Ja zu Consumer-IT

So werden CIOs die Spielverderber-Rolle los

12.02.2013 von Thomas Pelkmann
Nach wie vor sträuben sich IT-Chefs gegen Facebook und private iPads. Falsch, meint IDC: Wer sich öffne, erleichtere sich nach Anfangsmühen sogar die Arbeit.
Social Media hilft Unternehmen.
Foto: laurent hamels - Fotolia.com

Der Trend, private IT-Geräte im Unternehmen zuzulassen, spaltet die IT: Viele CIOs sind strikt gegen Konsumerisierung, weil iPad und iPhone in Mitarbeiterhand zunächst einmal große Probleme für Datenschutz und Integrität der IT-Infrastruktur mit sich bringen. Manche weichen dem Druck der Straße und suchen notgedrungen nach Wegen, die Wünsche der Mitarbeiter ebenso zu berücksichtigen wie die Ansprüche des Unternehmens und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Aber auch das reicht den Marktforschern von IDC noch nicht. In einer von CA Technologies gesponsorten Studie fordern sie CIOs auf, die Chancen von Cloud-basierten Applikationen, mobilen Apps, sozialen Netzwerken und intelligenten mobilen Geräten zu nutzen. Die Herausforderungen dieser Konsumerisierung sollten die IT-Abteilungen dabei aber nicht außer Acht lassen.

Die Seite von COMPUTERWOCHE bei Facebook - auch ein Schritt zur Anpassung an Consumer IT: Laut IDC gilt es, diesen Trend zu nutzen, nicht zu verdammen.

Die Liste von Geräten und Anwendungen, die Mitarbeiter auch während der Arbeit nutzen, ist lang und wird immer länger: Da sind auf der einen Seite mobile Arbeitswerkzeuge wie Laptops, Smartphones und Tablet-PCs. Da gibt es soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Xing oder LinkedIn. Demnächst wird mit Google+ ein weiterer Anbieter dazu kommen.

Und da sind Cloud-Anwendungen wie Dropbox, Google Docs oder Webmail-Angebote für Privatpersonen. IT-Abteilungen sehen sie alle mit großer Skepsis, denn jeder einzelne Eintrag auf der Liste macht der IT Arbeit: Netze müssen bereitgestellt und gesichert werden, die Bandbreite und die Übertragungsgeschwindigkeiten müssen stimmen, Anwendungen und Daten gesichert werden.

10 Thesen zu Social Media
1. Social Media muss abteilungsübergreifend organisiert werden:
Im Umgang mit Social Media sind "Hobby-Lösungen mit Praktikanten" vorbei. Social Media wird zum Alltag und muss daher abteilungsübergreifend organisiert werden. Der BVDW sieht nicht nur die IT, sondern vor allem auch die Unternehmenskommunikation in der Pflicht.
2. Employer Branding 2.0:
Künftig reicht es nicht mehr, eine eigene Jobbörse auf der Homepage zu schalten und Stellenanzeigen aufzugeben. Bewerber informieren sich in den Netzen über potenzielle Arbeitgeber - und erfahren dabei auch, wie diese von anderen Nutzern bewertet werden.
3. Neue Dynamik in der Produktentwicklung:
Unternehmen lassen immer mehr Informationen in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen einfließen. Social Media liefert Input zur Produktentwicklung und ermöglicht intern wie extern schnelles Feedback. Der BVDW spricht hier von "Adaptive Engineering".
4. Customer-Relationship-Management (CRM) verschmilzt:
Schon in diesem Jahr verschmelzen verschiedener CRM-Bereiche mit Social Media-Komponenten. Leadmanagement, Kundenservice und Kundenbindung sind die ersten Bereiche, in denen Social Media eine zunehmende Rolle spielt.
5. Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf:
2011 werden auch kleinere und mittlere Player auf den Zug aufspringen. Mittelständler, Verbände oder auch Non-Governmental-Organisationen (NGOs) können aus Erfahrungen der "Großen" lernen.
7. Erfolgsfaktor "Social Intelligence":
Social Media Monitoring war bereits voriges Jahr ein großes Thema. Nun geht es darum, Tools weiter zu optimieren. Dabei kreist alles um die Frage, wie und wofür die Daten eingesetzt werden können. Von einer adaptiven Aussteuerung der Kommunikation über die Produktentwicklung bis zur Kundensegmentierung - die Informationen aus dem Social Web bieten viele Möglichkeiten.
8. Auf der Suche nach dem Return on Investment (ROI):
Die Messbarkeit der Maßnahmen gewinnt 2011 an Bedeutung. Bisher mag es ausgereicht haben, dabei zu sein - in Zukunft muss Social Media Ergebnisse erzielen, die messbar sind.
9. Neue Berufsbilder entstehen:
Die Nutzung von Social Media erfordert von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. "Mit Social Media wollen neue Tools und Infrastrukturen bedient werden, zudem muss ein neuer Kommunikationsstil geprägt werden", schreibt der BVDW.
10. Mit dem Launch eines Produktes beginnt die Arbeit erst:
Die klassischen Werbe-Kampagnen reichen nicht mehr aus. Unternehmen nutzen das Engagement und Feedback von Verbrauchern, um an ihren Marken zu arbeiten.

Dabei, schreibt IDC in der Studie "IT Consumers Transform the Enterprise: Are You Ready?", sorgt die Konsumerisierung nicht einfach nur für Mehrarbeit bei der IT. Vor allem bringt sie neue Chancen für die Unternehmen, schneller und enger mit Kunden zu kommunizieren, neue Märkte zu erobern und mit motivierteren Mitarbeitern produktiver zu arbeiten als bisher. Für die Studie hat IDC weltweit rund 800 IT-Entscheider und mehr als 1000 Konsumenten befragt.

Social Media hilft Unternehmen

Die Umfrageteilnehmer bestätigen mehrheitlich, dass sie mit der Einführung von strategischen Social-Media-Aktivitäten die Kundenkommunikation verbessert und die Kundenzufriedenheit gesteigert hätten. Aber auch aus IT-Sicht bringt Konsumerisierung messbare Vorteile: Wer im Unternehmen öffentliche Cloud-Dienste zulässt und nutzt, kann die Personalstärke der IT-Abteilung reduzieren und gleichzeitig den Schulungs- und Trainingsaufwand verringern. Die täglichen Prioritäten würden sich mit den ursprünglich nur für Konsumenten gedachten Angeboten verschieben, schreibt IDC.

Es geht dann weniger um die fortlaufende Optimierung von Servern, Netzwerk, Speicher und Software-Komponenten, sondern darum, sich mit den neuen Chancen für Kundennähe und Business strategisch zu beschäftigen. Zugleich geht es für die IT-Abteilungen aber auch darum, die Hausaufgaben zu erledigen, die sich aus der Konsumerisierung ergeben.

Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen

Mittlerweile ist es in Unternehmen normal, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit der Mitarbeiter immer mehr verschwimmen. Auf der Arbeit schnell bei Facebook vorbeizuschauen, ist genau so üblich wie der Blick ins Firmenpostfach nach Feierabend oder im Urlaub. Diese Spielart von Konsumerisierung muss in der Unternehmens-IT als Modell abgebildet sein. Die Konnektivität von Mail- und Fileservern nach außen gehört ebenso dazu wie Policies zum Umgang mit geschäftlichen Mails und Dokumenten auf privaten Geräten.

Da immer mehr Mitarbeiter über Smartphones und Tablet-PCs auch auf Unternehmensanwendungen, Services und Daten zugreifen, stellt sich die Frage der Frontends: Sollen das proprietäre Apps für jedes Endgerät sein oder Web-basierte Anwendungen für die Browser auf allen Geräten? Beide Formen sind denkbar, bringen aber Anforderungen an die Provisionierung und Wartung von Anwendungen, an die Konnektivität von Geräten und Firmen-Infrastruktur sowie an die Verwaltung von Benutzerprofilen und -rechten mit sich.

Kunden und Mitarbeiter bewegen sich immer selbstverständlicher in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Xing. Ob sie das als Privatpersonen oder als Angestellte eines Unternehmens tun, lässt sicher immer schwieriger auseinanderhalten. Es ist auch die Frage, ob es überhaupt nötig ist, beides zu trennen.

Umgang mit SaaS-Angeboten nicht bekämpfen, sondern regeln

Der bessere Weg wäre, über Unternehmensrichtlinien und Verhaltensmaßregeln dafür zu sorgen, dass Mitarbeiter ihr Unternehmen angemessen vertreten und repräsentieren. Zudem ist es nötig, genau zu definieren, was Unternehmen in sozialen Netzwerken machen und wie sie sie fürs Geschäft nutzen wollen. Beides ist nicht unbedingt primäre Aufgabe der CIOs, sondern von Geschäftsleitungen und Fachbereichen. Aber es schadet sicher nicht, wenn die IT-Abteilungen solche Diskussionen anschieben oder forcieren.

Die Zahl ernst zu nehmender Public Cloud- und Software-as-a-Service-Angebote (SaaS) wächst. Grundsätzlich ist das begrüßenswert, denn sie erleichtern den Mitarbeitern viele kleine Aufgaben und entlasten die IT von der Notwendigkeit, solche Anwendungen und Speicher in der Unternehmens-IT einzuführen. Das spart Aufwand und damit Geld für Anschaffung und Wartung. Zugleich muss die IT aber die Arbeit in Richtung Management und Kontrolle von Service-Providern verschieben, um die Service-Qualität, die Sicherheit und die Delivery zu sichern.

Keine Alternative zu Konsumerisierung

Es gibt also keine Alternative dazu, sich als CIO der Konsumerisierung zuzuwenden, findet IDC. Wenn sich nicht die IT-Abteilung um diese Dinge kümmert, werden es die Konsumenten selber in die Hand nehmen und sich in einer Schatten-IT trefflich einrichten. Den CIO bringt das strategisch ins Hintertreffen, weil es die Existenzberechtigung der IT-Abteilung wenigstens zum Teil infrage stellt. Schließlich können sich Mitarbeiter und Kunden auch selber helfen. Konstruktiv wird das ganze für die IT nur, wenn sie den Anwendern mit Rat und Tat für Applikationen, Sicherheit und Performance zur Seite steht.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (ph)