Darauf müssen Sie achten

SSD-Kaufberatung - Große Unterschiede bei Solid State Disks

12.06.2011 von Christian Vilsbeck
Bei Solid State Disks (SSD) sind die Performance-Unterschiede so gravierend wie die Preisunterschiede. Um Enttäuschungen auszuschließen, sollten vor dem Kauf einer Solid State Disk die Leistungsdaten genau überprüft werden. Wir erläutern, worauf Sie achten müssen.

Die Anzahl der angebotenen Solid State Disks wird ständig größer und unüberschaubarer. Fortwährend drängen neue Hersteller mit Flash-Produkten in den Markt und versprechen natürlich höchste Performance. Zwar klingen die propagierten Datentransferraten auf den Verpackungen verlockend, welche Technik intern verbaut wird, bleibt meist im Verborgenen.

Bei der Performance von SSDs kommt es jedoch genau auf die verbaute Technologie an. So verpuffen die versprochenen Transferraten von über 500 MByte/s in der Praxis, also beim typischen Lesen, Schreiben und Kopieren von Dateien unterschiedlichster Größe, oft schnell, wenn die Technik nicht passt. Nur auf dem Papier unterscheiden sich die SSDs in der Performance gering.

Bildergalerie: SSD-Rategber.
MLC-NAND
Sehr beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Samsungs K9HCG08U1M-PCB0 mit 8 GByte Speicherkapazität.
MLC-NAND
Beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Micron/Intels 34-nm-MLC-NANDs.
SLC-NAND
Neben Samsung produziert auch Intel Speicher-IC mit SLC-NAND-Technologie.
Hände weg
Flash-Laufwerke mit JMicron JMF602 Controller (links im Bild) fehlt ein Cache. Im Praxisbetrieb bricht die Performance dieser SSDs stark ein.
Zugreifen
SSDs mit Indilinx Barefoot IDX Controller (rechts unten) und Cache (rechts oben) überzeugen mit einer durchgehend hohen Performance.
Top-Performance
Der SandForce SF-2200 (Nachfolger der SF-1200-Serie) ermöglicht Transferraten von über 500 MByte/s. Neben den hohen sequenziellen Transferraten überzeugt der Controller durch seine hohe Performance bei Alltagsanwendungen und den IOPS.
Empfehlenswert
Der SandForce-Controller SF-1500 besitzt einen internen "einige MByte" großen Puffer. Auf einen externen Cache-Baustein wird verzichtet.
Kanalbegrenzung
Intel verbaut in der X25-V den Intel-Controller PC29AS21BA0, der auch in seiner X25-M G2 verwendet wird. Allerdings sind in der X25-V nur fünf der zehn parallelen NAND-Channels des Intel-Controllers aktiv - damit werden die fünf MLC-NANDs angesteuert.
Ebenfalls empfehlenswert
Der SSD-Controller Marvell 88SS9174, der über acht Kanäle die MLC-NANDs ansteuern kann, greift zum Puffern von Daten auf einen externen Cache zurück (im Bild rechts oben). Der Controller erlaubt Transferraten von 500 MByte/s.

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit einer SSD ist die verbaute Controller-/Cache-Kombination. Die überwiegende Anzahl der vermeintlich "günstigen" SSDs setzen auf günstige Controller und besitzen oft auch keinen Cache - besonders preiswerte Auslaufmodelle. Und ein Datenpuffer ist bei SSDs ebenso wie bei Festplatten essenziell für eine hohe Performance im typischen Alltagsbetrieb, oder eben ein guter SSD-Controller. Denn bei den gerne auf Verpackungen prangenden Transferraten von über 250 MByte/s sowie von über 500 MByte/s bei der neuen Generation mit SATA 6 Gb/s handelt es sich nur um den maximalen sequenziellen Wert. Ein Cache ist bei diesem Vorgang nicht notwendig.

Worauf Sie beim Kauf einer Solid State Disk generell achten müssen, finden Sie auf den nächsten beiden Seiten.

Besser MLC- oder SLC-NAND?

Alle gängigen Solid State Disks basieren auf der NAND-Speicher-Chips. Und hier unter unterscheiden sich SSDs grundsätzlich durch die Verwendung von SLC- oder MLC-NANDs. SLC steht für Single Level Cell und bedeutet, dass eine Flash-Zelle auch nur ein Bit speichert. Dieses definiert sich durch einen festgelegten Spannungslevel. Beim Flash-Typ Multi Level Cell (MLC) lassen sich in einer Zelle aktuell zwei oder vier Bitzustände speichern. Zum Auslesen müssen aber verschiedene Vergleichsspannungen angelegt werden, die Performance sinkt - insbesondere die IOPS. Allerdings erlauben MLC-Flash-Speicher höhere Kapazitäten.

MLC-NAND: Beliebt bei SSDs mit dem Flash-Typ Multi Level Cell sind Micron/Intels 34-nm-MLC-NANDs.

Von den möglichen maximalen Transferraten sind sich SSDs mit MLC- und SLC-NANDs relativ ähnlich. Allerdings gibt es bei Flash-Laufwerken mit MLC-NANDs deutlich mehr Kapazität bei gleichzeitig günstigeren Preisen. Das Gros der auf dem Markt erhältlichen SSDs nutzt MLC-NANDs. Laufwerke mit SLC-NANDs sind überwiegend für den Einsatz in Servern und Highend-Systemen gedacht. Die SLC-basierenden SSDs bieten durch das schnellere Auslesen der Zellen höhere IOPS - allerdings nur, wenn auch der entsprechende Controller verbaut ist. Gerade bei kritischen Workloads wie Datenbanken sind hohe IOPS gefragt. Zudem suggerieren Solid State Disks mit SLC-NANDs durch MTBF-Werte von bis zu 2.000.000 Stunden eine höhere Zuverlässigkeit. Allerdings holen die MLC-NAND-SSDs auch hier auf und erreichen teilweise eine ähnliche MTBF.

So garantiert beispielsweise Intel für seine SLC-Variante X25-E wahlfreie Schreibvorgänge in einer Größenordnung von bis zu einem Petabyte. Umgerechnet könnte die SSD über einen Zeitraum von fünf Jahren jeden Tag knapp 548 GByte schreiben, bevor die Fähigkeit der SLC-Zellen erlischt, elektrische Ladungszustände zu speichern. Seinen MLC-Modellen X25-M gewährt Intel bei einer Nutzungszeit von fünf Jahren nur etwa 20 GByte wahlfreie Schreibvorgänge pro Tag. Im Langzeitbetrieb bei professionellen Enterprise-Anwendungen wird somit noch lieber zu SLC-NAND-Modellen gegriffen.

SLC-NAND: Neben Samsung produziert unter anderem auch Micron/Intel Speicher-ICs mit SLC-NAND-Technologie.

Die Kapazitäten aktueller SLC-NAND-SSDs liegen typischerweise allerdings nur bei 64 GByte. Bei den MLC-NAND-basierenden Solid State Disks sind Kapazitäten von 128 und 256 GByte bereits Standard. Modelle mit 512 GByte und mehr gibt es auch schon, allerdings liegen die Preise dann meist jenseits von 1000 Euro.

Sollte die SSD nicht gerade in kritischen Server-Workloads eingesetzt werden, so sind MLC-NAND-Produkte auf jeden Fall durch das deutlich bessere Preis-/Leistungsverhältnis vorzuziehen.

Entscheidend: Controller-/Cache-Kombination

Lassen Sie sich beim Kauf einer SSD nicht von den angepriesenen maximalen Datentransferraten blenden. Wollen Sie Enttäuschungen vermeiden, dann Finger weg von Modellen ohne Cache. Und hier sind alle Solid State Disks mit dem JMicron JMF602 zu nennen. Insbesondere sogenannte "Schnäppchen" und Auslaufmodelle verwenden gerne den JMF602. Der Controller arbeitet ohne angebunden Datenpuffer. Um besonders hohe sequenzielle Transferraten zu erreichen, verbauen einige Hersteller sogar zwei parallel agierende JMF602. Doch auch diesen Modellen fehlt ein Datenpuffer, entsprechend nutzen die zwei Controller im Praxisbetrieb kaum etwas. Älteren Solid State Disks mit dem Toshiba TC58NCF602GAT fehlt ebenfalls ein Cache - Hände weg von diesen Modellen.

Top-Performance: Der SandForce SF-2200 (Nachfolger der SF-1200-Serie) ermöglicht Transferraten von über 500 MByte/s. Neben den hohen sequenziellen Transferraten überzeugt der Controller durch seine hohe Performance bei Alltagsanwendungen und den IOPS.

Eine Sonderstellung nimmt der SandForce 1200 und SandForce 1500 ein. Die Controller nutzen spezielle Algorithmen und verzichten auf einen externen Cache, nutzen nur einen kleinen integrierten Puffer. Die Performance ist jedenfalls sehr überzeugend. Entsprechend lassen sich alles SSDs mit SandForce-Controller empfehlen. Neben der hohen Performance bei den sequenziellen Transferraten und im Praxisbetrieb bieten die SSDs mit SandForce 1200/1500 mittlerweile auch ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Noch teuer, aber in der Performance nochmals deutlich schneller sind SSDs mit dem neuen SandForce-Controller SF-2200. Damit sind sequenzielle Transferraten von 500 MByte/s möglich. Auch im Praxisbetrieb und den IOPS überzeugt der SF-2200 sehr.

Ebenfalls sequenzielle Transferraten von bis zu 500 MByte/s in Verbindung mit SATA 6 Gb/s ermöglicht der Controller Marvell 88SS9174. Im Praxisbetrieb orientiert sich die Leistungsfähigkeit der Marvell-basierenden SSDs wie die Intel 510 oder Plextor M2S an Solid State Disks mit SandForce SF-1200/1500. Nur bei den IOPS - im professionellen Segment wichtig - kann der Marvell-Controller nicht mithalten.

Hände weg: Flash-Laufwerke mit JMicron JMF602 Controller (links im Bild) fehlt ein Cache. Im Praxisbetrieb bricht die Performance dieser SSDs stark ein.

In der Gesamt-Performance unterhalb von SSDs mit SF-1200/1500 oder Marvell 88SS9174 angesiedelt sind Laufwerke mit folgenden Controller-Typen: Indilinx Barefoot IDX, Samsung S3C29RBB01-YH40 und Intel PC29AS21AA0. Alle Controller ermöglichen Bandbreiten bis zirka 250 MByte/s (sequenziell) und steuern einen Cache mit Größen von 16 bis 128 MByte an. Der aktuelle JMF612, der Nachfolger des JMF602, kann ebenfalls einen Cache ansteuern. Die Leistungsfähigkeit entsprechender JMF612-SSDs ist aber immer noch nicht überzeugend.

Billig-SSDs mit gedrosselter Top-Technik

Ein per se guter SSD-Controller führt leider nicht automatisch zu hoher Performance bei Solid State Disks. Denn bei besonders günstigen Einsteiger-SSDs werden die Controller künstlich eingebremst, damit der Abstand zu den teureren Modellen gewahrt bleibt.

Kanalbegrenzung: Intel verbaut in der X25-V den Intel-Controller PC29AS21BA0, der auch in seiner X25-M G2 verwendet wird. Allerdings sind in der X25-V nur fünf der zehn parallelen NAND-Channels des Intel-Controllers aktiv - damit werden die fünf MLC-NANDs angesteuert.

Nach diesem Verfahren geht Intel bei der X25-V 40 GByte vor. Auch Kingston setzt auf diese Methode bei der baugleichen SSDNow V-Series 40 GByte. Intels X25-V "Value" basiert auf der Mainstream-Variante X25-M G2. Entsprechend findet sich in der Einsteiger-SSD auch der Intel-Controller PC29AS21BA0 mitsamt dem 32-MByte-SDRAM-Cache. Bei den Flash-Bausteinen verwendet die X25-V ebenfalls wie die X25-M G2 die 34-nm-MLC-NANDs vom Typ Intel 29F64G08CAMD1. Allerdings finden sich in der 40-GByte-SSD nur fünf statt zehn MLC-NANDs. Entsprechend steuert der 10-Kanal-Intel-Controller nur mit fünf aktiven Kanälen die Flash-ICs an. Bei der Kingston SSDNow V-Series 40 GByte sind ebenfalls nur fünf Kanäle des Controllers aktiv.Während bei diesen Modellen die Lesegeschwindigkeit annähernd auf dem Niveau der "großen" Modelle liegt, werden Schreibvorgänge nur halb so schnell durchgeführt.

Je nachdem, wie viele Flash-ICs in einer SSD verbaut sind, unterscheidet sich auch die Performance innerhalb einer Serie. So weist beispielsweise die Intel 510 mit 120 GByte eine angegebene Leserate von 450 MByte/s auf, die 250-GByte-Version aber 500 MByte/s. Noch deutlicher ist der Unterschied beim Schreiben: 210 MByte/s beim 120-GByte-Modell und 315 MByte/s bei der 250-GByte-Variante.

Trim-Befehl von Windows 7 und Linux

Microsoft unterstützt mit Windows 7 und Windows Server 2008 R2 standardmäßig den sogenannten Trim-Befehl. Linux-Distributionen verwenden den Trim-Befehl ab der Kernel-Version 2.6.18.

Das speziell für SSDs entwickelte ATA-Kommando ändert die Löschstrategie und beschleunigt so Schreibzugriffe. Eine SSD schreibt Daten in 4-KByte-Blöcken, während der Löschvorgang gleich über einen 512-KByte-Block erfolgt. Am Anfang kann der SSD-Controller mit vollem Tempo in freie Blöcke schreiben. Mit zunehmender Nutzungsdauer schwinden die als frei gekennzeichneten Blöcke. Der Controller muss dann immer öfter vor dem Schreibvorgang 512-KByte-Blöcke einlesen und prüfen, ob die Daten noch in Gebrauch sind, bevor er sie löschen kann.

Dadurch bilden sich wiederum immer mehr 4-KByte-Blöcke mit Datenfragmenten, die bereits in anderen Zellen gespeichert sind, sprich: beschriebene Blöcke, die für den Controller nicht als frei markiert sind. So ist die SSD recht schnell "zugemüllt" und der SSD-Controller muss ständig Blöcke einlesen, bevor er sie beschreiben kann. Das kostet zusätzliche Zeit und bremst so die Schreibrate aus. Das TRIM-Feature übernimmt diese Arbeit im Vorfeld und löscht alle bereits beschriebenen, aber nicht mehr genutzten 4-KByte-Blöcke.

Moderne SSDs unterstützen überwiegend den Trim-Befehl. Einige Hersteller bieten auch Firmware-Upgrades mit Trim-Support für ihre Solid State Disks an. Bei schon länger auf dem Markt erhältlichen SSDs sowie insbesondere bei günstigen Einstiegsmodellen gibt meist keine Trim-Unterstützung.

Fazit

Wer eine gute Solid State Disk mit vernünftiger Kapazität will, muss noch immer vergleichsweise tief in die Tasche greifen. Allerdings gibt es dann einen deutlichen Geschwindigkeitsschub gegenüber Festplatten. Informieren Sie sich jedenfalls vor dem Kauf genau über die Spezifikation der SSD. Die Performance einer Solid State Disk ist entscheidend von der verwendeter Controller-/Cache-Kombination abhängig.

Zu den empfehlenswerten Modellen zählen SSDs mit SandForce-Controllern SF-1200/1500. Hier stimmt das Preis-/Leistungsverhältnis meistens - vor allem überzeugt die Performance. Nochmals deutlich schneller arbeiten SSDs mit dem neuen SF-2200-Controller, allerdings liegen die Preise der Laufwerke noch relativ hoch.

Sind hohe IOPS gefragt, speziell in Servern und Datenbank-Anwendungen, so empfiehlt sich der Griff ebenfalls der Griff zu einer SSD mit SandForce-Controller. SLC-NAND-basierenden Solid State Disks lohnen dabei nur im Enterprise-Segment, wenn im Langzeitbetrieb eine sehr hohe Ausfallsicherheit gefordert wird. SLC-NANDs besitzen gegenüber den MLC-NANDs eine höhere spezifizierte MTBF - auch wenn die Multi-Level-Chips aufholen. Bei den Preisen und Kapazitäten sind die SLC-NAND-basierenden Enterprise-SSDs den Mainstream-Produkten mit MLC-NANDs natürlich deutlich unterlegen.

Bei den "Billig-SSDs" fällt das Fazit meist enttäuschend aus. Während die sequenziellen Transferraten teilweise noch sehr hoch sind, bricht die Performance im Praxiseinsatz oft völlig ein. Schuld daran ist meist der fehlende Cache oder ein günstiger Controller. Immerhin geht das Starten von Windows etwas flinker vonstatten als mit einer 2,5-Zoll-Festplatte. Auch ist bei fast allen SSDs die "gefühlte" Reaktionszeit beim täglichen Arbeiten mit Applikationen kürzer. An den geräuschlosen Betrieb - besonders in Notebooks - lässt sich ebenfalls schnell gewöhnen.

Dennoch: Wenn Sie sich schon für eine immer noch vergleichsweise teure SSD entscheiden, dann legen Sie noch ein paar gut investierte Euros für ein vernünftiges Modell auf die Ladentheke. Dann sollte auch der Trim-Support schon inklusive sein. (cvi)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel.