Generation 40 plus

So bleiben Sie attraktiv für Ihren Arbeitgeber

13.03.2011 von Karen Funk
Ist man mit über 40 auf dem absteigenden Ast und chancenlos auf dem Arbeitsmarkt? Noch lange nicht - wenn man etwas dafür tut!
Auch über 40-Jährige haben noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wenn sie etwas dafür tun.
Foto: Fotolia, Yuri Arcurs

Die Rente mit 67 wird von vielen Menschen als blanker Hohn empfunden. Spätestens ab Mitte 40 ist man auf dem Arbeitsmarkt doch sowieso nicht mehr gefragt und hat, selbst wenn man nicht arbeitslos wird, doch keine Entwicklungschancen mehr - oder? Ganz so ist das nicht, sagt Barbara Kettl-Römer in ihrem neuen Ratgeber "Ü40 und top im Job", der im Linde Verlag erschienen ist. Mit 40 plus ist man noch lange nicht auf dem absteigenden Ast und chancenlos auf dem Arbeitsmarkt - vorausgesetzt, man tut etwas dafür.

Viele Unternehmen machen sich bereits Gedanken darüber, wie sie die Anforderungen der Zukunft mit einer alternden Belegschaft bewältigen sollen. Sie haben das "Employability Management" entwickelt, das dafür sorgen soll, dass Arbeitnehmer möglichst lange beschäftigungsfähig bleiben. Wie "employable" ein Mitarbeiter ist, hängt nämlich nicht allein von seinem Fachwissen ab, sondern vor allem auch von seinen überfachlichen Fähigkeiten und Eigenschaften.

So bleiben Sie fit für den Arbeitsmarkt
1. Betrachten Sie sich nicht als passiver „Arbeit-Nehmer“, sondern als selbstverantwortlich handelnder „Arbeitsmarkt-Unternehmer.“
Sie verkaufen ein Produkt, nämlich Ihre Arbeitskraft, und es ist Ihre Aufgabe, dieses Produkt laufend zu verbessern. In drei Jahren müssen Sie ein besserer Arbeitnehmer sein, als Sie es heute sind – wenn Sie in drei Jahren ein neues Auto kaufen, erwarten Sie schließlich auch, dass es ein besseres Modell ist als das, welches Sie heute fahren.
2. Schätzen Sie Ihre Arbeitsmarktfitness realistisch ein.
Analysieren Sie Ihre eigenen Fähigkeiten und gleichen Sie diese realistisch mit dem ab, was derzeit gefragt ist. Lassen Sie sich regelmäßig Feedback von Kollegen und Vorgesetzten geben und nehmen Sie dieses ernst.
3. Bleiben Sie geistig flexibel.
Das Umfeld, in dem Ihr Unternehmen tätig ist, hat sich bereits in den letzten zehn oder 15 Jahren tiefgreifend gewandelt, und die Zukunft wird noch mehr und noch schnelleren Wandel bringen. Dieser wird auch an Ihrem Job deutliche Spuren hinterlassen, in Ihrem Unternehmen und in der ganzen Branche. Das sollten Sie rechtzeitig erkennen und sich darauf einstellen.
4. Besuchen Sie Weiterbildungsmaßnahmen – notfalls auch auf eigene Kosten.
Besonders die Personalabteilungen größerer Unternehmen legen Wert auf Zertifikate und Schulungsbestätigungen. Nur wer diese in seiner Personalakte hat und regelmäßig neue hinzufügt, dokumentiert seine Veränderungsbereitschaft und Lernwilligkeit. Auch im Hinblick auf externe Bewerbungen sollten Sie jährlich zwei bis vier Tage in Schulungen, Seminaren oder Kursen verbringen und dafür Nachweise abheften.
5. Machen Sie Ihre Leistungen sichtbar.
Wer heute über 40 ist, spricht häufig nicht offensiv über das, was er oder sie gut kann, sondern meint, die anderen würden schon von selbst merken, wie tüchtig man ist: Das ist allerdings ein Irrglaube. Ihr Chef wird zwar wahrscheinlich merken, wenn jemand immer wieder Fehler macht oder schlechte Ergebnisse abliefert. Aber solange bei Ihnen alles reibungslos läuft, hat er keinen besonderen Anlass, Sie positiv zu bemerken. Was Sie im Einzelnen leisten wird er nur erfahren, wenn Sie es ihm sagen. Und mal ehrlich: Warum sollten die Kollegen von sich aus einem Vorgesetzten erzählen, wie hervorragend Ihre Arbeit ist?
6. Engagieren Sie sich.
Bringen Sie eigene Ideen ein. Übernehmen Sie freiwillig Aufgaben, deren Sinn und Notwendigkeit Sie erkennen. Sagen Sie nie Sätze wie „Das muss ich laut meinem Arbeitsvertrag nicht tun“ oder „Dafür bin ich nicht zuständig“. Bleiben Sie auch dann engagiert bei der Sache, wenn Sie sich über Ihren Chef wirklich geärgert haben. Wie unfähig und unmöglich er auch sein mag, lassen Sie sich von ihm auf keinen Fall in die passive Resignation treiben. Suchen Sie lieber in aller Ruhe eine neue Stelle und kündigen Sie anschließend fristgerecht und mit einem freundlichen Lächeln.
7. Denken und handeln Sie im Sinne des Unternehmens.
Bedenken Sie bei allem, was Sie tun, welche Folgen es für Ihre Abteilung und für das Unternehmen hat. Tun Sie das, was nötig ist, um Ihre Arbeit gut zu machen, und machen Sie niemals nur „Dienst nach Vorschrift“. Sie haben es zwar nicht mehr nötig, täglich zwölf Stunden im Büro zu sein, nur damit Ihr Chef sieht, wie einsatzfreudig und fleißig Sie sind. Aber Sie sind selbstverständlich da, wenn Sie wirklich gebraucht werden. Auch mal abends und am Wochenende, auch dann, wenn Sie etwas anderes vorhaben oder schon müde sind.
8. Arbeiten Sie konstruktiv mit Jüngeren zusammen.
Strecken Sie die Hand aus und gehen Sie auf die jungen Kollegen zu. Nicht gönnerhaft, nicht ängstlich, sondern weil Sie wissen, dass Sie es sich leisten können. Beweisen Sie, dass Sie dialogfähig sind, indem Sie ehrliches Interesse zeigen. Und erinnern Sie sich ab und zu daran, wie blöd es war, als Sie jung und voller Ideen waren und die Älteren immer nur sagten „Das kennen wir alles schon, das bringt doch nichts, du wirst schon sehen …“
9. Pflegen Sie die Kommunikation mit Ihren Vorgesetzten.
Halten Sie keine Informationen zurück, sondern sorgen Sie für Transparenz, für umfassende und rechtzeitige Information. Suchen Sie auch dann das Gespräch mit der Chefin, wenn Sie Wünsche und Anregungen haben, wenn Sie sich Sorgen über Ihre weitere Entwicklung machen oder wenn Sie sich für eine neue Aufgabe positionieren möchten. Wichtig ist der regelmäßige Kontakt und die offene (nicht naive!) Kommunikation, die Vertrauen und Partnerschaftlichkeit wachsen lässt.
10. Akzeptieren Sie Arbeitslosigkeit nicht als Schicksal.
Registrieren Sie aufmerksam, was um Sie herum passiert. Verdrängen Sie nicht, wenn Entlassungen abzusehen sind, sondern strecken Sie schon vorher die Fühler aus. Es ist immer besser, sich aus einer Beschäftigung heraus zu bewerben als aus der Arbeitslosigkeit. Ihre Verhandlungsposition ist dann viel stärker. Wenn Sie dennoch arbeitslos werden, jammern Sie nicht, sondern werden Sie aktiv, qualifizieren Sie sich, bewerben Sie sich, präsentieren Sie sich. Solange Sie gute Arbeitsleistung zu bieten haben, ist Ihre Suche keineswegs aussichtslos.
"Ü40 und top im Job"
Barbara Kettl-Römer: "Ü40 und top im Job: So werden und bleiben Sie attraktiv für Ihren Arbeitgeber - oder für einen anderen". Linde Verlag, 2010. 176 Seiten. 16,30 Euro. ISBN 978-3-7093-0305-4.

Selbstverantwortung übernehmen

In ihrem Buch "Ü40 und top im Job" schildet die Autorin, wie gerade Arbeitnehmer jenseits der 40 diese erfolgsentscheidenden Fähigkeiten entdecken, stärken und offensiv einsetzen können, um sich auf dem internen wie externen Arbeitsmarkt zu behaupten. Entscheidend dabei ist die Selbstverantwortlichkeit: Sich bis zur Rente beschäftigungsfähig zu halten, ist eine Entwicklungsaufgabe und -chance für die Arbeitnehmer selbst. Vorgestellt und diskutiert werden auch die anderen Elemente der Arbeitsmarktfitness:

Barbara Kettl-Römer hat mit verschiedensten ExpertInnen - mit Arbeitsvermittlern, Personalmanagern, Unternehmensberatern, Psychologen und Wissenschaftlern - gesprochen, um herauszufinden, welche Rolle diese Elemente im Arbeitsleben spielen und wie sie trainiert werden können. Der Ratgeber soll so als Grundlage für ein eigenes Arbeitsmarktfitness-Programm dienen und dabei helfen, vom passiven "Arbeit-Nehmer" zum aktiven "Arbeitsmarkt-Unternehmer" zu werden. Praxis-Beispiele, Anleitungen und Checklisten helfen dabei, diese Anregungen umzusetzen.

Wir haben mit der Autorin gesprochen:

CW: Warum ist das Alter 40 und darüber auf dem deutschen und österreichischen Arbeitsmarkt eine derart magische Zahl, ab der die Jobchancen drastisch schwinden?

Kettl-Römer: Also es ist sicher nicht so, dass mit 39 noch alles in Ordnung ist und man einen Tag nach dem 40. Geburtstag plötzlich einen Stempel "altes Eisen" auf der Stirn trägt. Trotzdem ist ein "Thirtysomething" irgendwie noch jung, ein Vierziger aber nicht mehr. Mit 40 ist man keine hoffnungsvolle Nachwuchskraft mehr, der man viel Entwicklungspotenzial einräumt, sondern man muss sein Potenzial bereits ausschöpfen und demonstrieren, dass man etwas kann.

Wer mit Anfang 40 im Berufsleben steht, hat seinen beruflichen Weg im Prinzip gefunden, hat einiges an Erfahrung gesammelt, hat sich eventuell an einen Partner gebunden, vielleicht eine Familie gegründet. Damit sind Sie einfach nicht mehr so hungrig, unbedingt einsatzbereit und flexibel wie ein jüngerer Kollege, der noch dabei ist, sich und seinen Weg zu finden. Von "nicht mehr so hungrig und flexibel" ist es dann oft nicht mehr weit zu "unflexibel und zu wenig leistungsbereit" - jedenfalls in den Köpfen vieler Führungskräfte.

Zu alt zum Arbeiten?

CW: Wie soll beziehungsweise kann man als Betroffener damit umgehen, wenn man einerseits als zu alt für den Arbeitsmarkt eingestuft wird, andererseits das Rentenalter kontinuierlich erhöht wird?

Kettl-Römer: "Zu alt für den Arbeitsmarkt" bezieht sich sehr oft gar nicht auf das Lebensalter, sondern auf die tatsächliche oder vermutete Qualifikation und Leistungsfähigkeit. Wer fachlich fähig, einsatzbereit und produktiv ist, wird auch mit 50 oder 60 im Unternehmen noch geschätzt.

Natürlich gibt es Branchen und einzelne Unternehmen, die einem extremen Jugendkult frönen. Dazu gehören besonders bestimmte Medien, IT-Unternehmen oder die Werbebranche. Wer in einer solchen Branche arbeitet, sollte nicht darauf hoffen, für ihn werde es eine Ausnahme geben, sondern sich lieber mit Ende 30, Anfang 40 eine Alternative überlegen, sich beispielsweise selbstständig machen oder in eine ähnliche Position in einer anderen Branche wechseln.

Ähnliches gilt für Arbeitnehmer, die besonderen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind, denen sie im reiferen Alter nicht mehr standhalten können. Der gerne zitierte Dachdecker oder Maurer kann natürlich mit 55 nicht mehr auf dem Dach herumspringen oder den ganzen Tag Ziegel schleppen. Er kann aber in der Disposition, im Qualitätsmanagement oder in der Ausbildung oder als Spezialist für kniffelige Aufträge arbeiten. Vielleicht auch in Teilzeit. Er sollte sich jedenfalls nicht darauf verlassen, man werde ihn früher in Pension gehen lassen oder der Arbeitgeber werde sich für ihn schon etwas überlegen. Der spätere Renteneintritt wird sich angesichts der bekannten demografischen Entwicklung nicht verhindern lassen.

CW: Wird sich das Problem für ältere Arbeitnehmer nicht, dank der demografischen Entwicklung, in Zukunft von selbst erledigen? Wann rechnen Sie mit einer spürbaren Besserung für ältere Arbeitnehmer aufgrund dieser Entwicklung?

Kettl-Römer: Viele Unternehmen sind sich heute schon der Tatsache bewusst, dass sie sich nicht mehr nur die jungen Leute aus dem Arbeitsmarkt herauspicken können und dass es schon jetzt schwierig ist, ausreichend qualifiziertes Personal zu bekommen. Gerade die Mittelständler haben deswegen in der Wirtschaftskrise alles getan, um ihre Belegschaften zu halten. Auch das "Employability Management", das dazu dienen soll, die Belegschaft möglichst lange fit, qualifiziert und leistungsfähig zu halten, verbreitet sich zunehmend. Eine gewisse Besserung der Situation für Ältere ist also heute schon zu erkennen.

Keine Schutzräume für Ältere

CW: Dann ist aber doch das Thema "Wie bleibe ich top im Job" nicht mehr so bedeutend?

Kettl-Römer: Doch. Den hohen Anforderungen der heutigen Arbeitswelt können Sie nicht ausweichen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die Arbeitskosten sehr hoch, und der Wettbewerb, in dem die Unternehmen global stehen, ist hart. Deswegen müssen die Arbeitnehmer einfach enorm produktiv und leistungsfähig sein. Die Unternehmen können und werden da keine Schutzräume für Ältere schaffen. Der Druck wird sicher nicht abnehmen.

Wer dabeibleiben und den Belastungen standhalten will, muss sich also laufend weiterqualifizieren, sich aktiv an Veränderungen anpassen, sich neuen Herausforderungen stellen, einsatzbereit sein und seine Gesundheit erhalten. Aber noch verhalten sich zu viele Arbeitnehmer jenseits der 40 zu passiv. Viele vertrauen auf den Kündigungsschutz und hoffen, dass sie sich bis zur Rente noch irgendwie durchwursteln können. Das aber ist jetzt schon gefährlich und wird in Zukunft gar nicht mehr funktionieren.

Ganz problematisch ist die Lage bei gering qualifizierten Älteren, bei angelernten Kräften und welchen, die schon länger arbeitslos sind. Ich glaube nicht, dass diese nur aufgrund der demografischen Entwicklung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben werden.

Angstfrei im Job
1. Setzen Sie auf Informationen!
Statt dem Flurfunk zu glauben und lange zu grübeln, sollten Sie recherchieren oder Fragen stellen. Häufig haben sich beängstigende Entwicklungen als reine Gerüchte entpuppt.
2. Mobbing, nein danke.
Verzichten Sie selbst auf Mobbing, um Ihre Ziele durchzusetzen, unterstützen Sie andere nicht bei unfairen Angriffen. Ein Unternehmen ohne Mobbing macht das Leben für alle ein Stück einfacher.
3. Helfen Sie Kollegen und Chefs.
Jeder Mitarbeiter verfügt über andere Kompetenzen und Interessen. Was für den einen Stunden dauert, bewältigt ein anderer manchmal in Minuten. Setzen Sie dabei aber auch Grenzen, um nicht ausgenutzt zu werden.
4. Zeigen Sie Interesse!
Wenn Sie ehrliches Interesse zeigen, berichten Ihnen die Kollegen nicht nur von ihren Urlaubsplänen, sondern auch von ihren Hoffnungen und Ängsten. Nehmen Sie diese ernst und unterstützen Sie den Gesprächspartner.
5. Ein starkes Team.
Nicht jeder Fehler muss gleich dem Chef berichtet werden. Viele Kleinigkeiten lassen sich im Kollegenkreis regeln, was den Zusammenhalt stärkt.
6. Fehler müssen möglich sein.
Ermöglichen Sie sich und Ihren Kollegen Fehler zuzugeben und aus diesen zu lernen. Wichtig ist nicht die Suche nach dem Schuldigen, sondern das Vermeiden des Fehlers für die Zukunft.
7. Das direkte Gespräch.
Sprechen Sie nicht schlecht über Abwesende. Nur das direkte Gespräch führt zur Veränderung und damit zum Erfolg.
8. Bleiben Sie flexibel.
Durch ständige freiwillige Weiterbildung erhalten Sie Ihren Wert für das Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt. Das macht Sie flexibel und zugleich zum gefragten Ratgeber.
9. Das größte Risiko.
Machen Sie sich bewusst, was das größte Risiko in Ihrem Berufsleben ist. Vielfach ist dieses Szenario weitaus weniger bedrohlich, als man gemeinhin glaubt.
10. Unterbrechen Sie die Angstspirale!
Lassen Sie rationale Argumente in angstgesteuerte Gespräche einfließen. Helfen Sie besorgten Kollegen, eine realistische Sichtweise zu gewinnen.

CW: Was kann jeder Einzelne tun, um fit für den Job zu bleiben?

Kettl-Römer: Zunächst müssen Sie ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Sie kein passiver Arbeitnehmer sind, sondern ein "Arbeitsmarkt-Unternehmer", der seine eigenen Fähigkeiten und Leistungen anbietet. In erster Linie sind Sie selbst dafür verantwortlich, sich arbeitsmarktfit zu halten - und das so lange, wie Sie am Arbeitsmarkt teilnehmen wollen oder müssen.

Die einzelnen Bausteine der Jobfitness sind neben der Eigenverantwortung Initiative, lebenslanges Lernen, Flexibilität, Kommunikations- und Teamfähigkeit, Realismus und Frustrationstoleranz. Natürlich kann nicht jeder alles perfekt beherrschen, aber es geht darum, sich der Anforderungen bewusst zu werden und an sich zu arbeiten, sich kontinuierlich zu entwickeln und nie in geistige Trägheit und Passivität zu verfallen. Das kann man als Zumutung betrachten. Ich sehe es als Bereicherung.

Selbst-Marketing ist gefragt

CW: Sie schreiben, über 40-Jährige verkaufen sich bei Bewerbungen oft nicht gut, woran liegt das? Ist das eine Generation die das Selbst-Marketing nie richtig gelernt hat?

Kettl-Römer: Ja, in unserer Generation sind die Maximen "Sei wie das Veilchen im Moose" und "Gib nicht so an!" noch sehr verbreitet. Wir hoffen entweder, unsere Leistung werde schon für sich selbst sprechen. Das ist sympathisch, aber unrealistisch.

Oder wir denken "ich will mich doch nicht verbiegen" und beharren darauf, unangepasst, unmodisch und unflexibel zu sein. Das ist naiv. Unternehmen suchen nicht nach Bescheidenheit oder Charakterschärfe. Sie suchen schlicht einigermaßen verträgliche und tüchtige Menschen mit bestimmten Fähigkeiten zur Problemlösung und Wertschöpfung. Und die müssen natürlich professionell angeboten und "verkauft" werden. Da besteht in der Generation 40 plus sicher noch Nachholbedarf.

Erfolgreich bewerben: 10 Tipps
Bewerbungsgespräch
"Warum sollen wir gerade Sie einstellen?" Als Bewerber zahlt es sich aus, auf diese Frage im Vorstellungsgespräch vorbeireitet zu sein. Was Sie sonst noch über eine erfolgreiche Bewerbung wissen sollten, das sagt Ihnen Cornelia Riechers, Autorin des paradoxen Bewerbungsratgebers "So bleiben Sie erfolgreich arbeitslos.", in den folgenden zehn Tipps.
Traumberuf
Der erfolgreiche Bewerber weiß, was er will. Er hat das, was er am allerliebsten tut, zu seinem Beruf gemacht. Die Freude an seiner Arbeit gibt ihm immer genug Kraft, um sich und seine Familie damit zu ernähren, auch in schlechten Zeiten. Wenn er in einer Firma seinen Job verliert, findet er im Handumdrehen etwas Neues oder macht sich selbständig.
Eigeninitiative
Der erfolgreiche Bewerber wartet nicht, wie der Mann auf dem Bild, bis jemand an seiner Haustür klingelt und ihm seinen neuen Job auf dem Silbertablett serviert. Er wird selbst aktiv und setzt alle Hebel in Bewegung. In seine Bewerbungskampagne investiert er genauso viel Arbeit wie in eine Vollzeitanstellung. Rückschläge verkraftet er gut, weil er immer mehrere Eisen im Feuer hat.
Zielgerichtete Bewerbung
Der erfolgreiche Bewerber sieht ein Unternehmen nicht als Anlaufstelle für seine Versorgungsansprüche. Vielmehr agiert er wie ein Verkäufer, der dem Arbeitgeber einen Nutzen bietet und dafür eine Vergütung erhält. Er zeigt dem Unternehmen, was er leisten kann, um dessen Umsätze und Gewinne zu steigern.
Selbstpräsentation
Der erfolgreiche Bewerber knausert nicht und übertreibt nicht. Sein Foto misst etwa sechs mal neun Zentimeter, seine schlichte, praktische Bewerbungsmappe umfasst maximal sieben bis zehn Dokumente. Sein Anschreiben passt auf ein Blatt; sein Lebenslauf darf sich über zwei bis drei Seiten erstrecken. Beim Vorstellungsgespräch tritt er bescheiden, jedoch nicht unterwürfig auf und strahlt Selbstvertrauen aus, ohne arrogant oder anmaßend zu wirken. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung: verkrampfte Hände und unruhige Füße wirken unsicher.
Stärken und Schwächen
Der erfolgreiche Bewerber besinnt sich auf seine besonderen Stärken. Dann findet er heraus, welche Unternehmen Bedarf an seinem Können haben. An diese wendet er sich, lange bevor sie ein Stellenangebot veröffentlichen. So erschließt er den verdeckten Stellenmarkt und verschafft sich dadurch Vorteile.
Wege zum Markt
Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf Angebote in Printmedien und Internet-Jobbörsen, er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung). Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Sein berufliches und privates Kontaktnetzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters.
Bewerbungsmappe
Der erfolgreiche Bewerber gestaltet seine Bewerbungsunterlagen so, dass der Arbeitgeber seine Eignung für den angestrebten Job erkennt. Er legt den Schwerpunkt auf diejenigen Erfahrungen und Kompetenzen, die ihn dafür qualifizieren.
Anschreiben
Der erfolgreiche Bewerber befasst sich gründlich mit einem Stellenangebot, bevor er es beantwortet. Seine Analyse beginnt ganz oben, bei der Selbstdarstellung des Unternehmens und der Beschreibung der Aufgaben. Er versteht, worauf es bei der ausgeschriebenen Position ankommt, und arbeitet in seinem Anschreiben Punkt für Punkt alles ab, was er in Bezug auf die Anforderungen zu bieten hat. Dabei vergisst er auch seine Englisch- und IT-Kenntnisse nicht.
Vorstellungsgespräch
Im Vorstellungsgespräch zeigt der erfolgreiche Bewerber, dass er sich mit seinem zukünftigen Unternehmen und seiner Tätigkeit dort intensiv beschäftigt hat und dass er die anstehenden Aufgaben lösen kann. Außerdem spürt man seine Freude an genau dieser Arbeit, deshalb hat er die Nase vorn und kann die Konkurrenz ausstechen.
Einarbeitungszeit
In der Probezeit achtet der erfolgreiche Bewerber vor allem darauf, sich in das bestehende Team einzufügen. Er weiß, dass sein Erfolg nur zu zwanzig Prozent von seinen fachlichen Leistungen abhängt. Weil er dafür sorgt, dass sein Chef und seine neuen Kollegen ihn mögen, umgibt ihn automatisch auch der Nimbus des Tüchtigen.

CW: Sie raten dazu, nicht zulange in ein und demselben Unternehmen zu bleiben. Ist das in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nicht sehr riskant?

Kettl-Römer: Was ist riskanter: Sich nach einigen Jahren in einem Unternehmen eine etwas höherwertige Stelle in einem anderen Unternehmen zu suchen, auch wenn man dort nicht sofort höchsten Kündigungsschutz hat, oder nach 25 Jahren im selben Unternehmen plötzlich auf der Straße zu stehen, weil der Betrieb geschlossen wurde? Wer 25 Jahre lang dasselbe im selben Unternehmen gemacht hat, gilt als eingefahren und nicht mehr lernfähig, und das sicher nicht ganz zu unrecht. Wer öfter mal gewechselt hat, hat gezeigt, dass er die Fähigkeit hat, sich neu zu orientieren, neue Probleme zu lösen und sich an neue Anforderungen anzupassen. So jemand findet viel leichter wieder eine neue Stelle.

Wenn der Chef jünger ist

CW: Kommunikationsprobleme treten oft dann auf, wenn der Chef jünger ist. Welche Regeln sollten über 40jährige hier beachten?

Der Chef ist der Chef, egal wie alt er ist. Kein Chef kann es sich auf Dauer bieten lassen, wenn ein Mitarbeiter bestimmte Anweisungen boykottiert, ihn ungefragt belehren will und ihm immer wieder signalisiert, dass er ihn nicht ernstnimmt. "Das habe ich schon immer so gemacht" oder "für mich gelten hier Sonderregeln" sind Antworten, die kein Chef akzeptieren wird, genauso wenig wie "dafür haben Sie doch viel zu wenig Erfahrung!"

Im Einzelfall ist es sicher hart, wenn da plötzlich ein Vorgesetzter sitzt, der dem Alter nach der eigene Sohn beziehungsweise die Tochter sein könnte. Als souveräner Arbeitnehmer, der sich seines Wertes bewusst ist, können Sie damit aber professionell umgehen: Behandeln Sie Ihren jungen Chef wie jeden anderen Vorgesetzten auch und setzen Sie sich nach Kräften für die Ihnen zugewiesenen Aufgaben ein. Versuchen Sie nicht, ihn zu boykottieren oder zu erziehen, das klappt sowieso nicht. Machen Sie Vorschläge nicht gönnerhaft, sondern konstruktiv: "Ich habe da mal eine ähnliche Situation erlebt, da haben wir XY gemacht …" Es ist ja nicht leicht, in jungen Jahren schon Chef sein zu müssen - Sie mit Ihrer Erfahrung können es sich doch leisten, großzügig und wohlwollend zu sein!

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