Roadmap für Business ByDesign

SAP-Strategie erntet Kritik

18.08.2011 von Holger Eriksdotter
SAP hat die Roadmap für die SaaS-ERP-Software vorgestellt. Marktbeobachter kritisieren die schleppende Weiterentwicklung.

1000 Kunden will SAP bis Ende des Jahres für Business by Design gewinnen. Das verkündete Peter Lorenz, Executive Vice President Small and Midsize Enterprises bei SAP, auf der diesjährigen SAP-Hausmesse Sapphire in Orlando, Florida. In seiner Keynote bekräftigte der SAP-Manager einmal mehr die strategische Bedeutung der SaaS-Lösung. Alle sechs Monate will SAP für die bisherigen gut fünfhunder ByDesign-Anwender und zukünftige Kunden mit sogenannten Feature Packs die ERP-Software aufrüsten.

Zu wenig Länderversionen

Auch eine Änderung der Strategie gab SAP bekannt: Während SAP die integrierte ERP-Lösung bisher ausschließlich an kleine und mittlere Firmen adressierte, sollen zukünftig auch die Töchter großer Unternehmen zur Zielgruppe gehören. Konzerne, die selbst SAP nutzen, könnten so mit geringem Aufwand via SaaS-Lösung ihre Niederlassungen in eigene ERP-Landschaften integrieren. Erleichtern sollen dies neue Funktionen, Integrationsszenarien für Finanzen, HR-Updates und erweiterte Features für Großhandel und Produktion.

Andreas Zilch, Vorstand der Experton Group: "Es fehlen noch wichtige Länderversionen. Besonders die Sprachversionen für Osteuropa sind wichtig für europäische Konzerne."
Foto: Meton Group

Andreas Zilch, Vorstand beim Analystenhaus Experton Group, meldet allerdings Zweifel an, ob die neue Zielgruppe der großen Konzerne mit internationalen Niederlassungen so einfach zu gewinnen ist: „Business ByDesign ist bisher nur in neun Länderversionen verfügbar“, bemängelt er. „Zwar ist China dabei, aber es fehlen die Sprachversionen für Osteuropa, die gerade für europäische Konzerne wichtig sind.“ Zwar bringt das aktuelle Feature Pack 3.0 neue Länderversionen für Australien und Mexiko, wichtige osteuropäische Länder wie Russland, Tschechien oder Slovakei fehlen aber nach wie vor.

Die wichtigste Neuerung des Feature Packs 2.6 war das Software Development Kit „Business ByDesign Studio“. Damit sind SAP-Partner erstmals in der Lage, native Applikationen und Add-ons – sprich Zusatzfunktionen – für Business ByDesign zu entwickeln. Dabei geht es von Webinhalten, Bedienoberflächen und Formularen bis hin zu ganzen Anwendungen oder branchenspezifischen Applikationen. Business ByDesign Studio basiert auf Microsoft Visual Studio.NET und der Programmiersprache C # beziehungsweise PHP.

"Die SAP-Strategie, ein ERP-System im SaaS-Modell auf den Markt zu bringen, ist gut und richtig“, sagt Experton Group Vorstand Zilch. „Mit Business ByDesign bietet SAP ein leistungsfähiges, integriertes SAP-System an. Allerdings ist schwer nachzuvollziehen, warum die Fortentwicklung der Software so langsam von statten geht“, bemängelt der Analyst.

Gerade vor dem Hintergrund eines sich dynamisch entwickelnden IT-Umfelds fehlt ihm das Verständnis für die langen Fristen, die SAP brauche, um wesentliche neue Funktionen in seine SaaS-Lösung zu implementieren. Ein Beleg dafür sei nicht nur, dass Business ByDesign bisher lediglich in neun Länderversionen vorliege - seit Feature Pack 3.0 sind es elf , während die SAP-Lizenzsoftware Business One (für kleine Unternehmen) in 40 Länder verfügbar ist, bei der Lizenz-Software Business All in One sind es sogar 50 Landesversionen.

SAP verspielt den Vorsprung

„Es war schon ein Fehler, dass SAP das System anfangs ohne Software Development Kit (SDK) ausgeliefert hat, so dass Erweiterungen und Anpassungen kaum möglich waren. Das jetzt ausgelieferte SDK war lange überfällig“, sagt Zilch. Er hegt deshalb auch Zweifel daran, dass die SaaS-Software bei SAP wirklich die große Aufmerksamkeit genießt, wie es SAP-Manager der ByDesign-Sparte immer wieder beteuern.

„Wenn SaaS und damit Business byDesign wirklich so strategisch für SAP ist, dann sollte das auch konsequent von der SAP-Führung so kommuniziert und getrieben werden. Momentan hat man den Eindruck, dass alle Optionen - und damit für den Mittelstand die Produktreihen All-in-One, Business One und Business ByDesign - mit sehr ähnlicher Fokussierung verfolgt werden. Das ist aus unserer Sicht viel zu wenig aggressiv in Richtung SaaS“, sagt Zilch.

SAP bleibt keine Wahl

Das könne auch daran liegen, mutmaßt der Analyst, dass es innerhalb der SAP eben durchaus Befürchtungen gebe, sich mit der SaaS-Software im eigenen Lizenzgeschäft das Wasser abzugraben. Eine Fehleinschätzung, findet der Analyst: „Natürlich sind die Margen im SaaS-Geschäft andere als bei Lizenz-Software. Gerade am Anfang ist das natürlich schmerzhaft.“ Dennoch bliebe SAP – wie auch den anderen großen Anbietern – kaum eine Wahl.

„Der Markt ist im Umbruch und geht hundert Prozent in Richtung SaaS und Cloud Computing“, ist Zilch überzeugt. Die SAP sei dabei auch grundsätzlich auf dem richtigen Weg, weil sie im Vergleich zu anderen Branchengrößen schon frühzeitig mit einer leistungs- und konkurrenzfähigen Lösung in den SaaS-Markt eingestiegen sei. Aber, wie sich im Laufe der Zeit gezeigt habe, eben doch nur halbherzig: „Die SAP ist dabei, ihren Vorsprung auf dem SaaS-Markt zu verspielen.“

Business ByDesign wurde 2007 erstmals vorgestellt und ist seit 2010 offiziell auf dem Markt. Mittlerweile nutzen gut 500 Kunden die On-Demand-Software weltweit. Business ByDesign bildet die wesentlichen Funktionen eines ERP- und CRM-Systems in einer integrierten SaaS-Lösung ab. Der Anwender kann dabei selbst bestimmen, welchen Funktionsumfang er nutzen möchte und je nach Bedarf die entsprechenden Module mieten.

Als typische SaaS-Lösung bedarf es auf Seiten der Anwender keiner zusätzlichen Hardwarekomponenten oder Installationsaufwendungen. Bedient wird die Software über einen Internetbrowser. Die Software ist geeignet für Unternehmen ab zehn Mitarbeitern. Über eine Installationspauschale hinaus, die zwischen 10.000 (CRM-Paket) und 34.900 Euro (Professional Service) liegt, zahlt das Anwenderunternehmen eine Gebühr zwischen 79 und 133 Euro pro Nutzer und Monat.

Unterstützung für Smartphones

Das seit Anfang August verfügbare Feature Pack 3.0 hat eine ganze Reihe von Neuerungen gebracht. Business ByDesign läuft jetzt auch auf Android- und Windows-Smartphones. Für Programmierer hat SAP die Entwicklungsumgebung im Business ByDesign Studio verbessert. Dies betrifft Partner Add-ons, Content Publishing (PSM), BC Content, das User Interface und Formulare. Hinzugekommen sind Länderversionen für Mexiko und Australien.

Für Großkonzerne, die Business ByDesign in ihren Filialen einführen, sind Verbesserungen hinsichtlich Verkauf und Direktlieferung integriert; die Auftragsabwicklung (Order-to-Cash) kann jetzt mit SAP ERP integriert werden. Weitere Integrationsszenarien mit der Business Suite wird es hinsichtlich Financials, Master Data Distribution for Materials, Accounts and Contacts geben. Gleichzeitig mit dem FP 3.0 baut SAP seinen App-Store für Business ByDesign aus, wo die SAP-Partner - wie bei iTunes oder wie in einem Online-Shop - ihre Apps zum Verkauf anbieten können.

Mit dem ersten Upgrade in 2012, dem Feature Pack 3.5, will SAP weitere, nicht näher genannte Länderversionen liefern. SAP verspricht außerdem weitere Verbesserungen beim Business ByDesign Studio. Neue Funktionen für die Vertriebs, Personal- und Finanzabteilungen sollen hinzukommen. Vor allem aber setzt SAP auf die zunehmende Verfügbarkeit von Partner-Apps, die eine Vielzahl neuer Funktionen und Anwendungen bringen soll.

Ankündigung des Feature Pack 4.0 noch wenig konkret

Die Ankündigung für das Feature Pack 4.0 (2. Jahreshälfte 2012) sind noch wenig konkret. SAP stellt branchenspezifische Verbesserungen für den Großhandel und die Hersteller von Konsumprodukten in Aussicht, ebenso wie nicht näher spezifizierte Verbesserungen im Hinblick auf die mobile Anbindung.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation CIO. (ph)