Unterhaltung

SAP-Gründer Hopp jagt jetzt den FC Bayern

21.05.2008 von Karin Quack
Manager spielen Golf oder segeln. Und wenn sie sich denn unbedingt für Fußball interessieren müssen, dann doch bitteschön für einen Champions-League-Anwärter. Dietmar Hopp ist anders: Der ehemalige SAP-Vorstand unterstützt den Dorfverein, bei dem er als Jugendlicher selbst kickte. Und das zeigt Wirkung: In der nächsten Saison mischt die TSG Hoffenheim in der Ersten Bundesliga mit.
Homestory Dietmar Hoff und die TSG Hoffenheim
Dietmar Hopp und Hoffenheim
SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp hatte in dieser Saison häufig Gelegenheit, ein Gläschen badischen Wein auf den Sieg der TSG Hoffenheim zu trinken.
Dietmar Hopp und TSG Hoffenheim
An der Avia-Tankstelle beginnt Hoffenheim - und kurz darauf endet es auch schon wieder.
Dietmar Hopp und TSG Hoffenheim
Wer in Hoffeheim den Mäzen Hopp hinterfragt, erfährt, was Lokalpatriotismus bedeutet.
Dietmar Hopp und Rangnick Hoffenheim
Vor dem Spiel wirkte Trainer Ralf Rangnick noch nicht sehr entspannt. Das sollte sich bald ändern.
Dietmar Hopp und Hoffenheim
Das Publikum steht geschlossen hinter der Mannschaft, auch wenn bislang nur 6000 Menschen ins Stadion passen.
Dietmar Hopp und Hoffenheim
In Sachen B-Noten ist die Anhängerschaft der TSG ebenfalls schon absolut erstligatauglich.
Dietmar Hopp und Hoffenheim
Und cool sind die Hoffe-Fans sowieso. Na ja, wenn man die nötige Kohle hat ...
Dietmar Hopp und Hoffenheim
Das schönste Land in Deutschlands Gauen, das ist mein Badnerland ... Landesvater Oettinger singt laut mit, Hopp hält sich dezent im Hintergrund.
Dietmar Hopp und Hoffenheim
Ob das Maskottchen Hoffi auch in der Ersten Bundesliga den Elchtest bestehen wird?
Dietmar Hopp und Hoffenheim
So, jetzt wird es aber Zeit, den Golf-Freund Franz Beckenbauer anzurufen, damit er sich und seine Bayern schon mal warm anzieht.

Seit etwa einem Jahr ist Dietmar Hopp auch dem Mann auf der Straße ein Begriff. Damals stieg die TSG 1899 Hoffenheim von der Regionalliga Süd in die Zweite Fußball-Bundeliga auf. Dass der SAP-Mitbegründer zwei Drittel seines auf sechs Milliarden Euro geschätzten Privatvermögens in eine Stiftung eingebracht hat, die Krankenhäuser, Schulen und Altersheime unterstützt - nur eine Randnotiz. Dass er kleine Software- und Biotech-Unternehmen mitfinanziert und dass von seinen Zuwendungen eine Eishockey-Mannschaft, ein Handballverein sowie der Golfclub St. Leon-Rot profitieren - interessiert doch keinen! Aber dass eine 3300-Seelen-Gemeinde einen Profi-Fußball-Club hervorgebracht hat, bewegt die Massen. Umso mehr, als die TSG Hoffenheim seit dem 18. Mai dieses Jahres nun sogar erstklassig ist.

Diesen Erfolg hat der Dorfverein seinem Mäzen Hopp zu verdanken. Mindestens 18 Millionen Euro hat er allein in der zu Ende gehenden Saison für spektakuläre Neueinkäufe lockergemacht, darunter sieben Millionen für einen kaum gekannten brasilianischen Supertechniker namens Carlos Eduardo. Die Profimannschaft repräsentiert laut http://www.transfermarkt.de einen Marktwert von rund 24 Millionen Euro. Und dieses Geld ist - zumindest vom sportlichen Standpunkt aus gesehen - richtig investiert. Wenn die Jungs gut drauf sind und sie der Gegner nicht allzu plump daran hindert, spielen sie einen, mit Verlaub, absolut geilen Fußball.

Ohne Tradition, aber mit Zukunft

Das wurmt die Konkurrenz und reizt die Medien zu schnellen Urteilen. Nicht nur der Manager des ebenfalls aufstiegsambitionierten Zweitligisten Mainz 05, Christian Heidel, sondern auch der ansonsten eher besonnene TV-Moderator Marcel Reif haben der TSG das Etikett "Retortenclub ohne Tradition" angehängt. Hopp kontert: "Unsere Tradition ist die Zukunft." Aber verdächtig oft betont das Hoffenheimer Umfeld die Jahreszahl im Vereinswappen, obschon die Fußballabteilung eigentlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde. "Achtzehn 99 Freunde" prangt auf den blauweißen T-Shirts, die am Spieltag so gut wie jeder Hoffenheimer trägt, der nicht ins Stadion gehen kann, weil er arbeiten muss.

Zu diesen Unglücklichen gehören die Betreiber der einzigen Tankstelle am Ort. Auf Hopp angesprochen, gerät die Pächterin ins Schwärmen: "Das ist ein ganz anständiger Mann. Auf den lassen wir nichts kommen." Und wenn die gegnerischen Fans seinetwegen den Verein als "Scheiß-Millionäre" besingen? "Das ist doch uns egal", versichert sie im nordbadischen Idiom: "Der Hopp kann mit seinem Geld machen, was er will. Schließlich hat er es ja nicht gestohlen."

Die VIPS hocken am offenen Fenster

"Dem Hopp" sind solche Anfeindungen offenbar weniger egal. Dabei sollte er Kritik doch gewohnt sein. Als Vorstandsvorsitzender der SAP hat er neben viel Lob auch schon einmal Tadel einstecken müssen, wenn Produktstrategie oder Preispolitik den Anwenderinteressen zuwiderliefen. Doch war er nie einer, an dem Kritik einfach abperlt - nicht einmal, wenn sie eindeutig unter die Gürtellinie zielt. So beschloss er im Laufe der vergangenen Saison, nicht mehr mit zu den Auswärtsspielen zu fahren.

Umso präsenter ist Hopp im heimischen Stadion. Es ist ein hübsches Stadion - für einen Regionalliga-Club. Es tront auf einem Hügel des Kraichgau hoch über den steilen Gassen des Dorfs. Rund 6000 Menschen fasst es und war in dieser Saison fast immer ausverkauft. Trotzdem wirkt es irgendwie provinziell. Deshalb soll es im kommenden Jahr durch einen 40 Millionen Euro teuren Neubau in Autobahnnähe ersetzt werden, der fünfmal mehr Plätze und 40 VIP-Logen bieten wird.

Noch sitzen die besonders wichtigen Leute in der TSG-Geschäftsstelle, die direkt an die kleine Haupttribüne grenzt. Da lehnt ein beinahe entspannter Hopp mit einen Glas Weißwein in der Hand im offenen Fenster - neben sich den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger, der das Bad in der Menge augenscheinlich viel mehr schätzt als der Clubmäzen und vor dem Spiel höchst telegen das "Badnerlied" schmettert.

Erdverbunden, hartnäckig - und wagemutig

Hopp hat derart populistische Gesten nicht nötig. Ihm nimmt man seine Heimatverbundenheit ohne Weiteres ab. Geboren wurde er am 26. April 1940 - unter dem Sternzeichen Stier. Und es sind die den Stier-Geborenen nachgesagten Adjektive - geerdet und hartnäckig -, die ihn als Geschäfts- wie Privatmann charakterisieren. Allerdings wurden sie stets durch eine kräftige Prise Wagemut ergänzt.

Seinen sicheren Job bei IBM gab Hopp Anfang der 70er-Jahre auf, um sich gemeinsam mit Hans-Werner Hector, Hasso Plattner, Klaus Tschira und Claus Wellenreuther in ein unternehmerisches Abenteuer zu stürzen: Die fünf waren überzeugt, dass nicht die teure Mainframe-Hardware nebst ihrem Betriebssystem, sondern die darauf betriebenen Anwendungen den Mehrwert für die Anwenderunternehmen bringen würden, aber dass sie deswegen noch lange nicht jedes Mal von Grund auf neu geschrieben werden müssten. Das führende deutsche Softwareunternehmen hieß damals übrigens ADV Orga - ADV wer?

Offenbar lagen Hopp und seine Mitstreiter mit ihrer Überzeugung nicht ganz falsch. War es also vielleicht weniger Tollkühnheit als unternehmerische Weitsicht, die Hopp antrieb? Auch das "Märchen von Hoffenheim" ist bei Licht betrachtet gar keins - sondern ein offenbar von langer Hand gesteuertes Projekt - obwohl Hopp selbst das vehement bestreitet.

Über den Tellerrand hinausgeschaut

Als Hopp 1991 seinem sportlich und wirtschaftlich Not leidenden Heimatverein ein paar Tausend Mark spendete, mag er noch einer romantischen Anwandlung nachgegeben haben. Die Finanzierung des nach ihm benannten 6000-Plätze-Stadions dürfte aber schon Teil eines Plans gewesen sein. Eingeweiht wurde der Spielplatz im August 1999, also etwa ein Jahr, nachdem Hopp seinen Vorstandssessel bei der SAP gegen den weniger stressigen Sitz im Aufsichtsrat getauscht hatte.

Richtig Fahrt nahm das Projekt Anfang des neuen Jahrtausends auf. Unter dem heutigen Assistenztrainer der deutschen Fußballnationalmannschaft, Hansi Flick, stieg die TSG am Ende der Saison 2000/01 in die Regionalliga auf. 2006 gelang es Hopp, den intelligenten und eigenwilligen Trainer Ralf Rangnick nach Hoffenheim zu lotsen. Und mit der Verpflichtung des ehemaligen Hockeytrainers Bernhard Peters als Direktor für Sport- und Nachwuchsförderung bewies er, dass er auch einmal über den Tellerrand des deutschen Fußballs hinaus schaute.

Bislang verläuft das Abenteuer Profifußball höchst erfolgreich. Nur in zwei Punkten musste Hopp bislang Rückschläge hinnehmen: Sein vor drei Jahren gestarteter Versuch, die TSG mit den Nachbarclubs FC Astoria Walldorf und SV Sandhausen zu verschmelzen, scheiterte am Widerstand der designierten Fusionspartner. Das Hoffenheimer Umfeld ist darüber alles andere als enttäuscht. Auch der direkte Durchmarsch durch die Zweite Liga war angeblich nicht geplant. Wie der Club und sein Mäzen beteuern, stand der Erstligaaufstieg eigentlich erst in drei Jahren auf dem Plan. Aber auch über diesen "Misserfolg" dürfte niemand so richtig traurig sein.