Der Festplatten-Supergau

SSD adé - Was kann man gegen Totalausfälle tun?

14.07.2012 von Thorsten Eggeling
Meldungen über die ersten SSD-Ausfälle häufen sich. Für die Käufer bedeutet das Ärger und den Verlust wertvoller Daten. Wir verraten, welche Festplatten betroffen sind.

Solid State Drives (SSDs) sind schon seit einigen Jahren auf dem Markt. SSDs sind sehr schnell und arbeiten darüber hinaus geräuschlos. Das macht sie trotz der geringen Speicherkapazität und ihres hohen Preises attraktiv. Es bestehen inzwischen aber Zweifel daran, ob die SSD-Technik bei allen Herstellern und Modellen wirklich schon ausgereift ist. Uns liegen zahlreiche E-Mails vor, in denen Leser von Ausfällen nach einer kurzen Betriebsdauer von einem halben oder einem Jahr berichten. Gleichlautende Berichte sind auch in Produktbewertungen bei Amazon und anderen Online-Shops zu finden. Oft kündigt sich der Ausfall bereits einige Zeit vorher an. Windows stürzt ab oder startet nicht mehr. Viele Anwender installieren dann das System neu. Einige Tage lang funktioniert alles wieder problemlos, danach kommt es zum Totalausfall und die SSD wird auch vom Rechner-BIOS nicht mehr erkannt.

Vorzeitiger Verschleiß? So lange halten SSDs durch

Die Lebensdauer jeder PC-Hardware ist begrenzt. Thermische und mechanische Einflüsse setzen den elektronischen Bauteilen zu und führen erst zu Fehlfunktionen und anschließend zum kompletten Ausfall. Von SSDs ist bekannt, dass sie nur eine begrenzte Anzahl an Schreibzugriffen vertragen. Damit einzelne Speicherzellen nicht übermäßig beansprucht werden und schnell ausfallen, kommen Techniken zum Einsatz, bei denen die Schreibzugriffe abwechselnd auf bisher wenig benutzte Speicherbereiche erfolgen. Dazu kommen – je nach Kapazität der SSD – meist mehrere GB Reservezellen. Bei Defekten werden Reservezellen verwendet, ohne dass die Kapazität der SSD sichtbar reduziert wird.

Als Richtwert für die Lebensdauer geben die SSD-Hersteller meistens den MTBF-Wert (Mean Time Between Failures) an, beispielsweise 1,5 Millionen Stunden. Selbst wenn der Rechner nie ausgeschaltet wird, müsste die SSD mehr als 170 Jahre halten. Realistischer wäre der TBW-Wert (Tera-Bytes Written) als Lebensdauerangabe, der sich aber häufig nur bei Geräten für den Server-Einsatz findet. Wer 20 GB täglich auf seine SSD schreibt, kommt auf 7,2 TB im Jahr.

Auch bei einem vergleichsweise eher niedrigen TBW von 80 sollte eine SSD gut zehn Jahre halten. Zum Vergleich: Bei Festplatten geben die Hersteller inzwischen meist einen AFR-Wert (Annualized Failure Rate) an. AFR errechnet sich aus der Anzahl der Stunden, die die Festplatte unter bestimmten Bedingungen durchschnittlich pro Jahr läuft, und dem MTBFWert. Ein typischer AFR-Wert liegt meistens unter einem Prozent, bei etwa 8760 Stunden Einschaltdauer und 10 000 Start/Stop-Zyklen. Pro Jahr fallen also weniger als ein Prozent der Festplatten aus, wenn sie mit diesen Eckwerten betrieben werden. Es handelt sich dabei jedoch um rein statistische Werte. Die Festplatte in Ihrem PC kann zwei Wochen nach dem Kauf ausfallen oder erst nach fünf Jahren. Die Wahrscheinlichkeit für einen Defekt steigt aber mit der Betriebsdauer.

Bei SSDs fehlen naturgemäß bisher Statistiken, die über mehrere Jahre erhoben wurden. Aufgrund der bisherigen Erfahrungswerte lässt sich allerdings annehmen, dass auch eine SSD ihren Dienst bei durchschnittlichem Gebrauch mindestens fünf Jahre lang verrichten sollte. Wir gehen davon aus, dass keiner der betroffenen Leser die SSD über Gebühr mit Schreibzugriffen strapaziert. Schließt man weitere mögliche Faktoren aus, dürften als Ursache für einen Totalausfall vor allem Defekte in der Controller-Elektronik oder Fehler in der Firmware infrage kommen.

Welche SSDs sind von Ausfällen betroffen?

Die OCZ Vertext 2 ist die meistgekaufte SSD der Welt.
Foto: OCZ

Nach ersten Recherchen kommen vorzeitige Ausfälle bei fast allen Herstellern vor. Eine Häufung scheint es jedoch bei OCZ-Modellen, beispielsweise aus den Baureihen Vertex 2 und 3, zu geben. Besonders bei Amazon sind hier viele negative Kundenbewertungen zu lesen, in denen Defekte beschrieben werden. Nach Aussage von OCZ ist die Vertex 2 die meist gekaufte SSD weltweit. Bei einer besonders weit verbreiteten SSD ist deshalb auch die absolute Zahl von defekten Geräten höher als bei weniger beliebten Geräten. OCZ kann keine überdurchschnittlich hohen Ausfallraten bestätigen. Nach Angaben des Unternehmens gibt es zudem keine qualitativen Unterschiede zwischen Modellen mit Speicherbausteinen in 34-nm-Technik (vor Januar 2011) im Vergleich zu neueren SSDs mit 25-nm-Technik. Bei einem Defekt erhalten Benutzer innerhalb der Garantiezeit von meist drei Jahren kostenlos ein gleichwertiges oder besseres Austauschmodell.

Aber auch bei Geräten von Intel gab es vor kurzem massive Probleme. Bei der SSD-320- Serie kam es unter bestimmten Bedingungen zum Datenverlust. Den Fehler hat Intel durch ein Firmware-Update behoben. SSD-Nutzer werden auch von Blue Screens geplagt, die ebenfalls auf Firmware-Fehler zurückzuführen sind. Bei Problemen lohnt es sich deshalb immer, zuerst beim Hersteller nach einem Firmware-Update zu suchen. Erstellen Sie vor dem Firmware-Update auf jeden Fall eine Sicherungskopie der Daten auf der SSD.

Ausfälle von SSDs lassen sich teilweise vorhersagen

Die Firmware einer SSD lässt sich über eine bootfähige CD aktualisieren. Wir empfehlen, alle Daten auf der SSD unbedingt zu sichern, bevor Sie das Update durchführen.

Niemand kann genau sagen, wie lange die SSD oder Festplatte in Ihrem Computer noch funktionieren wird. Während Festplatten vor ihrem Ableben manchmal mit auffälligen Geräuschen auf sich aufmerksam machen, sterben SSDs leise. Der Gesundheitszustand von SSDs und Festplatten lässt sich mit Hilfe des Frühwarnsystems S.M.A.R.T. ermitteln („Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology“). Die Werte sind jedoch nicht einfach zu interpretieren, und einen einheitlichen Standard gibt es bisher nicht. Darüber hinaus ist nicht jedes Programm in der Lage, die S.M.A.R.T.-Werte jeder beliebigen SSD richtig anzuzeigen.

Empfehlenswert ist beispielsweise das kostenlose Tool Crystal Disk Info. Unter „Optionen -> Erweiterte Optionen -> Hex-Wert“ sollten Sie „10 [DEC]“ einstellen. Dann sehen Sie in der Spalte „Hex-Wert“ leichter lesbare dezimale Angaben. Wählen Sie in der Symbolleiste das gewünschte Laufwerk aus. Wenn zum Beispiel bei „Ausrangierte Blöcke“ oder „Benutzte reservierte Blöcke“ größere Werte als „0“ stehen, weist die SSD bereits Defekte auf. In der Zeile „Eingeschaltete Stunden“ können Sie sehen, wie lange die SSD schon aktiv war. Beispielsweise bei gebraucht gekauften Geräten ist dies ein interessanter Wert. Die Applikation zeigt Ihnen darüber hinaus die Firmware-Version und die Seriennummer der SSD an.

Für den Fall, dass Crystal Disk Info sehr hohe Werte liefert, kann das Programm die S.M.A.R.T.-Werte Ihrer SSD wahrscheinlich nicht richtig auslesen. Dann ziehen Sie ein weiteres Tool zurate, etwa „Argus Monitor “ (30-Tage-Testversion). Hilfe bei der Interpretation der Werte finden Sie in den Support-Foren der Hersteller. Bei OCZ beispielsweise unter www.ocztechnologyforum.com und bei Corsair unter http://forum.corsair.com.

Datenrettung bei SSDs ist oft schwierig

Crystal Disk Info zeigt auch die S.M.A.R.T.-Werte einer SSD an. Darüber ermitteln Sie etwa die Anzahl der ausrangierten Blöcke oder die gesamte Einschaltzeit.

Wer eine SSD einsetzt, sollte wichtige Daten regelmäßig sichern. Bei aktuellen Modellen mit Sandforce-Controller gibt es keine einfache Möglichkeit, die Daten zu retten. Aufgrund des verwendeten Verschlüsselungsverfahrens ist es nur schwer möglich, die Daten nach Ausfall der Laufwerkselektronik wiederherzustellen, auch wenn die Speicherzellen noch intakt sind. Bisher ist nur ein Unternehmen bekannt, das Datenrettung für SSDs mit Sandforce-Controller anbietet (www.drivesaversdatarecovery.com ). Wegen des hohen Aufwands übersteigen die anfallenden Kosten aber meist den Nutzen bei weitem.

Haben auch Sie negative Erfahrungen mit einer SSD gesammelt? Schreiben Sie eine E-Mail mit der Beschreibung Ihres Problems an leserbrief@pcwelt.de.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.