Salesforce 1 für Windows

Salesforce und Microsoft - CRM bleibt Kampfzone

17.10.2014 von Joachim Hackmann
Salesforce stellt mit "Wave" und "Lightning" neue Analytics- und Entwickungs-Tools vor. Die enge Integration der eigenen CRM-Tools mit Microsofts Windows- und Office-Produkte darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Partner ihre Fehde im CRM-Markt fortführen.

Auf der Mammutveranstaltung "Dreamforce" in San Francisco, die vom Veranstalter in einem Blog-Eintrag vollmundig als "Super Bowl des Cloud Computing" ankündigt wurde, haben Salesforce und Microsoft den rund 140.000 Besuchern erstmals konkrete Pläne für die im Mai angekündigte Partnerschaft präsentiert.

Im Wesentlichen geht es vor allem darum, die CRM-Plattform von Salesforce enger mit Microsoft-Betriebssystemen und Produktivity-Tools zu verzahnen:

Salesforce1 für Windows: Mit der, voraussichtlich ab Mitte 2015 verfügbaren App "Salesforce1 für Windows" sollen Anwender die CRM-Lösung mit mobilen Devices bedienen können, die unter Windows 8.1 laufen. Bis die Neuerung auf den Markt kommt, können Kunden via Internet Explorer "Salesforce1 für Windows" zugreifen.

Salesforce für Office verknüpft die Salesforce-Tools mit der Office-Produktlinie von Microsoft. Hinter dieser Ankündigung stecken diverse Initiativen:

Screenshot Salesforce und Microsoft BI-Integration.
Foto: Salesforce.com

Salesforce und Microsoft arbeiten zudem an einer Integration von Salesforce-Software mit Microsofts Excel und den "Power-BI"-Tools, so dass Kunden Daten bidirektional in Salesforce und Excel laden, Berichte zu erstellen, Informationen visualisieren und analysieren können. Die Entwicklung der Salesforce Integration mit "Power Query für Excel" befindet sich derzeit in der Preview-Phase und soll voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2015 kommen. Die Power BI-Integration soll bis Jahresmitte 2015, die Salesforce-App für Excel in der zweiten Jahreshälfte 2015 zur Verfügung stehen.

Mircosoft-Salesforce: Das CRM-Gefecht geht weiter

Die gemeinsamen Anstrengungen sind ein weiterer Beleg für die pragmatische Annäherung an Wettbewerber, die Microsoft unter dem neuen CEO Satya Nadella vorantreibt (siehe auch Office-Verfügbarkeit unter iOS: Satya Nadella leitet Kurswechsel bei Microsoft ein). Die neuen Integrationsangebote werden Vertriebsmitarbeitern dabei helfen "mit ihren mobilen Devices mehr Aufgaben in der Cloud zu erledigen", kommentierte Nadella die Produktankündigungen. Salesforce-Chairman und -CEO Marc Benioff rechnet mit weiteren Kooperationen, die aus der neuen Partnerschaft hervorgehen: Die kommenden Lösungen seien nur die "ersten Meilensteine der Salesforce-Microsoft-Partnerschaft", versprach er voller Zuversicht.

Marc Benioff (links) und Tony Prophet von Microsoft im Gespräch.
Foto: Salesforce

Wie erheblich die Veränderungen unter Microsofts neuen CEO sind, belegt eine Szene auf der zentralen Bühne der Dreamforce-Veranstaltung, auf der Salesforce-Gründer Benioff den Microsoft-Manager Tony Prophet zu den neuen Integrationsprodukten befragte. Auf Betreiben von Nadella hatte Prophet im vergangenen Mai seinen Posten bei Hewlett-Packard geräumt, um bei Microsoft das Marketing für die wichtige Windows-Produktlinie zu leiten.

"Noch vor einem Jahr hätten wir uns nicht träumen lassen, Microsoft hier auf der Bühne zu haben, wir sind geschockt", sagte Benioff zu Prophet. "Ich bin fasziniert, dass er (Nadella) dich als Repräsentant von Microsoft auserwählt hat", wunderte sich Benioff unter dem Gelächter des Publikums.

Doch die offen zur Schau gestellte Vertrautheit darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die Partner in anderen Segmenten ihre jahrelange Konkurrenz weiter pflegen werden. Beide Unternehmen sind wichtige Player im Geschäft mit CRM-Software. Sie werden in diesem Segment freiwillig keine besetzten Märkte räumen und daher noch einige Gefechte untereinander austragen.

Abseits der Bühne drängen Salesforce-Manager beispielsweise kräftig darauf, Microsoft im CRM-Geschäft Marktabteile abzujagen. Gegenüber der Belegschaft werden dabei bisweilen martialische Vergleiche bemüht: "Wir werden unsere Arme um Microsoft schlingen. Wir werden uns wie eine Boa Constrictor verhalten und alles Leben aus sie herauspressen", forderte einem Bericht des Online-Magazins Businessinsider zufolge kürzlich ein Salesforce-Manager während einer Fortbildung seine neue Mitarbeiter auf (siehe Former Rival Marc Benioff Is Blown Away By The 'New Microsoft').

Weitere Dreamforce-News: Lightning und Wave

Die Veranstaltung in San Francisco nutzte Salesforce des Weiteren, um für neue, eigene Produkte und Service zu zeigen.

Mark Rosenbaum, Salesforce, stellt auf der Dreamforce 2014 die neue Plattform Salesforce1 vor.
Foto: Salesforce.com

Lightning: Vorgestellt wurde etwa die nächste Generation der Entwicklungsplattform "Salesforce1" (vormals Force.com) namens "Lightning". Sie wurde laut Hersteller auf die schnelle und einfache Entwicklung von Apps ausgelegt, denn "Apps bedeuten Innovationen", warb Mike Rosenbaum, Executive Vice-President, auf der Konferenz für das Produkt. "Und für mich, ich denke auch für die meisten Unternehmen, dreht sich alles um Geschwindigkeit."

Zügige Ergebnisse verspricht Salesforce durch schnelle, kurze Iterationen in der App-Entwicklung. Die Schlüsselkomponente dabei ist der App Builder mit einer Drag-and-drop-Schnittstelle, die eine einfache Entwicklung mit fertigen Komponenten erlaubt. Des Weiteren stellt der Anbieter Templates für den Gestaltungsprozess zur Verfügung.

Basis der Plattform ist HTML5, so dass Apps unabhängig vom Device-Typ und Betriebssystem gestaltet werden können. Die erstellten Miniprogramme laufen auf der Workflow-Engine von Salesforce.com. Das soll einen reibungslosen Ablauf der Software gewährleisten, egal ob sie nur einfache Analyse- und Dashboard-Aufgaben ausführen, oder komplexe Geschäftsprozesse abbilden.

Den Grund für diese einheitliche App-Basis ist die Überzeugung der Salesforce-Verantwortlichen, dass die einfache App-Gestaltung in den Fachbereichen mit den ausgefuchsten Entwicklungsvorhaben professioneller Programmiere integriert werden müssen. "Wir haben etwas für beide Parteien gebaut", erläuterte Rosenbaum den Hintergrund. "Wenn die Entwickler ins Boot geholt werden müssen, um erste App-Ergebnisse individuell anzupassen oder in komplexe Workflows einzubetten, dann können auf der gleichen Plattform weiterarbeiten."

Lightning soll zudem frühere Entwicklungs-Tools wie das beliebte Visualforce unterstützen, versprach der Salesforce-Manager. Einige Bestandteile der neuen Plattform sind bereits verfügbar. Im kommenden Februar rechnet der Hersteller mit dem allgemeinen Betriebsstart.

Wave Analytics Cloud: Mit einer weiteren Neuerung verstärkt Salesforce das Engagement im Markt für Business Analytics, in dem das Unternehmen bislang schwach aufgestellt ist. Zwei Jahre hat das interne Entwicklungsteam an der neuen Big-Data-Lösung namens "Wave Analytics Cloud" gearbeitet, die ebenfalls auf Salesforce´ Kernplattform läuft. Damit ist sie automatisch mit der CRM-Lösung und allen weiteren Applikationen und Apps integriert, die sich die Salesforce-Basis teilen.

Die Entwickler haben in der Gestaltung der Applikation einen neuen Weg verfolgt: Wave durchsucht strukturierte und unstrukturierte Informationen in einem iterativen Prozess über eine Vielzahl von Quelle hinweg. Dazu können auch Fremdsysteme etwa von Microsoft, SAP und Oracle zählen, so dass IT-Abteilungen nicht eigens Big-Daten-Pools mit Inhalten aufbauen müssen, bevor die Analyse starten kann.

Das visualisierte Ausgabeformat wird dynamisch dem Ausgabegerät angepasst und soll sich daher auch auf kleinen mobilen Devices lesbar darstellen lassen. Zu den rund 30 Partnern, die das Wave-Projekt unterstützen, zählen unter anderem Accenture, Deloitte sowie Informatica und Dell Boomi (siehe auch Dreamforce: Salesforce macht Big-Data-Wellen).

Dreamforce 2014 - eine Show der Superlative

Foto: Salesforce

Die Kundenveranstaltung von SaaS-Pionier ist eine Konferenz der Superlative. Mit 26 Keynotes mit Sprechern wie Hillary Clinton, Al Gore, Bestseller-Autor Tony Robbins, Netscape-Mitgründer Marc Andreessen und Microsoft-Manager Tony Prophet, mehr als 1.450 Breakout Sessions und über 500 interaktive Produktdemos hatte Salesforce knapp 140.000 Interessenten nach San Francisco gelockt. Wenn Salesforce dabei selbst vom "Super Bowl des Cloud Computing" spricht, dann klingt das möglicherweise anmaßend, so ganz falsch liegt das Unternehmen damit aber nicht, zumal auch die eingeladenen Pop-Stars Super-Bowl-Ansprüchen genügt: Bruno Mars gab ein Konzert, Will.i.am von den The Black Eyed Peas machte auf der Dreamforce seine "Smartwatch"-Pläne öffentlich und Rocklegende Neil Young warb für seinen neuen Musik-Player "Pono" in Form eines Toblerone-Schokoriegels.