Exklusivstudie mit der Experton Group

So zufrieden sind Deutschlands Anwender

24.09.2008 von Robert Steindl
Kundenorientierung, Qualität, kompetente Mitarbeiter: Jeder Anbieter legt nur zu gern Lippenbekenntnisse zu diesen Wettbewerbsfaktoren ab. Doch wie sieht die Realität aus? Bessert sich die Lage, oder wird sie sogar schlimmer? Die dritte große Online-Befragung der COMPUTERWOCHE in Kooperation mit der Experton Group zeigt erstmals längerfristige Trends.

Seit 2006 befragt die COMPUTERWOCHE zusammen mit der Experton Group ICT-Anwender nach ihrer Zufriedenheit mit den Anbietern. Und entgegen den Marketing-Aussagen hat sich im vergangenen Jahr gezeigt, dass in manchen Bereichen die Anbieter sogar deutlich schlechter geworden sind. Mit der dritten Befragung lassen sich nun erstmals auch vorsichtige Aussagen zu längerfristigen Trends treffen. Geht die Kurve nach oben?

Bei der diesjährigen Exklusivstudie zum Thema Zufriedenheit wurde der eine oder andere Anbieter ordentlich abgewatscht.

Kundenorientierung schlägt Produktqualität: In die Reihenfolge der Hauptanforderungen, die Kunden an ihre ICT-Lieferanten stellen, ist etwas Bewegung gekommen. Die Vierergruppe mit den höchsten Werten ist zwar noch die gleiche, doch steht inzwischen die Kundenorientierung ganz oben auf der Liste, mit immerhin 9,1 von 10 möglichen Punkten. Damit hat sie seit 2006 zum zweiten Mal in Folge zugelegt, insgesamt um einen halben Punkt. Die Qualität der Produkte belegt dieses Jahr Platz zwei, gefolgt von Implementierungssupport und Kompetenz der Mitarbeiter. Allerdings liegt die Spitzengruppe so eng beieinander, dass sich kein deutlicher Trend ableiten lässt.

Neu in diesem Jahr sind die beiden Punkte Internationalität und Regionalität. Wie fast zu erwarten, schwankt deren Bedeutung stark mit der Firmengröße. Während kleine Firmen (unter 20 Mitarbeitern) keinen Wert auf Internationalität legen (3,3 Punkte), aber umso mehr auf Regionalität (8,8 Punkte), spielt für Großunternehmen mit 8,9 Punkten eine internationale Ausrichtung eine wichtige Rolle im Profil eines ICT-Lieferanten.

Abgesehen von dem Ausbruch bei der Internationalität ist das Anforderungsprofil aber nach wie vor sehr hoch, Schwächen darf sich also ein Anbieter nach wie vor eigentlich nicht leisten.

Software: Novell top, SAP mit Handlungsbedarf

Über die letzten drei Befragungen hinweg zeigt sich die Anbieterlandschaft im Softwarebereich uneinheitlich. Die meisten Anbieter legen von einer Auswertung zur anderen ein oder zwei Zehntelpunkte zu oder lassen in diesem Umfang nach. Die löbliche Ausnahme bildet Novell. Von 6,6 Punkten im Jahr 2006 hat sich das Unternehmen zweimal in Folge verbessert und liegt nun mit 7,2 Punkten an der Spitze. Vorjahressieger Adobe folgt mit 7,1 Punkten nur knapp dahinter. Symantec setzt dagegen seinen Abwärtstrend fort und steht nun bei 6,1 Punkten, nach 6,5 im Jahr 2007 und 6,9 im Jahr 2006. Handlungsbedarf sollte auch SAP sehen, das um mehr als einen halben Punkt auf 6,2 abrutschte und sich damit nur noch auf Platz sechs einsortiert, nach Platz drei im letzten Jahr.

Interessant: Bei Novell sind sich IT-Worker und Business-Leute weitgehend einig (7,4 beziehungsweise 7,1 Punkte), während Adobe nach wie vor den besseren Stand bei den Business-Anwendern hat (7,5 im Vergleich zu 6,9 bei den ITlern).

Die Unternehmensgröße spielt bei fast allen Anbietern eine Rolle, und praktisch immer sieht das Bild so aus, dass kleine Unternehmen weniger zufrieden sind. Eine mögliche Erklärung: Kleine Unternehmen, die von Großkundenverträgen nicht profitieren können, weichen aus Kostengründen oft auf OEM- oder Privatkunden-Lizenzen aus und fallen damit aus dem Firmensupport heraus. Ihre Probleme ähneln aber eher denen der größeren Firmen, so dass Bedarf und Angebot hier besonders weit auseinanderklaffen. Die Schwachpunkte im Softwarebereich sind nach wie vor Beratung und Support, wobei sich die Anbieter vor dem Kauf und bei der Implementierung mehr anstrengen als nach dem Kauf. Der letzte Punkt bildet zusammen mit mangelndem Branchen-Know-how und dem Preis-Leistungs-Verhältnis mit nur 5,8 Punkten das Schlusslicht. Dabei erweisen sich große Unternehmen insgesamt als zufriedener. Im Großen und Ganzen zeigt dieser Bereich aber wenig Bewegung - im Börsendeutsch ein klassischer "Seitwärtstrend", was nichts anderes heißt, als dass die Anbieter sich auf ihren Finanzpolstern ausruhen und keinen Handlungsbedarf sehen.

Hauptärgernis: Update- und Wartungskosten

Bei den Hauptärgernissen ist dieses Jahr allerdings nicht der Support in all seinen Ausprägungen an erster Stelle. Stattdessen stehen mit 25 Prozent Nennungen ganz oben Update- und Wartungskosten. Eine mögliche Erklärung ist der Markteinstieg von Vista, der auch bei anderen Produkten aus Kompatibilitätsgründen Updates nötig macht. Dafür spricht auch, dass Kompatibilität wieder in der Liste auftaucht, ein Problem, das im vorigen Jahr völlig fehlte.

Wenig getan hat sich dagegen bei der Kundenbindung. Mit Werten zwischen 6,7 und 6,9 für die Fragen nach weiterer Zusammenarbeit und Weiterempfehlung hat sich hier seit 2006 nichts bewegt. Auch hier zeigt sich, dass die Softwareanbieter offenbar mit der Gesamtsituation zufrieden sind und nur wenig Handlungsdruck spüren.

SaaS: Die Akzeptanz steigt

Im vergangenen Jahr wurde Software as a Service (SaaS) als neues Vertriebsmodell gezielt abgefragt. Die erneute Befragung 2008 zeigt, dass SaaS auf dem Vormarsch ist, wenn auch noch auf niedrigem Niveau. Der Anteil der Befragten, die Software mieten, erhöhte sich immerhin um ein Drittel auf acht Prozent, weitere 25 Prozent planen für dieses Modell. Auch der Bekanntheitsgrad steigt: Nur noch 20 Prozent der Befragten gaben an, mit dem Begriff nichts anfangen zu können (2007: 24 Prozent).

Mit 47 Prozent gleich geblieben ist der Anteil der Befragten, für die SaaS nicht in Betracht kommt, und auch die Gründe sind dieselben: mangelnder Bedarf (34 Prozent), gefolgt von Unternehmensphilosophie und zu hohem Aufwand (22 und 18 Prozent).

Offshore: Das unentdeckte Land

In einer Einzelfrage wurde in diesem Jahr der Einsatz von Offshore-Outsourcing abgefragt. Doch so richtig warm werden die Anwender mit dem Thema noch nicht. Lediglich vier Prozent arbeiten derzeit mit einem Offshore-Anbieter zusammen (von denen ein Teil die Zusammenarbeit wieder beenden will), weitere vier Prozent planen dies. Für die große Mehrheit dagegen ist Offshore weder jetzt noch in näherer Zukunft ein Thema.

Apple taucht auf - und kocht auch nur mit Wasser

Wie schon im Vorjahr gab es auch dieses Mal einige Verschiebungen in der Hardwarerangliste. Neuer Spitzenreiter ist IBM, das einzige Unternehmen, das sich um 0,4 auf nun 7,3 Punkte deutlich verbessern konnte. Nach wie vor sind die Abstände bei den Hardwareanbietern geringer als bei der Software, und der Durchschnitt liegt etwas höher.

Interessant an der diesjährigen Top-Liste ist die Position von Apple. Dabei ist weniger die Tatsache wichtig, dass der so viel gelobte Anbieter nur Platz fünf belegt und damit hinter Hewlett-Packard und Dell liegt, sondern vielmehr, dass die Firma überhaupt auftaucht. In den letzten beiden Jahren gab es nicht genug Nennungen (eine beziehungsweise neun), so dass Apple aus der Wertung fiel (20 Nennungen sind wie immer bei dieser Befragung grundsätzlich das Minimum, um aussagekräftige Zahlen zu erhalten). Allein das Auftauchen in der Liste zeigt also, dass Apple seine Erzeugnisse zunehmend auch in Firmen unterbringt, und der Zufriedenheitswert beweist, dass auch diese Firma nur mit Wasser kocht.

Der Abfall bei der Mitarbeiterkompetenz, der im Vorjahr zu verzeichnen war, hat sich nicht fortgesetzt. Dieser Bereich konnte wieder leicht auf nunmehr 6,6 Punkte zulegen. Schlusslicht in der Zufriedenheit ist dagegen im Bereich Hardware der Support während der Implementierung, der von 6,2 auf 5,9 Punkte absackte. Wie immer topp sind Produktqualität und Technologiestand, und auch die neuen Kriterien Internationalität und Regionalität geben mit 7,4 und 7,7 keinen Anlass zur Kritik.

Eine deutliche Abweichung zu den Vorjahren zeigt sich im Vergleich von IT und Business. 2006 und 2007 war kaum ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen auszumachen, doch in diesem Jahr sind die Business User deutlich unzufriedener. Vor allem unzureichendes Branchen- und Prozess-Know-how werden hier bemängelt, und auch das Preis-Leistungs-Verhältnis wird von der IT deutlich besser eingeschätzt.

In der Liste der häufigsten Probleme haben die Vorjahres-Spitzenreiter Kundenorientierung und Support nach dem Kauf erneut die Plätze getauscht, lange Lieferzeiten haben sich bereits auf Platz drei hochgearbeitet. Im Großen und Ganzen bewegen sich die Änderungen aber im Bereich statistischer Schwankungen.

Service: Trendwende geschafft

2006 waren sie eher mäßig, 2007 brachen sie weiter ein: die Serviceanbieter. Doch nun scheint sich doch eine Trendwende abzuzeichnen. In praktisch allen Bereichen haben sich die Umfragewerte verbessert. So stieg die Mitarbeiterkompetenz von 6,7 wieder auf sieben Punkte an (auch wenn der Wert von 7,4 aus dem Jahr 2006 noch nicht erreicht ist). Folge: Im Vergleich der vier Bereiche rücken die Serviceanbieter vom vierten Platz 2007 auf einen soliden zweiten Platz vor.

Bei allem Positiven: Nach wie vor bilden das Preis-Leistungs-Verhältnis sowie Beratung und Support nach dem Kauf die Schlusslichter in der Bewertung, allerdings ebenfalls mit etwas steigender Tendenz.

Auch die genannten Probleme sind weitgehend die gleichen. Schwierigkeiten mit Service-Level Agreements und mangelnde Kundenorientierung stehen ganz oben, wie schon in den letzten beiden Jahren. Immerhin ist die Zahl der Nennungen etwas geringer

Communications: Besser, aber nicht gut

Produktanbieter im Communications-Bereich sollten sich bei den Telecoms beschweren. Wie schon im vergangenen Jahr, senken Arcor und T-Systems den Schnitt deutlich, während Hardwareanbieter wie Cisco oder AVM durchaus ähnlich wie die Unternehmen anderer Bereiche bewertet werden.

Und wieder ist es die Kundenorientierung, die einfach nicht funktioniert. Zwar warb zum Beispiel Arcor noch vor kurzem damit, 80 Millionen Menschen als Zielgruppe zu haben, doch besser wäre sicher, die Communications-Anbieter würden ihre bereits bestehenden Kunden besser bedienen. 5,1 Punkte für die Kundenorientierung (wie auch schon 2007) sind nicht nur im Communications-Bereich das Schlusslicht, sondern die absolut schlechteste Einzelwertung der gesamten Befragung.

Entlassungen in den Call-Centern und geringe Löhne führen eben im Allgemeinen nicht zu steigender Qualität, auch wenn manche Unternehmen das glauben machen wollen. Daher werden wohl auch in Zukunft unqualifizierte Hotlines die Hitliste der Ärgernisse anführen. Frank Schmeiler von der Experton Group rät den Anbietern: "In Zeiten, in denen die eigentliche Dienstleistung immer austauschbarer wird, kommt es auf die ´gefühlte Qualität´ und das gesamte Servicekonzept an. Aus diesem Grund sollten Gelder, die für Image-Kampagnen aufgewendet werden, besser in die Qualifizierung der Mitarbeiter investiert werden. Der RoI wird sich nach kurzer Zeit einstellen."

Fazit: Es gibt Hoffnung

Auch in diesem Jahr zeigen sich die meisten Unternehmen unbeweglich. Die eigenen Marketing-Aussagen sind nicht mehr als Lippenbekenntnisse, aber dem Erfolg tut das nicht genug Abbruch, um für die Anbieter schmerzhaft zu werden. Nur wenige Firmen stechen hier positiv hervor, etwa Novell, das seine Werte kontinuierlich verbessert. Ob die steigenden Umsatzzahlen des Unternehmens damit zusammenhängen?

Dass man nur ungern von sich aus tätig wird, ist verständlich. Doch dass die meisten Anbieter offenbar aussitzen wollen, ob und wann Kunden abwandern, ist schon erstaunlich. " Die Kundenbindung und der damit verbundene ´share of wallet´ ist das übergeordnete Ziel der Anbieter. Dabei vergessen sie oft, dass auch die relative und absolute Kundenzufriedenheit eine gewisse Bedeutung hat", charakterisiert Axel Oppermann, Advisor bei der Experton Group, das Verhalten der Anbieter.

Einzig im Servicebereich sind deutliche Verbesserungen wahrnehmbar - offenbar ist hier der Druck bereits stark genug. "Die Bedeutung der relativen Kundenzufriedenheit steigt mit zunehmender Wettbewerbsintensität. Im Servicebereich werden sich die Ansprüche der Anwender durch die verstärkte Marktbearbeitung der Mega-Dienstleister wie Wipro oder TCS noch erhöhen", so Oppermann. Bleibt zu hoffen, dass die Unternehmen der anderen Bereiche sich ein Beispiel nehmen.

Fragebogen und Auswertung

An der Studie "Anwenderzufriedenheit mit ICT-Anbietern 2008" der COMPUTERWOCHE in Zusammenarbeit mit der Experton Group haben 204 Befragte teilgenommen. Getrennt nach den vier Bereichen Software, Hardware, Services und Communications wurden die in den jeweiligen Segmenten relevanten Anbieter (jeweils etwa 20 Firmen) abgefragt. Die Zufriedenheit wurde sowohl als Gesamtwert als auch getrennt nach zwölf einzelnen Bereichen von "Beratung und Service vor dem Kauf" über "Qualität der Produkte/Lösungen" bis hin zu "Kompetenz der Mitarbeiter" abgefragt. Neu in diesem Jahr war die Abfrage der Punkte "Internationalität" und "Regionalität". Abgerundet wird das Bild durch Fragen nach der Kundenbindung, das heißt, ob mit den jeweiligen Anbietern eine weitere Zusammenarbeit geplant ist und ob man sie weiterempfehlen würde. Schließlich konnten die Teilnehmer noch Probleme angeben, welche in den vier Bereichen am häufigsten auftraten.

Die allgemeinen Auswertungen wurden einmal nach Größenklassen der Unternehmen aufgeschlüsselt (1 - 19 Mitarbeiter, 20 - 499 Mitarbeiter, 500 und mehr Mitarbeiter), zum anderen nach der Funktion der Befragten im Unternehmen (IT- oder Business-Seite).

Alle Bewertungen erfolgten auf einer Skala von 0 (völlig unwichtig beziehungsweise unzufrieden) bis 10 (sehr wichtig beziehungsweise sehr zufrieden).

Für die firmenspezifischen Auswertungen wurden nur Ergebnisse mit mehr als 20 Antworten herangezogen, um eine Verfälschung durch Einzelstimmen zu vermeiden.

Klassifizierung der Befragten

Zur Klassifizierung wurden die Befragten gebeten, einige Angaben zu ihrer Position im Unternehmen sowie dessen Größe zu machen. Mit 55 zu 45 Prozent liegen die IT-Mitarbeiter leicht vor ihren Kollegen aus dem Business-Bereich, doch ist die Verteilung wie schon in den Vorjahren sehr ausgewogen, was der Vergleichbarkeit zugutekommt.

Eine gute Verteilung zeigt sich auch bei der Unternehmensgröße: Firmen mit weniger als 20 Mitarbeitern waren zu gut einem Viertel vertreten, den größten Anteil mit 44 Prozent der Befragten stellen Firmen mittlerer Größe (bis 499 Mitarbeiter), die restlichen 30 Prozent kommen aus großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern.

Auch die Verteilung der Positionen im Unternehmen ist etwa gleich geblieben: Geschäfts- und IT-Leitung stellen zusammen etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer, der Rest entfällt auf Bereichsleiter und Mitarbeiter.

Bei den Branchen bilden erneut die Dienstleister die größte Gruppe mit 46 Prozent, aus der Industrie kommen 21 Prozent, weitere15 Prozent stellt der Handel.