Der Markt für IT-Dienstleistungen

Serviceanbieter tragen schwer

04.01.2010 von Pascal Matzke und Daniel Krauss
Die Rezession hat Bewegung in das Geschäft mit IT-Services gebracht. Kunden reagieren auf die wirtschaftliche Lage mit stark veränderten Anforderungen und reichen den Kostendruck zumeist ungemindert an ihre IT-Dienstleister weiter.

Neue Technologien wie Cloud Computing oder Software-as-a-Service (SaaS) sowie ein immer härter werdender Wettbewerb bringen die Service-Anbieter in zusätzlichen Zugzwang.

Nur wer jetzt seine Hausaufgaben erledigt und mit einer klaren Strategie sein Dienstleistungsportfolio erneuert und seine Kundenbeziehungen auf eine neue Grundlage stellt, wird langfristig als IT-Dienstleister erfolgreich sein. Für Unternehmen bleibt die wesentliche Herausforderung, unter der Vielzahl von Anbietern denjenigen auszuwählen, der langfristig nicht nur als kostengünstiger Lieferant, sondern auch als strategischer Partner in Zeiten des Wandels agieren kann.

Weltweit Umsatzrückgang beim Outsourcing

Pascal Matzke ist Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research.
Foto: Forrester Research

Wie immer in Zeiten von Wirtschaftskrise und Rezession führen die meisten Unternehmen umfangreiche Programme zur Senkung ihrer operativen Kosten durch. Anders jedoch als bei der letzten Krise in den Jahren 2001 bis 2003 - im Verlaufe derer die Unternehmensausgaben für externe IT-Dienstleistungen stark zunahmen - verzeichnen die Service-Anbieter derzeit einen Rückgang ihrer weltweiten Umsätze.

Allein im ersten Berichtsquartal 2009 sind die Umsätze der führenden Service-Provider durchschnittlich um rund elf Prozent geschrumpft. Selbst beim klassischen Outsourcing, einer Form der IT-Dienstleistung, die in der Vergangenheit stets antizyklisch nachgefragt wurde, war ein Rückgang der Umsätze von rund acht Prozent zu verzeichnen. Zwar kann man diese Zahlen nicht mit den teilweise wesentlich drastischeren Nachfrageeinbrüchen in anderen IT-Bereichen gleichsetzen, dennoch erscheint dieser Rückgang überraschend.

Outsourcing
Reinhard Eschbach, Thomas Cook: Transparenz ist das A und O
„Jeder Dienstleister ist nur so gut, wie ihn der Auftraggeber steuert. Outsourcing darf keine Black Box sein: Ich will verstehen, was der Provider macht, und kontrollieren, ob dies in Einklang mit meinen Zielen steht. Die Transparenz der Kosten – sowohl meiner eigenen als auch derjenigen des Providers – halte ich für wichtig. Eine Open- Book-Policy schafft nicht nur Vertrauen, sie ist auch effizienter, weil beide Seiten wissen, welche Hebel sie ansetzen können.“
Ralf Stalinski, Cognis: Akzeptanz beim User schaffen
„Wer auslagert, sollte im Vorfeld eine Art Inventur machen, um einen Überblick darüber zu haben, welche Services in den einzelnen Ländern erbracht werden. Erschwert wird Outsourcing vor allem durch die Kluft zwischen der User-Akzeptanz und der Erwartung des Managements. Es ist ja kein Geheimnis, dass Endanwender eine Standardisierung zunächst als Einschränkung empfinden. Hier ist die interne Kommunikation gefordert, die Belegschaft muss die Vorteile der Maßnahmen nachvollziehen können. “
Walter Friedl, Vistec: Know-how auf Augenhöhe
„Meine goldene Regel lautet: Auf Kundenseite muss es eine Instanz mit mindestens gleichem Know-how geben wie auf der Provider-Seite. Ich habe dafür einen IT-Service-Delivery-Manager für alle Infrastrukturthemen und eine SAP-Managerin für die Applikationen abgestellt. Beide sind dafür zuständig, dass der eingekaufte Service bei unseren Anwendern verlässlich und in guter Qualität ankommt.“
Dirk Ostermann, RAG: Prozesse zerschlagen
„Ganz wichtig: Sie müssen Prozesse zerschlagen. Sowohl im Eigenbetrieb als auch bei einer internen Auslagerung in eine Tochtergesellschaft schwingen sich Abläufe und Kommunikationswege zwischen Nutzer und IT ein, die nicht immer effizient sind. Die Lethargie und die Das-habenwir- schon-immer-so-gemacht-Einstellung müssen Sie durchbrechen. In dieser Phase ist Führung durch Kommunikation gefragt, denn für alle Betroffenen ändert sich viel.“
Carsten Stockmann, Mayflower: Beziehung weiterentwickeln
„Outsourcing ist ein Prozess, den man permanent weiterentwickeln sollte. Das Mühsame und Qualvolle besteht dann darin, die Beziehung so zu gestalten, dass sie auch tatsächlich Vorteile bringt. Das heißt, es geht nicht mehr um die Technik – die hat man ja ausgelagert –, sondern darum, Verbesserungen auf der Geschäftsprozess-Ebene zu erreichen.“
Udo Haarhaus, Dynamit Nobel: Ziele müssen klar sein
„Man muss sich als Auftraggeber über seine Outsourcing-Ziele im Klaren sein. Der Anbieter will das Projekt natürlich unbedingt an Land ziehen. Der Anwender will in der Regel seine Kosten senken. Da herrscht auf beiden Seiten eine gewisse Gier. Aber wenn der Auftraggeber nicht exakt hinterfragt, wie und wo sein Provider die Einsparungen erzielen will, gehen die Partner leicht von unterschiedlichen Annahmen aus.“
Martin Limpert, Preh GmbH: Hoheit über Prozesswissen sichern
„Die wichtigste Motivation für unsere Outsourcing- Aktivitäten war die Konzentration auf unsere Kernkompetenzen. Hohe Anforderungen etwa an die 7x24- Stunden-Verfügbarkeit der SAP-Systeme können wir intern nicht gewährleisten. Damit wir den reibungslosen IT-Betrieb für unsere Fachabteilungen sicherstellen können, haben wir die Hoheit über das Prozesswissen und das SAP-Wissen im Hause behalten.“

Nach Untersuchungen und Befragungen von Forrester Research sind folgende Gründe hierfür ausschlaggebend:

Investitionen in neue Projekte müssen betriebswirtschaftlichen Anforderungen genügen oder werden zurückgestellt. Wie fast überall, so stellt auch in Deutschland die Mehrheit der befragten Unternehmen Investitionen in neue Vorhaben und Projekte vorerst hintan. Nur wenn mit einem Projekt auch langfristige Effizienzsteigerungen erreicht werden können oder sich eine bessere Kapitalrendite ergibt, werden neue Vorhaben auch derzeit auf den Weg gebracht.

Preise auf dem Prüfstand

Selbst beim klassischen Outsourcing, einer Form der IT-Dienstleistung, die in der Vergangenheit stets antizyklisch nachgefragt wurde, war ein Rückgang der Umsätze von rund acht Prozent zu verzeichnen.
Foto: Forrester Research

Preise für IT-Dienstleistungen kommen sämtlich auf den Prüfstand. Anbieter sehen sich immer lauter werdenden Forderungen ihrer Kunden nach reduzierten Preisen ausgesetzt. Sowohl für laufende Projekte als auch für neue Verträge nutzen Unternehmen verstärkt das Benchmarking von Marktpreisen, um so ihre laufenden operativen Kosten zu senken. Dabei kommt auch in Deutschland dem Offshore-Outsourcing eine immer stärkere Bedeutung zu. Selbst wenn nicht die direkte Absicht besteht, Dienstleistungen von Offshore-Providern zu beziehen, so nutzen viele Unternehmen den direkten Vergleich mit solchen Anbietern etwa im Rahmen einer Ausschreibung, um die Preise mit ihren existierenden Lieferanten weiter nach unten zu verhandeln.

Einzelne Auftragsvolumen nehmen ab und Vertragslaufzeiten gehen zurück. Zwar bleibt die Anzahl der Vertragsabschlüsse im Projektgeschäft wie auch im Outsourcing insgesamt konstant, dennoch sinken gleichzeitig die Umsätze der Anbieter auf breiter Front. Weil Unternehmen immer kleinere Projekte ausschreiben und dann bei Vertragsabschluss lange Bindungsfristen an ihre Anbieter scheuen, sind Auftragsvolumen und Vertragslaufzeiten insgesamt rückläufig. Große langfristige Outsourcing-Verträge, wie etwa das kürzlich von MAN mit IBM und T-Systems über sieben Jahre vereinbarte Abkommen über einen dreistelligen Millionenbetrag, sind auch in Deutschland eher die Ausnahme.

Besser genutzt: interne Ressourcen

Nur wenn mit einem Projekt auch langfristige Effizienzsteigerungen erreicht werden können oder sich eine bessere Kapitalrendite ergibt, werden neue Vorhaben auch derzeit auf den Weg gebracht.
Foto: Forrester Research

Interne Ressourcen werden effizienter genutzt. Da sich viele Unternehmen durch Stellenabbau oder Zusammenlegungen von Betriebsteilen konsolidieren und schlanker werden, sinkt auch die Nachfrage nach externen Services. Gleichzeitig werden verfügbare interne Ressourcen stärker für klassische Support-Dienste genutzt, um so eine bessere Auslastung der eigenen IT-Organisation zu erreichen. Zwar gibt es keinen breiten Trend zum Insourcing von einmal ausgelagerten Dienstleistungen, dennoch kommt es in Einzelfällen - wie kürzlich etwa im Fall von Arcandor - eben auch zur Rückabwicklung von bereits geschlossenen Outsourcing-Verträgen.

Dabei gilt es zu sagen: Egal, ob radikaler Kostenabbau oder unternehmerischer Wandel, die Firmen reagieren auf die Rezession auf ganz unterschiedliche Weise.

Hinsichtlich ihrer Einkaufsstrategien für IT-Dienstleistungen gaben die Unternehmen in Deutschland in den vergangenen Monaten aus Sicht des Marktbeobachters im besten Fall ein uneinheitliches Bild ab. So gab es einerseits eine Reihe von Kundensituationen, bei denen etwa Entscheidungen zu Outsourcing-Verträgen kurzfristig vorgezogen wurden, um so schneller die erwarteten Kosteneinsparungen realisieren zu können. Andererseits kam es bei einer Vielzahl von Unternehmen auch zu Verzögerungen beim anstehenden Vertragsabschluss. Dies geschah vor dem Hintergrund einer notwendig gewordenen Neubewertung der unternehmerischen Gesamtsituation. In jedem Fall hängen der zeitliche Horizont einer Einkaufsentscheidung und die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses in dieser Rezession mehr noch als in vorangegangen Zeiten jeweils von der individuellen Lage des Kunden ab.

Auf der Basis der laufenden Beobachtungen und Gespräche von Forrester-Analysten mit Unternehmen lassen sich zwei verschiedene Ausgangspositionen unterscheiden:

Radikale Kostensenkungen -

Die Folgen der Rezession werden mit radikalen Kostensenkungen bekämpft. In eine erste Gruppe von Kunden fallen solche Unternehmen, die durch die globale Wirtschaftskrise in eine fundamentale Schieflage geraten sind. Banken und Finanzdienstleister, aber auch Unternehmen, die unterschwellige Trends lange unterschätzt haben und die Folgen nun mit aller Härte verspüren (der Automobilsektor ist hier nur ein prominentes Beispiel). Diese Unternehmen sind primär bemüht, ihre operativen Kosten radikal zu senken und umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen durchzuführen. Konsolidierung, De-Investitionen von Geschäftsteilen und Rationalisierung sind dabei die wesentlichen Themen. In diesem Zusammenhang wird zumeist auch Outsourcing wesentlich stärker nachgefragt, nicht zuletzt auch deshalb, weil sich dadurch in der Unternehmensbilanz fixe in variable Kosten wandeln. Klassische Beratungs- und Implementierungsleistungen werden von dieser Gruppe zurzeit weniger oder auf gleichem Niveau nachgefragt.

oder Wettbewerbsposition verbessert

Die Rezession wird zur Verbesserung der eigenen Wettbewerbsposition genutzt. Diese zweite Gruppe von Unternehmen sucht ihre Chance im Wandel und damit nach Wegen, ihre Stellung im Wettbewerb nachhaltig auszubauen. Diese Unternehmen sind zumeist besser am Markt positioniert und verfügen über die notwendigen Reserven, um mit gezielten Investitionen ihre Position zu verbessern. Beispiele für solche Unternehmen finden sich etwa in der Pharmaindustrie, aber auch im Technologiesektor. Zwar sind auch hier Effizienzsteigerungen und eine verbesserte Produktivität wichtige Zielvorgaben. Sie stehen aber zumeist im Zusammenhang mit dem Ziel einer langfristigen Marktführerschaft und sind nicht Teil einer kurzfristigen Überlebensstrategie. Outsourcing wird dabei eher nur selektiv nachfragt. Allerdings investieren Unternehmen in diesem Szenario weiterhin in klassische Strategie- und Transformationsberatungsleistungen über alle Unternehmensebenen hinweg und weisen daher auch eine stabile Nachfrage nach dezidierten Implementierungsleistungen auf.

Neben der unterschiedlichen Ausgangsposition bei den Unternehmen verändern sich aber auch die Entscheidungswege und -prozesse für den Einkauf von IT-Dienstleistungen. Schon seit einiger Zeit ist zu beobachten, wie sich zunehmend die Entscheidungsgewalt aus den IT-Organisationen heraus auf die geschäftliche Leitungsebene verlagert. Das Erreichen von Wettbewerbsvorteilen sowie unternehmerischer Erfolg sind heute ganz wesentlich abhängig von dem richtigen Einsatz von Technologien. Entsprechend entwickeln sich die geschäftlichen Einflussnehmer zu den Hauptansprechpartnern der Anbieter im Rahmen des Verkaufsprozesses - ein Trend, der durch die derzeitige Rezession noch maßgeblich beschleunigt wurde. Zusätzlich spielen jetzt aber auch Einkaufs- und Finanzabteilungen eine immer größere Rolle im Entscheidungsprozess, was in der Bewertung des Dienstleistungsangebots wiederum den Fokus mehr auf Kosten und Preismodelle verlagert.

Große Herausforderung für IT-Dienstleister

Für die meisten IT-Dienstleister und ihren Vertrieb stellt diese veränderte Konstellation eine wesentliche Herausforderung dar. Immerhin wird der Einkaufsprozess zunehmend von Entscheidungsträgern geprägt, die selber nicht in der Technologie zu Hause sind und für die im Vergleich mit der klassischen IT-Organisation ganz andere Erfolgsfaktoren ausschlaggebend sind. Nur wer als Anbieter in seiner Positionierung auf die verschiedenen Ausgangssituationen der Unternehmen Bezug nimmt und dann den Wertbeitrag der Dienstleistungen klar auf die Zielsetzungen der wesentlichen Entscheidungsträger beim Kunden abstimmt, kann damit rechnen, als strategischer Dienstleister wahrgenommen zu werden.

Neue Techniken machen Anbietern Druck

Für Systemintegration und Projektarbeit machen Unternehmen bei der Beauftragung von IT-Dienstleistern immer noch das meiste Geld locker.
Foto: Forrester Research

Die große Mehrheit der IT-Dienstleister hat in den vergangenen Jahren kräftig in die Standardisierung ihrer Angebote sowie in die Automatisierung und Industrialisierung ihrer Service-Delivery-Infrastruktur investiert. Ziel dabei war es, vor dem Hintergrund eines härter werdenden globalen Wettbewerbs flexibler auf Kundenanforderungen zu reagieren und dabei dennoch effizient zu bleiben. Inzwischen zeigt sich jedoch, dass diese Bemühungen oftmals nicht weit genug gingen. Vor dem Hintergrund der Rezession müssen die Anbieter einerseits teilweise radikale Nachfrageausfälle verkraften, andererseits durch die schnelle Bereitstellung von Ressourcen neue Projekte mit anschieben helfen. Das alles erfordert von den Anbietern ein hohes Maß an operationaler Flexibilität und finanzieller Liquidität, Qualitäten, über die nicht jeder Dienstleister gleichermaßen verfügt.

Vielen Unternehmen erscheinen da Konzepte wie Cloud Computing oder Software-as-a-Service als attraktive und zweckmäßige Alternativen. Denn sie bieten - zumindest auf dem Papier - die Möglichkeit, ohne lange Vorlaufzeiten und Vorabinvestitionen Dienstleistungen zu beziehen und - falls nötig - eben auch wieder abzubestellen. Auch wenn solche Dienstleistungen in Deutschland noch eher selten abgerufen werden, so ist das grundsätzliche Interesse an entsprechenden Angeboten in den vergangenen Monaten doch enorm gestiegen. Allerdings ist der Markt derzeit noch extrem unübersichtlich. Anbieter wie Salesforce.com oder Google bieten zwar Cloud-basierte Applikations-Dienstleistungen an, verfügen aber nicht über das notwendige Integrations-Know-how im Unternehmensumfeld. Gleichzeitig versuchen sich traditionelle IT-Dienstleister wie Hewlett-Packard (HP) oder T-Systems mit ihren dynamischen Liefermodellen für IT-Infrastruktur-Dienstleistungen verstärkt als Cloud-Anbieter zu positionieren. Diesen Angeboten mangelt es aber zumeist an der Durchgängigkeit, da sie auf einzelne Technologien beschränkt sind.

Cloud Computing wird zunehmend wichtig

Mittel- und langfristig werden sich Cloud-basierte Dienstleistungen als wesentliche Komponenten des IT-Dienstleistungssektors etablieren, allerdings nicht als eigenständiges Marktsegment, sondern als eines unter verschiedenen Liefermodellen. Vorstellbar sind dann - abhängig von der Situation und den Wünschen des Kunden - etwa Cloud-basierte Services für nicht geschäftskritische Anwendungen, die dann gebündelt und integriert angeboten werden mit kundenindividuellen Dienstleistungen für geschäftskritische Systeme. Aber bis es soweit kommt, müssen die Dienstleister ihre Portfolios weiter dynamisieren, an organisatorischer Reaktionsschnelligkeit zulegen und auch ihre Partnerschaften mit Softwareanbietern und anderen Technologieführern vertiefen.

Anbieterlandschaft im Wandel

Zwar gab auch in der Vergangenheit die Anbieterlandschaft im IT-Dienstleistungsmarkt ein überwiegend buntes Bild ab. Angestoßen durch die sich ändernden Rahmenbedingungen sowie neue Technologien wandelt sich das Bild allerdings erneut. Insbesondere die immer engere Verknüpfung von Geschäftsprozessen mit der Technologie treibt die Konvergenz von Dienstleistungen aus den verschiedensten Bereichen voran. Dadurch ergeben sich neue Wettbewerbssituationen, denen sich die traditionellen IT-Dienstleister schon heute gegenübersehen. Ob klassische Unternehmensberatungen, Telekommunikationsanbieter, Softwarehersteller oder Cloud-Service-Anbieter, sie alle bemühen sich zusammen mit den IT-Dienstleistern um dieselben Zielgruppen.

Stärken und Schwächen der Anbieter

Deutsche Platzhirsche setzen auf Expansion. Nach Jahren der internen Konsolidierung und Neuausrichtung setzten die lokalen Matadore T-Systems und Siemens IT Solutions und Services (SIS) wieder verstärkt auf geographische Expansion und Entwicklung neuer Serviceangebote. Die Akquisition des spanischen IT-Dienstleisters Metrolico unterstreicht die Anstrengungen von T-Systems, seine europäische Präsenz weiter auszubauen. Demgegenüber nutzt SIS zunehmend internes Know-how der Siemens-Gruppe, etwa im Gesundheitswesen oder bei der Biometrie, um seine Positionierung in diesen Industrien mit innovativen Lösungen zu stärken.

Internationale Großanbieter setzen zunehmend auf integrierte Services. Anbieter wie Accenture, Capgemini oder IBM haben im vergangenen halben Jahr mehr in die Integration ihrer großen Portfolios investiert, um Kunden fokussierter zu bedienen und das Anbieter-Management zu vereinfachen. Ziel dieser Initiativen ist es, den Kunden von der klassischen Unternehmensberatung bis hin zur technischen Integration ganzheitlich als strategischer Partner zur Seite zu stehen. IBMs neuer Service zum Thema Business Analytics and Optimization (BAO) ist hier ein gutes Beispiel. Aus den verschiedensten Sparten von IBM, einschließlich der Business-Beratung und der Marktforschung, wurden die notwendigen Komponenten zu einem integrierten Service gebündelt. Diese werden nun aus einer Hand auf den Markt gebracht.

Offshore-Anbieter haben es immer noch schwer, in Deutschland Fuß zu fassen. Gerade die großen indischen Dienstleister Infosys, Tata Consultancy Services (TCS) und Wipro müssen immer wieder ihre Marktstrategie für Deutschland überdenken, da sie hier nicht so recht Tritt fassen können. Zwar nutzen immer mehr Unternehmen kostengünstige Dienstleistungen aus Indien oder Osteuropa, allerdings bevorzugen sie dabei die etablierten lokalen oder globalen Anbieter, die ihrerseits massiv in Offshore- und Nearshore-Ressourcen investiert haben. Besonders die indischen Anbieter haben im Gegensatz dazu ein klares Wahrnehmungsproblem, das sich in den Köpfen vieler Entscheidungsträger seit den Anfängen des Offshore-Outsourcing etabliert hat und sich anscheinend nur auch nur schwer wieder verändern lässt.

Klassische Unternehmensberatungen investieren zunehmend in IT-Know-how. So haben etwa McKinsey, Deloitte und PricewaterhouseCoopers (PWC) in den vergangenen Jahren eigene Angebote für IT-Dienstleistungen entwickelt und ausgebaut. Dabei stoßen die Management-Berater aufgrund ihrer stärkeren Business-Orientierung und ihrer Erfahrung mit dem Top-Management bei vielen Vorständen auf offene Ohren. Besonders Deloitte ist derzeit bemüht, sich ähnlich wie manche große IT-Anbieter als ganzheitlicher Dienstleistungspartner zu positionieren, und versucht so auch die Lücke zu schließen, die seit dem Untergang der "Big Five"-Wirtschaftsprüfungs- und Consulting-Unternehmen im Zuge des Enron-Skandals am Markt existiert.

Dell, Cisco, Google - alle neu auf dem Markt

Hardware- und Softwareanbieter stoßen weiter in den IT-Dienstleistungsmarkt vor. Hardwareanbieter wie etwa Dell oder Cisco, aber auch Softwareanbieter wie beispielsweise Google und Salesforce.com drängen mit neuen Angeboten immer stärker auf den IT-Dienstleistungsmarkt. Und dass es diese Anbieter ernst meinen, wird allein schon durch ihre Rekrutierungsstrategie deutlich. Cisco etwa hat in den zurückliegenden Monaten bei klassischen Unternehmensberatungen eine Reihe von Partnern abgeworben, die nun als so genannte "Rainmaker" das Dienstleistungsgeschäft mit ankurbeln sollen. Zwar sind die Angebote dieser Hersteller derzeit noch eher selektiv und beschränkt auf den Support und die Integration der eigenen Technologien. Dass es aber nicht dabei bleiben muss, zeigt Salesforce.com, das als Plattform-Anbieter auch einer Vielzahl von Partnern den Weg an den Markt ebnet.

Die Rezession zwingt zum Umdenken

Die Zeiten sind für Unternehmen und ihre Dienstleister gleichermaßen hart. Zwar stehen für die meisten Kunden derzeit Kosteneinsparungen im Vordergrund. Jedoch sollte die Beziehung zum Anbieter nicht allein auf dieses Thema reduziert werden. Damit ein Dienstleister mit den richtigen Technologien, den richtigen Services zum richtigen Preis und zur richtigen Zeit seinen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten kann, müssen die Kunden gewillt sein, den Anbieter auch aktiver in ihre unternehmerische Planung einzubeziehen. Das bedeutet weg von der klassischen Lieferantenbeziehung mit der Fokussierung auf Kostenreduzierung, hin zu einer strategischen Partnerschaft, die diesen Namen auch verdient.

Natürlich eignet sich nicht jeder Anbieter für eine solche strategische Kundenbeziehung. Für die meisten Dienstleister gibt es noch eine Reihe von Hausaufgaben zu erledigen: Erstens müssen sie sich mit ihrem Portfolio stärker auf die unternehmerischen Ziele ihrer Kunden ausrichten. Das bedeutet: wichtige Markttrends früher aufgreifen, neue Technologien wie Cloud Computing, Green IT oder Social Computing aktiv in die Lösungen einbinden und gleichzeitig Partnerschaften mit anderen Technologieführern stärken. Zweitens müssen die Anbieter in ihrer Kommunikation eine wesentlich größere Bandbreite von Entscheidungsträgern ansprechen und sich nicht nur auf die IT-Abteilungen als alleinige Kunden ihrer Lösungen konzentrieren. (jm)