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Siemens Medical Solutions: Als IT-Fachmann den Patienten begleiten

03.12.2001
Die Zeit, in der der medizintechnische Bereich bei Siemens nur aus "Blechpatschern und Glasbläsern", bestand, ist vorbei. Dem Thema Software wird heute ein großer Stellenwert eingeräumt. Die Ansprüche des Unternehmens sind groß, entsprechend gut wird gezahlt.

Medical Engeneering" wurde vor zwei Jahren "Medical Solutions". Im neuen Namen steckt Programm: Siemens bietet medizintechnische Lösungen an, die den gesamten Bereich einer Krankenhausversorgung abdecken: Angefangen von bildgebenden Systemen für Diagnose und Therapie über die Elektromedizin und Audiologie bis hin zu IT-Lösungen, die Arbeitsabläufe in Kliniken und Praxen optimieren und zu einer höheren Effizienz führen sollen.

Quelle: Siemens Medical Solutions

Das Zauberwort dabei heißt "Syngo": Siemens ist weltweit die einzige Firma, die mit einer solchen, einheitlichen Benutzungsoberfläche auf dem Markt ist - eine Art Windows für die Medizintechnik. Über diese Oberfläche wird zum Beispiel nicht nur der Computertomograph bedient, sondern auch Rechnungen geschrieben oder Patientendaten erfasst - ein riesiges Betätigungsfeld für IT-Spezialisten. Das Krankenhaus, in dem alles, was mit Technik zu tun hat - inklusive der Software - aus dem Hause Siemens kommt, ist keine versponnene Vision mehr.

Verantwortlich dafür ist der Bereich Medical Solutions (abgekürzt „Med“), der vom mittelfränkischen Erlangen aus geleitet wird. „Med“ ist einer der traditionsreichsten Bereiche der Siemens AG. Seit 125 Jahren präsentiert er immer wieder Weltpremieren. Rund um den Globus beschäftigt er 30 000 Mitarbeiter. Gefertigt wird in sieben Ländern: Deutschland, USA, Schweden, Großbritannien, Spanien, China, Singapur. In 120 Ländern kümmern sich Vertriebsbüros um die Kunden.

Virtuelle Fahrt durch den Körper

Medical Solutions ist weltweit der größte Anbieter im Gesundheitswesen. Und darauf ist man natürlich stolz: Manfred Wangler, Leiter des Geschäftsgebietes Software Components and Workstations, weist darauf hin, dass man in seinem Verantwortungsbereich mit „Syngo“ nicht nur „ein absolutes Alleinstellungsmerkmal“ geschaffen habe, sondern auch auf den übrigen neun Geschäftsgebieten „entweder die Nummer eins oder Nummer zwei“ sei. Was ist also dieses „Syngo“, mit der die Siemens-Abteilung ihren Siegeszug durch die Krankenhäuser und große Praxen der Welt antreten will?

Bereits 1994 begann die Entwicklung dieser Softwarearchitektur. Damals war sie noch rein auf medizintechnische Maschinen zugeschnitten. Heute ist ihr Einsatzgebiet praktisch „allumfassend“ und begleitet den Patienten auf seinem gesamten Weg durch das Krankenhaus: Es beginnt mit der Registrierung des Patienten bei der Ankunft im Krankenhaus, einer Klinik oder einer großen Praxis. Anschließend werden auch die Untersuchungen, zum Beispiel an einem Computertomographen oder Ultraschallgerät über Syngo gesteuert. In einem dritten und vierten Schritt kann durch die unterschiedlichsten Patientendaten gebrowst und beispielsweise Röntgenaufnahmen angezeigt und solange bearbeitet werden, bis das virtuelle Filmsheet reif für den Ausdruck ist.

Es folgt der wohl aufregendste und beeindruckendste Schritt, der als „post-processing“ bezeichnet wird. Mit einem Mehrzeilen-CT- Detektor kann heute zum Beispiel ein ganzer Oberkörper mit einer Auflösung von einem Millimeter in zehn Minuten erfasst werden. Die daraus resultierenden rund 1000 Schichtbilder werden in einem riesigen dreidimensionalen Datenpaket zusammengefasst. Es besteht nun die Möglichkeit, beliebige Schnitte durch diesen virtuellen Körper zu legen, einzelne Organe hervorzuheben oder nur die Knochen sichtbar zu machen. Sogar virtuelle Fahrten durch durch ein Organ - beispielsweise den Darm - sind möglich, was für den Patienten unangenehme endoskopische Untersuchungen überflüssig macht.

Auch die Gefahr, zum Beispiel eine Krebsbildung im Anfangsstadium einfach zu übersehen, sinkt mit den beliebig wählbaren Darstellungsformen. Die letzten Schritte sind das Abspeichern der Daten in ein Archiv oder das Senden derselben in ein Zentralarchiv. Wenn der Patient das Krankenhaus wieder verlässt, wird selbstverständlich auch die Rechnung über eine auf Syngo aufsetzende Komponente erstellt. Das System macht es möglich, praktisch alle Patientendaten, wie Laborberichte, Befunde oder Röntgenbilder über einen Bildschirm und eine Oberfläche direkt am Bett des Patienten oder im Operationssaal abzurufen. Die Bedienung wird durch dieses einheitliche „Look and Feel“ deutlich erleichtert.

Alle Geschäftsgebiete müssen ihre Applikationen an diesen Styleguide ausrichten. Erreicht wird damit zum Beispiel, dass eine medizintechnische Assistentin, die einen Computertomographen bedient, sich später problemlos auch an einem anderen Gerät zurecht findet. Was in den USA schon Realität ist, will „Med“ bald auch in Deutschland anbieten, nämlich die Speicherung der Patientendaten zu übernehmen. Damit tritt man quasi als Service-Provider auf, der das komplette Datenmaterial verschiedenster Krankenhäuser zentral hostet.

In den USA machen bereits 1500 Krankenhäuser, Kliniken und Praxen von diesem Angebot Gebrauch. Es liegt auf der Hand, dass für Syngo - das übrigens nur mit den Microsoft-Betriebssystemen Windows NT und Windows 2000 läuft, jede Menge IT-Fachleute nötig sind. 60 bis 80 stellt Siemens pro Jahr für den gesamten Bereich Medical Solutions ein. Hauptsächlich wird nach Softwarespezialisten Ausschau gehalten, aber auch Mathematiker (für die teilweise hochkomplexen Algorithmen), Physiker (für die Datenschnittstellen) oder Biologen haben gute Chancen.

„Willkommen“, betont Wangler ausdrücklich, „sind durchaus auch Elektrotechniker mit einer guten Informatikausbildung. Der Bedarf an Informatikern ist aber am größten und liegt bei rund 70 Prozent. Wenn es an die Auswahl der Bewerber geht, sind die Franken durchaus wählerisch: „Wir haben keinerlei Probleme, Nachwuchs zu bekommen“, erklärt der Softwarechef. Das liegt wohl zum einen an dem großen Namen Siemens, zum anderen aber auch an dem interessanten und erfüllenden Betätigungsfeld, das die Medizintechnik bietet. Das bestätigt auch der 30-jährige Informatiker Michael Peter, der vor zwei Jahren in der Softwareschmiede anfing. „Man arbeitet an einem Riesenprojekt und sieht, wie große Systeme gebaut werden“, erklärt er begeistert.

Manfred Wangler Quelle: Siemens Medical Solutions

Potentiellen Bewerbern, die noch nicht ganz sicher sind, ob Siemens für sie das Richtige ist, würde er raten, „sich erst mal anzuschauen was wir hier machen, denn wenn man unser Produkt sieht, dann erzeugt das schon genug Interesse“. Der Enthusiasmus für das Produkt ist auch bei dem Softwareentwickler Andreas Schülke (41) stark ausgeprägt. „Man weiß, wofür man arbeitet“. Wenn er nämlich beim Kunden Feldtests begleitet und ein schwerkranker Patient eine Viertel Stunde länger in einem Kernspinntomographen liegen muss, „weil ich die Maschine nochmal booten muss, dann tut einem das selber weh“ - und ist gleichzeitig zusätzlicher Ansporn möglichst perfekte Produkte zu entwickeln.

Seit 14 Jahren arbeitet Schülke bei Siemens, die letzten vier Jahren davon in der Softwareabteilung von Medical Solutions. Er hat eineinhalb Jahrzehnte lang die Entwicklungen in der Softwarebranche miterlebt. Geändert habe sich die Dynamik. Früher, erzählt er, seien „große, dicke Prozesse“ geschrieben worden, große Softwaregebilde, die nur eine Funktionalität hatten, die nicht veränderbar war. Heute gehe es um Componentware. „Ich muss in der Lage sein, ein kleines Gebilde zu schreiben, das als Teil eine bestimmte Funktionalität hat und zusammenstöpselbar ist mit vielen anderen Teilen.“

Die Aufgabe Schülkes bei „Med“ ist es denn auch, „die Infrastruktur aufzubereiten“, wie er es nennt, also ein komplettes Softwarepaket zu schreiben, auf das die einzelnen Geschäftsgebiete aufsetzen können. Leute über 40 sind in der Softwareabteilung übrigens keine Seltenheit: „Unsere Alterspyramide zeigt deutlich, dass wir nicht der Meinung sind: Youngsters only“, betont Wangler. Für ihn macht es die Mischung von jungen Leuten mit großem Tatendrang und etwas älteren Mitarbeitern, die angesichts der komplexen Materie einen wichtigen Erfolgsgaranten mitbringen: Erfahrung.

Ob jung oder älter - entscheidend ist nur eines: Es müssen Spitzenleute sein. Wangler: „Wir suchen die Besten“. Daraus erklärt sich auch, dass ein bunter Mix an internationalen IT-Fachleuten an den Rechnern in Erlangen sitzt. Die Arbeitssprache ist Englisch. Für die Uni- oder FH-Abgänger gilt: „Es müssen High-Potentials sein“, denn „Med“ möchte seine zukünftigen Fürhrungskräfte selbst heranziehen. Den Neulingen wird übrigens ein „Pate“ zur Seite gestellt, eine Art Mentor, der sich in der Einarbeitungszeit um den neuen Mitarbeiter kümmert. Außerdem lockt Siemens noch mit der Möglichkeit ins Ausland zu gehen, guten Fortbildungsoptionen und sehr flexiblen Arbeitszeiten. Zwischen 6 und 22 Uhr kann die Arbeitszeit meist frei eingeteilt werden. Erwartet wird allerdings, dass in Stoßzeiten die Leute auch zu Mehrarbeit bereit sind und samstags oder im Schichtbetrieb in die Firma kommen.

Denn das bezeichnet Wangler als das Charakteristische an seiner Abteilung: „Wir sind echte Professionals. Da wird nicht gejammert. Wir haben eine Aufgabe und die tun wir mit Spaß“. Dieser „Haufen von Profis“ habe ein enormes Selbstbewusstsein“. Schließlich sei die Software weltweit absolut anerkannt. Hierarchieebenen gebe es zwar, „aber sehr flache“. Und auch Standesdünkel ist Wangler fremd. Als Beispiel führt er sich selbst an. Das eher kleine Büro sei gerade so groß, „um hier funktionsgerecht zu arbeiten“. Wer ihn schon mal besucht hat, kann ihm nicht widersprechen.

Von Michael Franz, freier Journalist in Rothenfels.

Siemens Medical Solutions

Henkestraße 127, 91052 Erlangen. Tel.: (09131) 84-0; Fax: (09131) 84-86-91
www.siemensmedical.de, www.syngo.com,
www.siemens.de/career (Jobbörse)
Ansprechpartner für Bewerber: Elke Schönsiegel, Recruiting Management (HR SOT),
E-Mail Elke Schoensiegel ·
Mitarbeiter: 30.000 weltweit, in Erlangen und Forchheim rund 5000, davon zirka 800 IT-Mitarbeiter ·

Umsatz: Im Geschäftsjahr 2000 5,1 Milliarden Euro, Gewinn vor Zinsen und Ertragssteuern (EBIT) 441 Millionen Euro. ·

Einstellungsbedarf für 2002: 60 bis 80 Hochschulabsolventen und IT-Mitarbeiter, davon 25 im Geschäftsgebiet Software Components and Workstations ·

Gesuchte Fachrichtungen: Softwareentwickler, Mathematiker, Physiker, Elektrotechniker, Biologen. ·
Geforderte Qualifikationen: Fachhochschul- und Universitätsabschluss oder Promotion. ·
Einstiegsgehälter: 3500 bis 4000 Euro.
Fluktuationsrate: Vernachlässigbar. Dr. Wangler, Leiter des Geschäftsgebietes Software Components: „Es ist eher so, dass wir aktiv Kollegen nach außen schicken“, zum Beispiel in die ausländischen Geschäftsstellen.