DSAG Jahreskongress

SAP-Chef Apotheker drückt sich vor Wartungsfrage

29.09.2009 von Frank Niemann
SAP-Chef Leo Apotheker will sich seinen Kunden als verlässlicher Partner präsentieren. Doch auf deren akute Fragen und Sorgen gerade hinsichtlich der weiter gärenden Wartungsfrage geht der Firmenchef auf dem Jahreskongress der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe kaum ein.

Angesichts der seit Monaten andauernden heftigen Diskussionen zwischen Anwendern und der SAP zum Thema Supportgebühren hatten die SAP-Kunden Apothekers Rede auf dem Jahreskongress der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) mit Spannung erwartet. Zuletzt hatte sich so mancher Kunde wegen SAPs umstrittener Wartungspolitik die Frage gestellt, welche Rolle der Anbieter bei der eigenen IT-Strategie und bei Investitionsentscheidungen in Zukunft überhaupt noch spielen soll. Angesichts der in weiten Teilen gereizten Gemütslage seiner Kunden, bemühte sich Apotheker, die Zuhörer davon zu überzeugen, dass diese in SAP einen verlässlichen Partner an ihrer Seite hätten. Unter dem Motto "Clear Enterprise" fasste der Firmenchef die Leitlinien des Softwarehauses zusammen:

Doch mit diesen Themen redete Apotheker an den aktuellen Probleme und Forderungen seiner Kunden vorbei. Denn auf den umstrittenen "SAP Enterprise Support" ging der SAP-Chef nur am Rande ein. Er verwies lapidar auf dessen Notwendigkeit und vermuteten Nutzen bei der Reduktion der SAP-Betriebskosten. Die DSAG jedoch fordert optionale Supportmodelle, aus denen die Anwender auswählen können. Die Alternativen seien schon deshalb notwendig, weil viele Kunden die gebotenen Leistungen des Enterprise Support noch gar nicht in Anspruch nehmen können. Hierzu müssten sie beispielsweise den SAP Solution Manager einrichten, Prozesse dokumentieren und Mitarbeiter schulen. Zudem bringt das neue Wartungsangebot der SAP wenig, wenn die Firmen noch R/3 fahren. Ein weiteres Anliegen der Kunden: Wenn schon ein teurerer Enterprise Support, dann soll er mehr bieten als der alte Standardsupport.

Anwender fordern verlässliche Roadmap

Mit dem Thema Transparenz der SAP spricht Apotheker allerdings durchaus Forderungen der Kunden an. Die wünschen sich nämlich klare und vor allem verlässliche Roadmaps etwa bei der Weiterentwicklung von SAP ERP und der Business Suite. Diese müssten auch eingehalten werden, fordern die Anwendervertreter. Mehr Transparenz wünschen sich die Kunden auch bei SAPs Preis- und Lizenzmodellen. Da diese sich oft und unerwartet ändern und damit Mehrkosten für die Kunden verursachen können, soll SAP jährlich Bericht erstatten, was sich ändert.

Außerdem wollen die Anwender gewährleistet wissen, dass SAP ihre Investitionen in BI-Technik berücksichtigt, wenn SAP-BI-Komponenten durch Business-Objects-Erzeugnisse ersetzt werden. Die DSAG wies darauf hin, dass SAP-Konkurrenten aus dem BI-Umfeld die Unsicherheit ausnutzen und ihrerseits BI- beziehungsweise Performance-Management-Produkte anbieten, die durchaus ähnliche Merkmale aufweisen wie die Business-Objects-Lösungen. SAP müsse Argumente liefern und die Integration der eigenen BI-Lösungen in ERP-Umgebungen erleichtern. Zudem fordern die Kunden eine einheitliche Softwarewartung über alle ERP- und BI-Komponenten hinweg, und nicht zuletzt sollte es den SAP-Kunden auch in Sachen Lizenzen Vorteile bringen, sich für BI von SAP zu entscheiden.

Speziell für den Mittelstand hat SAP ein Einsteigerpaket für BI-Lösungen zum Festpreis aufgelegt. Für bis zu 100 User lassen sich so BI-Funktionen einrichten, wobei bestehende Infouser-Lizenzen von SAP genutzt werden können. Entwickler-Lizenzen müssen die Firmen hingegen erwerben. Hier reagiert SAP nicht zuletzt auf andere BI-Anbieter, darunter IBM/Cognos und SAS. Beide hatten unlängst BI-Pakete speziell für mittelständische Firmen aufgelegt. Diese Unternehmen haben zwar Bedarf an Reporting sowie an Datenanalyse und Prognoseverfahren zur Unternehmenssteuerung und Risikoabschätzung. Allerdings sind ihnen die auf große Unternehmen geschnittenen Lösungen meist zu teuer und zu komplex.

Business-Suite mit SOA-Defiziten?

SAP-Chef Leo Apotheker hätte den Wartungsstreit lieber hinter verschlossenen Türen ausgefochten.
Foto: SAP AG

In mancher Hinsicht haben SAP-Kunden und der Softwareanbieter offenbar unterschiedliche Wahrnehmungen. Beispielsweise hob Apotheker die Bedeutung einer hochintegrierten, SOA-fähigen Business Suite als Grundlage für ein effizienteres Risiko-Management hervor. Waldemar Metz, im DSAG-Vorstand für die Business Suite zuständig, muss jedoch feststellen, dass besagte Suite noch nicht SOA-fähig ist. Die Komponenten des Programmpakets (darunter ERP, CRM, SCM, SRM und PLM) seien noch nicht entsprechend aufeinander abgestimmt. Zum Beispiel gebe es verschiedene Preisfindungssysteme innerhalb der Suite, die noch dazu mal mit Abap, mal mit Java programmiert wurden. Eine tatsächlich modulare Softwareumgebung würde für diese Aufgaben eine einheitliche Komponente bereitstellen. Zudem weist die Suite unterschiedliche Bedienoberflächen auf und ist den Anwendern zu komplex.

Apotheker äußerte sich wenig begeistert über das Vorgehen der DSAG, ihre Argumente insbesondere rund um den Enterprise Support über die Presse kundzutun. Man solle solche Dinge doch besser untereinander klären. Fakt ist aber, dass SAP ohne die Veröffentlichung weit weniger bereit gewesen wäre, sich um das Thema zu kümmern.