Sepa öffnet die Tür für SOA-Projekte

20.01.2008 von Thomas Bilz
Mit dem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum verändern sich auch Prozesse und IT-Systeme in Unternehmen. Die nötigen Anpassungen lassen sich als Einstieg in eine SOA nutzen.

Die Einführung der Single Euro Payments Area (Sepa) ab Januar 2008 wird die europäische Zahlungsverkehrslandschaft grundlegend verändern. Ein Großteil der anstehenden Anpassungen betrifft die IT-Systeme und interne Abläufe. Ein einheitliches Datenformat in Form von XML-basierenden Sepa-Zahlungen wird mittelfristig die lokal geprägten Inlandszahlungen ablösen. Damit ist der Weg frei für europaweit einheitliche Zahlungsverkehrsformate. Betroffen davon sind nicht nur Banken und Finanzdienstleister, sondern auch Unternehmen und öffentliche Haushalte. Sie können von diesen Veränderungen nachhaltig profitieren. Sepa bietet für Unternehmen einen guten Ansatz, die Veränderungen der IT mittels einer Service-orientierten Architektur (SOA) anzugehen.

IT reagiert schneller

Den Nutzen von SOA haben die IT-Abteilungen in den Unternehmen erkannt: Sie versprechen sich vor allem Vorteile bei der Vereinheitlichung interner IT-Systeme, sei es in der Entwicklung, der Implementierung oder im laufenden Betrieb. Zudem erwarten die IT-Manager eine vereinfachte Integration sowie weniger Administrationsaufwand und geringere Kosten. Ferner trägt SOA dazu bei, dass die IT prinzipiell schneller auf Anforderungen aus dem laufenden Geschäftsbetrieb reagieren kann. Bislang fehlten in vielen Unternehmen allerdings geeignete Anforderungen aus den Fachabteilungen, um SOA-Projekte in Angriff zu nehmen. Mit der Sepa-Einführung kommt nun ein SOA-fähiges Fachthema auf die Unternehmen zu.

Die Sepa-Umstellung bringt eine Reihe von Standardisierungen mit sich. Diese begünstigen Service-orientierte Architekturen. Zum einen werden Konten nicht mehr wie bisher mit Bankleitzahl und Kontonummer angesprochen, da die Ausgestaltung in den teilnehmenden Ländern unterschiedlich ist. Mit Sepa werden der SWIFT BIC (Bank Identifier Code) der Bank sowie die IBAN (International Bank Account Number) des Kontos verwendet.

Die Basis dafür liefert der neue XML-Standard 20022 der ISO, auf dem die vom EPC (European Payments Council) definierten zukünftigen europäischen Zahlungsverkehrsstandards in der Bankenkommunikation aufbauen. Diese decken von der Überweisung und Lastschrift über Statusmeldungen bis hin zum Kontoauszug alle wichtigen Interaktionen ab. Die hierin festgelegten spezifischen XML-Formate werden mit Sepa verpflichtend für die Interbanken-Kommunikation. Viele Institute bieten das zugehörige Format für das Einreichen von Zahlungsanweisungen auch ihren Firmenkunden an. Ziel ist es, mittelfristig die bestehenden nationalen Formate abzulösen und somit Unternehmen und Verbrauchern einheitliche europäische XML-basierte Standards zu ermög-lichen.

Kosten sparen mit Sepa

Nutzt ein Unternehmen diese Möglichkeiten, können Zahlungsverkehrsprozesse europaweit vereinheitlicht, zentralisiert und der manuelle Aufwand weiter reduziert werden. Damit sind langfristig erhebliche Kosteneinsparungen für Unternehmen im Zahlungsverkehr möglich, da eine Reduzierung von bestehenden Bankverbindungen wahrscheinlich ist. Dies ist am Vorgehen erster internationaler Player bereits zu erkennen.

Eine Optimierung der Prozesse im Bereich des Zahlungsverkehrs mit Hilfe einer SOA kann zu einer Wertsteigerung im Unternehmen und so zu einer schnellen Amortisation der Sepa-Investitionen führen.

Das generelle Vorgehen bei der Sepa-Umstellung mit SOA beinhaltet eine Reihe von Einzelschritten. Zunächst steht die Entwicklung einer SOA-Strategie für Sepa im Mittelpunkt. Die Fach- und IT-Abteilungen entwickeln und definieren Services, die im Rahmen von Sepa etabliert werden sollen. Nur die IT-Services, die zu einer Wertsteigerung im Unternehmen führen, werden ausgewählt. Hierzu gehört beispielsweise eine messbare Steigerung der IT-Service-Effizienz. Zu-dem werden bestehende Geschäftsabläufe und Systemarchitekturen auf den Prüfstand gestellt und angepasst. Neu identifizierte Services werden bereitgestellt und in die bestehende IT-Landschaft eingebunden. Im Rahmen einer Sepa-Einführung können das beispielsweise die Prüfung von SWIFT BIC und IBAN, die Validierung und Formatierung der Zahlungsverkehrstransaktionen oder die Übertragung der Nachricht an die Hausbank sein. Ist die technische Infrastruktur eingerichtet, können die einzelnen IT-Services angeordnet und der gesamte Zahlungs-verkehr oder das Cash-Management auf einer modernen IT-Plattform abgewickelt werden.

Mehrere Faktoren begünstigen die Erfolgsaussichten derartiger Projekte. Der XML-Standard ISO 20022 unterstützt die Entwicklung nicht nur durch technische Spezifikationen, sondern auch durch fachlich geprägte Vorgaben. Hilfreich ist hierbei, dass sich die Sprache der einzelnen Standards annähert und so die Sprachbarrieren zwischen Technik- und Fachabteilung verringert werden. Ein auf Standards basierender Zahlungsverkehr liegt im gemeinsamen Interesse von Bank und Unternehmen, so dass hier mit wenigen Vorbehalten oder sogar mit einer gegenseitigen Unterstützung zu rechnen ist. Wegen der zentralen Bedeutung des Zahlungsverkehrs ist die Wahrnehmung auch auf hohen Entscheiderebenen in Unternehmen gewährleistet. Neben den technischen ist dies einer der wichtigsten Faktoren, um den Erfolg eines Projekts, das so weitreichende Änderungen mit sich bringt, abzusichern.

Die technischen Maßnahmen, die Unternehmen im Rahmen eines SOA-Projekts zur Einführung von Sepa treffen, reichen zwar nicht, um das Potenzial einer Service-orientierten Architektur auszuschöpfen. Ein derartiges Projekt hat jedoch gute Chancen, die Tür für weitere SOA-Vorhaben zu öffnen und somit für eine umfassende Prozess- und Service-Orientierung im Unternehmen zu sorgen.

Spezifische SOA-Roadmap

Ein SOA-Projekt wie die Sepa-Einführung steht unter starkem Erfolgsdruck. Deshalb ist es erforderlich, die erkennbaren Risiken der vorgesehenen Standards und Techniken zu bewerten und die Einführung entsprechend zu planen. Das betrifft besonders die Veränderungen in der Organisationsstruktur, Verrechnungsmodelle und eine umfassende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung.

Ein Ergebnis kann hier eine Roadmap sein, die einen unternehmensspezifischen Weg zu einer SOA beschreibt. Darauf folgen sollten konzeptionelle und praktische Überlegungen zu den Themen Kommunikation und Support, Projektplanung und Anforderungs-Management. Hinzu kommt eine Betrachtung der Veränderungen, die nötig sind, um die neuen SOA-basierenden Lösungen betreiben zu können. Ein Sepa-Projekt, dessen Chancen und Risiken gut bewertet worden sind, kann sich auch als Initiator einer allgemeinen Service-Orientierung lohnen. (wh)