SLA-Management regelbasierend

18.09.2007 von Adrian Paschke
Service-Level-Vereinbarungen abzuschließen ist im Zeitalter von Outsourcing und Service-orientierten Architekturen eine echte Herausforderung. Adrian Paschke plädiert für einen regel- und ereignisbasierenden Ansatz für das SLA-Management.

Eine flexible, schnelle und bedarfsabhängige Bereitstellung von IT-Dienstleistungen entwickelt sich zu einem wettbewerbskritischen Faktor. Dafür sorgen veränderte IT-Infrastrukturen, wie sie durch neue Middleware-Produkte, Storage Area Networks, oder Grid-Netzwerke angeboten werden. Auch die künftigen Informationstechnologien wie Service Oriented Computing (SOC) auf der Basis von Service Oriented Architectures (SOAs), Service Component Architectures (SCAs) und Event Driven Architectures (EDAs) tragen dazu bei. Die dabei entstehende "Dienst-Lieferkette" (Service Supply Chain oder Business Services Network) aus Endkunden, Applikationsanbietern und verschiedenen externen IT-Dienstleistern führt zu einem komplizierten Beziehungsgeflecht mit unterschiedlichen Leistungsanforderungen für die einzelnen IT-Dienste.

Die Dienstlieferkette ist ein kompliziertes Beziehungsgeflecht mit Endkunden, Applikationsanbietern und externen Dienstleistern.

Dabei können Probleme auftreten, wie sie aus herkömmlichen Lieferketten bekannt sind: zum Beispiel der "BullWhip"-Effekt, bei dem sich kleinere Störungen schnell entlang der gesamten Kette aufschaukeln und bis zu deren Stillstand führen können. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, die IT-Leistungen in verlässlicher Form und der vereinbarten Qualität zu erhalten. Das gilt insbesondere, wenn das Kerngeschäft direkt von den bezogenen Leistungen abhängt. Zu diesem Zweck werden Dienstgüteverträge, so genannte Service Level Agreements (SLAs), abgeschlossen. Software-Anbieter und IT-Dienstleister stehen vor der Aufgabe, eine Vielzahl individuell vereinbarter SLAs mit unterschiedlichen Leistungs- und Qualitätszusicherungen (Service Levels) verwalten und überwachen zu müssen, um ein effizientes und automatisiertes IT Service Level Management (IT-SLM) und Business Activity Monitoring (BAM) zu ermöglichen.

Das IT-SLM gilt auf Grund seiner operationellen, strategischen und organisatorischen Auswirkungen als einer der zentralen Prozesse in der IT-Infrastruktur- Library (ITIL) sowie dem BS15000-ISO-Standard für das IT Service Managements (ITSM). IT- und Business-Service-Management-Werkzeuge mit umfangreichen Visualisierungsmöglichkeiten (zum Beispiel Service Dashboards oder auch BAM Enterprise Cockpits) von Herstellern wie BMC, CA, Hewlett-Packard oder IBM entwickelten sich in letzter Zeit zu einem rasch wachsenden Markt. Das Hauptproblem derzeitiger Werkzeuge ist die fehlende Ausdrucksmächtigkeit und die starre Implementierung von SLA-Vertragsregeln, komplexen Ereignismustern (Complex Event Patterns) und Metriken, die sich lediglich über vordefinierte Parameter mit Schwellwerten im Rahmen der Anwendungslogik der SLM-Werkzeuge steuern lassen. Die dynamische und flexible Operationalisierung neuer individueller SLA-Regeln und Vertragsmodelle erfordert zumeist eine zeit- und kostenintensive Reimplementierung der Anwendungslogik und der dazugehörigen Datenbankmodelle. Sie ist in der Praxis kaum möglich.

Regel- und ereignisbasierende Technologien können hier zum Einsatz kommen, um Vertragsregeln in SLAs getrennt von der Anwendungslogik zu verwalten und sie dadurch flexibel erweitern, überwachen und ausführen zu können. In dem Projekt Rule-Based Service Level Agreement (RBSLA) wurde ein entsprechendes Konzept zur einfachen Anwendung regelbasierender Technologien für die SLA-Repräsentation entwickelt, ebenso ein Softwaresystem, mit dem sich große Mengen an Vertragsregeln aus zum Beispiel Allgemeinen Geschäftsbedingungen, SLAs für einzelne Kunden oder auch Kundengruppen sowie Nutzungslizenzverträgen verwalten und überwachen lassen.

Die wesentlichen Vorteile des Konzepts:

Begriffserläuterung

IT Service Management (ITSM) bezeichnet einen Satz an kooperierenden Prozessen, die die Qualität von IT-Dienstleistungen entsprechend der dem Kunden zugesicherten Dienstgüte sicherstellt. Es ist vom IT Infrastruktur Management (ITIM) und IT Business Value Management (IT Governance) zu unterscheiden.

Business Service Management (BSM) bezeichnet die Verbindung zwischen ITSM und Business Process Management (BPM).

Die IT Infrastructure Library (ITIL) ist ein De-facto-Standard für IT-Managementkonzepte, -prozesse und -methoden.

Mit BS15000 existiert ein ISO-Standard in dem die einzelnen ITSM Prozesse (aus ITIL) ausspezifiziert sind.

Der Prozess IT Service Level Management (IT-SLM) beschäftigt sich mit der Formulierung, Überwachung und Ausführung von SLAs.

Business Activity Monitoring (BAM) bezeichnet die Sammlung von Analysen und Präsentationen über zeitrelevante Prozesse in Organisationen. Service-Dashboards visualisieren dabei beispielsweise Überschreitung von SLAs und Enterprise Cockpits geben Einblick in den aktuellen Zustand von Geschäftsprozessen.

Real-Time Enterprise (RTE) bezieht sich auf unternehmensübergreifende Wertschöpfungsnetzwerke, die Echtzeitinformationen als Basis für Geschäftsentscheidungen nutzen.

Service Oriented Computing (SOC) ist ein Paradigma, das Dienste zur Entwicklung von Anwendungen in offenen verteilten Umgebungen wie dem Web verwendet. Die Vision dahinter sind weitläufige Dienstlieferketten (Service SupplyChains oder Business Services Networks). Sie sollen es Unternehmen ermöglichen Geschäftsprozesse und Webdienste über mehrere Geschäftsentitäten und Domänengrenzen hinweg mittels standardisierter Web-Protokolle zu nutzen.

Service Oriented Architecture (SOA) ist ein Management-Konzept für eine dienstorientierte Architektur zur Organisation und Verwendung von verteilten Diensten, die von unterschiedlichen Domänenbesitzern sein können.

Service Component Architecture (SCA) beschreibt ein Spezifikationsmodel zur Entwicklung von Anwendungen und Systemen, die eine SOA benutzen.

Event-Driven Architecture (EDA) ist ein Softwarearchitekturmuster auf Basis des Complex Event Processing (CEP)-Konzepts.

Complex Event Processing (CEP) erlaubt die Selektion, Korrelation, Aggregation, Analyse und Auswertung von komplexen Ereignissen anhand von einfachen Ereignissen, sowie die Erkennung relevanter Situationen mit Handlungsbedarf und die Auslösung von Reaktionen als Konsequenz auf die erkannte Situation (komplexer Event + konditioneller Kontext).

Rules Management System / Rule Engine - ein Softwaresystem, das hilft, ausgelagerte (Geschäfts-)regeln (Business Rules) zentral oder dezentral zu managen und zu automatisieren.

Bestehende Ansätze

Die Ansätze zum Formulieren und Automatisieren von SLAs und die darin enthaltenen Regeln entfallen im Wesentlichen in eine der folgenden zwei Kategorien:

  1. Operationalisierung von Vertragsregeln in der Applikationslogik oder Datenbankschicht von SLM-Werkzeugen;

  2. externe Darstellung mittels formalisierter Sprachen - meistens in XML-Notation.

Kategorie 1 umfasst einen in letzter Zeit stark wachsenden Markt an SLM- und BAM-Tools, die zumeist aus den bereits bestehenden Qualitäts- und Systemmanagement-Produkten der Anbieter hervorgegangen sind und auf deren Funktionalität aufsetzen. Sie setzen vordefinierte QoS-Parameter wie Erreichbarkeit oder Antwortzeit direkt im Applikationscode oder der Datenbankschicht um. Werkzeuge wie der "IBM Tivoli Service Level Advisor" (TSLA) sammeln über bestehende System-Management-Werkzeuge relevante Daten über das Systemverhalten in einem Data Warehouse. Daraus werden Berichte erzeugt oder Mitteilungen über Störungen ausgesendet. Im Rahmen der vom TSLA vorgesehenen Parametrisierung ist eine Differenzierung der Dienstleistungsvereinbarungen nach Kundengruppen (Individuum, Abteilung, Division etc.) und Service-Level Klassen (SLA Gold, SLA Silber, SLA Bronze) mit unterschiedlichen Qualitätszusicherungen möglich.

Eine getrennte Verwaltung, Pflege und Anpassung der SLAs wird jedoch nicht unterstützt. Der Ansatz ist auf einfache, festgelegte SLA-Regeln beschränkt. Die dynamischen Anpassungen der SLAs an neue Anforderungen würde eine zeit- und kostenintensive Erweiterung des Anwendungscodes oder der Datenbankmodelle erfordern, da neue Vertragsregelungen nur im Rahmen der vorgegebenen Parameter realisiert werden können. Selbst dann, wenn es Werkzeuge erlauben, Parameter auf einfache Weise anzupassen, ist dieser Ansatz nicht flexibel und mächtig genug, um mit den sich ständig verändernden Anforderungen in modernen IT-Dienste-Architekturen und Realtime Enterprises Schritt halten zu können.

Ansätze der zweiten Kategorie wie zum Beispiel die Web-Service-Level-Agreements- (WSLA-)Sprache oder WS-Agreement sind reine syntaktische Beschreibungssprachen, die eine XML-Syntax ohne eine präzise logische Semantik definieren. Sie benötigen einen prozeduralen Interpreter zur Ausführung, haben eine eingeschränkte Ausdrucksmächtigkeit zur Beschreibung komplexer Entscheidungs-, Reaktions-, und Vertragslogik in Form von Regeln auf Basis von einfacher Wahrheitslogik (Material Truth Implication beziehungsweise Boolsche Logik). Sie stellen keine dynamischen Erweiterungsmöglichkeiten in Sinne einer deklarativen Programmierung neuer Funktionalitäten zur Verfügung. Erweiterungen der Sprache erfordern eine entsprechende Anpassung des prozeduralen Interpreters. Darüber hinaus bieten sie auf Grund der fehlenden präzisen logischen Semantik, nur eingeschränkte Möglichkeiten, um die Korrektheit der SLA-Regelspezifikationen zu verifizieren und validieren und die Ergebnisse zu Laufzeit vorherzusagen und dabei Robustheit und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.

Technologien für das regelbasierende SLA-Management

Automatisierte Vertragsregeln können auf verschiedene Weise repräsentiert werden, zum Beispiel als "If-then" -Konstrukte in prozeduralen Programmiersprachen wie Java oder C++ (inkl. Kontrollfluss), Entscheidungstabellen/-bäume, Wahrheitswert-Konstrukte basierend auf allgemeiner Implikation und Boolscher Logik, Implikationen mit Restriktionen (etwa OCL), Trigger und Effektoren (etwa SQL-Trigger) oder Ansätze basierend auf Untermengen der Prädikatenlogik (First Order Logic) wie die logische Programmierung (LP). Die wesentlichen Vorteile der logischen Programmierung liegen in der kompakten deklarativen Darstellung von SLA-Regeln und der automatischen Regelverkettung und Ausführung mittels generischer LP-Regelmaschinen. Bestehende Regelbasen lassen sich damit einfach erweitern und von der Bürde einer extensiven Implementierung des Kontrollflusses, wie in der prozeduralen Programmierung, befreien.

Darüber hinaus, stellt die logische Semantik sicher, dass die produzierten Ergebnisse korrekt und nachvollziehbar sind. Regelbasierende Systeme wurden in den letzen zwei Jahrzehnten intensiv in der deklarativen Programmierung und in Expertensystemen untersucht. In letzteren setzten Unternehmen, die von einem sich schnell verändernden Geschäftsfeld herausgefordert wurden, solche Systeme für das externe Formalisieren und Ausführen von Geschäftsregeln ein. So konnten sie langsame und teure IT-Änderungszyklen beschleunigen. So genannte Geschäftsregel-Managementsysteme (Business Rules Management Systems = BRMS) erlauben es, Geschäftsregeln getrennt von der Anwendung in möglicherweise dezentralen Modulen zu verwalten und zu pflegen. Diese lassen sich zur Laufzeit in die eigentliche Anwendung integrieren.

Regelbasierende Technologie wird brauchbarer

Wer sie nutzt, setzt das deklarative Prinzip der "Trennung der Belange" (separation of concerns principle) um, das bereits erfolgreich in vielen anderen Gebieten der Software-Entwicklung angewandt wurde. Die grundlegende Idee ist, dass Benutzer Regeln dazu verwenden, um auf einfache Weise auszudrücken was sie wollen. Die Verantwortung, diese Wünsche zu interpretieren und zu entscheiden, wie das Problem zu lösen ist, wird der generischen Regelmaschine übertragen. Frühe Stadien der Geschäftsregelmaschinen (Business Rule Engines = BREs), die ihre Wurzeln in der Künstlichen Intelligenz (KI) und in logischen Inferenzsystemen haben, waren komplex, teuer und nicht sehr benutzerfreundlich. Die aktuelle Generation der Regelmaschinen und regelbasierenden Technologie ist brauchbarer und reifer für den industriellen Einsatz. Sie bietet Vorteile hinsichtlich Benutzbarkeit, Skalierbarkeit und Effizienz, erlaubt eine kostengünstigere Pflege und ein besseres Verständnis der zu Grunde liegenden Inferenzsysteme.

Ähnlich wie der regelbasierende Ansatz lässt sich auch die komplexe Ereignisverarbeitung (Complex Event Processing = CEP) als aufstrebende Technik bezeichnen. Sie erlaubt es, komplexe relevante Ereignisse und Situationen aus einer Vielzahl operationeller Ereignisse (Event Cloud) oder einem oder mehreren Ereignissströmen zu entdecken. Damit ist eine (nahezu) Echtzeitreaktion auf Zustandsveränderungen möglich. CEP bildet somit einen wesentlichen Baustein für reaktive, ereignisgesteuerte Regeln im Realtime-SLM und BAM. CEP-Nachrichten oder atomare Ereignisdaten werden korreliert, aggregiert, analysiert und ausgewertet. Die neu generierten komplexen Ereignisinformationen dienen als Basis für weitere regelbasierende Entscheidungen und Reaktionen. Dabei arbeiten komplexe Ereignisskorellations-Maschinen (Event Correlations Engines) und Regelmaschinen eng zusammen oder werden sogar integriert, um die Geschäftsaktivitäten und Dienstprozess-Workflows zu überwachen und gegebenenfalls zu steuern.

Service Level Agreements

Im engeren Sinne versteht man unter einem Service Level Agreement (SLA) die vertragliche Vereinbarung quantitativer und qualitativer Dienstleistungsstandards verknüpft mit rechtlichen Regelungen, die unter anderem das Haftungsrecht, das Urheberrecht und das Datenschutzrecht betreffen. Ergänzt werden diese Vereinbarungen im weiteren Sinne durch Festlegungen zur Überwachung der Service Levels mit Service Level Indikatoren (SLIs) oder auch Key Performance Indikatoren (KPIs), Service Level Objectives (SLOs), Rechten und Pflichten der Vertragsparteien sowie Regelungen zu Vertragsstrafen und zur Art und Häufigkeit der Berichterstattung.

Als SLA wird dabei häufig lediglich der Vertrag an der Schnittstelle zwischen Kunde und Anwendungsanbieter bezeichnet, während die Verträge hin zu internen IT-Diensleistern Underpinning Contracts (UCs) und zu externen IT-Dienstleistern Operational-Level-Agreements (OLAs) genannt werden. Bei komplexeren Dienstleistungsbündeln und längerfristigen Geschäftsbeziehungen werden zumeist auch so genannte Basic Agreements (oder auch Master SLAs) gebildet welche Bestandteile aus mehrere SLAs gebündelt nach Dienstleistungen enthalten, beispielsweise Vertragsparteien, Zeitraum, Beschreibung der Dienstleistung, Eskalationsverfahren, Ansprechpartner. Hieraus ergibt sich eine hierarchische Gliederung der Dienstgüteverträge wie in Abbildung 2 dargestellt.

Neben den statischen Inhalten eines SLAs etwa zu den Vertragsparteien und dem Dienst bestehen die Inhalte überwiegend aus dynamischen und konditionalen Vereinbarungen, die in Form von zusammengehörenden Vertragsregeln Ausdruck einer bestimmten Geschäftpolitik des IT-Dienstleisters sind, zum Beispiel

  • Preis- und Rabattpolitik;

  • Vorlaufzeiten und Erfüllungszeiten;

  • Dienstqualität;

  • Vertragsstrafen;

  • Kündigungsbedingungen etc.

So kann beispielsweise ein abgestufter Rechtsfolgenkatalog vereinbart werden, der bei Schlechtleistung von der normalen Vergütung einen Abschlag, bei Überfüllung der geforderten Leistung eine Bonuszahlung und bei unakzeptablen Leistungen eine Strafzahlung oder die Kündigungsmöglichkeit vorsieht.

RBSLA: Rule Based Service Level Agreements

Ein regelbasierendes SLA-Management muss in der Praxis eine Reihe von Systemanforderungen erfüllen, die sich aus dem Zusammenspiel des Software Engineerings eines Systems in einer offenen, verteilten Umgebung, sowie der Wissensrepräsentation unterschiedlicher Vertragsregeln, Informationstypen wie Domänenvokabulare/Ontologien, externe Daten aus verschiedensten Datenquellen wie Datenbanken oder (Geschäfts-)Prozess- und Objektrepräsentation, ergeben. Im Rahmen des RBSLA-Projekts an der Technischen Universität München und in Kooperation mit Industriepartnern entstand ein entsprechender Ansatz zum Beschreiben und Ausführen von SLAs.

Die Architektur eines regelbasierenden Vertrags-Management von Service Level Agreements.

Zugrunde liegen Techniken aus der logischen Programmierung, sowie neuen Technologien aus dem SOC, CEP und dem Semantic Web. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der hybriden Kombination von Enterprise-Service- und CEP- Technologien, modernen Internet-Standards und KI-Techniken ausdruckstarker LP und nicht-monotoner Logikkonzepte beispielsweise zur Beschreibung verteilter Vertragsregelbasen, vertraglicher Normen wie Rechte und Pflichten, temporaler ereignisbasierender Vertragszustände, reaktiver Regeln, oder domänen-spezifischer Vertragsvokabulare (Ontologien).

Zur Architektur des implementierten RBSLA-Systems.gehört die Open-Source Regelmaschine Prova, eine ausdrucksstarke, effiziente und verteilte (Semantic)-Web-Inferenzregelmaschine. Sie dient als Ausführungsumgebung für die als Logische Programme formalisierten Vertragsregeln. Die Regeln werden auf Basis des ContractLog-Wissensrepräsentations-Framework in der Prova-Ausführungssprache umgesetzt und in die interne Wissensbasis der Regelmaschine als modulare, möglicherweise im Web verteilte Regelbasen geladen. Die plattform-unabhängige deklarative RBSLA-XML-Mark-Up Sprache wird für die Serialisierung der Regeln und den Regelaustausch verwendet und in die ausführbare Prova/ContractLog Syntax übersetzt.

Eine Benutzeroberfläche, der Contract Manager, wurde prototypisch für die Erstellung und Pflege der in RBSLA spezifizierten Verträge sowie deren Verwaltung in RBSLA Projekten entwickelt. Die Projekten sind dabei entweder persistent in der Contract Base gespeichert oder werden extern als verteilte über das Web geladen. Das Repository beinhaltet typische, von Experten in natürlicher Sprache vorformulierte Regel-Templates und Domänen-spezifische Objekte, Metriken oder Vertragsvokabulare (Ontologien). Sie können auf einfache Weise zur Erstellung von SLA-Spezifikationen wiederverwendet werden.

Der Ansatz folgt grob dem Model-Driven-Architecture-Vorbild.

Während der Überwachung und Ausführung der regelbasierenden SLAs lassen sich externe Datenquellen, Werkzeuge wie Netzwerk- und Systemmanagement Tools, andere IT Dienste oder (Geschäfts-)Objekte (z.B. Enterprise Java Beans) dynamisch in die Regelausführungen integrieren. Ereignisnachrichten können zwischen den RBSLA-Webdiensten und anderen Systemkomponenten über Mule als Enterprise Service Bus ausgetauscht werden. Schlussendlich fungiert das Service Dash Board als Laufzeitumgebung zur Visualisierung der Überwachungs- und Ausführungsergebnisse und unterstützt damit ein SLA-getriebenes Business Activity Monitoring und weitere IT-SLM Prozesse. Dazu können etwa Berichte über verletzte Service Levels oder Vertragsstrafenabrechnungen zählen.

Mehrere RBSLM-Instanzen lassen sich als verteilte Web-Dienste publizieren. In jeder Instanz läuft eine Prova- Regelmaschine, die verteilte RBSLA Projekte und regelbasierende SLAs aus dem Web oder dem lokalen Speicher für RBSLA-Projekte dynamisch laden kann. Ein Enterprise Service Bus (ESB) wird als "Objekt Makler” (engl. object broker) und als asynchroneDatenaustausch Middleware für die RBSLM-Dienste verwendet. Mehr als 30 Transportprotokolle wie etwa JMS, HTTP oder SOAP können zur Übertragung von Regelmengen, Anfragen und Antworten zwischen den RBSLM Diensten, aber auch mit externen Komponenten wie Datenbanken, Web Dienste, Tool APIs, ausgetauscht werden.

Die RBSLA Sprache, die auf dem De-facto-Standard Reaction RuleML basiert, dient dabei als allgemeines Ereignis- und Regelaustauschformat. Die logischen Formalismen in Prova und ContractLog verarbeiten die eingehenden Ereignisnachrichten im Sinne eines Complex Event Processing mittels reaktive Regeln (engl. Reaction Rules).

Die Zukunft des IT-Dienstleistungs-Managements

Die zunehmende Dienstorientierung und flexible IT-Infrastrukturen ermöglichen eine verbrauchsabhängige und individuelle Bereitstellung und Verrechnung und haben grundlegende Auswirkungen auf das Service Level Management. Marktforschungsunternehmen wie IDC prognostizieren beispielsweise das Aufkommen vieler neuer Vertrags- und Preismodelle, über die sich IT-Dienstleister vom Wettbewerb abheben. Der Trend geht weg von langfristigen, starren Verträgen in Papierform hin zu kundenindividuell und kurzfristig, automatisch geschlossenen Dienstvereinbarungen in lose gekoppelten Business Services Networks welche große Flexibilität auf Seiten der IT-Dienstleister erfordern.

Der in diesem Artikel vorgestellte regelbasierende Ansatz für ein automatisiertes Vertrags-Management und SLA-Monitoring macht sich die Vorteile der deklarativen Logik-Programmierung zu nutze und kombiniert diese mit den bestehenden Techniken aus der Objekt-Orientierten Programmierung und neuen Enterprise Service und (Semantic) Web Technologien. Verglichen mit herkömmlichen Vertragsmanagement-Ansätzen hat der regelbasierende Logikansatz die folgenden Hauptvorteile:

  1. Vertragsregeln werden ausgelagert und können einfach zwischen mehreren Applikationen und Domänen geteilt und ausgetauscht werden;

  2. der Ansatz ermöglicht Wiederverwendung, verkürzt Entwicklungszeiten und sichert den Entwicklungsprozess;

  3. Änderungen an der Vertragslogik lassen sich schnell und mit geringem Risiko vornehmen;

  4. ein benutzerorientierter Weg ist geboten, um SLAs auf einfache Weise zu spezifizieren und gleichzeitig die Interpretation und automatisierte Ausführung durch generische Regelmaschinen zu ermöglichen;

  5. Ergebnisse und Reaktionen sind im höchsten Maße verlässlich, nachvollziehbar und überprüfbar auf Grund der logisch-formalen Semantik;

  6. leichte Integration und Interoperation mit bestehenden Dienstarchitekturen und verteilten Dienst-orientierten Web Technologien.

Fazit

Der in diesem Artikel vorgestellte deklarative Ansatz zum SLA-Management auf Basis von Regelsprachen gewährleistet eine getrennte Verwaltung und einfache Erweiterung von Vertragsregeln. Standardsoftware-Komponenten aus der logischen Programmierung, so genannte Regelmaschinen, werden dabei zur automatisierten Verwaltung eingesetzt. Das Konzept vereinfacht die Administration, Pflege und Wartung von SLAs und erlaubt die automatische Überwachung und Ausführung der in den Verträgen enthaltenen Geschäftsregeln.