Studie IT-Sourcing 2015 in Deutschland

Sourcing-Berater treiben IT-Standardisierung voran

17.04.2015 von Max H.-H. Schaber
Immer mehr Unternehmen engagieren die Spezialisten, um ihr Sourcing-Potenzial zu bestimmen, den passenden Provider ausfindig zu machen oder Transformationsprozesse zu begleiten. Eine Studie bringt Transparenz in die noch junge Branche.
  • Unternehmen benötigen die Expertise der Sourcing-Berater vor allem, wenn es um einen reibungslosen IT-Betrieb geht.
  • Die Art der Auftragsvergabe verändert sich: Sourcing-Berater setzen vorrangig auf Ausschreibungen unter ausgewählten Providern.
  • Gerade für Mittelständler bietet sich die Chance, fehlende Sourcing-Erfahrung durch den Einsatz erfahrener Berater wett zu machen und so eine Unternehmens-IT zu etablieren, die sämtliche Geschäftsprozesse zuverlässig und stabil stützt.

Das Interesse an der ersten Marktanalyse zum Thema IT-Sourcing-Beratung in Deutschland ist groß. Kein Wunder, denn systematische Informationen über diesen wichtigen Markt sind Mangelware. Dafür ist vor allem die zersplitterte Anbieterlandschaft verantwortlich. Wenigen großen und international aufgestellten Beratungshäusern stehen viele kleine und spezialisierte Sourcing-Berater gegenüber. Hinzu kommen Management- und IT-Beratungen, die eigene Sourcing-Abteilungen aufbauen. Bisher gibt es jedoch nur wenige Sourcing-Berater mit überregionaler Bekanntheit in der Branche.

IT Service Management und die Standardisierung von IT-Dienstleistungen werden laut einer Studie die am meisten nachgefragten Themen bleiben.
Foto: Manczurov_shutterstock.com

Große Wachstumschancen - vor allem im Mittelstand

Doch ihr Marktsegment wächst schnell. Die Berater selbst erwarten für 2015 ein Umsatzwachstum von über 7 Prozent. Mit der Komplexität der IT und ihrer Anforderungen steigt der Beratungsbedarf. Bisher waren es vor allem Großkonzerne, die auf die Dienste von Sourcing-Beratern zurückgegriffen haben. Doch in den letzten ein, zwei Jahren sind die Berater zunehmend auch im gehobenen Mittelstand aktiv. Hier existieren die größten Wachstumschancen für sie. Führende Beratungshäuser richten sich deshalb stärker auf das Geschäft mit mittelständischen Kunden aus.

Lünendonk "Der Markt für ICT-Sourcing-Beratung"
Lünendonk über den Markt der IT-Sourcing-Berater
Erstmals hat Lünendonk das Segment der IT-Sourcing-Beratung untersucht. 26 Anbieter nahmen an der Studie "Der Markt für ICT-Sourcing-Beratung in Deutschland" teil.
Optimistische Aussichten
Die Anbieter gehen von einer guten Marktentwicklung aus. Sie erwarten Zuwächse.
Arbeitsfelder
Die konkreten Arbeitsfelder der IT-Sourcing-Berater beziehen sich meist auf die Beratung bei der Sourcing-Strategie und das Ausschreibungs-Management. Außerdem unterstützen sie bei Transformation und Umsetzung von Sourcing-Strategien und bei der Wahl des Providers.
Kundenstruktur
IT-Sourcing-Berater sind zum überwiegenden Teil für Konzerne mit mehr als 10.000 Mitarbeitern tätig.
Gefragte Expertise
Die Kunden fragen vor allem Expertise im Bereich IT-Service-Management nach.
Mitsprache bei der Auswahl
Bei der Auswahl eines IT-Sourcing-Beraters sitzt der CIO oder IT-Leiter fast immer mit am Tisch.
Ausschreibungsverfahren
Üblicherweise schreiben die Firmen unter ausgewählten Providern aus, oder der Berater sucht aktiv nach geeigneten Providern.
Blick auf die Branchen
Die Industrie sowie Finanzdienstleister holen sich am häufigsten Unterstützung durch IT-Sourcing-Berater.
Werdegang der Berater
Meist haben IT-Sourcing-Berater einen wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund. Es finden sich aber auch viele Informatiker und Wirtschaftsinformatiker unter ihnen.
4 Arten von Anbietern
Lünendonk unterteilt den Markt in vier Felder: Erstens reine, auf IT-Sourcing-Beratung spezialisierte Unternehmen, zweitens Managementberatungen mit IT-Sourcing-Beratung im Portfolio sowie drittens Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften mit IT-Sourcing-Beratung und viertens IT-Beratungen mit IT-Sourcing-Beratung.

Die Aufgabe: ein sorgenfreier IT-Betrieb

Unternehmen benötigen die Expertise der Sourcing-Berater vor allem, wenn es um einen reibungslosen IT-Betrieb geht. 96 Prozent der Berater erarbeiten für ihre Kunden Strategien für den Infrastrukturbetrieb, 84 Prozent für den Applikationsbetrieb - so die Ergebnisse der Studie.

Vor allem der Betrieb der IT-Infrastruktur ist ein Sourcing-Thema.
Foto: Lünendonk

Passend dazu benennen die Berater die Optimierung der IT-Prozesse als ihr technologisches Schlüsselthema. Beim Thema IT Service Management verzeichnen sie die stärkste Nachfrage. Die Berater helfen dabei, durch standardisierte Prozesse die IT zum zuverlässigen und beherrschbaren Produktionsmittel zu machen. Qualität im IT-Betrieb hängt vor allem davon ab, IT-Services nach industriellen Maßstäben fabrikmäßig zu produzieren. Diese Erkenntnis setzt sich auch im Mittelstand zunehmend durch. Sourcing-Berater treiben diesen Paradigmenwandel in der Unternehmens-IT voran. 96 Porzent der befragten Berater gehen davon aus, dass IT-Dienstleistungen zukünftig deutlich standardisierter sein werden als heute.

Berater werden in erster Linie für den ITSM-Bereich gesucht.
Foto: Lünendonk

Konsequenzen für IT-Service-Provider

Ein guter Sourcing-Berater ist von Vorteil für einen gut aufgestellten IT-Service-Provider. Denn Sourcing-Berater kennen die Best Practices und machen den Markt für ihre Kunden transparent. Als unabhängige Berater sorgen sie für eine Objektivierung der Provider-Auswahl. Und die kommt demjenigen Provider zugute, der - objektiv betrachtet - die beste beziehungsweise passendste Leistung bietet.

Qualitätsnachweise der Provider spielen für die Berater eine wichtige Rolle, so die Ergebnisse der Studie. Dazu zählen zum Beispiel die Zertifizierung nach ISO 20000 für professionelles IT Service Management oder die Sicherheitszertifikate der Rechenzentren. Die Berater tragen auf diese Weise dazu bei, Qualitätsstandards in der Branche zu etablieren und Leistungsunterschiede zwischen Providern aufzudecken.

Veränderte Auswahlprozesse

Sourcing-Berater verändern auch die Art und Weise der Auftragsvergabe. Bisher wurden Outsourcing-Aufträge in der Regel entweder offen ausgeschrieben oder kamen durch direkte Verhandlungen zwischen dem CIO und einem bekannten Provider zustande. Sourcing-Berater setzen hingegen vorrangig auf Ausschreibungen unter ausgewählten Providern. Sie lassen diejenigen Dienstleister gegeneinander antreten, die aus ihrer Sicht am besten für die definierten Leistungsbereiche geeignet sind.

Die wenigsten IT-Service-Provider-Ausschreibung erfolgen öffentlich.
Foto: Lünendonk

Den Kunden bringt die Vorauswahl meist eine bessere Vergleichbarkeit und einen geringeren Aufwand im eigentlichen Auswahlprozess. Für die Provider bedeutet der kleinere Kreis ähnlich qualifizierter Mitbewerber in der Regel einen härteren Wettbewerb, aber auch eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit.

Unabhängigkeit als Qualitätsmerkmal

Der Kunde profitiert jedoch nur dann, wenn sein Berater einen umfassenden Marktüberblick hat und unabhängig agiert. Dies sind wichtige Qualitätsmerkmale für gute Sourcing-Beratung. 80 Prozent der Beratungsfirmen rekrutieren ihre Mitarbeiter aus den Reihen der Service-Provider. Gerade unerfahrene Kunden, die erstmals mit einem Berater zusammenarbeiten, sollten das hinterfragen. Wie ist es um den objektiven Marktüberblick ihres Beraters bestellt? Und nach welchen Kriterien wählt er geeignete Dienstleister aus? Kundenreferenzen können hierbei hilfreich sein. Sie werden in der Studie auch von den Beratern selbst als wichtigstes Verkaufsargument genannt.

Ausblick: Wachstumsmarkt IT-Sourcing-Beratung

Der Markt für IT-Sourcing-Beratung wird weiter wachsen. Mehr Sourcing-Berater werden mehr Marktkenntnis in die Unternehmen tragen. IT Service Management und die Standardisierung von IT-Dienstleistungen werden die am meisten nachgefragten Themen bleiben - zum einen weil sie komplex sind, zum anderen weil sie großen Mehrwert für Unternehmen bergen.

Herausforderungen und Risiken beim Sourcing und Externen-Management
Herausforderungen und Risiken beim Sourcing und Externen-Management
Viele Unternehmen haben erkannt, dass im Bereich Dienstleistungs-Einkauf jede Menge Optimierungspotenzial schlummert, und entsprechend groß ist das Interesse an konkreten Lösungsansätzen. Folgende Punkte sollten Sie dabei im Auge behalten
Scheinselbständigkeit
Scheinselbständigkeit und Arbeitnehmerüberlassung zählen zu den permanenten Risiken beim Einkauf externer IT-Dienstleister, die unter anderem hohe Nachzahlungen an Sozialversicherungen nach sich ziehen können. Manche Vermittler begnügen sich mit Unbedenklichkeitsbescheinigungen, andere Anbieter beraten Auftraggeber und Dienstleister über rechtliche Risiken und erarbeiten Lösungsmöglichkeiten.
Netzwerkoptimierung und Partnerentwicklung
Durch Portfolioanalysen wird das eingesetzte Netzwerk überprüft und die Sourcing-Strategie nachjustiert. Ziel ist es, die IT-Projekte richtig zu besetzen, die passenden Anforderungsprofile zu ermitteln sowie mögliche Überqualifizierung zu vermeiden. Auf diese Weise lassen sich das Lieferantennetzwerk und die eingesetzten Berater kontinuierlich verbessern, um den passenden Berater und Service für die angeforderte Leistung zum besten Preis zu ermitteln. Ein weiteres Ziel ist in diesem Kontext die Weiterentwicklung von Dienstleistern zu Partnern.
Maßgeschneidertes Netzwerk
In großen Unternehmen, die ihr Externen-Management noch nicht optimiert haben, arbeitet der Einkauf oft mit mehreren hundert dezentral beauftragten Lieferanten. Eine Konzentration auf ein maßgeschneidertes strategisches Netzwerk ermöglicht große Optimierungseffekte.
Sourcing-Strategie
Nachhaltige Verbesserungen des Externen-Managements erfordern die Entwicklung einer Sourcing-Strategie. Hier stehen Fragestellungen im Vordergrund wie die, welche Aufgaben über externe Dienstleistungen erbracht werden oder welche Dienstleister für welche Themen eingesetzt werden.

Ein weiterer wichtiger Markttrend ist, dass der Mittelstand Sourcing-Beratung immer stärker für sich entdeckt. Die Professionalisierung der IT ist unverzichtbar, denn sie birgt das Potential, Kosteneffizienz und Geschäftserfolg signifikant zu steigern. Gerade für Mittelständler bietet sich die Chance, fehlende Sourcing-Erfahrung durch den Einsatz erfahrener Berater wett zu machen und so eine Unternehmens-IT zu etablieren, die sämtliche Geschäftsprozesse zuverlässig und stabil stützt.

Interessant wird auch zu beobachten sein, wie und wann Unternehmen IT-Sourcing-Beratung langfristig in Anspruch nehmen: standardmäßig bei jedem Sourcing-Projekt oder als einmalige Starthilfe, die die Learnings für alle weiteren Sourcing-Projekte liefert.

Mit der Fortsetzung und Ausweitung der Studie werden Lünendonk und Datagroup im Sommer 2015 die Marktentwicklung weiter beobachten.

Die Studie "Der Markt für ICT-Sourcing-Beratung in Deutschland" steht kostenlos zum Download bereit. (bw)