Siebel bringt Oracles Fusion-Pläne durcheinander

16.09.2005 von Frank Niemann
Mit Ed Thompson, Vice-President und Research Director CRM bei Gartner, sprach CW-Redakteur Frank Niemann über den Einfluss der Siebel-Übernahme auf Oracles Produktstrategie.

Ed Thompson: "Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Oracle Nexus für .NET oder Websphere anpasst."

CW: Wird Oracle seine zahlreichen CRM-Produkte mit Siebel verbinden?

THOMPSON: Wahrscheinlich ist, dass Teile von Oracles CRM-System und Peoplesoft CRM in die Siebel-Architektur einfließen. Wie viel vom Metadatenmodell des Siebel-Systems in einem dann verbreiterten Fusion-Produkt aufgehen, vermag ich noch nicht zu sagen. In vielerlei Hinsicht können die Siebel-Applikationen noch vier bis fünf Jahre neben Oracles E-Business Suite existieren.

CW: Haben die CRM-Systeme von Oracle, Peoplesoft und J.D. Edwards eine Zukunft neben Siebel?

THOMPSON: Was ich bisher gehört habe, deutet darauf hin, dass die CRM-Module von Oracle, Peoplesoft und J.D. Edwards langfristig keine Zukunft haben. Einige Elemente wie Oracles Produktkonfigurator, Teile des "Field Service Scheduling", der "iStore" und "Sell-side E-Commerce" sowie Peoplesofts Analyse-Features für CRM bieten funktionale Vorteile gegenüber dem Siebel-Produkt und werden, falls möglich, darin aufgehen.

CW: Steht Siebels IBM-Kooperation mit IBM in Sachen CRM On Demand vor dem Aus?

THOMPSON: Siebel On Demand läuft nur unter DB2 und Websphere. Es dürfte einige Zeit dauern, die Umgebung auf eine reine Oracle-Infrastruktur zu hieven. Oracle hat zwei Alternativen:

Die On-Demand-Lösungen weiter fahren bis mit Siebel 8 oder 9 alle Siebel-Applikationen in die On-Demand- und On-Premise-Konzept überführt worden sind.

Sofort die On-Demand-Lösung auf Oracles Datenbank und Applikations-Server zu migrieren, was länger dauert und die kostspieligere Variante ist.

CW: Wie wird Oracle die Siebel-Software in die Fusion-Plattform integrieren?

THOMPSON: Dass ist schwer zu sagen, da die Übernahme ohne Zweifel Einfluss auf Fusion hat und die Freigabe ein weiteres mal hinauszögert. Bezogen auf Siebel ist zu erwarten, dass die für nächstes Jahr vorgesehene Software-Generation "Nexus" nur für Oracles Applikations-Server entwickelt wird. Somit werden die künftigen Siebel-Releases wohl nur für Oracle-Infrastruktur erhältlich sein. Gleichzeitig bedeutet es vermutlich das Ende von Siebels eigenem Applikations-Server, dessen Abkündigung jedoch schon zuvor besiegelt worden war.

CW: Siebel hatte seine Architektur sowohl für .NET als auch für Websphere angepasst. Beide konkurrieren mit Oracles 10g.

THOMPSON: Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Oracle Nexus für .NET oder Websphere anpasst.

CW: Wie verträgt sich Siebels "Universial Application Network" mit Fusion?

THOMPSON: Bei UAN fällt mir eine Prognose besonders schwer. UAN arbeitet mit unterschiedlichen Middleware-Produkten von Bea, IBM und Microsoft zusammen. Allerdings ist UAN nur wenig verbreitet, deshalb frage ich mich, ob Oracle die Technik nicht einfach fallen lässt.