Location Based Services, Augmented Reality etc.

So profitieren Unternehmen vom mobilen Internet

11.05.2010 von Arne Flick
Das mobile Internet erleichtert es Firmen, Kunden zu erreichen oder selbst besser erreichbar zu sein. Ein neuer Vertriebskanal und die Grundlage neuer Geschäftsfelder tun sich auf.

Spätestens mit der Markteinführung des Apple iPhone im Jahr 2007 hat die mobile Internet-Nutzung schlagartig zugenommen. Aktuellen Prognosen zufolge wird in den kommenden Jahren ein Großteil aller Mobilfunkanwender mit seinen Handys und Smartphones ganz selbstverständlich auf Internet-basierende Dienste zugreifen. Doch nicht nur die Anzahl der User, auch die Menge der mobilen Endgeräte mit Web-Zugang nehmen zu. Neben Notebooks werden auch MP3-Player, Tablet-PCs (wie das Apple iPad) und E-Book-Reader jederzeit und überall mit dem World Wide Web verbunden sein.

Business-Apps
Pizza Hut iPhone App
Pizza Hut bietet eine iPhone-App an, mit der man seine Pizza individuell belegen und anschließend direkt bestellen kann. Obwohl nur in den USA verfügbar, registrierte die Fast-Food-Kette in den ersten zwei Wochen 100.000 Downloads, die Umsätze stiegen (trotz/wegen eines Discounts von 20 Prozent) in drei Monaten um über eine Million Dollar.
DB Stadtrad iPhone App
Der Fahrradverleih der Deutschen Bahn zeigt auf einem virtuellen Stadtplan die Standorte aller aktuell verfügbaren Leihfahrräder an. Die Nutzer können Fahrräder direkt reservieren und die Bestellung samt Bezahlung über die App abwickeln.
VW Scirocco iPhone App
Beispiel für das Thema Spiele-Apps als Marketing-Tool ist das Scirocco-Rennspiel von VW.
Qype Radar iPhone App
Die App des Bewertungsportals Qype zeigt zu unterschiedlichen Kategorien oder Suchbegriffen (z.B. Restaurants, KZF-Werkstatt, Buchladen, etc.) die von den Usern Bewerteten Einträge – entweder in Form einer Adressliste oder über eine Verknüpfung mit Google Maps.
Maggi Eieruhr iPhone App
Viele Apps machen sich für die Anwender nützlich. Sie profitieren davon, dass man das Handy stets bei sich trägt – so können Sie ihre Dienste immer und an jedem Ort anbieten. Beispiel dafür ist die Maggi Eieruhr...
Marken-Apps
Es gibt jedoch noch mehr Beispiele für solche nutzwertige Apps: Einkaufsliste, Stadtführer, Gedächtnisstütze oder Eieruhr.
Marken-Apps
Weit verbreitete Konzepte sind auch Bestell-Tools, Shopfinder, Produktkonfiguratoren, interaktive Kataloge oder Broschüren sowie Service-Tools.

Am Anfang war die App

Einer der zentralen Gründe für die Erfolgsgeschichte des iPhones ist die große Anzahl an verfügbaren Anwendungen. Durch die Apps - kurz für Applications - verwandelt sich das Mobiltelefon in eine Plattform, die der Nutzer individuell mit unterschiedlichsten Funktionen bestücken kann: Währungsrechner, Wasserwaage, Wörterbuch, virtueller Einkaufszettel, Organizer, Produktkatalog, Restaurantführer, Reise- oder Kinoplaner. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt - über 140.000 Apps existieren bereits.

Inzwischen haben erste Firmen den wirtschaftlichen Nutzen eigener Apps erkannt: Bestell-Tools, Shopfinder, interaktive Kataloge und Broschüren oder Service-Tools zählen zu den beliebtesten Konzepten. Doch was macht eine App so attraktiv? Aus Anwendersicht lassen sich sechs Erfolgs-Faktoren identifizieren:

Die Nutzer können über Apps den Funktionsumfang ihres Handys jederzeit den persönlichen Anforderungen anpassen. Darstellung und Benutzerführung sind optimal auf die jeweilige Aufgabe zugeschnitten und schnell zu erlernen.

Konstante Weiterentwicklung

Diese Faktoren erklären nicht nur den momentanen Erfolg der App, sondern weisen zugleich den weiteren Weg in der Entwicklung des mobilen Internets. Sie werden für mobile Dienste, die technisch zum Beispiel auf HTML5 basieren, Gültigkeit behalten. Unternehmen, die eigene mobile Dienste starten wollen, sollten daher bereits in der Planungsphase überprüfen, inwieweit das verfolgte Konzept die aufgeführten Erfolgsfaktoren berücksichtigt. Generell steht fest, dass sich eigene mobile Dienste in Form von Unternehmens-Apps etablieren werden.

Zentrale technische Trends

Location Based Services

Wo ist der nächste Bäcker? Wie komme ich am schnellsten zur nächsten Werkstatt? Antworten auf diese Fragen geben standortbezogene Informationsdienste - Location Based Services. Die Funktionsweise: Per Satelliten-Ortung (GPS) wird die Position des Handys exakt bestimmt und mit Angaben zur lokalen Umgebung abgeglichen. GPS-Module haben sich als Standard-Bauteil neuer Handys etabliert, so dass die Verbreitung der Location Based Services zunehmen wird. Zukünftig sind auch Motion Based Services zu erwarten. Diese berücksichtigen neben dem aktuellen Standort des Nutzers auch dessen bisherige Route, Bewegungsrichtung und Geschwindigkeit.

Augmented Reality

Hinter dem Konzept Erweitere Realität oder Augmented Reality (AR) steckt die Idee, über mobile Endgeräte Informationen zu Orten, Gebäuden, Gegenständen und Produkten verfügbar zu machen. Dabei werden die Angaben direkt auf dem Display in die Bilder der Handy-Kamera eingeblendet. Die Umwelt erhält gleichsam Bildunterschriften. Kommerzielle Dienste können heute bereits Informationen über historische Bauwerke auf Städtereisen einblenden. Technisch und konzeptionell steht die Entwicklung von Augmented-Reality-Plattformen erst am Anfang. Zukünftig werden Funksensoren (etwa RFID) an Produkten oder in Gebäuden die Erkennung erleichtern oder sogar eigenständig Kontakt zum Handy aufnehmen. Gerade kommerzielle Dienste dürften diese Entwicklung vorantreiben.

Nutzerdaten

Wer das Internet nutzt, hinterlässt Spuren. Ob Online-Shops, News-Seiten oder Suchmaschinen - praktisch alle Webseiten protokollieren etwa über Cookies die Klicks und Suchanfragen ihrer Nutzer. Die gesammelten Daten geben Aufschluss über Soziodemografie der Nutzer, ihre persönlichen Interessen oder bevorzugt gesuchte und gekaufte Marken und Produkte. Im mobilen Internet können neben den Nutzerdaten auch Standort und Identifikationsnummer des Geräts erfasst werden - sofern der User der Nutzung seiner Daten zustimmt. So gibt das Profil nicht nur darüber Auskunft, was eine bestimmte Person interessiert, sondern auch wann und wo sie die Information benötigt.

Höhere Bandbreiten

Auch der weitere Ausbau des Mobilfunknetzes hat Einfluss auf die technischen und inhaltlichen Möglichkeiten des mobilen Internets. Aktuell bestimmen der UMTS-Standard und seine technische Ausbaustufe HSDPA die verfügbaren Kapazitäten. Doch schon in diesem Jahr soll der Startschuss für Netze der vierten Generation (4G) auf Basis der sogenannte LTE-Technologie (Long Term Evolution) fallen. Mit LTE werden Bandbreiten von bis zu 50 Mbit/s in der mobilen Datenübertragung ermöglich. Damit halten Video-Inhalte, interaktive Spiele und komplexe Anwendungen verstärkt auf den Handy-Displays Einzug.

Vom mobilen Internet profitieren

Drykorn-App: Mit mobilen Anwendungen öffnet sich Unternehmen ein neuer Vertriebsweg.
Foto: Rio Mobile

Spontan online einkaufen - überall, zu jeder Zeit. Der Verkauf von Waren und Dienstleistungen über das Handy und andere mobile Endgeräte verspricht zu einer tragenden wirtschaftlichen Säule des mobilen Internets zu avancieren. Durch technische Innovationen und neue Bedienkonzepte - etwa in Kombination mit Location Based Services - wird Mobile Commerce zu einem eigenen Distributionskanal. Wie schnell sich Mobile Commerce etabliert, hängt mitunter von der Produktpräsentation und der Bestellabwicklung auf den Endgeräten ab. Hier sind die Anbieter gefordert, überzeugende Konzepte und funktionale Mobile-Shops zu entwickeln. Auch die Anzahl der Angebote ist entscheidend. Je mehr maßgeschneiderte Lösungen für den mobilen Online-Einkauf verfügbar sind, umso mehr Kunden werden diesen neuen Vertriebsweg für sich entdecken. Langfristig wird ein signifikanter Teil der E-Commerce-Umsätze auf den Mobile Commerce entfallen. Anbieter und Händler sollten sich daher frühzeitig auf diesen neuen Vertriebskanal einstellen und mit einem eigenen "Mobile-Shop" präsent sein, um so neue Zielgruppen zu gewinnen und bestehende Kunden zu halten.

Mehr Möglichkeiten für Mobile Marketing

Auch das mobile Marketing wird durch das mobile Internet stark verändert. Werbeanzeigen wie Banner, aber auch Location-based Textanzeigen wie bei Google-Ads im mobilen Browser, durch Bluetooth übertragene Werbebotschaften, Newsletter im mobilen E-Mail-Programm oder attraktive Marken-Apps erreichen auf dem Mobiltelefon eine ständig wachsende Zielgruppe. Mobile Lesegeräte und Tablet-PCs werden diesen Trend verstärken. Wichtiger Treiber im Mobilen Marketing: Durch die Verbreitung von GPS-fähigen Handys lässt sich der aktuelle Aufenthaltsort der Empfänger ermitteln. Das lokale Umfeld entscheidet damit darüber, welche Werbung an die Empfänger ausgeliefert wird. Das erhöht die Effektivität der Botschaften. Beispielsweise können Modehersteller auf die neue Kollektion in dem Moment hinweisen, wenn ihre Kunden sich gerade in der Innenstadt oder in der Nähe einer Filiale befinden.

Besserer Service

Die iPhone-App von Pizza Hut ist nur ein Beispiel für verbesserten Kundenservice durch Mobilität.
Foto: Pizza Hut

Ebenso schafft das mobile Internet die Grundlage für eine neue Form von Kunden-Service. Unternehmen können die Käufer ihrer Produkte zukünftig zu jeder Zeit und an jedem Ort per Handy betreuen. Mit steigenden Bandbreiten werden klassische Telefon-Hotlines mit Instrumenten wie FAQs, Chat, Videos und Animationen in mobilen Service-Portalen verschmelzen. Die Nutzer werden ihre Anfragen oder Reklamationen per Handy-Kamera als Bild oder Video einsenden, das Support-Team wertet diese aus und kann den Kunden gezielt unterstützen. Die technologischen Grundlagen für solche Service-Portale sind bereits heute vorhanden. Unternehmen können mit innovativen Service-Konzepten am Markt Zeichen setzen.

Mitarbeitern in Außendienst und Vertrieb eröffnet das mobile Internet den permanenten Zugriff auf Unternehmensserver und zentrale Datenbanken. Der Abgleich von Kundendaten, Anfragen oder Bestellungen erfolgt dann in Echtzeit. Neben dem Notebook dürften BlackBerry, Android-Handy, Smartphone oder Tablet-PC im Vertrieb an Bedeutung gewinnen. Maßgeschneiderte Apps für den geschäftlichen Einsatz werden Mitarbeiter bei Kundengesprächen unterstützen. Sie erlauben es beispielsweise Serviceaufträge schnell zu erfassen und zur sofortigen Bearbeitung weiterzuleiten oder Kontrollfunktionen auszuüben.

Wachstumschancen durch mobile Dienste

Unternehmen, die primär nach neuen Umsatzquellen suchen, finden im mobilen Internet eine hervorragende Wachstumschance. Denn hier lassen sich kostenpflichtige Dienste schneller und einfacher als im stationären Web etablieren. Vorteil ist, dass man die Nutzungskosten über die Telefonrechungen oder beim iPhone über iTunes abwickeln kann. Bei Interesse kann der User also per Knopfdruck den Dienst beauftragen. Beispiele für kostenpflichtige Anwendungen sind Apps für Banking, Navigation, Zeitungen oder Zeitschriften sowie Preis- oder Servicevergleiche. Grundsätzlich bietet sich dieses Vorgehen jedoch für alle Arten von Informationsdiensten an: Anbindungen an Datenbanken mit wirtschaftlichen Kennzahlen oder Echtzeit-Finanzinformationen im Geschäftskundenbereich sind hier als Entwicklungstreiber zu nennen. Zukünftig werden zudem neue Formen der wirtschaftlichen Verwertung entstehen, etwa über Mobile Auctioning oder andere zeitkritische Geschäftsvorfälle.

Fazit

Das mobile Internet hat die kritische Hürde zum Massenmarkt überwunden. Bereits heute erreichen mobile Dienste in Form maßgeschneiderter Apps in rasantem Tempo auch breite Zielgruppen. Unternehmen, die sich jetzt dem mobilen Internet zuwenden, werden an diesem dynamischen Wachstum partizipieren. Vor allem im Bereich Mobile Commerce dürfte sich ein rechtzeitiger Einstieg auszahlen. Die Wende hin zur "App-Economy" hat Anbieter und Entwickler dazu angeregt, sich kompromisslos an den Wünschen der Anwender zu orientieren. Mobile Dienste müssen gegenüber ihren stationären Webdiensten einen Mehrwert aufweisen. Solche Apps müssen zukünftig stärker persönlich auf den Empfänger in seiner Nutzungssituation zugeschnitten werden. Werbung wird stärker an Servicecharakter gewinnen und auf den mobilen Kontext ausgerichtet. Das mobile Internet bietet auch Unternehmen aus dem B2B-Segment Chancen. Gerade für Geschäftskunden sind umfassender Service und maßgeschneiderte Lösungen wichtig. Ob als Unterstützung für den Außendienst, zusätzliche Schnittstelle zum Kunden oder Basis für neue Geschäftsmodelle - mobile Dienste werden zukünftig in zahlreichen Branchen gewinnbringend eingesetzt.