Green-IT-Tipps

So sparen IT-Anwender Energie

23.10.2008 von Jan-Bernd Meyer
Die COMPUTERWOCHE hat drei Fachleute, die in ihren Rechenzentren Konzepte zu Green IT verwirklicht haben, gefragt, was sie IT-Verantwortlichen raten, die sich mit ihrer Informationstechnologie ökologisch korrekt verhalten wollen.

Tipps von Thomas Schott

Thomas Schott, Abteilungsleiter Corporate Service Center IT/RZ der Rehau AG & Co., rät Anwendern:

Klimatisierungsprobleme haben ihre Ursache im steigenden Stromverbrauch durch die seit Jahren wachsende Zahl von Servern und leistungsstärkeren CPUs. Anwender sollten dieses Problem an der Wurzel packen und den Stromverbrauch durch Virtualisierung drastisch senken. Investitionen in Klimatechnik und Stromversorgung lassen sich so vermeiden oder zumindest aufschieben.

Platzprobleme und damit Kosten für den Betrieb lassen sich durch eine deutlich reduzierte Stellfläche im RZ mittels Konsolidierung verringern.

Thomas Schott, Rehau AG & Co., hat für die Reduzierung des Energieverbrauchs gute Erfahrungen mit Serverkonsolidierung durch Virtualisierung gemacht.
Foto: Rehau AG & Co.

Freie Kühlung kann bis neun Grad Außentemperatur genutzt werden.

Die Auslegung der Server-Racks sowie Abdichtung und optimale Kalt-Warmgangprinzipien erfordern penible Detailarbeit und einen nicht zu unterschätzenden Zeitaufwand.

Kalkulationen zur Wärmerückgewinnung müssen seriös sein. Gerade im Sommer und Frühjahr, wenn die energiehungrigen Kältemaschinen laufen, benötigt niemand warmes Wasser für die Heizung. Im Winter arbeitet man mit freier Kühlung (Free Cooling) ohnehin sehr energieeffizient.

Bezüglich der Energiekosten erzielt man bei kleineren und mittleren Installationen keinen kurzfristigen Return on Investment (RoI).

Ganz wichtig: Die Betriebssicherheit geht vor. Im Störfall fragt niemand, ob man pro Jahr ein paar Prozentpunkte an Energie spart.

Virtualisierung hat Grenzen: Für hochperformante Server-Cluster, sehr große Speicher und I/O-lastige Applikationen und bei einer sehr großen Zahl von Anwendern sollte man Server-Virtualisierung vorsichtig angehen.

Expertenblog: Best of IT Solutions

Interessiert? Mehr zum Thema Green IT erfahren Sie bei "Best of IT Solutions", unserem Experten-Blog rund um energieeffiziente IT.

Tipps von Jens Leuchters

Leuchters ist Country Manager von Interoute, einem Rechenzentrumsbetreiber aus Kleinmachnow vor den Toren von Berlin.

Jens Leuchters, Interoute, hält viel vom Stromsparen im Rechenzentrum - aber nicht um jeden Preis.
Foto: Interoute

Wer über Green IT redet, muss auch über die Kosten, die eine Umstellung mit sich bringt, Bescheid wissen und hierfür bezahlen wollen. Ergo: Wer das eine - Green IT - will, muss das andere - Kosten - mögen. Grün gibt es nicht geschenkt.

Wir sind weit davon entfernt, "Green" konsequent umzusetzen, weil es auch bedeutet, Statussymbole in Unternehmen aufzugeben.

Es muss nicht gleich - um es mit einem Beispiel aus der Automobilwelt zu illustrieren - der Maybach in Vollendung sein, um Energie effizienter zu nutzen und somit Umwelt und das Geschäftsbudget zu schonen.

Green IT bleibt nur ein Lippenbekenntnis, wenn die nötigen Aktionen, um "green" zu werden, nicht mit dem Geschäftsplan und den Investitionsmöglichkeiten eines Unternehmens in Einklang zu bringen sind. Wertschöpfung geht im Zweifel vor Umweltschutz und Energieeinsparung.

Immer wieder werden folgende Fragen gestellt: Mehr für weniger? Effiziente wirtschaftliche Skalierung durch immer mehr Server-Leistung für weniger Strom? Geht das überhaupt? Warum zehn Server in zehn Firmen mit zehnprozentiger Auslastung betreiben? Warum nicht besser einen Server für zehn Firmen zentral mit hundertprozentiger Auslastung fahren?

Viele Anwender, die es mit Green IT ernst meinen, werden sich mit Virtualisierung befassen müssen.

Tipps von Peter Knapp

Peter Knapp, Geschäftsführer der Interxion Deutschland GmbH, rät: Bei der Anschaffung neuer Infrastrukturelemente sollten Anwender pauschalen Herstellerangaben zum Wirkungsgrad der Geräte nur bedingt glauben. Vielmehr bedarf es einer detaillierten und differenzierten Bewertung durch den Käufer (Rechenzentrumsbetreiber) selbst.

Nur so kann sichergestellt werden, dass die Geräte bei gewünschter Auslastung - die in den meisten Fällen von Unternehmen zu Unternehmen variiert - einen optimalen Wirkungsgrad erzielen. Dies ist Grundvoraussetzung zur Steigerung von Effizienz und Umweltverträglichkeit.

Eine möglichst vollständige Trennung der Luftströme durch Abschottung von Warm- und Kaltluft reduziert die benötigte Klimatisierungsleistung, da sich Zu- und Abluft im besten Fall nicht mehr vermischen können. Insbesondere in bestehenden Rechenzentren gestaltet sich eine nachträgliche Abschottung von Flächen und Gängen oftmals schwierig.

Jedoch gibt es auch hier neben einer Kaltgangeinhausung noch andere Möglichkeiten wie beispielsweise die gezielte Installation von Luftleitblechen und Blenden innerhalb von Server-Schränken. Bereits mit minimalem finanziellem und zeitlichem Aufwand kann die Strömung der Luft günstig geleitet und die Effizienz des Rechenzentrums gesteigert werden.

Was hilft modernste Technik, wenn sich der Mensch nicht umweltbewusst verhält? Es müssen klare Regelungen getroffen und entsprechende Prozesse etabliert werden, damit die durch Innovation geschaffene Effizienz nicht durch menschliches Handeln zerstört wird.

Die Frage nach einer sinnvollen Nutzung der Abwärme stellt sich verstärkt mit steigender Energieintensität. Insbesondere bei Neubauten sollte man untersuchen, inwieweit man beispielsweise die erzeugte Abwärme zum Heizen angeschlossener Büroflächen nutzen oder diese in ein Fernwärmenetz einspeisen kann.

Klimatisierungssysteme mit Freikühlungsoption sind keine Erfindung dieses Jahrtausends, jedoch werden sie erst seit wenigen Jahren verstärkt nachgefragt. Nach wie vor sind Geräte mit Freikühlungsoption in der Anschaffung teurer als konventionelle Systeme. Da bei den hiesigen klimatischen Bedingungen die Nutzung der freien Kühlung an rund 300 Tagen im Jahr möglich ist, ergibt sich durch die niedrigeren Betriebskosten eine Rentabilität binnen weniger als zwölf Monaten.

Sonneneinstrahlung und andere äußere Einflüsse sind ebenfalls wichtig. Am besten sind Rechenzentren schattig gelegen und nach dem Room-in-Room-Konzept errichtet. Das heißt, es wird ein Gebäude in ein bestehendes Gebäude hineingebaut. Durch Doppelboden, Zwischendecke und doppelte Wände wird der Rechenzentrumskern mit einem schützenden Luftpolster umgeben.

Auf Infrastrukturebene sind Effizienz und Umweltfreundlichkeit des Rechenzentrums eine Symbiose aus einem optimalen Gebäude, einer effizient arbeitenden Versorgungsinfrastruktur sowie funktionierenden Kapazitäts-Managements- und Wartungsprozessen, die durch klare Verhaltensregeln ergänzt werden.