Einseitiges Lizenzabkommen

So knebelt Apple iPhone-Entwickler

10.03.2010 von Manfred Bremmer
Apple hält bei der Entwicklung von Software für das iPhone, iPod Touch und iPad die Zügel fest in der Hand. Wer Anwendungen für die Kultgeräte schreiben will, muss einen rigiden Vertrag unterzeichnen.

Nicht nur Teilnehmer von dubiosen Casting-Shows haben mit Knebelverträgen zu kämpfen – auch Softwareentwickler müssen etliche Zugeständnisse machen, wenn sie ihre iPhone Apps im iTunes App Store unterbringen wollen. Obwohl über 100.000 App-Entwickler das "iPhone Developer Program License Agreement" unterzeichnet haben, gelangten bis vor kurzem kaum Einzelheiten aus dem Abkommen an die Öffentlichkeit – Apple lässt die Entwickler eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichen, bevor sie das iPhone SDK nutzen dürfen.

Dank des US-amerikanischen Freedom of Information Act (FOIA) ist es der Non-Profit-Organisation Electronic Frontier Foundation (EFF) nun gelungen, eine Kopie der Vereinbarung von der NASA einzufordern und der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Das Dokument rückt Apple in kein gutes Licht. So wird in epischer Breite dargelegt, dass der Entwickler eine Reihe von Ansprüchen an der künftigen Anwendung aufgeben muss, bevor er auch nur eine einzige Codezeile geschrieben hat. Einige Regeln sind dabei noch einigermaßen vertretbar, etwa das Verbot des Reverse Engineering und des Erstellens von Anwendungen, die die Sicherheit, digitales Rechte-Management, oder Verifizierungs- und Authentifizierungsmechanismen außer Kraft setzen. Apple verlangt aber auch, dass mit dem iPhone SDK geschriebene Apps nur über den App Store verteilt werden dürfen. Gleichzeitig sichert sich das Unternehmen das Recht, eine Anwendung ohne Angabe von Gründen abzulehnen - selbst wenn sie formal die Kriterien erfüllt. Außerdem lässt sich die Jobs-Company bescheinigen, dass sie bereits auf Nutzer-iPhones installierte Anwendungen wieder entfernen darf, indem sie ihnen das digitale Zertifikat entzieht.

Haftungssumme 50 Dollar

Es kommt noch schlimmer: So begrenzt Apple seine Haftung gegenüber Entwicklern auf 50 Dollar. Dies sei besonders bemerkenswert, kommentiert EFF-Anwalt Fred von Lohmann, angesichts der von Apple verwalteten kommerziellen Werte und des Reputationsrisikos: "Verpfuscht Apple ein Update, löscht versehentlich die App oder leitet die komplette Kundenliste an die Konkurrenz weiter, versucht die Vereinbarung, Dich mit Kosten für ein nettes Dinner for One in Cupertino abzuspeisen."

Insgesamt, so das Fazit der EFF, sei das Abkommen so einseitig zugunsten von Apple ausgefallen, wie man es nur von Endnutzer-Vereinbarungen kenne. Schuld daran sei, dass Apple die einzige Schnittstelle zu den über 40 Millionen verkauften iPhones darstelle und den Anwender noch lange nach dem Kauf "besitze". "Wenn Apples mobile Endgeräte die Zukunft der IT sind, erwartet uns eine Zukunft, in der Innovation und Wettbewerb noch stärker eingeschränkt sind als in der PC-Ära", so von Lehmann. Es sei frustrierend zuzusehen, wie Apple, der frühere Pionier im Bereich innovative IT, dem Markt nun Fesseln anlegt.