SAP-Arbeitsmarkt

SAP-Profis haben viel Arbeit und sichere Jobs

30.09.2009 von Michael Schweizer
Etablierte SAP-Berater und -Entwickler haben weiterhin erfreuliche Berufsaussichten. Schwerer tun sich Einsteiger.

Kunden haben zunehmend Schwierigkeiten, der technischen Entwicklung nachzukommen, die die SAP-Software genommen hat", sagt Christian Günther, Principal Consultant beim Walldorfer IT-Dienstleister Realtech, der sich auf SAP-Beratung spezialisiert hat. SAP habe seine Produkte in der einzig zukunftsträchtigen Weise konsequent verändert. Für manche Anwender führe das aber "zu technischen Problemen und emotionalen Überlastungen, mit denen sich dann auch jeder Consultant auseinandersetzen muss, der ganzheitlich arbeitet".

Idealtypisch sollten SAP-Berater die Geschäftsprozesse ihrer Auftraggeber verstehen und sie mit Hilfe der Standardsoftware so sehr verbessern, dass sich für den Kunden die Ausgabe lohnt. Dabei können sie nicht anders, als in vertraute Arbeitsabläufe einzugreifen. Der Anwender ist außerdem kein widerspruchsfreies Wesen mit einer einzigen Meinung. "Es kommt vor, dass beim Kunden die SAP-Einführung politisch entschieden wurde, das IT-Team und andere Mitarbeiter aber dagegen sind", schildert Elke Schaper. Da bedürfe es starker Integrationskraft. Schaper arbeitet für den Bielefelder Dienstleister Itelligence derzeit vor allem in Projekten zu Personalthemen, also mit dem SAP-Modul HCM (Human Capital Management).

SAP-Berater sind selten zuhause

Realtech beschäftigt 721 Mitarbeiter, davon 250 in Deutschland. Itelligence hat in 17 Ländern 1400 Angestellte unter Vertrag. Die zwei Mittelständler haben viele mittelständische Kunden. Philipp Fahr, bei Itelligence als internationaler SAP-Berater und Projektleiter aktiv, mag den "natürlichen Pragmatismus" in diesem Milieu: "Jeder Mittelständler ist einzigartig und hat seine spezielle Marktnische besetzt." Sich da hineinzudenken sei immer wieder schön.

Standardsoftware auf dem neuesten Stand beherrschen, betriebswirtschaftlich denken, auch in schwierigen Situationen kommunikativ sein - noch ein viertes Merkmal prägt den Beruf des SAP-Beraters: die vielen Reisen. Itelligence-Consultants sind oft montags und dienstags beim Kunden, Philipp Fahr fast täglich. Berater in anderen Firmen sind montags bis donnerstags unterwegs. Mancher, der das eine Zeitlang gemacht hat, denkt über einen Wechsel nach, und manche Dienstleister begegnen dem mit sozialverträglicheren Arbeitszeiten. Elke Schaper, seit 1989 bei Itelligence und mittlerweile Mutter zweier Kinder, betreut ihre Kunden jetzt 20 Stunden pro Woche großteils von zu Hause aus.

Nicole Mamier, Personalleiterin bei Realtech: Unsere SAP-Berater sind auch in der Krise voll ausgelastet.
Foto: Nicole Mamier

Ein SAP-Consultant muss die Standardsoftware an den Bedarf des Kunden anpassen (customizen) können. Wo das nicht ausreicht, sondern Anwendungen auf SAP-Basis individuell geschrieben werden müssen, sind Softwareentwickler (in Stellenanzeigen oft "Software Engineers") gefragt. Bei Dienstleistern sind sie den Consultants hierarchisch nachgeordnet und verdienen weniger. Auch in der internen IT eines Anwenders kommen sie an das Gehalt eines Consultant nicht heran, haben aber nicht mit externen Auftraggebern zu kämpfen und müssen wenig reisen. Bei großen Anwendern können die Szenen sich mischen. Lothar Hansen, Leiter IT Anwendungsentwicklung bei Henkel: "Von Berufsanfängern abgesehen, stellen wir viele Leute aus Consulting-Companies ein. Die Hauptarbeit bei uns sind internationale Projekte, da ist ein Vorlauf als Berater sinnvoll." Gute Chancen dürften demnach Entwickler haben, die bereit sind, zu reisen wie ein Berater.

Kleinere Firmen setzen auf Mitarbeiter aus der Nähe

Kleinere Firmen, auch international erfolgreiche, betonen dagegen ihre regionale Einbettung. So wie CIO Fritz Müller: "Wir sind keine Freunde von Personalberatern. Neue Mitarbeiter finden wir oft durch Mundpropaganda aus dem eigenen Haus. Mit Menschen, die wir kennen und die uns kennen, haben wir beste Erfahrungen gemacht. Auch wenn wir über den Markt suchen, ist das oft der regionale Markt." Müller heißt in Wirklichkeit anders. Sein Arbeitgeber ist einer der bekanntesten Mittelständler Deutschlands. Die IT-Abteilung kommt dort mit 36 Mitarbeitern aus, davon sind 20 ausschließlich für die interne SAP-Software zuständig, und zwar für fast alles: Abbildung sämtlicher Geschäftsprozesse, Dokumentation, Finanz-Controlling, Lieferketten-Management und so weiter. Nur für Aufgaben, die nur ein- oder zweimal im Jahr anfallen, holt sich der CIO Unterstützung von außen.

Sehr zufrieden ist Müller mit Mitarbeitern von der Berufsakademie. "Auch Quereinsteiger aus nicht mehr ausübbaren Berufen" zählen zu seiner Mannschaft, einen Großteil ihres Könnens verdankten seine Leute ohnehin "dem Lernen bei uns", da jedes Unternehmen seine eigenen Gesetze habe. Das relativiert die grundsätzlich richtige Annahme, in die SAP-Szene führe am besten ein Studium, vorzugsweise der Wirtschaftsinformatik.

Einstellungsstopp bei SAP

SAP selbst beschäftigt weltweit ungefähr 12.000 Berater und in Deutschland über 6000 Entwickler, mehr als in jedem anderen Land. Wer dazustoßen möchte, muss sich gedulden, bis das Unternehmen seinen weltweiten Einstellungsstopp aufhebt. Dafür gibt es noch keinen Termin. Viele Berater bei SAP sind Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieure. Das Unternehmen bietet aber auch IT-orientierte Werdegänge für Interessenten an, die auf kein Studium verweisen können.

SAP-Software ist komplex. Itelligence-Beraterin Schaper: "Da muss man unheimlich hinterher sein, nach drei Monaten gibt es immer schon wieder etwas Neues." Einfacher ist es nur am Anfang: "Das Wesentliche ist, dass jemand Geschäftsprozesse versteht. Ob er SAP kann, ist relativ egal, denn da kann man in sechs Wochen Weiterbildung viel lernen", sagt Henkel-Anwendungsentwicklungsleiter Hansen. Bei Itelligence und Realtech können angehende Berater und Entwickler mit einer internen SAP-Ausbildung rechnen. Dass das als nötig gilt, hält nicht wenige Firmen in der Krise davon ab, Berufseinsteiger mit SAP-Ambitionen einzustellen.

Arbeitet ein fest angestellter SAP-Berater gut, und ist er mit seinen Kunden wirksam vernetzt, dann "ist sein Arbeitsplatz sehr sicher", sagt Realtech-Personalleiterin Nicole Mamier. "Auch jetzt in der Krise sind viele unserer Berater zu 100 Prozent ausgelastet." Anwender-CIO Müller glaubt ebenfalls nicht, auf bewährte SAP-Spezialisten verzichten zu müssen: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in einem großen Konzern untergehen."

SAP-Berater und SAP-Entwickler: Die Berufe auf einen Blick

Ein Softwaresystem - zwei Berufe

SAP-Berater:

SAP-Entwickler:

Arbeitgeber:

IT-Dienstleister, Unternehmensberatungen mit IT-Orientierung.

Große und mittelständische Anwender, IT-Dienstleister, Unternehmensberatungen mit IT-Orientierung.

Nötiges Können:

Verständnis für Geschäftsprozesse; deren Verbesserung mit Stan-dardsoftware; Customizing; Fähigkeit, sich beim externen Kundenunentbehrlich zu machen, ohne ihn zu verärgern.

Detailverständnis für die Arbeitsabläufe der externen Kunden beziehungsweise internen Anwender; Fähigkeit, individuelle Anwendungen von Grund auf komplett zu programmieren.

Belastungen:

Lange Arbeitszeiten, viele Reisen zum Kunden (oft montags bis donnerstags).

Hoher Druck, schnell, billig und gut zu programmieren.

Ausbildung:

Studium der Wirtschaftsinformatik (bevorzugt) oder Betriebswirtschaft. Gelegentlich auch andere Studienfächer, am seltensten Geisteswissenschaften.

Studium der Wirtschaftsinformatik, auch Chancen für reine Informatiker, Naturwissenschaftler, Ingenieure, bei Mittelständlern auch für Berufsakademie-Absolventen und Quereinsteiger.

Freie Plätze:

Einer pro 20 bis 100 Bewerber (Mittelwerte). Aber viele Bewerbungsmöglichkeiten.

Personalverantwortliche nennen ähnliche Mittelwerte wie für Berater.

Aufstiegschancen:

Berater sind in großen Unternehmen vorstandsfähig.

Am besten bei jüngeren mittelständischen Dienstleistern, für die Softwareentwicklung zum Kerngeschäft zählt.

Sicherheit:

Bei guten Kundenkontakten hoch.

Bei guter Arbeit hoch.

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