"Einen Kubikmeter Rechenzentrum bitte!", spitzt Hewlett-Packard seine Vision von der automatisierten Servicemaschine zu. Dank erheblicher Fortschritte bei Virtualisierung, Run-Book Automation (RBA) und Workflow-Orchestrierung gelte inzwischen, so HP-Manager Markus Herber, dass es sich bei einem Rechenzentrum beziehungsweise einer gerade erforderlichen RZ-Erweiterung im Idealfall um einen generischen Ressourcen-Pool handele, der sich aus dem Stegreif aufsetzen lasse. Dabei bedeute der Begriff Pool gebündelte Software-, Rechen- und Speicherkapazitäten, die sich, ob physisch oder virtualisiert, regelgestützt über die Server-, Netz- und Storage-Silos hinweg dynamisch zuweisen lassen. Ohne dass der Betreiber auf bestimmte Workloads festgelegt wäre, erfolge die Provisionierung der neuen Ressourcen nachvollziehbar, wiederholbar und automatisiert via Self-Service-Portal durch die Fachabteilung oder den Kunden, so der HP-Mann.
Angesichts der Tatsache, dass die RZ-Automation schon beinahe so alt ist wie die IT selbst, fragt man sich, weshalb Infrastrukturszenarien wie Utility Computing, Real Time Infrastructure, IT as a Service oder jüngst Cloud Computing erst jetzt heiß diskutiert werden. Einen Grund sieht HP-Consultant Herber darin, dass sich die IT-Automation von einer passiven oder analytischen zu einer prozessbasierenden aktiven Disziplin entwickelt habe. Zu den Automatismen auf Komponenten- oder Systemebene, die in der Praxis meist per Scripting umgesetzt werden, kommt heute unter dem Stichwort Run-Book Automation die IT-Prozess- und IT-Service-Ebene, die insbesondere im Bereich des Incident-, Change- und Configuration-Management ihren Dienst leistet. Erst wenn alle Ebenen ineinandergreifen, wird eine system- und herstellerübergreifende, automatisierbare Orchestrierung des IT-Betriebs möglich.
Der Weg über Application Templates
Ein Rezept dafür sieht HP in so genannten Applikations-Templates. Will ein Unternehmen beispielsweise eine SharePoint-Landschaft für 1000 Anwender einrichten, könnten solche Templates die IT-Abteilung bei der optimalen Konfiguration unterstützen, indem sie klare Handlungsanweisungen zur Zahl der benötigten Cores und ihrer Taktraten, zu RAM, Netzverbindungen, LUNs im SAN, zur Raid-Konfiguration und allen zugehörigen Instanzen bieten. Auf dieser Basis könnte dann die Provisionierung automatisch und in einem einzigen Zyklus erfolgen, einschließlich der Server-Konfiguration, des Betriebssystem-Deployments und der Einbindung der System-Management-Agenten.
Doch der Wandel des Rechenzentrums zu einer "Shared Services Engine" lässt sich nur mit einer tief reichenden, detaillierten Kenntnis aller beteiligten Komponenten vollziehen. Der Einsatz vorgefertigter Skripte erfordert es, dass ein System in all seinen technischen Spezifikationen bekannt ist. Zudem mahnt Winfried Winkler, ebenfalls HP-Manager, eine homogene beziehungsweise konvergente Infrastruktur an. Darunter versteht der Experte eine gemeinsame Verwaltung der bislang oft noch getrennt behandelten IT-Silos wie Server, Speicher und Netz.
Zwei Wege zur Konvergenz
Die Konvergenz der Infrastruktur entwickelt sich laut Winkler derzeit auf zwei Wegen. Zum einen setzten sich herstellerübergreifend entsprechende Standards durch. Als Beispiel nennt er den Speicherbereich, wo iSCSI die Nutzung des SCSI-Protokolls über IP-Netze ermöglicht hat. Damit seien die Barrieren zwischen SAN- und IP-Management eingerissen worden, so dass sich zahlreiche Optionen zur Bildung von flexiblen Speicher-Pools eröffnet hätten.
Als zweiten Weg nennt Winkler den unübersehbaren Trend großer IT-Anbieter in Richtung Komplettlösungen, deren Einzelkomponenten bereits ab Werk aufeinander abgestimmt sind. Da es heute noch an Standards fehle, würden die Großen der Branche nach allen Kräften eine Position anstreben, in der sie als Komplettanbieter für automatisierte Rechenzentren auftreten könnten. Damit stünden sich die Interessen der Anwender und Hersteller gegenüber: Während die einen freie Tool-Auswahl möchten und deshalb die Standardisierung schätzen, wollen die anderen den Kunden für sich und treten als technischer Unique Selling Point auf. Allein die konsequente Orientierung an Standards biete eine Gewähr dafür, dass die unumgänglichen Kompromisse hinsichtlich Automatisierungsgrad und Unabhängigkeit möglichst gering ausfallen.
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Kein Schweizer Messer für die Automation
Doch der Konflikt hält sich in Grenzen. Zwar haben die Großen der Branche die Lücken in ihrem Portfolio für IT-Service-Management und Automation über Zukäufe von Spezialisten geschlossen und damit die Sorge aufkommen lassen, ein effizienter, prozessorientierter und in Teilbereichen automatisierter IT-Betrieb sei nur dann möglich, wenn man sich ausschließlich in der Tool-Umgebung eines einzigen Herstellers bewege. Tatsächlich trifft man in der Praxis jedoch auf heterogene ITSM-Landschaften, was den Aufwand für Schnittstellen und Anpassungen erhöht, aber die mit Itil-Standardprozessen arbeitenden Unternehmen vor keine schwerwiegenden Probleme stellt. Jochen Staub, Teamleiter Systems Management & Automation bei der Materna GmbH, warnt deshalb auch: "Lässt man die Mainframe-Seite einmal außen vor, gibt es selbst in einer reinen IBM- oder HP-Welt, wo Hardware und Service-Management-Werkzeuge aufeinander abgestimmt sein sollten, nicht das Schweizer Messer für alle Facetten der Automation."
Staub unterscheidet die Prozessebene (Run-Book Automation) von der technischen Automation auf Client-, Server- und Netzebene. Für jeden dieser vier Bereiche gebe es Spezialwerkzeuge, weshalb vor der Tool- beziehungsweise Herstellerauswahl ganz andere Fragen gestellt werden sollten. So zum Beispiel die nach den sich ständig wiederholenden Tätigkeiten in der IT, die überflüssigerweise von hochqualifizierten und teuren Fachkräften geleistet würden. Aufgrund der Personal- und Kostenbindung könnten viele neue Projekte und Anforderungen von den Unternehmen nicht angegangen werden. Ebenso sei eine Analyse der IT-Prozesse auf ihre Kosten, Fehlerhäufigkeit und Geschwindigkeit geboten, um etwa durch Automation eine höhere Kundenzufriedenheit, Performance und damit einen besseren Return on Investment zu erreichen.
Goldgräberstimmung versperrt den Blick
Auf Seiten der Anbieter herrsche bei der IT-Automation derzeit eine Art Goldgräberstimmung. Zu wenig wird dem Materna-Mann zufolge hinterfragt, was ein Kunde konkret erreichen will. Hinzu komme eine zum Teil unglückliche Namensgebung, die bei manchen Tools dazu verleiten könne, in ihnen Universalwerkzeuge zu vermuten. Anwender sollten sich deshalb nach einer detaillierten Analyse ihres Bedarfs genau kundig machen, in welchem der vier Automatisierungsbereiche ein Hersteller aktiv sei. Zwar ließen sich die meisten Werkzeuge so konfigurieren, dass sie auch benachbarte Automatisierungsaspekte berücksichtigten, aufgrund des hohen Aufwands werde dabei aber oft der ursprünglich angestrebte Nutzen verfehlt.
Ein Problem sei beispielsweise der Bruch zwischen dem Service-orientierten Run-Book und der technischen Automation von Client, Server und Netz. Die technische Automation setzt eine detaillierte Kenntnis der eingesetzten Infrastruktur voraus. Ob man Letztere mit techniknahen Werkzeugen automatisiert oder mit deutlich höherem Aufwand über eine Run-Book Automation, hängt von der Komplexität ab und ist letztlich eine Kosten-Nutzen-Frage, so Staub.
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Drei Hürden sind zu nehmen
Ferner empfiehlt Materna, im Vorfeld einer Tool-Entscheidung abzuklären, wo in der IT eines Unternehmens ohnehin schon automatisiert wird. Unterstützt wird er darin von Holger Dörnemann, Manager bei IBM Systems & Service Management. Der gelernte Informatiker weiß aus der Praxis, wie gerne ein ITler ein paar Handgriffe per Skript automatisiert. Schlimmstenfalls droht hier Wildwuchs, zumindest werden aber die mit jedem Release-Wechsel der Software notwendigen Skript-Anpassungen immer aufwendiger. Bedeutet es schon eine gewisse Schnittstellen-Arbeit, wenn man die ITSM-Werkzeuge unterschiedlicher Hersteller koppeln will, so wird ein Automatisierungsprojekt laut Dörnemann erst richtig komplex, wenn dann auch noch solche Eigenentwicklungen eingebunden statt abgelöst werden sollen.
Für den IBM-Mann gibt es zwei weitere Gründe, weshalb in Deutschland immer noch relativ wenig prozessorientiert automatisiert wird: auf technischer Seite die mangelnde Standardisierung und auf organisatorischer ein allzu ausgeprägtes Bereichsdenken. Bei der Standardisierung gehe es darum, diejenigen Produkte in einem Unternehmen herauszufinden, die innerhalb einer Systemgattung nur vereinzelt vorkommen, dafür aber einen unverhältnismäßig hohen Administrationsaufwand erfordern. Dies gilt für alle technischen Komponenten. "Wer nicht standardisiert und glaubt, Automatisierung werde es schon richten, läuft große Gefahr zu scheitern. Ziel muss es sein, auf der technischen Seite die Variantenvielfalt einzudämmen", so Dörnemann.
Im organisatorischen Bereich beklagt der Manager den oft komplexen Abstimmungsbedarf. Wenn die Netz-, Server- und Client-Verwaltung in den Händen einzelner IT-Spezialisten beziehungsweise IT-Abteilungen liegt, dann wird es schwierig, diese für ein prozessübergreifendes Automatisierungsprojekt zusammenzubringen. Es kommt zwangsläufig zu Interessenkonflikten, denn unterschwellig spielt auch immer der Gedanke an Rationalisierung mit. Selbst in Unternehmen, die sich an Itil beziehungsweise Service-Management ausgerichtet haben, gebe es trotz definierter Standardprozesse oft noch zu viele Übergabestellen. Dörnemann: "Der Service steht im Vordergrund, nicht die Abteilungsgrenzen. Da muss etwas passieren."
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Gartner definiert Automation
In ihrem Research Paper "Automation: A Taxonomy" vom August 2009 unterscheiden die Analysten von Gartner zwischen vier Varianten der Automation:
Passive/analytische Automation untermauert Entscheidungsprozesse durch passive Datensammlung und Auswertung.
Prozessbasierende Automation automatisiert den Workflow von Tasks und Prozessen.
Aktive Automation beinhaltet neben Datentransfers auch die Veränderungen verwalteter Objekte (Status, Laufzeitverhalten etc.).
Run-Book Automation integriert die drei zuvor genannten Automationsansätze zu einer Einheit.
Hersteller im Überblick
Nachdem die etablierten "Big Four" unter den ITSM-Herstellern - BMC, CA, HP, IBM - ihr Portfolio über Akquisitionen vor allem im Hinblick auf Automatisierung komplettiert haben, schicken sich nun zwei weitere Branchenriesen an, in diesem Markt mitzumischen: EMC und Microsoft. Dennoch bleibt für Drittanbieter reichlich Platz.
Da es kein "Schweizer Messer" für die Automatisierung der Service- und Komponentenebene gibt, lohnt sich im Vorfeld der Tool-Auswahl eine Analyse der jeweiligen Angebote. Hier eine kurze Beschreibung der Offerten:
Die altbekannten Großen
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BMC bietet als ITSM-Anbieter ein recht umfassendes Produktportfolio und ermöglicht auf Basis seiner Configuration-Management-Database (CMDB) "Atrium", ehemals Remedy, eine Reihe von Orchestration-Funktionen. Für die Konfigurationsautomatisierung von Servern und Netzen wurde die Firma Bladelogic gekauft, im Bereich Run-Book hat sich BMC mit der Übernahme von Realops gerüstet. Das als Client-Management positionierte Marimba ist nicht ganz glücklich gewählt, da es sich eher um ein Softwareverteilungs-Werkzeug handelt und durch die Umbenennung auf BladeLogic den Eindruck vermittelt, dass es aus der gleichnamigen Softwaresuite stamme. Die Integration der zugekauften Produkte in die eigene ITSM-Plattform ist noch nicht vollständig abgeschlossen.
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CA hat seine Stärken im Bereich Service-Availability und Service-Quality. Hierfür wird die Eigenentwicklung "CA Spectrum Automation Manager" angeboten. Sie bezweckt die regelbasierende Provisionierung von physikalischen und virtuellen Infrastrukturen. Die Erstellung der Prozesse erfolgt wie bei Run-Book Automation von BMC und HP grafisch. Für die Client-Automatisierung gibt es eine Reihe von Management-Werkzeugen, Produkte zur automatisierten Netzkonfiguration sind dagegen nicht vorhanden.
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Hewlett-Packard hat im Rahmen seiner BTO-Initiative (Business Technology Optimization) eine umfangreiche Suite für Business-Service-Management, Business-Service-Automation und IT-Service-Management zusammengestellt. Im Zentrum steht die mit Mercury übernommene "HP Universal CMDB". Darum gruppieren sich zahlreiche Werkzeuge für die technische Automatisierung (Client, Server und Netzkonfiguration). Zur prozessübergreifenden Automation hat HP den Spezialisten Opsware mit dessen Tools für Run-Book Automation übernommen.
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IBM konzentriert sich mit seiner Tivoli-Sparte auf die Verwaltung und Steuerung großer Server-Farmen und Cluster. Hier ist der Konzern mit seinen ITSM-Lösungen rund um eine CMDB sehr umfassend aufgestellt. In Bezug auf die Automatisierung sieht IBM die eigentliche Herausforderung in der Orchestrierung technischer Komponenten, weniger im Prozessmodell. Deshalb spricht man bislang auch noch nicht von Run-Book Automation. Stattdessen gibt es Job-Pläne, denen man Aufgaben hinterlegen kann und mit deren Hilfe Einzelschritte eines Prozesses automatisiert werden. Das Werkzeug hierfür ist der "Tivoli Service Automation Manager", der die Produkte "Maximo", "CCMDB" und den "Provisioning Manager" vereint. Mit dem "Service Request Manager" wird das Bindeglied zwischen Service-Katalog und Service-Desk zur Automation der Kundenanfragen entsprechend dem Itil-Lifecycle bedient. Die Bereiche Client- und Netzwerk-Automation hat IBM bislang durch kein Werkzeug abgedeckt. Allerdings hat Big Blue vor einigen Wochen mit Intelliden einen Softwareanbieter für die Netzwerk-Automation übernommen.
Die neuen Großen
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EMC ist als größter Storage-Anbieter, als Mutter von VMware und Kooperationspartner von Cisco auf dem Weg, ein IT-Service-Dienstleister mit umfassendem Portfolio zu werden. Neben Monitoring-Werkzeugen für Server und Netze verfügt der Hersteller seit der Akquisition von Voyence auch über Tools für die Automation des Netzkonfigurations-Managements. Sie wurden der Ionix-Produktfamilie zugeordnet, welche für die Datacenter-Automation und Compliance-Prüfung gedacht ist.
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Microsoft lässt seine Server- und Client-Produkte inklusive Virtualisierungstechniken nur ungern von anderen Herstellern verwalten und steuern. Bereits mit seinem Operations Manager hatte Microsoft seinerzeit Drittanbieter aus dem Bereich System-Monitoring in die Schranken gewiesen. Inzwischen bieten die Redmonder unter dem Sammelbegriff System Center ein umfangreiches Portfolio zur Betreuung geschäftskritischer Windows-Welten an. Jüngste Neuerung ist seit Dezember 2009 die übernommene Firma Opalis mit ihren Produkten für Service und Run-Book Automation.
Drittanbieter
Auch wenn sich die Global Player der Spezialisten bedient haben, um ihre ITSM-Suiten zu vervollständigen, bietet das Thema noch reichlich Platz für Drittanbieter, wie die folgenden zwei Beispiele zeigen.
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Materna bietet für die Run-Book und Client-Automation eigene Produkte an. Mit der "Materna Service Automation" wird eine Lösung offeriert, die die Automation von Serviceprozessen und die Einbindung in das Service-orientierte Monitoring zum Ziel hat. Mit "DX-Union" und Lösungen wie Desktop as a Service wird die Client-Automation von virtuellen und physikalischen Clients bis hin zum Cloud Computing angeboten.
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UC4 verfolgt mit der "UC4 Automation Engine" einen anderen Ansatz. Mit dem Produkt wird die zentrale Integration der Applikationen, Datenbanken und Infrastrukturen angeboten, so dass mit dem Werkzeug eine übergreifende Service-Automation erfolgen kann.