Firmenfusion

Software AG und IDS Scheer suchen gemeinsamen Geist

01.04.2010 von Peter Ilg
Nur wenn es gelingt, die Unternehmenskulturen zu verschmelzen, wird sich die Investition von 490 Millionen Euro lohnen.

Am 11. Februar 2010 war es so weit: Die Übernahme von IDS Scheer durch die Software AG wurde in das Handelsregister beim Amtsgericht Saarbrücken eingetragen und ist damit rechtswirksam. Jetzt beginnt die Integration der betrieblichen Abläufe in den Firmen. Rein statistisch ist der Erfolg eher unwahrscheinlich: 60 bis 70 Prozent aller Merger und Acquisitions scheitern, haben beispielsweise die Beratungshäuser Deloitte und A.T. Kearney herausgefunden. Mit Scheitern ist gemeint, dass die Integration nicht wie geplant gelingt.

Angst, die Guten zu verlieren

In allen Studien werden Mitarbeiter und unvereinbare Unternehmenskulturen als Verursacher der Misserfolge genannt. Aus zwei Unternehmen ein erfolgreiches zu machen gelingt nach Meinung von Reinhard Jung, Direktor am Institut für Wirtschaftsinformatik an der Universität St. Gallen, nur, "wenn die Mitarbeiter beider Unternehmen die Gründe für den Transformationsprozess verstehen und mittragen". Gute Mitarbeiter der übernommenen Firma zu verlieren ist die vielleicht größte Gefahr bei Übernahmen. Im Fall der IDS Scheer wäre das besonders dramatisch, denn ein Beratungshaus ist nur so gut wie seine Berater. Und genau die will die Software AG haben.

In der Software AG müssen insgesamt 3700 Mitarbeiter davon überzeugt werden, dass die etwa 2700 Beschäftigten von IDS Scheer zum Unternehmen passen und es mit ihrem Wissen voranbringen. Schwieriger ist die Überzeugungsarbeit bei den IDS-Scheer-Beschäftigten: Sie werden übernommen und müssen sich einfügen. Mit den Programmierern der Software AG und den feinen Beratern von IDS Scheer prallen zwei völlig unterschiedliche Kulturen aufeinander. "Das ist schon richtig, andererseits ergänzen wir uns ziemlich gut", glaubt Karl-Heinz Streibich, CEO der Software AG.

Jobwechsel
Mehr Gehalt
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Karrieresprung
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Neue Aufgaben
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Gemeinsame Erfolge müssen her

Über die IT-Branche rollt derzeit eine Übernahmewelle. Der Datenbankspezialist Oracle kaufte das Software- und Server-Unternehmen Sun, die Hardwarehersteller Xerox und Dell übernahmen IT-Dienstleister und IBM den Anbieter von Analysesoftware SPSS, Hewlett-Packard kauft den Netzwerkausrüster 3Com - und die Software AG mit Sitz in Darmstadt IDS Scheer aus Saarbrücken.

Das ist eine von sechs Firmenübernahmen der Software AG in den vergangenen drei Jahren. Das Transaktionsvolumen lag insgesamt bei fast einer Milliarde Euro, 4000 neue Mitarbeiter kamen einschließlich der IDS-Scheer-Berater hinzu. Etwa 1000 brachte 2006 das amerikanische Unternehmen Webmethods ein, Spezialist für Integrationstechnologie und Business Process Management. "Jede Übernahme zieht natürlich auch Abgänge nach sich, und zwar schon innerhalb der ersten zwei Wochen nach Ankündigung des Deals", weiß Streibich aus Erfahrung.

"Was wir bei der Übernahme von Webmethods richtig gemacht haben und wiederholen wollen, ist, rasch gemeinsam Erfolg zu haben und ihn zu kommunizieren", kündigt der CEO der Software AG an. Deshalb sollen die Mitarbeiter auf beiden Seiten die neue Unternehmensstrategie und die Ziele der Übernahme möglichst schnell verstehen, um dann gemeinsam Aufträge und Kunden zu gewinnen. An zentraler Stelle wurden Workshops organisiert, in denen sich die Mitarbeiter sowohl auf sozialer Ebene als auch im Arbeitsalltag kennen lernen konnten. "Ganz wichtig" ist laut Streibich, "Teams und Führungspositionen jeweils aus Vertretern beider Unternehmen zu besetzen".

Wolfram Jost: 'Die Identität der IDS-Scheer-Berater ist nicht gefährdet.'
Foto: IDS Scheer

In beiden Unternehmen wurden Sonderausgaben der Mitarbeiterzeitschriften gedruckt, in denen die Firmen sich gegenseitig vorstellten. Der erste offizielle gemeinsame Auftritt fand auf der CeBIT statt. Wolfram Jost, Produktvorstand der IDS Scheer, verbreitet Optimismus: "Mein Gefühl sagt mir, dass die neue Konstellation für alle Beteiligten vielversprechende Chancen bietet." Seinen Vorstandsposten wird er bis auf weiteres behalten, wie auch die Mitarbeiter von IDS Scheer auf ihren Positionen bleiben. Deren Arbeitsverträge laufen zu denselben Konditionen weiter. Die Marke IDS Scheer wird zwar verschwinden, der Brand "IDS Scheer Consulting" unter dem Dach der Software AG aber erhalten bleiben. "Die Identität der IDS-Scheer-Berater ist somit nicht gefährdet", sagt Jost. Was aber passiert mit den Aufgaben im administrativen Bereich, etwa im Rechnungswesen, der Personalabteilung oder im Marketing? Wie viele Mitarbeiter hier ihre Jobs verlieren werden, dazu wollte sich weder Jost noch Streibich äußern.

Software AG und IDS Scheer

Anfang Februar verkündete die Software AG, Darmstadt, einen Rekordumsatz für das Geschäftsjahr 2009: 847 Millionen Euro, das sind 18 Prozent mehr als im Vorjahr. Das Unternehmen hat weltweit rund 3700 Mitarbeiter. Bei IDS Scheer, Saarbrücken, sind es 2700 Beschäftigte, der Umsatz lag 2008 bei rund 400 Millionen Euro. Durch die Akquisition von IDS Scheer will die Software AG ihr Beratungsgeschäft stärken. Der Consulting-Anteil macht derzeit rund ein Drittel des Gesamtumsatzes aus. Ziel der Übernahme ist es, die Marktführerschaft für "Business Process Excellence" weiter auszubauen und stärker wachsen zu können.

Die Beschäftigten müssen mitziehen

Reinhard Jung, Universität St. Gallen:'Es lässt sich nicht alles planen.'

Eine Firmenübernahme glückt nur dann wie geplant, wenn sie als ein ganzheitlicher und abzustimmender Prozess verstanden wird, sagt Reinhard Jung, Direktor des Programms für Executive Master of Business Engineering an der Universität St. Gallen in der Schweiz. Die Hauptrolle spielten die Mitarbeiter.

CW: Mehrere Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen 60 und 70 Prozent aller Firmenübernahmen scheitern. Halten Sie diese Werte für realistisch?

JUNG: Die Untersuchungen sind uns natürlich bekannt, und der Wert deckt sich mit unseren Recherchen. Allerdings ist genau zu hinterfragen, was unter "Scheitern", verstanden wird.

CW: Einigen wir uns darauf: Sie laufen nicht wie geplant?

JUNG: Ja.

CW: Warum scheitern Firmenübernahmen, obwohl die Gründe bekannt sind: Unternehmenskulturen und Menschen, aber auch IT-Systeme und Organisationsstrukturen passen nicht zusammen?

JUNG: Meines Erachtens liegt es daran, dass kein Business Engineering stattfindet, also kein geplanter Transformationsprozess, bei dem die genannten Gestaltungsbereiche sowie die Geschäftsstrategie in einer abgestimmten Form verändert werden.

CW: Für wie wichtig halten Sie dabei Menschen und Kultur, und was bereitet hier die größten Probleme?

JUNG: Die Mitarbeiter und die Unternehmenskulturen in den zusammenzuführenden Unternehmen spielen eine entscheidende, Rolle. Letztlich ist es ja das Ziel bei Übernahmen, ein erfolgreiches Unternehmen mit einem gemeinsamen Verständnis von Werten und kulturellen Leitlinien zu schaffen. Das klappt nur, wenn die Mitarbeitenden die Gründe für den Transformationsprozess verstehen und mittragen.

CW: Lässt sich so eine Übernahme bis ins letzte Detail planen, oder sind Menschen dafür zu unberechenbar?

JUNG: Selbstverständlich lässt sich nicht alles planen, insbesondere nicht die Reaktion von Menschen. Das darf aber nicht bedeuten, dass die logischerweise entstehenden Fragen, Bedürfnisse, aber auch die Ängste unberücksichtigt bleiben und der Ausgang dem Zufall überlassen wird. Meines Erachtens werden Mitarbeitende unterschätzt, wenn ihnen die Wahrheit und die Fakten über eine bevorstehende Übernahme oder Fusion aus Sorge über eine ablehnende Reaktion spät oder gar nicht mitgeteilt werden.

CW: Wie passen nun die Software AG und IDS Scheer zusammen?

JUNG: Meines Erachtens sehr gut. Es gibt wenige Überlappungen bei Produkten und Services.

CW: Und im Hinblick auf die unterschiedlichen Kulturen und Menschen?

JUNG: Das kann ein außen stehender Betrachter nicht ausreichend beurteilen. Das Zusammenwachsen sollte aber auf jeden Fall professionell unterstützt werden, so dass alle Elemente - fachliche und kulturelle - des Transformationsprozesses ausbalanciert werden.