Database-Award - Convis gewinnt Sonderpreis Innovation

Selfmade-Software spart Aufwand

17.06.2010 von Andreas  Schmitz
Eigentlich sollte das datenbankgestützte Managementsystem nur den Zwecken der eigenen Firma dienen. Doch als das Tool für die Abwicklung komplexer Projekte fertig war, standen beim Ingenieurbüro Convis schon die Interessenten Schlange - ohne, dass auch nur ein Mitarbeiter Verkaufsgespräche geführt hatte. Es gibt noch mehr Gründe dafür, dass die Berliner Firma für ihre Software "Convis.works" den Innovationspreis im Rahmen von Germany’s Best Database Awards 2010 bekommt.

Als Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) letzte Woche verkündete, dass der Wiederaufbau des Berliner Stadtschloss nur verschoben, aber nicht dem Bundeshaushalt geopfert wird, dürfte sich Matthias Schnüll gefreut haben. Das Berliner Ingenieurbüro Convis ist nämlich derzeit damit beschäftigt, schon in der Planungsphase Kosten zu kontrollieren, Termine zu organisieren und Protokolle aus wöchentlich zehn Besprechungskreisen für interne Belange wie auch für den Bund zur Verfügung zu stellen. Das 552 Millionen Euro teure Projekt ist also eines der Vorzeigeprojekte des Spezialisten für die Projektsteuerung von Bauvorhaben.

"Gefühlte" 20 Prozent Effizienzgewinn

Matthias Schnüll, Geschäftsführer von Convis, geht von einem Effizienz-Plus von bis zu 20 Prozent aus.

"Gefühlt" etwa zwei Mitarbeiter mehr würde Schnüll für dieses Projekt benötigen, hätte er seine selbstgeschriebene Software Convis.works nicht im Einsatz. Bis zu 20 Prozent Effizienzgewinn bedeutet das für den Wirtschaftsingenieur, der vor zwölf Jahren zusammen mit Jörg Hensel in Berlin sein Unternehmen gründete. "Überall lagen eigene Listen herum", schildert Schnüll das damalige Projektdilemma und erläutert den Bedarf an einem datenbankbasierten Managementsystem: "Es gab einen Wildwuchs an redundanter Datenhaltung - aber keine Projektmanagement-Lösung, die für den Client-Server-Betrieb geeignet war". Also war Selfmade gefragt.

Anfang 2009 stand die Entscheidung, eine eigene Lösung zu entwickeln. Sie sollte standortübergreifend einsetzbar - flexibel anpassbar, mobil und einfach zu bedienen sein. "Da wir selbst damit arbeiteten, haben wir das System quasi aus dem Projektbetrieb heraus entwickelt", so Schnüll. "Eine Entwicklung, die immer weiter geht". In der Projektsteuerung für den Bau eines Wasserkraftwerks und eines Gas-Dampfturbinenkraftwerks ist die Software inzwischen ebenso im Einsatz wie in diversen Bauvorhaben in Berlin und Ostdeutschland. Die Projekte verbindet eines: Sie sind hochkomplex, und viele Institutionen sind an den Vorhaben beteiligt, die alle auf dem gleichen Informationsstand sein wollen. 20 bis 50 Akteure sind durchschnittlich "aufgeschaltet", schätzt Schnüll, also direkt auf dem neuesten Stand der Dinge.

Santo Pullara hat für Convis.works in der Entwicklungsumgebung Application Express die Basis dafür gelegt, dass die wichtigsten Workflows abgebildet werden konnten. Nach neun Monaten stand die erste einsatzfähige Version, für die der Entwickler Pullara Oracles BI Standard Edition 1 einsetzte, also ein Business Warehouse verbunden mit Business-Intelligence-Funktionalitäten. Je nach der entsprechenden Funktion der Nutzer stehen die Informationen nun zur Verfügung, das Tool ist per Internet bedienbar, mit Hilfe von mobilen Endgeräten können die Projektmitarbeiter per Funk ihre Neuigkeiten auf der Plattform einspielen.

Jury: Strahlkraft auf andere Branchen

"Besonders das Zusammenspiel zwischen mobile Computing, einem etablierten Rollenkonzept und der online verfügbaren datenbankbasierten Lösung" überzeugte die Juroren von "Germany’ Best Database Project". Den Ausschlag für die Verleihung des Innovationpreises gab zudem die Eigeninitiative des Unternehmens, mit überschaubaren Mitteln ein wichtiges strategisches Werkzeug geschaffen zu haben - individuell entwickelt, zudem mit Strahlkraft auf andere Branchen.

"Ohne jegliche Vertriebsaktivitäten", wundert sich Schnüll, hätten inzwischen schon sieben weitere Unternehmen die Lösung im Einsatz, darunter einige Ingenieurbüros. Aber auch Großunternehmen wie der Energieversorger swb AG in Bremen mit einem Umsatz von über einer Milliarde Euro sind darunter zu finden. Auch wenn der Convis-Geschäftsführer betont, "kein Softwarehaus" zu sein, weist er doch darauf hin, dass die Software durchaus auch außerhalb des Baugewerbes genutzt werden könne.

Noch ist es nicht so weit, erst einmal hilft sie den Mitstreitern im Baugewerbe, etwa den Projektpartnern in Sachen Berliner Stadtschloss. Angenommen, jeder der involvierten Partner würde durch eine gute Idee etwa 20 Prozent an Effizienz gewinnen, ließen sich Multimillionen Euro einsparen. Der Rechnungshof wird’s danken.