Wenn von Green IT die Rede ist, richten sich die Blicke in der Regel zunächst auf Rechenzentren (siehe dazu: Wie Unternehmen mit Green IT Kosten senken). Weitaus weniger Beachtung findet die dezentrale IT in Form von Arbeitsplatzrechnern, Notebooks, Druckern etc. Der damit verbundene Stromverbrauch wird von vielen Unternehmen immer noch massiv unterschätzt, berichtet die Experton Group. Laut Erhebungen des Beratungshauses liegt er zwischen 40 und 60 Prozent des gesamten Stromverbrauchs der IT.
Green-IT-Initiativen sollten sich deshalb nicht nur um das klassische Data Center drehen, sondern den Office-Bereich ebenso ernsthaft einbeziehen, empfehlen die Berater. Die Stromkosten vieler Rechenzentren würden mittlerweile zwar dem IT-Budget belastet. Dies gelte jedoch nicht für die Office IT, deren Energieverbrauch häufig von den jeweiligen Organisationseinheiten bezahlt werden muss.
Dessen ungeachtet gelten für das "Green Office" letztlich die gleichen Anforderungen wie für entsprechende Projekte in Rechenzentren:
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Der Energieverbrauch soll deutlich gesenkt werden.
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Die Betriebskosten für die Infrastruktur sollen gesenkt oder zumindest nicht erhöht werden.
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Die Investitionen müssen sich betriebswirtschaftlich rechnen.
"Insbesondere der letzte Punkt ist in Zeiten wirtschaftlicher Schwächen von fundamentaler Bedeutung und überlagert letztlich alle Investitionen", kommentiert Wolfgang Schwab, Senior Advisor bei der Experton Group.
Im Office-Bereich sollten IT-Verantwortliche vor diesem Hintergrund insbesondere folgende Maßnahmen prüfen:
Ersatzinvestitionen
Bei Ersatzinvestitionen sollten Unternehmen gezielt energiesparende neue Hardware kaufen. Die damit verbundenen Mehrkosten werden in aller Regel durch die niedrigeren Energiekosten mehr als ausgeglichen. Ein sofortiger Austausch der kompletten Infrastruktur ist aber in der Regel wirtschaftlich nicht sinnvoll. Bei neuer Hardware sollten Entscheider insbesondere darauf achten, dass die Systeme optimal zu den jeweiligen Aufgaben passen.
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Grafikkarten: Für normale Büroarbeitsplätze reicht ein sehr geringes Leistungsniveau. Entsprechend niedrig ist dann der Stromverbrauch.
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CPUs: Moderne Prozessoren mit niedrigen Taktraten und zwei Rechenkernen reichen für die meisten Büroanwendungen vollkommen aus.
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Hauptspeicher: Nicht zu unterschätzen ist der Strombedarf des Arbeitsspeichers. Aus Performance-Gründen gibt es zwar keinen Sinn, an dieser Stelle zu sparen. Doch mehr als zwei GB sind für die meisten Büroarbeitsplätze zuviel.
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Notebooks versus Desktops: Der Energiebedarf von Notebooks ist immer noch deutlich niedriger als der von Desktop-PCs, jedoch rechnen sich die mit den mobilen Rechnern verbundenen Mehrkosten nur dann, wenn zu den Einsparungen im Energiebereich noch Effizienzsteigerungen der Mitarbeiter kommen.
Thin Clients
Thin Clients erleben derzeit einen zweiten Frühling. Einerseits benötigen sie relativ wenig Energie. Andererseits führen Unternehmen VDI-Lösungen (VDI = Virtual Desktop Infrastructure) ein, die die Betriebskosten von PCs deutlich senken sollen. Damit steht auch die Server-Infrastruktur für Thin-Clients bereit. Ob und in welchem Bereich Thin Clients eine brauchbare Alternative zu PCs darstellen hängt vom konkreten Fall ab, sollte aber von jedem IT-Verantwortlichen zumindest untersucht werden. Wichtig ist dabei, dass den Energieeinsparungen auf der Client-Seite die zusätzlichen Energiekosten auf der Server-Seite gegenübergestellt werden. Das gleiche gilt für die Betriebskosten.
Desktop-Management
Das Thema Desktop-Management bietet ebenfalls große Chancen in Sachen Green IT. Beispielsweise können die Clients gezielt an- und ausgeschaltet werden, wenn etwa Software außerhalb der Arbeitszeit verteilt wird oder ein Mitarbeiter das Ausschalten vergessen hat. Die Technologien hierfür stehen seit geraumer Zeit bereit, der tatsächliche Einsatz ist aber noch vergleichsweise gering.
Drucker-Konsolidierung
Mit einer Konsolidierung von Druckersystemen können Unternehmen sowohl die Betriebskosten als auch den Energiebedarf deutlich senken. Andererseits können solche Maßnahmen aber auch massive Widerstände betroffener Mitarbeiter auslösen. Unabhängig von Energie- und Betriebskosten sollten IT-Verantwortliche einschlägige Projekte nur mit nachhaltiger Unterstützung der Geschäftsleitung angehen werden.
"Insgesamt zeigt sich, dass Green IT nicht nur im Rechenzentrum eine wichtige Rolle in der strategischen Planung spielt, sondern auch im Office-Umfeld", urteilt Schwab. "Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass man durch einfache gezielte Maßnahmen in Rechenzentren wesentlich schneller signifikante Verbesserungen erzielen kann, als auf der Client-Seite, auf der sich Verbesserungen wirtschaftlich oft nur am Ende des Lebenszyklus der eingesetzten Hardware realisieren lassen."
Grüne Geschäftsprozesse?
In der Diskussion um Green IT wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass rund zwei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen auf den Einsatz von IT zurückzuführen sei. Auch der Vergleich mit dem internationalen Flugverkehr ist gängig. Zukunftsweisender ist nach Einschätzung der Experton Group eine Umkehr des Blickwinkels und die Frage, wie viel Energie in den Geschäftsprozessen durch den richtigen Einsatz von IT gespart werden kann. Seit Jahren optimieren Fluggesellschaften ihre Flugpläne, um möglichst wenige Leerflüge durchführen zu müssen. Ähnliches gilt für Transportunternehmen mit ihren LKW-Flotten. Hier erscheint ein Leerfahrtenanteil von 10,5 Prozent im Jahr 2007 (laut Kraftfahrt-Bundesamt) allerdings immer noch verbesserungswürdig.
"CIOs sollten sich mit den einzelnen Fachabteilungen auseinander setzen und versuchen die Business-Prozesse dahingehend zu optimieren, dass durch den optimalen Einsatz von IT-Lösungen in den einzelnen Geschäftsprozessen möglichst wenig Energie verbraucht wird", rät Experton-Mann Schwab. Unternehmen sollten dazu die folgenden Schritte für jeden Geschäftsprozess beziehungsweise jede Fachabteilung unternehmen:
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Bewertung der Geschäftsprozesse: Die Geschäftsprozesse im Logistik- und Fertigungsbereich dürften bei den meisten Unternehmen schon weitgehend optimiert sein. Trotzdem sollten sie erneut auf den Prüfstand gestellt werden. Gleiches gilt für "Nebenprozesse" wie interne Dienstreisen und Abstimmungs-Meetings. Interessant sind alle Prozessschritte, in denen Energie verbraucht wird, das heißt Waren oder Dokumente erstellt oder Personen bewegt werden.
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Bewertung der IT-Unterstützung und GAP-Analyse: In diesem zweiten Schritt muss untersucht werden, ob und gegebenenfalls wie die beim Assessment der Geschäftsprozesse identifizierten Teilschritte durch IT dahingehend unterstützt werden können, dass weniger Energie verschwendet wird. In diesem Schritt ist dann auch zu planen, welche zusätzlichen Lösungen eingesetzt werden sollen und zu prüfen, ob dies wirtschaftlich sinnvoll ist.
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Optimierung des IT-Supports für die einzelnen Geschäftsprozesse: In diesem Schritt werden die einzelnen Projekte detailliert geplant, priorisiert und dann letztlich umgesetzt.
Zusammenfassung
Unternehmen, die Green IT ernst nehmen, kommen nicht an einem ganzheitlichen Ansatz vorbei, resümiert die Experton Group. Dieser umfasse neben den Bereichen Rechenzentrum und Office-IT auch die IT-Unterstützung der Geschäftsprozesse. Derartige Projekte würden nicht primär aus ökologischen Gründen getrieben sondern aus ökonomischen. Insbesondere in Krisenzeiten komme Green IT daher eine besondere Stellung zu.
Mit Hilfe von Green-IT-Projekten sind massive und nachhaltige Einsparungen möglich, argumentiert die Experton Group. Allein im Rechenzentrum könnten Unternehmen die Energiekosten um zehn bis 35 Prozent drücken. Einsparen ließen sich zudem fünf bis 25 Prozent der Hardware-Administrationskosten.
Ähnliches gilt für die Energiekosten der Office-IT. Hier liegt das Sparpotenzial den Consultants zufolge zwischen 20 und 50 Prozent. Berücksichtige man auch VDI-Lösungen (Virtual Desktop Infrastructure) könnten IT-Verantwortliche darüber hinaus die Administrationskosten der Office-IT um 30 Prozent reduzieren.
Last, but not least ermöglichten sogenannte Carbon Killer Solutions weitere Einsparungen von zwei bis zehn Prozent der Energiekosten eines Unternehmens. (wh)