Kunden-Management

So vermeiden Sie Flops bei CRM-Projekten

23.06.2008 von Frank Niemann
Kundenbeziehungs-Management ist ein dynamischer Vorgang, der weder mit einer Softwareinstallation beginnt noch damit endet. Mittelständische Unternehmen tun sich jedoch schwer damit, Ziele für das Customer-Relationship-Management (CRM) festzulegen und die Pläne umzusetzen.

Software und Konzepte, um Kundenbeziehungen professionell zu verwalten, sind gefragt wie seit langem nicht mehr. Das Marktforschungsunternehmen Softselect aus Hamburg etwa konnte feststellen, dass 64 Prozent von 350 befragten Unternehmen in Software für das Kundenbeziehungs-Management investieren wollen. Firmen erhoffen sich von CRM-Lösungen, den Umsatz zu steigern. Das ist nicht neu, wohl aber, dass auch der Mittelstand CRM für sich entdeckt hat.

Differenzierung über die Kundenansprache

Viele Unternehmen haben erkannt, dass es nicht mehr reicht, gute Produkte zu entwickeln und dann auf den Kunden zu warten. Betriebe wollen beispielsweise Angebote effizient bündeln und die Käufer kompakt und aussagekräftig informieren. Die Differenzierung im Wettbewerb erfolgt zunehmend über die effizientere und kompetentere Kundenansprache.

CW-TV: Taugt CRM On-Demand für den Mittelstand?

"Zu den Aufgaben einer CRM-Software zählt nicht mehr nur, neue Marktpotenziale zu eröffnen. Unternehmen wollen ihre Ausgangssituation verbessern", so Softselect-Chef Michael Gottwald. Ihr Interesse an CRM-Produkten sei vermehrt darauf ausgerichtet, Abläufe zu straffen, zu automatisieren und mittels bereichsübergreifender Workflows Geld zu sparen. Neben einem effizienten Service und Support gehöre auch dazu, den Kunden Informationen über die angebotenen Produkte zur Verfügung zu stellen. Dazu verwendet ein Industrieunternehmen beispielsweise technische Dokumentationen, Einsatzberichte, Service- und Wartungspläne und Ersatzteillisten. Ferner wollen diese Betriebe ihre Lieferanten, Partner, Dienstleister und sämtliche Vertriebskanäle in ein einheitliches IT-Konzept einbinden.

Bei manchen Unternehmen sind solche Prozesse bereits etabliert. Sie suchen jedoch nach Möglichkeiten, ihre Abläufe im Marketing, Vertrieb und Service kostengünstiger abzuwickeln. Mitunter lösen sie bereits bestehende CRM-Produkte ab.

Martin Stadelmann, Geschäftsführer der Firma eC4u Expert Consulting aus der Schweiz und Mitgründer des CRM-Masterprogramms an der Zürcher Hochschule Winterthur, teilt die Bedürfnisse der Unternehmen in drei Kategorien ein:

CRM-faule Manager

Wolfgang Martin: Jedes Unternehmen muss seine eigenen Ziele definieren.
Foto: Wolfgang Martin

Beispiele für erfolgreiches CRM gibt es im Mittelstand inzwischen viele. Allerdings gelingen diese Vorhaben nicht allein wegen guter Software, auch wenn CRM-Anbieter dies zuweilen suggerieren. Kundenbeziehungs-Management hängt zunächst einmal damit zusammen, wie Unternehmen sich auf ihre Kunden einstellen und welche Ziele sie sich setzen. Das fängt nicht am Arbeitsplatz des Vertriebsangestellten an, sondern in der Geschäftsführung. "Die Unternehmensleitung gibt die CRM-Strategie vor", meint der unabhängige Analyst Wolfgang Martin. Doch hinter dieser scheinbar einfachen Formel verbergen sich zahlreiche Unwägbarkeiten. Denn die jeweilige Strategie lässt sich nicht einfach aus dem Hut zaubern. "Jedes Unternehmen muss seine eigenen Ziele definieren.

Patentrezepte gibt keine", so Wolfgang Schwetz, der Firmen bei der Auswahl und Einführung von CRM-Lösungen berät. In der Praxis erlebt Schwetz oft, wie Unternehmen in ein CRM-Projekt hineinstolpern, ohne vorher Ziele festgelegt zu haben. Wenn überhaupt, holen sich Unternehmen erst dann Hilfe von außen, wenn sie sich praktisch schon für eine Software entschieden haben. Nicht selten sind die Auftraggeber dann mit dem Projektergebnis unzufrieden: "Wenn Firmen sich über die Ziele und deren Messbarkeit keine Gedanken machen, werden sie kaum den Nutzen der CRM-Lösung erkennen", warnt Schwetz.

Auch Thomas Rühl, Vorstand des CRM-Anbieters Cursor Software aus Gießen, muss immer wieder feststellen, dass Anwender nicht wissen, wohin die Reise in Sachen Kundenbeziehungs-Management eigentlich gehen soll. Rühl hat hier das Management als Schuldigen ausgemacht. "Statt Vorreiter zu sein, lässt die Geschäftsführung diesen Kelch an sich vorübergehen. Schließlich sollen ja die Mitarbeiter die Software einsetzen." In manchen Unternehmen pflegt der Firmenchef auch noch seine eigene Adressdatenbank, die mit der des CRM-Systems nicht abgeglichen wird. Spätestens beim Versand von Weihnachtskarten fällt man dann auf die Nase, wenn ein Kunde doppelt bedacht wird.

Vage Zielvorstellungen

Stephan Bauriedel: Die Firmen wissen nicht wie zufrieden die Käufer sind.
Foto: Bauriedel

Manche Firmen haben allenfalls vage Vorstellungen über den CRM-Nutzen. Stephan Bauriedel, selbständiger CRM-Berater aus Berlin, kennt Betriebe, die mit Hilfe von Software beispielsweise die Zeit pro Serviceeinsatz senken möchten. Sie sind jedoch nicht in der Lage zu sagen, wie lange ihre Dienstleistungen heute dauern. Andere schreiben sich die Steigerung der Kundenzufriedenheit auf die Fahnen, ohne zu wissen, wie zufrieden die Käufer bis dato waren. "Prozesse optimieren wollen alle, doch ob sie diese günstiger, schneller oder besser machen wollen, vermögen sie nicht zu sagen."

Abhilfe schaffen kann eine Potenzialanalyse, deren Ergebnisse der Geschäftsleitung aufzeigen, was sie mit Hilfe einer CRM-Einführung erreichen kann. Doch Bauriedel zufolge lässt sich höchstens ein Drittel der Unternehmen darauf ein.

Bei der CRM-Zielsetzung können Berater helfen. In manchen Fällen sträuben sich Geschäftsführungen jedoch, mittelfristige Vertriebsziele zu definieren und daraus Vorgaben für die CRM-Einfühlung abzuleiten. "Lieber beschränken sich Manager auf pauschale Ziele wie die Steigerung des Umsatzes oder eine bessere Kundenorientierung. Auf die Probleme, die das Unternehmen im Vertrieb oder im Service hat, wird zu wenig eingegangen", bemängelt CRM-Experte Schwetz. Wenn dann die Softwareinvestition ansteht, fragt der Firmenchef, ob es nicht auch ein bisschen billiger geht.

Viele Kundendaten - wenig Verfügbarkeit

Doch selbst wenn die CRM-Ziele von ganz oben formuliert wurden, stößt so manches Unternehmen auf grundsätzliche Probleme. Wer mit Hilfe einer CRM-Software mehr Umsatz erzielen will, muss seine Kunden genau kennen. Gute Karten hat der, bei dem die Kundeninformationen wohl strukturiert in einer Datenbank lagern. Doch auch hier erlebt CRM-Berater Schwetz häufig Überraschungen. "Da finden sich schon mal wichtige Daten in Hängeregistern und Zetteln wieder. Solche Firmen verfügen zu ihren Kunden über wertvolle Informationen, doch diese sind nicht verfügbar." Unter diesen Voraussetzungen falle es den Firmen schwer, wichtige von weniger wichtigen Abnehmern zu unterscheiden.

Andere Betriebe speichern ihre Kundeninformationen zwar komplett elektronisch, doch fast jeder Nutzer hat dafür sein eigenes System. In einem Projekt stand Schwetz vor der Aufgabe, Detailinformationen aus 37 unterschiedlichen Kundendatenbanken zusammenzufügen. Ähnliche Erfahrungen hat der Schweizer CRM-Spezialist Stadelmann gemacht: "Bevor irgendeine Software installiert wird, muss das Unternehmen eine Bestandsaufnahme der Kundendaten vornehmen." Vor der Softwareeinführung müsse die Datenverfügbarkeit gewährleistet sein. Das Wissen über die Kunden ist so aufzubereiten, dass die Mitarbeiter in ihrer jeweiligen Rolle geeignete Daten nutzen können. Ein Vertriebsangestellter benötigt andere Kundeninformationen als sein Kollege aus dem Service.

Premium-Service für Premium-Kunden

Ohne detaillierte Daten lässt sich nicht sagen, welche Kunden die besten sind und deshalb einen besonders guten Service erhalten sollen. Als positives Beispiel nennt Analyst Martin den Heizgerätehersteller Vaillant. Dessen Kunden sind Handwerksbetriebe. "Die Firma Vaillant hat eine rigorose Politik in Sachen Akquise ihrer Kunden. Der Hersteller schaut sich jeden Betrieb genau an, und wenn er gewissen Anforderungen nicht entspricht, kommt es auch nicht zu einer Zusammenarbeit." Auf diese Weise wolle das Unternehmen vermeiden, sich mit unrentablen Kunden zu befassen. Vaillant habe erkannt, dass CRM viel mit Umdenken zu tun hat.

Lebenszyklus des Kunden

Kunden sollen aber nicht nur gewonnen, sondern auch gehalten werden. Unternehmensberater Stadelmann spricht hier vom "Kundenlebenszyklus", der sich in drei Abschnitte gliedern lässt.

Vor allem in die dritte Phase haben Stadelmann zufolge viele Mittelständler in den letzten Monaten investiert. Die Verbesserungspotenziale hören bei Produkten und Preisen nicht auf. Kundenfreundlich ist, wer beispielsweise auf Anfragen schnell und kompetent reagieren kann.

CRM-Software soll alle drei von Stadelmann skizzierten Phasen abdecken können. Somit muss das System flexibel sein, damit Kunden von einer in die andere Phase wandern können. Andererseits muss das Programm die unterschiedlichen Anwendergruppen bei ihrer Arbeit unterstützen. Wenn die Nutzer die CRM-Software nicht als Hilfsmittel, sondern als Zusatzbelastung erfahren, hätte sich das Unternehmen das Geld sparen können.

Unternehmensberatungen stoßen im Mittelstand zwar nicht auf taube Ohren, werden aber von der Realität eingeholt: Firmen dieser Größenordnung müssen sich genau überlegen, wie viel sie in Beratung, Software und Anpassung ihrer Prozesse investieren können. "Bei einem großen Konzern kommt es schon mal vor, dass Projekte 100 000 Euro teurer werden als ursprünglich geplant. Für den Mittelstand darf das Gesamtvorhaben oft schon nicht mehr kosten", bringt es Stadelmann von eC4u auf den Punkt.

CRM-Konzepte von Konzernen passen nicht

Neben den weitaus geringeren Budgets der Mittelständler gibt es ein weiteres Problem: Viele der methodischen Ansätze zur CRM-Einführung beruhen auf den Erfahrungen aus Großkonzernen und lassen sich nicht einfach auf die Belange kleinerer Firmen herunterbrechen. Das gilt auch für den Nutzen: Für Konzerne rechnen sich CRM-Systeme leicht, da an den Abläufen viele Personen beteiligt sind. Sie verfügen üblicherweise über eigene Abteilungen für Marketing, Vertrieb und Kundendienst, die eine große Anzahl an Kunden bedienen. In mittelständischen Betrieben erledigt manchmal ein und dieselbe Person beispielsweise das Marketing und den Vertrieb, und je nach Branche und Vertriebskonzept müssen weit weniger Kunden bedient werden. Somit lassen sich hier Einsparungen durch Prozessautomatisierungen nicht so leicht heben. Dennoch haben einige mittelständische Unternehmen hohe Ansprüche an CRM-Lösungen, und die dürften noch steigen. Allerdings wachsen die Forderungen allzu häufig schneller als die Budgets, was dazu zwingt, in Projekten Prioritäten zu setzen.

Große Unternehmen haben aus den zahlreichen gescheiterten CRM-Projekten Lehren gezogen. Statt darauf zu hoffen, dass sich durch die Softwareeinführung automatisch auch die Prozesse verbessern, erarbeiten diese Firmen inzwischen fachliche Konzepte. Viele mittel-ständische Unternehmen glauben dagegen noch immer, mit dem Softwareprodukt die fachlichen Prozesse gleich mit zu erwerben. "In dieser Hinsicht steht der Mittelstand leider dort, wo Großunternehmen vor zehn Jahren waren", beobachtet Stadelmann. Mitunter überlassen die Betriebe sogar das Verfassen des Pflichtenhefts einem Diplomanden. Ob der dann wirklich die unternehmensspezifischen Bedürfnisse zu Papier bringt, darf bezweifelt werden.

Fachliche Konzepte zu erarbeiten kostet Zeit und Geld. Wenn nach 70 bis 80 Manntagen die Lösung stehen soll, bleibt nach der Installation der Software wenig Zeit für Prozessanpassungen. Das Tückische dabei: Die eigentliche Softwareeinführung läuft meist rund, was auch daran liegt, dass in diesen Betrieben, anders als bei großen Unternehmen, die Integration von weiteren Softwaresystemen nicht so aufwändig ist. Das Projekt gilt nach der Inbetriebnahme als erfolgreich abgeschlossen. Wenn nicht einmal ein Training stattfindet und unklar bleibt, welche Mitarbeiter das System verwenden sollen und auf welche Weise, nutzt es am Ende möglicherweise niemand.

Erfolgreiches CRM ist machbar

Es gibt jedoch eine Reihe von mittelständischen Firmen, denen es trotzdem gelungen ist, kundenorientierte Prozesse aufzulegen. Erfolgreiche CRM-Projekte sind solche, bei denen der Vertrieb nicht erst vom Nutzen überzeugt werden muss. Ein Beispiel dafür liefert die mittelständische Firma Erlau AG aus Aalen: Sie ersetzte Karteikästen durch eine integrierte CRM-Applikation. Die Firma beschäftigt etwa 250 Personen und produziert Geräte von der klettererprobten Spielplatzbank über Sitzgelegenheiten für Warte- und Fußgängerzonen bis zur witterungsbeständigen Parkbank. Aufträge gewinnt Erlau über Ausschreibungen. Eine Herausforderung des CRM-Projekts bestand darin, das komplexe Beziehungsgeflecht vor allem bei öffentlichen Auftraggebern abzubilden. Da gibt es Entscheider auf kommunaler Ebene, Architekten und Projektleiter, zwischen denen die Vertriebsleute des Möbelspezialisten vermitteln müssen. Wer in Bauprojekten die Entscheidungen trifft, muss nicht gleichzeitig der Auftraggeber sein. Wo viele Personen mitwirken, ist der Informationsbedarf groß und Transparenz gefordert.

Transparenz statt Karteikarten

Gemeinsam mit einem externen Beratungs- und Systemhaus hat Erlau ein spezielles CRM-Programm entwickelt. Das Tool vereinfacht vieles: Ausschreibungsdaten lassen sich nun elektronisch übernehmen und in das CRM-System einfügen. Termine können die Anwender in entsprechende Felder eintragen, um daran erinnert zu werden. Workflows gestatten es den manchmal bis zu acht Mitglieder umfassenden Projektteams, gemeinsam an Auftragsdokumenten zu arbeiten. Einbinden lassen sich so auch Außendienstmitarbeiter und externe Nutzer bei Partnern, die über den Web-Browser zugreifen. Den Nutzen der Software hatten die Vertriebsleute ziemlich bald nach Projektstart erkannt, weil sie Anfragen und Ausschreibungen zentral verwalten und das Beziehungsgeflecht abbilden konnten. Heute arbeiten 45 Endanwender mit dem System.

Bei der Auswahl Ihrer CRM-Software hilft Ihnen der CRM-Matchmaker von COMPUTERWOCHE und der Trovarit AG.