benchmark tecBench lotet die maximale Leistungsfähigkeit der Festplatten mit möglichst wenig Betriebssystem-Overhead ohne Cache aus. Damit lassen sich die Angaben in den Datenblättern der Hersteller überprüfen. Um die Performance der Laufwerke in der Praxis zu untersuchen, führen wir mit unserem Applikationsbenchmark tecMark Schreib-, Lese- und Kopiertests unter realen Bedingungen durch. Zusätzlich verwenden wir die HDD-Tests der PC Mark Vantage Benchmark-Suite. Welche IOPS die SSDs in Enterprise-Szenarien liefern, messen wir mit IOMeter.

tecBench: Hardwarenaher Lowlevel-Benchmark, der die Leistung einer Festplatte weit gehend unabhängig von betriebssystemseitigen Optimierungen (z.B. Caching) und Betriebssystemoverhead (z.B. NTFS-Filesystem) beurteilt. Der Benchmark nutzt die unter Windows verfügbaren Festplatten-Devices ("\\\\.\\PhysicalDrive0", etc.) im ungepufferten Betriebsmodus ("FILE_FLAG_NO_BUFFERING" im Aufruf von CreateFile(), um möglichst nah am Festplattentreiber und damit hardwarenah zu messen.

Der Zugriffstest besteht aus einer Folge von SetFilePointer()-Aufrufen mit pseudozufällig generiertem Offsetparameter. Um sicherzustellen, dass nach jedem dieser Aufrufe auch wirklich eine physikalische Positionierung der Schreib-/Leseköpfe erfolgt, ruft der Benchmark nach jedem SetFilePointer() die ReadFile()-Funktion auf, um durch das Lesen eine physikalische Positionierung zu erzwingen.

Der Schreib- und Lesetest bedient sich der WriteFile()-, respektive ReadFile()-Funktion, um Sequenzen von Sektoren an verschiedenen Stellen der Festplatte zu schreiben beziehungsweise zu lesen. Die Positionierung der Schreib-/Leseköpfe erfolgt wiederum mit SetFilePointer().

tecMark: Der Lese- und Schreibtest von tecMark wird durch die Funktionen ReadFile() und WriteFile() realisiert. Der Benchmark erzeugt dabei Dateien und liest/schreibt eine konfigurierbare Menge von Daten in diese beziehungsweise aus diesen Dateien. Um das typische Verhalten von Applikationen zu berücksichtigen, die nur in den seltensten Fällen größere Datenblöcke lesen oder schreiben, erfolgt der Datentransfer in Blöcken der Größe 8 KByte. Der Kopiertest von tecMark nutzt die Betriebssystemfunktion CopyFile().

PC Mark Vantage: Die HDD-Suite von PC Mark Vantage simuliert den typischen Alltagseinsatz einer Festplatte. Durch die Nachbildung der Dateioperationen wird der Durchsatz beim Start von Windows Vista simuliert. Außerdem überprüft PC Mark Vantage den möglichen Durchsatz beim Einsatz von Windows Defender sowie beim Windows Movie Maker.

IOMeter: IOMeter ist ein Tool zur Analyse des I/O-Subsystems. Das Benchmark-Tool erfasst die I/O-Transfers pro Sekunde und die Transferrate in MByte/s. Die IOmeter-Anwendung umfasst zwei Komponenten: die Controller-Iometer-GUI und die ausführbare Dynamo-Datei zur Arbeitlastgenerierung. Beide Komponenten können auch über die Befehlszeile ausgeführt werden. Innerhalb des Controllers haben Sie die Möglichkeit, verschiedene Verwendungsmuster zu testen. Wir verwenden vordefinierte Workloads zur Simulation von Random Read, Random Write, Webserver, Databaseserver, Fileserver und Streamingserver. Jeder Test läuft 30 Minuten auf den SSDs. Vor den Tests führt IOMeter ein Preconditioning zum Vorbereiten der Laufwerke durch.

Dieser Artikel basiert auf einem beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel.