ERP

SAP macht Business ByDesign zu einem Mysterium

05.03.2009 von Martin Bayer und Frank Niemann
SAP behauptet, die Probleme mit der ERP-Mietsoftware Business ByDesign im Griff zu haben, vermag aber nicht zu sagen, wann die seit langem versprochene SaaS-Lösung endlich reif für den Massenmarkt ist.

Wann Business ByDesign (BBD) für die breite Masse verfügbar sein wird, darum macht SAP nach wie vor ein großes Geheimnis. Fest steht nur, dass es auch 2009 bei einer "kontrollierten Markteinführung" bleibt. Hinter dem gestelzten Begriff verbirgt sich der Ansatz, die Mietsoftware an ausgewählte Kunden in sechs Ländern auszuliefern. Diese erhielten intensive Betreuung durch den Softwareanbieter, erläutert Markus Schwarz, Senior Vice President von SAP und verantwortlich für die BBD-Einführung in Deutschland. Der Konzern räumt ein, dass noch Hausaufgaben anstehen wie beispielsweise der Ausbau der Funktionen und die Optimierung der Betriebskosten. Das Ganze soll ein hochprofitables Geschäftsmodell für SAP ergeben, heißt es. Dafür wolle man sich jedoch Zeit lassen.

Derzeit gebe es keinen Anlass, den im Frühjahr vergangenen Jahres aufgestellten Zeitplan über den Haufen zu werfen. Demnach müsste BBD zwischen April und Oktober dieses Jahres ins Rollen kommen. Doch davon scheint SAP noch weit entfernt. Aktuell beziffert SAP die Zahl der BBD-Kunden auf 80, davon würden 40 mit dem SaaS-System produktiv arbeiten.

Szenarien für Geschäftsprozesse

Unlängst kursierten Berichte, wonach SAP wegen massiver Probleme mit dem Hoffnungsträger für das Mittelstandsgeschäft einen Verkaufsstopp verhängt habe und schon ein Nachfolger entwickelt werde. SAP dementierte dies vehement. Es gebe keinen Verkaufsstopp und bei dem vermeintlichen Nachfolger handele es sich tatsächlich um die nächste geplante Version der ERP-Umgebung. Dieses Release 2.0 soll im dritten Quartal auf den Servern im SAP-Rechenzentrum verfügbar sein. Das Update soll neue Softwarefunktionen liefern und Nutzern die Bedienung erleichtern. ERP-Funktionen werden in "Szenarien" zusammengefasst, um den Softwarenutzer über alle Stufen eines Geschäftsablaufs zu begleiten. Dies soll Fehler vermeiden, nahtlose Abläufe gewährleisten und den Schulungsaufwand gering halten. Beispielsweise will SAP einem Dienstleistungsunternehmen auf diese Weise eine Prozessvorlage bereitstellen, mit der Anwender ein Projekt von der Auftragserteilung bis zur Abrechnung in allen Schritten Workflow-gesteuert abarbeiten können sollen. Insgesamt 35 solcher Szenarien will der Softwareanbieter mit Release 2.0 freigeben. Diese vorkonfigurierten Abläufe erinnern an die "Value Scenarien", die SAP für das Produkt "Business Suite 7" entwickelt (siehe auch "Was bringt Business Suite 7?").

ERP-Features für Einzelfertiger

Erstmals soll es innerhalb von Business ByDesign auch Softwarefunktionen für Einzelfertiger geben. Damit will der Konzern die zahlreichen mittelständisch geprägten Maschinenbauunternehmen in Deutschland ansprechen. Allerdings erstaunt es, dass SAP erst jetzt mit solchen Angeboten kommt.

Doch nicht nur die Softwarefunktionen muss SAP verbreitern. Noch verursacht die Mietlösung zu hohe Betriebskosten, als dass sie wirtschaftlich für eine große Anzahl an Kunden vermarktet werden könnte. Die Performance der Software sowie die Antwortzeiten bezeichnet SAP-Experte Schwarz als "akzeptabel" und "vergleichbar mit lokal bei Unternehmen installierter Software". Firmen werden künftig in der Lage sein, einen dedizierten Rechner ("Blade") zu mieten. Anwender mit weniger Ansprüchen an Systemleistung werden sich ein Blade-System teilen können.

Léo Apotheker: Wir haben keinen Zeitdruck

SAP-Co-CEO Léo Apotheker zufolge nimmt sich das Softwarehaus mit der Freigabe von Business ByDesign für den Massenmarkt die Zeit, die eben erforderlich ist (siehe auch "SAP forciert hybride Software"). "Da es keinen anderen Anbieter mit einem vergleichbaren Ansatz gibt, stehen wir nicht unter Druck." Firmen wie Salesforce.com würden lediglich CRM-Funktionen zur Miete anbieten, während die SAP-Mietlösung über den Vertrieb hinaus sämtliche Geschäftsprozesse eines Unternehmens abdecken könne.

Allzu viel Zeit hat SAP indes nicht. Der Konzern muss in den nächsten Monaten beweisen, dass er den vollmundigen Ankündigungen der vergangenen Jahre Taten folgen lassen kann. Außerdem verschlingt Business ByDesign tagtäglich intern Ressourcen und Geld.

SAP macht Dampf im Mittelstand

Auch wenn die SAP-Verantwortlichen mit Business ByDesgn gehörig ins Stolpern geraten sind, laufen die anderen Mittelstandslösungen den Konzernangaben zufolge gut. 64.000 der insgesamt 82.000 SAP-Kunden weltweit kämen aus dem Mittelstand, berichtet der für dieses Segment verantwortliche Hans-Peter Klaey. Damit liege der Anteil der kleinen und mittelständischen an der SAP-Klientel bei 78 Prozent. Ende 2008 hätten 13.450 Unternehmen Business All-in-One eingesetzt, 22.600 Firmen "Business One".

Weitere 6000 Kunden arbeiteten mit anderen SAP-Lösungen und rund 22.000 Mittelstandskunden seien mit der Übernahme von Business Objects zu SAP gekommen. Klaey zufolge laufen die Geschäfte gut. Allein im vergangenen Jahr habe SAP rund 10.000 neue Mittelstandskunden hinzugewonnen, 3000 davon allein im vierten Quartal. Allerdings sei die Marktsituation durch die Finanzkrise schwieriger geworden, räumt der SAP-Manager ein. Jedoch habe der Softwarekonzern schnell darauf reagiert und neue Angebote herausgebracht, beispielsweise um die Kunden bei der Finanzierung ihrer Softwareprojekte zu unterstützen.