Softwareverträge

So verhandeln Sie am besten!

17.02.2009 von Heinrich Vaske
In Krisenzeiten purzeln die Preise - auch im Softwaremarkt. Allerdings muss man sich gut vorbereiten und clever anstellen, um optimal mit den Anbietern zu verhandeln. Wir haben ein paar Tipps zusammengestellt.

Vor ein paar Jahren, so berichtet die amerikanische CW-Schwester "Computerworld", hat sich David Cortese daran gemacht, den Softwarebestand seines Unternehmens kritisch zu durchforsten. Dabei fand der IT-Manager von Sony Picture Home Entertainment heraus, dass er für 266 ERP-Lizenzen jeweils 7000 Dollar pro Nutzerlizenz zahlte, aber tatsächlich nur 177 Lizenzen wirklich zum Einsatz kamen. Cortese forschte weiter und konnte schließlich die Softwarekosten konzernweit um einen Millionenbetrag zusammenstreichen.

Forrester-Analyst Ray Wang: Mehr als 200 Kunden haben in den vergangenen Monaten um Nachverhandlungen gebeten.
Foto: Forrester

Das ist kein Einzelfall. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten durchkämmen die IT-Verantwortlichen ihre Portfolien auf Einsparungspotenziale und treffen bei ihren Gesprächspartnern auf Seiten der Softwarehäuser durchaus auf Verständnis. Forrester-Analyst Ray Wang erzählte den Kollegen von der Computerworld, er sei in den letzten Monaten von mehr als 200 Kunden um Unterstützung bei der Neuverhandlung bestehender Lizenz- und Wartungsverträge gebeten worden.

Falls auch Sie Gespräche mit Ihren Softwarelieferanten haben, lesen Sie vorher unsere Tipps, die Ihnen in den Verhandlungen möglicherweise weiterhelfen!

Machen Sie Ihre Hausaufgaben!

Um für effektive Vertragsverhandlungen gewappnet zu sein, sollten Anwender vorbereitet sein. Dazu gehört, die bestehenden Verträge wirklich bis ins Detail zu kennen. Das klingt natürlich wie eine Selbstverständlichkeit, aber es ist keine. Viele Berater können ein Lied davon singen, wie schlecht präpariert Anwender in Vertragsverhandlungen gehen.

Sie brauchen weniger, als Sie denken!

Viele Unternehmen überschätzen die Zahl der der Nutzerlizenzen, die sie wirklich benötigen. Sie lizenzieren jede Menge Shelfware. Leider gibt es eine Menge Lizenzverfahren, die diesen Fehler massiv begünstigen. Wollen Kunden die Zahl der Lizenzen herunterfahren, werden sie von ihren Lieferanten nicht selten mit höheren Kosten für die verbleibenden Lizenzen beglückt. Am Ende zahlt man denselben Preis, bekommt aber unterm Strich weniger.

Auch SAP und Oracle haben laut Forrester-Analyst Wang Mechanismen geschaffen, die es Nutzern schwer machen, die Anzahl der Seats in Lizenzverträgen herunterzunehmen. Doch es gibt Beispiele von Unternehmen, denen es gelungen ist, den Ball zurückzuspielen. So hat es sich in Einzelfällen als sinnvoll erwiesen, alle vorhandenen Softwarelizenzen zu erheben und mit den Herstellern zu verhandeln, ob sich ungenutzte Lizenzen "parken" lassen, bis die Konjunktur wieder Tritt fasst. Die gekauften, aber nicht genutzten Lizenzen werden dann zu einem deutlich geringeren Preis gehandelt, als die aktiven. Später lassen sich die geparkten Lizenzen wieder zum Normalpreis aktivieren. Die Computerworld nennt ein Beispiel, in dem sich 80 Prozent der rund 300 Lieferanten eines Unternehmens darauf eingelassen haben - einschließlich Anbietern von Business-Software, technischen Tools und Datenbanken.

Nutzen Sie Ihre Macht!

Vor Abschluss eines Vertrags sollten auch die kleinsten Details bekannt sein. Wenn in laufenden Verträgen nachverhandelt werden muss, zieht der Anwender meistens den Kürzeren. So gut wie vor dem Vertragsabschluss, wenn der Softwareanbieter weiß, dass er den Kunden noch nicht am Haken hat, werden die Bedingungen nicht wieder. Oft sind die Preismodelle der Hersteller bewusst intransparent gehalten und schlecht dokumentiert. Bevor Sie unterzeichnen, sollten Sie ganz sicher sein, das Pricing des Anbieters komplett verstanden zu haben und zu wissen, wie er es zu seinem Vorteil nutzen möchte.

Fragen kostet nichts!

Gartner-Analystin Jane Disbrow: Scheuen Sie sich nicht, Anbieter um Vergünstigungen zu bitten.
Foto: Gartner

In der Wirtschaftskrise locken einige Anbieter mit Sonderkonditionen, um Neukunden zu gewinnen oder wichtige Kunden zu halten. Wenn sie sich inflexibel zeigen, sollten Anwender einfach ihre Wünsche äußern beziehungsweise Forderungen stellen. Es kann Sinn geben, mit einem Katalog von Vorstellungen beim Anbieter aufzuschlagen. Darin könnte der Vorschlag enthalten sein, dass sich die Kosten für Wartung und Lizenzen automatisch reduzieren, je mehr Anwender das System nutzen. Kostenlose Wartung im ersten Jahr ist auch eine beliebte Forderung. In der Praxis werden die Hersteller auf solche Wünsche nur teilweise eingehen. Doch das ist mehr als gar nichts.

"Scheuen Sie sich nicht, Anbieter um Vergünstigungen zu bitten", sagt Gartner-Analystin Jane Disbrow. In den meisten Vertragsverhandlungen komme man irgendwann an den Punkt, wo der Verkäufer den Eindruck erwecke, er werde schon Morgen seinen Kindern nicht satt zu essen geben können, weil er zuviel Entgegenkommen gezeigt habe. "Machen Sie sich um den Hersteller keine Sorgen", empfiehlt Disbrow, diese würden keinen Deal abschließen, der sich nicht lohnt. Wichtig sei es aus Kundensicht, an die Grenzen der Kalkulation zu gelangen.

Phantomsysteme ausmustern!

Verschaffen Sie sich gemeinsam mit ihren Abteilungsleitern einen Überblick darüber, welche Softwareverträge bestehen und wie intensiv die Produkte genutzt werden. Im Fall von Sony Pictures Home Entertainment fand IT-Manager Cortese beispielsweise eine Rechnung in Höhe von 125.000 Dollar für Wartungsaufgaben im Zusammenhang mit einer Workflow-Management-Software. Interne Untersuchungen zeigten, dass dieses System gar nicht mehr im Einsatz war. "Wenn wir nicht intensiv nachgeforscht hätten", so Cortese, "wäre uns diese Rechnung durchgegangen".

Sezieren Sie Wartungsverträge unter dem Mikroskop!

Forrester-Analyst Ray Wang: Die Wartung ist das letzte, wofür Softwareanbieter Nachlässe gewähren.
Foto: Forrester

Softwareanbieter hassen Diskussionen über Wartungsgebühren, da dieses Geschäft für sie profitabler ist als jedes andere. Beispielsweise blieben 85 Prozent der Umsätze, die Oracle im Geschäftsjahr 2008 mit Wartungsverträgen machte, als reiner Profit übrig. Der Anteil repräsentierte 76 Prozent des gesamten Gewinns, so zeigt die Jahresbilanz 2008.

Wenn ein Kunde einen konzernweiten Softwarevertrag im Wert von zehn Millionen Dollar abschließt, hat er natürlich einen Hebel, um gewisse Discounts auch bezüglich der Wartung zu erwirken. Grundsätzlich ist das aber ein Gebiet, auf dem Softwareanbieter ungern feilschen. "Die Wartung ist das letzte, wofür Softwareanbieter Nachlässe gewähren", beobachtet Forrester-Mann Wang.

Doch Ausnahmen bestätigen die Regel. So zahlen die meisten Kunden schon teure Wartungsgebühren, sobald die Tinte unter dem Vertrag getrocknet ist. Dabei dauert es oft ein ganzes Jahr, ehe das System erfolgreich implementiert ist. Zu früh zu zahlen, muss nicht sein: Manchen IT-Managern gelingt es durchzusetzen, dass erst dann für die Pflege der Software bezahlt werden muss, wenn sie auch zum Einsatz kommt. Zugegeben, das klappt nicht immer. Aber in Krisenzeiten sind einige Anbieter auch hier zu Zugeständnissen bereit.

Sinnvoll ist es auch, die Inanspruchnahme der Maintenance an die verschiedenen Softwareanbieter jährlich exakt zu erfassen. So lässt sich feststellen, ob die Hilfe der Hersteller ihr Geld wirklich wert ist. Auf Basis der Daten lassen sich Wartungsverträge gegebenenfalls neu verhandeln oder auf eine nutzungsbasierende Abrechnung umstellen.

Während es bei Mainframe-Software angesichts der geringen Konkurrenz im Markt nur wenig Spielräume gibt, lassen sich Verträge rund um Middleware recht gut neu verhandeln.

Den Vertrag machen Sie!

Kunden sollten, wann immer es möglich ist, ihre eigenen Verträge durchbringen und nur dann die Standardformulare der Softwareanbieter verwenden, wenn es gar nicht anders geht. Schon in der Ausschreibungsphase sollten alle interessierten Softwarehersteller eindeutig darauf hingewiesen werden. Nachteil dieses Vorgehens: Die Vertragsunterzeichnung wird sich um durchschnittlich drei bis sechs Monate verzögern, weil sich die Anwälte des Softwarelieferanten erst mit den Formulierungen der Kunden vertraut machen müssen. Außerdem, so berichtet Gartner-Analystin Disbrow, bestehen insbesondere SAP und Oracle auf die Unterzeichnung ihrer Standardformulare und machen bestenfalls dann Ausnahmen, wenn es sich um einen Kunden des öffentlichen Diensts handelt.

Vielen Kunden macht das auch gar nichts aus, solange sie die Chance haben, Vertragspassagen zu ändern. Die Änderungen betreffen beispielsweise Haftungs- und Wiedergutmachungsansprüche sowie Garantien, dass sich die Wartungskonditionen prozentual am Netto- und nicht am Listenpreis des Systems orientieren.

Nichts überstürzen!

Lassen Sie sich von keinem Softwareanbieter zu überstürzten Vertragsunterzeichnungen drängen - etwa, weil der Lieferant einen Deal unbedingt abschließen möchte. Will das Softwarehaus ein Abkommen binnen eines Monats in trockene Tücher bringen, wird der Kunde in den allermeisten Fällen finanzielle Nachteile davon haben. Ihm bleibt dann nicht genügend Zeit, seine eigenen Konditionen auszuarbeiten und den Wettbewerbsdruck des Lieferanten für sich zu nutzen.

Das Timing ist entscheidend!

Der beste Moment, um Softwareverträge auszuhandeln, ist kurz vor Abschluss eines Quartals. Dann lassen sich die Vertriebsmitarbeiter einiges einfallen, um ihre Zahlen noch zu erreichen und Provisionen einzufahren. Ideal ist es, die Verhandlungen 60 bis 90 Tage vor Abschluss des Finanzjahres oder 30 Tage vor Quartalsende zu beginnen. Je nach Geschäftsverlauf beim Hersteller sind in diesen Phasen kleine Wunder möglich.