Horizontale Integration in Business-Anwendungen

So optimieren Sie mit KI Ihre Prozesse

18.01.2019 von Torben Niemschke
Unternehmen sind heute schon in der Lage, auf die Daten all ihrer Business-Anwendungen und aller Sensoren zuzugreifen. Mittels Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen können sie ganz neue Zusammenhänge finden.

Während Maschinen, Roboter und Fahrzeuge in der Industrie immer smarter werden, bleibt ihnen die Möglichkeit der Kommunikation noch weitgehend verwehrt. Oft strotzen sie vor Sensoren und vor künstlicher Intelligenz, um zum Beispiel menschliche Sprache zu verstehen oder Werkstoffe wechselnder Zusammensetzung optimal zu verarbeiten. Aber der Nutzen, den eine Verbindung mit Business-Anwendungen, wie zum Beispiel mit ERP- oder CRM-Systemen hat, ist noch kaum analysiert. Die Intelligenz bleibt im Silo gefangen - künstlicher Autismus.

Während Maschinen, Roboter und Fahrzeuge in der Industrie immer smarter werden, bleibt ihnen die Möglichkeit der Kommunikation noch weitgehend verwehrt.
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Doch mit dem richtigen, echtzeitfähigen Backend sind Unternehmen heute schon in der Lage, auf die Daten all ihrer Business-Anwendungen und aller Sensoren zuzugreifen. Mittels Künstlicher Intelligenz und maschinelles Lernen können sie ganz neue Zusammenhänge finden. In der Folge lassen sich geschäftliche Prozesse optimieren oder gleich disruptiv neu gestalten - und das abteilungs- oder sogar unternehmensübergreifend. Doch wie geht man vor, um Künstliche Intelligenz in Prozesse zu integrieren und andere Möglichkeiten der Industrie 4.0 für das eigene Unternehmen zu nutzen?

Bewährte Frameworks nutzen

Zahlreiche innovative Firmen haben sich mit der Digitalisierung intensiv auseinander gesetzt. Somit gibt es mittlerweile bewährte Frameworks und Vorgehensweisen, die Unternehmen sich im Rahmen von Workshop erarbeiten. Grundsätzlich gibt es zwei Wege, die man einschlagen kann. Manche Unternehmen gehen nur einen von beiden, andere gehen - in verschiedenen Bereichen oder Abteilungen - beide. Der erste Weg verläuft "top down", der zweite "bottom up".

Der Top-Down-Ansatz

Im ersten Fall gibt es eine große Vision, die später in Einzelprojekte mündet. Oft ist dies eine grundlegende, vom Vorstand vorgegebenen Digitalisierungsstrategie. Dann gilt es, diese auf konkrete Jobs herunterzubrechen. Wichtige Fragen sind hier:

Der Bottom-Up-Ansatz

Der zweite Weg geht vom Einzelfall aus. Dieser eher praxisorientierte Weg zielt darauf ab, schnell Erfahrungen zu sammeln, Prototypen und kleinere Testballons zu starten, daraus zu lernen und sich so strategischen Projekten anzunähern, die großen geschäftlichen Nutzen bringen. Oft wird hierfür das beliebte Framework des "Design Thinking" verwendet. Wenn man die ersten Schritte gemacht hat, kristallisieren sich erste Anwendungen für das eigene Unternehmen schnell heraus. Diese werden anschließend in immer größeren Pilotprojekten erprobt.

Kernfragen sind hier:

Bei dieser Ansatz wird von vornherein damit gerechnet, dass es viele der Experimente nicht über das Versuchsstadium heraus schaffen. Doch die Beteiligten schärfen ständig ihre Sinne für neue Möglichkeiten und sammeln die nötige Erfahrung, um strategische Projekte anzugehen.

Einfache Prozesse als Pilotprojekte

Beide Wege können mittelfristig sowohl zur Optimierung bestehender Prozesse durch KI führen, als auch zu disruptiven Prozessen und Geschäftsmodellen. Egal für welchen Weg man sich entscheidet: Es ist Unternehmen zu raten, erst einmal vergleichsweise einfache Prozesse anzugehen. In Anlehnung der Anwendungsszenarien aus den Bereichen Verpackung, Hochregallager und Spedition in einem vorangegangenen Artikel seien als Beispiele für Pilotprojekte genannt:

Solche Projekte sollten mit klar definierten KPIs gestartet werden. Nach einem Jahr ziehen die Beteiligten Bilanz: Hat die Integration technisch funktioniert? Hat KI zu optimierten Prozessen geführt? Wie kommt die Innovation bei Kunden, Mitarbeitern oder anderen relevanten Beteiligten an? Welche Aspekte müssen noch miteinbezogen werden? Soll das Projekt fortgeführt werden? Könnte durch die zusätzliche Integration weiterer Datenquellen der Mehrwert erhöht werden? Muss die Zielsetzung für die KI angepasst werden?

Diese Beispiele sind noch weit entfernt von den visionären Ansätzen einer umfassenden, unternehmensweiten horizontalen Integration, wie wir sie im ersten Teil beschrieben haben. Doch anhand solcher Projekte machen sich Unternehmen fit für komplexere, mehrstufige Prozesse, und abteilungsübergreifende Prozesse. Die Königsdisziplin sind unternehmensübergreifende Prozesse, zum Beispiel mit Zulieferern, Partnern oder Kunden. Der Kern des Erfolges besteht aber einfach darin, den Nutzen der Künstlichen Intelligenz prozessual anzugehen und nicht technisch.

Grundlagen schaffen

Es lassen sich unzählige Szenarien vorstellen, in denen die Fähigkeit von künstlicher Intelligenz, unfassbare Datenmengen in kurzer Zeit und in allen Dimensionen zu analysieren, einen hohen Nutzen schafft. Die Anwendungsbeispiele dafür gab es schon immer. Das Neue ist, dass nun tatsächlich die Technologie vorhanden ist, um solche Gedankenspiele zu realisieren. Dies passiert jedoch nicht mit einem Fingerschnipsen und nicht von heute auf morgen.

Bevor die KI mit den Daten arbeiten kann, müssen diese von geeigneten Quellsystemen in Echtzeit bereitgestellt werden können. Das gesamte Datennetzwerk muss stehen. Während Tausende von Sensoren in unterschiedlichsten Geräten Daten erheben - Position, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Durchsatz, Materialbeschaffenheit und so weiter - müssen diese Sensordaten vertikal und horizontal für Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Predictive Analytics verwendbar gemacht werden. In der Logistik steht S4/Hana Simple Logistics beispielhaft für die neue Generation von Systemen, die dies leisten kann.

Der Mensch wird nicht überflüssig. Nur er kann in End-to-End-Prozessen denken: Er muss die Ziele in Verbindung mit der eigenen Business-Software vorgeben. Was ist am wichtigsten? Effizienz, Qualität, Pünktlichkeit, Schnelligkeit, Spriteinsparung, Vermeidung von Leerfahrten, Reduktion von Personalkosten? Er muss die Regeln einmal definieren und immer wieder überprüfen. Dies ist weit komplexer als simple Wenn-Dann-Regeln.

Ein Teil dieses neuen Paradigmas der horizontalen Integration ist es auch, von der Frage "Warum" zur Frage "Wozu" zu kommen. Konkret: Wenn man aufhört darüber nachzudenken, warum zum Beispiel der Temperatursensor in den Motor eingebaut wurde, und statt dessen die Künstliche Intelligenz in allen Dimensionen prüfen lässt, welche Zusammenhänge zu anderen Daten aus anderen Quellen bestehen, und welche Prozesse sich mittels dieser Daten optimieren lassen - dann fängt Industrie 4.0 tatsächlich an.

Die Bedienung wechselt dann vom Push-Prinzip zum Pull-Prinzip. Weil die intelligenten Systeme die Messdaten derart schnell konsumieren, verarbeiten und in gegenseitige Beziehung stellen können, müssen die Prozessarchitekten sich nicht mehr alle Daten erst holen. Sie werden dann proaktiv darauf hingewiesen: Wenn wir A machen, erreichen wir voraussichtlich B. Wenn wir X investieren, sparen wir voraussichtlich Y. Das Resultat werden mehr und bessere Services sein - in jeder Branche.

Eine alte Weisheit besagt, dass auch die längste Reise mit dem ersten Schritt beginnt. Dies gilt auch für die Nutzung von KI: Ein erster Workshop verrät die Richtung sowie das Gelände und erschließt Unternehmen ganz neue Horizonte.