Zukunftsmarkt modulare Data Center

RZ in der Box macht IT effizienter

28.10.2011 von Ariane Rüdiger
Vorkonfiguierte und nach Kundenwunsch ausgestatte RZ-Module machen Unternehmen flexibler. Auch das Data Center in der Box ist im Kommen.

Der mittelständische Spezialmaschinenbauer Dango & Dienenthal aus Siegen ist weltweit führend bei Schmiedemanipulatoren - Geräten, mit denen sich große und heiße Schmiedestücke handhaben lassen. Als in der Firmenzentrale die Modernisierung des Rechenzentrums anstand, ging es um grundsätzliche Entscheidungen. Das Data Center mit sieben Racks befand sich bisher in einem nur durch eine Split-Klimaanlage an der Wand klimatisierten und noch dazu von Wassereinbrüchen bedrohten Keller; der unterste halbe Meter der Racks blieb deshalb leer. Der Energieverbrauch betrug rund 12 kW, der Aufwand für die Klimatisierung 14 kW. Die Power Usage Effectiveness (PUE) erreichte so einen schwachen Wert von 2; das Maß der Dinge ist derzeit 1,4. Um die PUE zu ermitteln, wird der gesamte Stromverbrauch durch den Stromverbrauch der IT geteilt.

Container RZ-Lösung bei Dango & Dienenthal
Foto: Dango & Dienenthal

Im Gebäude gab es keinen besseren RZ-Standort, auf dem Hof aber noch jede Menge Platz. Also entschied sich Michael Höpfner, der als Informatik-Ingenieur für den Betrieb des Rechenzentrums zuständig ist, für einen Container. „Die wichtigste Rolle spielte dabei die Sicherheit“, berichtet der Manager. Für Rittal als Partner für die RZ-Infrastruktur habe man sich indes entschieden, weil das Angebot am günstigsten gewesen sei. „Viele andere wollten gleich ein ganzes Haus bauen“, so Höpfner.

Sein neues RZ ist nur 3 mal 6 mal 3,25 Meter groß und steckt in einem Container. Von außen führen lediglich eine Strom- und eine Datenleitung hinein, gekühlt wird mit Luft. ‚Wenn es draußen zu heiß oder zu kalt wird, klimatisiert ein Zusatzaggregat das RZ im Container. Dort befinden sich auch die unterbrechungsfreie Stromversorgung, die Energie für eine halbe Stunde Überbrückungszeit liefert, und ein Brandschutzsystem. Die IT-Infrastruktur stellte das Unternehmen auf Blades um; die Rackreihe mit den flachen Server-Modulen umfasst sechs Schränke. Warm- und Kaltluft werden sauber getrennt. Das mit 2+1-Redundanz ausgelegte Klimagerät verschlingt dabei nur noch 300 Watt. Im Warmgang herrschen 31, im Kaltgang 17 Grad. Betreten können das RZ nur die Geschäftsleitung und der IT-Stab. Seit Mitte 2010 läuft die Infrastruktur, die rund 150.000 Euro gekostet hat, einwandfrei. „Die Verfügbarkeit ist besser, wir haben im Container noch 30 Prozent Erweiterungsmöglichkeiten und der Energieverbrauch hat sich etwa halbiert“, resümiert Höpfner.

Historie: Container-RZ gibt es schon lange

André Feurer gehört zu den Pionieren der RZ-Containertechnik
Foto: ASFM

Die Idee, Rechenzentren komplett in Containern für den Außenbereich oder abgeschlossene Zellen in Innenräumen zu errichten, ist nicht neu. Sie wurde, so erinnert sich André Feuerer, heute Projektleiter Rechenzentren beim RZ-Bauer ASFM, Mitte der 80er bei Digital Equipment, heute Bestandteil von HP, ausgebrütet. Die Kunden wollten schnell, flexibel und sicher Rechenzentren aufbauen. Daraufhin habe sein Team die Container-Idee entwickelt und allein in Deutschland schließlich ein Geschäft von 50 Millionen Mark verantwortet. „Der Markt brach aber Mitte der 90er durch die Miniaturisierung zusammen“, erinnert sich Feuerer.

Die ASFM GmbH, für die er heute tätig ist, baut vor allem im oberen Preisbereich angesiedelte Container-Rechenzentren aus verschweißtem Stahl in Paneelbauweise. Letzteres, um Außen und Innen besonders gut voneinander zu isolieren. Der Anbieter hat auch eine leichtere Baureihe im Programm, die er als Ergänzung des Portfolios begreift. Belüftet werden die ASFM-Stahlcontainer mit Öko-Lüftern, die ihre Drehzahl an den Kühlbedarf anpassen und so sehr effizient arbeiten. Von freie Kühlung hält Feuerer nur unter günstigen Bedingungen etwas – es werde dabei meist zu viel Schmutz von außen nach innen transportiert.

RZ in der Box

Am Emerson-Container erkennt man, wie gezielte Zukäufe solche Komplettlösungen aus einer Hand ermöglichen

Mit dem Armarac zielt Thureon auf kleine Unternehmen und Freiberufler

Wegen der Einbruchsicherheit durch verschweißte Wände und dicke Türen kann man ASFM-TMC-Container auch in öffentlich zugänglichen Bereichen wie hier im Parkhaus sicher aufstellen

Colt versendet seine RZ-Module in Folie verpackt an den Kohlendioxid-neutralen isländischen Kollokateur Verne Global

C3 Spear ist ein komplettes Rechenzentrum auf Rollen, beispielsweise für den Einsatz in Filialen

HP-Pod 240a („EcoPod“) mit aufgesetzten Kühlaggregaten

Flexibilität, Schnelligkeit und Sicherheit als Markttreiber

Im Zuge von Flexibilisierungsbestrebungen kommt seit etwa drei bis vier Jahren frischer Wind in den Markt für modulare Data Center. Das mag auch daran liegen, dass in Deutschland die IT-Auslagerung an Dienstleistungs-RZs boomt. Die britische Broad Group prognostiziert dem deutschen Markt für RZ-Drittanbieter bis 2015 ein Wachstum bis auf 21 Prozent der gesamten RZ-Kapazität. Gerade große Dienstleistungs-Rechenzentren, etwa fürs Cloud-Geschäft, können, das zeigen Ansätze aus dem Ausland, von modularen Ansätzen profitieren. Denn Cloud-RZs sind in der Regel groß, gleichzeitig aber im Zeitablauf oft sehr unterschiedlich ausgelastet und müssen kostengünstig arbeiten.

Große RZ-Betreiber wie Google, Microsoft oder Amazon setzen schon lange aus ökonomischen und ökologischen Gründen auf modulare Ansätze. Für sie wäre es viel zu teuer und zu unflexibel, ein konventionelles Rechenzentrum aufzubauen. Sie können die Kapazität schnell dem Bedarf anpassen, neue Technologie gleich containerweise einführen und ein RZ bei Bedarf einfach per LKW an einen anderen Ort transportieren. Aber auch andere Großanwender wie die von HP ausgerüstete Airbus wissen eine auf engem Raum abgeschlossene hochkonzentrierte IT zu schätzen. Denn der Aufbau einer Container-Kapazität braucht in der Regel höchstens einige Monate.

Außerdem werden Kunden und auch die Politik in Zukunft mehr Wert darauf legen, dass IT effizient arbeitet, um den Strombedarf zu drücken. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoller, Hallen oder Höfe Schritt für Schritt mit vorkonfigurierten, hocheffizienten Einheiten zu füllen, statt leeren Raum zu temperieren. Während ein unausgelastetes konventionelles RZ leicht PUE-Werte weit über 2 aufweisen kann, landen moderne Container in der Regel irgendwo im erwünschten Bereich und manchmal sogar nahe am Idealwert 1.

Vier Trends im Bereich Rechenzentrum

Folgende Entwicklungen werden nach Einschätzung von Emerson Network Power, einem Hersteller von Komponenten für Rechenzentren, die Entwicklung im Data-Center in den kommenden Jahren prägen:
Eine deutliche höhere Dichte von Systemen:
Die Wärmeleistung pro Rack steigt demnach im Schnitt von etwa 11 Kilowatt im laufenden Jahr und bis auf 17 kW im Jahr 2019. Durch die höhere Packungsdichte benötigen solche Rechenzentren etwa 35 Prozent weniger Energie. Hinzu kommen Einsparungen durch den geringeren Platzbedarf. Ein Data Center mit etwa 800 Quadratmetern und einer Wärmeleistung von 20 kW pro Rack wird in wenigen Jahren dieselben Leistungswerte erreichen wie heute ein Rechenzentrum mit 3000 Quadratmetern. Die Einsparungen, bezogen auf die Baukosten, betragen in diesem Fall etwa zwischen 700.000 Euro und rund 2 Millionen Euro. <br /><br /> Allerdings erfordert die wachsende Rechenleistung pro Rack spezielle Kühlungs- und Stromversorgungssysteme. Notwendig ist eine Kombination von Kalt-/Warmgang-Konzepten in Verbindung mit Wasserkühlung und mit modularen "Power Distribution Units" (PDUs) im Rack. Dadurch lässt sich der Energiebedarf der Systeme pro Rack um etwa ein Drittel senken.
Verfügbarkeit gewinnt an Bedeutung:
Die Anforderungen an die Verfügbarkeit von Rechenzentren und den IT-Services, die über sie bereitgestellt werden, nimmt drastisch zu. Amazon beispielsweise garantiert für seinen Cloud-Computing-Service "Elastic Compute Cloud" (EC2) eine Verfügbarkeit von 99,95 Prozent. Das heißt, die Ausfallzeit pro Jahr darf 4,5 Stunden nicht überschreiten. <br /><br /> Ein Großteil der Systemausfälle in Data Centern geht laut Emerson Network Power auf Ausfälle der Stromversorgung oder Probleme mit der Kühlung zurück. Deshalb gewinnen unterbrechungsfreie Stromversorgungen an Bedeutung – auch deshalb, weil sie Spannungsspitzen ausfiltern und von Servern, Switches und Storage-Systemen fernhalten. <br /><br /> Ein weiterer Faktor, der die Anfälligkeit von Rechenzentren senkt, ist eine Verringerung der Zahl aktiver Komponenten in Kühlsystemen. Dies lässt sich beispielsweise durch eine verstärkte Kühlung mithilfe von Außenluft erzielen. Sie macht zumindest einen Teil der Lüfter, Gebläse und Pumpen innerhalb eines Data-Centers überflüssig.
Flexibilität ist ein zentraler Faktor:
Rechenzentren müssen stärker denn je mit Lastspitzen zurechtkommen. Auch diese Entwicklung wird durch Cloud-Computing forciert: Handelshäuser werden beispielsweise in der Vorweihnachtszeit Rechenkapazitäten hinzubuchen, in den Sommermonaten dagegen die Nachfrage reduzieren. Das heißt für Server, Stromversorgungssysteme und Klimaanlagen: Sie müssen ihre Leistung an die Nachfrage anpassen. Das war bislang nicht der Fall, speziell bei der Kühlung und Stromversorgung. Diese Systeme laufen in vielen Rechenzentren stets unter Volllast, was sich negativ auf die Kosten auswirkt. Modulare Stromversorgungen und Kühlsysteme, die sich automatisch an Veränderungen der Umgebungstemperatur anpassen, können dieses Problem lösen.
Managebarkeit gewinnt an Bedeutung:
Die Komplexität von Rechenzentren nimmt weiter zu, bedingt durch Virtualisierung, immer leistungsfähigere Server mit Mehrkernprozessoren und die angesprochene höhere Systemdichte. Die Konsequenz: IT-Verwalter benötigen Management-Tools, mit denen sie die Komponenten überwachen und steuern können. Das gilt nicht nur für aktive Komponenten, sondern auch für die Verkabelung und die Akkus von unterbrechungsfreien Stromversorgungen. Ein Infrastruktur-Management-System muss in Echtzeit Statusmeldungen übermitteln und dem Systemverwalter dabei helfen, bereits im Vorfeld Ausfälle von Geräten zu erkennen. <br /><br /> Ein weiterer Punkt, der häufig übersehen wird: Management heißt im Data Center auch das Verwalten des Raums, der für Racks und andere Komponenten zur Verfügung steht. Planungstools wie etwa Nlyte 6.0 von Nlyte helfen dabei, das Platzangebot optimal auszuschöpfen.

Modulare RZs - Nische oder Breitenmarkt?

Die Marktaussichten für modulare RZ bewerten Experten uneinheitlich, was wohl auch an dem unscharfen Begriff liegt. IDC schätzt, dass zwischen 2012 und 2014 weltweit 110,5 Milliarden Dollar für RZ-Neubauten weltweit ausgegeben werden. Die Zahl ausgelieferter Container, 2009 waren es 45, soll bis 2013 auf 385 steigen. Das klingt noch immer sehr überschaubar. Doch die IDC-Analysten erwarten: „Pods könnten 35 bis 40 Prozent der Kapitalausgaben für Datenzentren auf sich vereinigen.“ Das klingt optimistisch. Die Marktforscher gehen aber davon aus, dass Rechenzentrumsbauer verstärkt modulare Technologien nutzen werden, um ein Ausweichen auf Container zu verhindern. „Das monolithische Datenzentrum ist tot, dem modularen Aufbau von Datenzentren gehört die Zukunft“, meint Michelle Bailey, Vice President Research bei IDC. Und auch Dave Cappucino, Vice President bei Gartner, sagt, kostenbewusste Anwender kämen kaum an modularen Ansätzen vorbei. Andere aus dem Hause IDC bewerten die Marktchancen gerade von Containern durchaus kritischer. So erwartet Giorgio Nebuloni, Senior Research Anlayst bei IDC, echte Container-RZs vor allem bei ISPs und Unternehmen mit ähnlichen Businessmodellen. Deshalb blieben sie ein Nischenmarkt. Modularität an sich aber habe durchaus ihre Reize.

Auch Andreas Zilch von der Experton Group, ist sich sicher: „Container sind ein Nischenmarkt, das mögliche Volumen schätze ich auf fünf Prozent vom RZ-Markt.“ Die wichtigsten Einsatzbereiche seien nach wie vor der schnelle IT-Aufbau in abgelegenen Regionen, wie ihn etwa das Militär, aber auch NGOs (Nichtregierungsorganisationen) und Explorationsfirmen benötigten. Dennoch gebe es auch Unternehmen, die die Idee überzeuge. So habe Ferrero in Stadt Allendorf ein insgesamt 360 Quadratmeter großes RZ mittels dreier 120 Quadratmeter großer Container in modularer Wabenbauweise errichtet. Der wichtigste Zukunftsmarkt für solche Modulangebote seien ISPs, glaubt Zilch: „Wer drei- oder viertausend Server im Jahr aufbaut, kann mit solchen Lösungen auf jeden Fall etwas anfangen.“ Hierzulande entschieden sich Unternehmen wegen der reichlich vorhandenen Outsourcing-Ressourcen eher für einen Dienstleister, statt plötzliche Bedarfssteigerungen per Container oder modularem Anbau abzufangen. Hinzu komme, dass Anwender bei modularen und Container-Ansätzen entweder eine hoch standardisierte IT wählen oder sehr viel Geld bezahlen müssten.

Foto: DC-CE

Auf den finanziellen Aspekt verweist auch Ulrich Terrahe, dessen Beratungsunternehmen DC-CE unter anderem klassische Rechenzentren konzipiert. „Container sind nicht billiger. Oft reicht es nämlich, eine Ziegelwand hochzuziehen, und das kostet nicht viel Geld.“ Am interessantesten seien Container-Ansätze für Anwender wie die mittelständische Dango & Dienenthal. Werde ein Bürogebäude neu gebaut, sei ein Container-RZ unnötig, da man Rechnerräume einplanen könne. Wenig diskutiert würden auch Transportprobleme bei großen Containern, die mehr als die Standardbreite von rund zweieinhalb Metern haben. „Alles was breiter ist, kann ohne besondere Vorkehrungen nicht auf der Straße transportiert werden“, gibt Terrahe zu bedenken.

Die RZ-Strategien von IBM und HP

Die wachsende Zahl der Konzepte, Rechenzentrums-Infrastruktur möglichst vorkonfiguriert an den Betriebsort zu liefern und schrittweise zu erweitern, spricht für sich. Allerdings muss man genau hinsehen, was hinter dem dafür inzwischen inflationär verwendeten Begriff Pod wirklich steckt. Ein Beispiel ist der gemeinsam von Cisco und Netapp angebotene Flexpod-Ansatz. Hier handelt es sich mitnichten um eine Vollausrüstung mit allem Drum und Dran vom Lüfter bis zur USV. Vielmehr geht es um flexibel zusammensetzbare Server- und Speichermodule, die untereinander komplikationslos zusammenarbeiten und die Basis für große virtualisierte Rechenzentren von Unternehmenskunden bilden sollen.

HP-Pod 240a („EcoPod“) mit aufgesetzten Kühlaggregaten
Foto: HP

Klassische Container in Standardformaten, bestückt mit RZ-Infrastruktur und IT, liefern zum Beispiel die beiden großen Player Hewlett-Packard und IBM. HP hat dabei mit dem kürzlich vorgestellten EcoPod mit Freikühlung besonders die Energieeffizienz im Auge, zugleich aber auch konventionelle Systeme mit anderen Kühlmethoden im Programm. Am liebsten bestückt HP die Container, die im slowakischen Kutna Hora unweit Prag zusammen mit Flextronic gefertigt werden, mit HP-Komponenten. Wenn der Kunde dies wünscht, kommen aber auch andere Systeme zum Einsatz. HP liefert die Systeme vorkonfiguriert und vorgetestet. Jedes Container-RZ wird vor Auslieferung an den Kunden beim Hersteller voll funktionsfähig aufgebaut, mit Anwendungen bestückt und darf dann zwei Tage lang zeigen, was es kann. Anschließend wird der echte Container in einer eigens dafür errichteten Halle direkt an der Beladerampe der Container-Laster auslieferungsfertig gemacht.

Bei IBM gehört das Geschäft mit den Containern, hier Portable Modular Data Center genannt, zum Dienstleistungsbereich. Die Ausrüstung mit Eigenware im Inneren scheint eine geringere Rolle zu spielen. Darauf weist IBM jedenfalls in den Werbefilmen für seine Containerprodukte immer wieder hin. Daneben biete man den Aufbau von Rechenzentrums-Modulen in anderen Formaten an – hier unter der Marke Enterprise Modular Data Center zwischen 5000 und 20000 Quadratmeter -, die die Bauzeit um einige Monate, die Kapitalkosten um rund 40 und die Betriebskosten um 50 Prozent senken sollen. Schließlich gibt es noch sogenannte High Density Zones. Das sind besonders dicht gepackte, separat gekühlte Bereiche in bestehenden RZ, die sonst an Kapazitätsgrenzen stoßen würden.

Container-RZ von SGI, Dell und Fujitsu

Auch SGI hat mit dem IceCube ein klassisches Container-RZ im Programm. Der Hersteller bewirbt seine Container gleich zusammen mit seinen Eco-Logical Servern und Speichern sowie mit einem eigenen Racksystem, das zwei Rechnerreihen im Standardcontainer erlauben soll. Bis zu 1920 Höheneinheiten mit 46080 Verarbeitungsknoten mit insgesamt 29,8 Petabyte Storage sollen in einen Icecube passen. Damit sänken die Kühlkosten um 80 Prozent. SGI bewegt sich damit in Dimensionen, die auch andere Anbieter für sich reklamieren. Daneben gibt es bei SGI MobiRack, ein auf Aluminium und Spezialplastik basierendes System auf Rollen, das zum Beispiel für den Einsatz in Flugzeugen optimiert ist. Verfügbar sind Konfigurationen in fünf bis 16 Höheneinheiten, bestückt werden sie mit x86-Standard-Servern und 10 bis 40 TByte SAS- oder SATAII-Speicher. Gelüftet wird von vorn nach hinten, Server müssen ihre eigenen Lüfter mitbringen.

Dell führt zwar ebenfalls Container-RZs, bietet sie jedoch in Europa nicht an. Wie eingeweihte Kreise andeuten, könnte sich das aber durchaus ändern. Das Gleiche gilt für Fujitsu: In Japan gibt es Container, außerhalb des Heimatmarktes noch nicht. Oracle/Sun, Anfang des Jahrtausends ein Vorreiter der neuen Containerwelle, hat sich aus diesem Markt wegen zu geringen Volumens verabschiedet.

Spezialanbieter für RZ-Infrastruktur

Natürlich tummeln sich auch die Spezialisten für Rechenzentrums-Infrastruktur auf dem Containermarkt. Sie liefern allerdings in der Regel ihre Systeme ohne IT, nur mit Racks, Brandschutz, Klimatisierung und übergreifender Infrastruktursteuerung bestückt. In diese Kategorie ist beispielsweise Rittal einzureihen. „Wir haben schon 25 Großprojekte, unter anderem für sicherheitsbewusste Auftraggeber aus dem öffentlichen Dienst realisiert“, sagt Philipp Müller, Produktmanager für Data Center Container. Rittal hat sich unter anderem mit der Übernahme von Lampertz („Lampertz-Zelle“) schon 1998 Know-how gesichert. Für einen Standardcontainer ohne IT sind laut Müller etwa 130000 Euro zu entrichten. Auch Emerson und andere Anbieter entdecken den Markt für sich, wobei jeder durch Zukäufe versucht, das Portfolio abzurunden.

Außerdem tummeln sich hier kleinere Anbieter wie die oben erwähnte ASFM, Prior1 oder die auf Sicherheitsräume spezialisierte Pro RZ. Schließlich ist mittlerweile mit Colt auch ein Provider auf den Modular-Geschmack gekommen. Die Pods von Colt kann man in unterschiedlichen Sicherheitsabstufungen und unterschiedlichen Größen mit diversen Lüftungstechniken für Drinnen und Draußen bekommen. Anfangs hatte der Provider nur ein Format im Angebot, mittlerweile ist es eine umfangreiche Palette. Container mit unterschiedlicher Technologie und Sicherheit lassen sich aneinander koppeln, so dass ein RZ mit abgestuften Technologie- und Sicherheitszonen entsteht. Einer der Referenzkunden ist der isländische RZ-Provider Verne Global, der angibt, kohlendioxidneutral zu arbeiten.

Newcomer im Data-Center-Markt

Impulse im RZ-Geschäft sind am ehesten von echten Newcomern zu erwarten. Einer von ihnen ist die spanischen AST Modular, ein Unternehmen, bei dem Modularität von Anfang an zum Konzept gehörte. AST hält Dutzende Patente im Bereich RZ-Infrastruktur. Beispielsweise wurde eine modulare Freiluft-Kühlung entwickelt, die auf das modulare, Container-basierte Data Center (Smart Shelter Container) aufgesetzt wird. So fällt die kalte Luft quasi von selbst von oben durch die Rechner, die Warmluft wird unten in den Warmgang abgesogen. Daneben hat der Hersteller auch kleinere Lösungen im Programm, etwa den Smart Bunker, in dem begrenztes IT-Equipment sicher und auf engem Raum vor unerwünschten Einflüssen geschützt wird.

C3 Spear ist ein komplettes Rechenzentrum auf Rollen, beispielsweise für den Einsatz in Filialen
Foto: Elliptical Modular

Neu auf dem deutschen Markt ist Elliptical Mobile, den Daxten vor kurzem in sein Programm aufgenommen hat. Der Hersteller bietet modulare Ansätze für Unternehmen, die vorläufig keinen ganzen Standardcontainer mit ihrer IT füllen können. Im Prinzip sind die Produktserien „Raser“ und „C3 Spear“ Chassis auf Rädern, die luft- oder wassergekühlt betrieben werden können und in den Schutzarten IP52 (für Inneneinsatz) oder IP56 (metallumwandet) für den Außeneinsatz bereitgestellt werden. „Die Systeme von Elliptical Modular eignen sich beispielsweise, wenn ein Rechenzentrum erweitert werden soll, aber nur noch ungeeignete Räume da sind. Man kann die Geräte auch einfach auf einen Erker stellen“, erklärt Jörg Poschen Senior Marketing Manager Central Europe bei Daxten. Raser ist eine komplett mit Lüftung, Stromversorgung und USV ausgerüstete Lösung mit 42 Höheneinheiten, auf die sich die Komponenten verteilen lassen. Erreichbar ist eine PUE von 1,1 bei Stromlasten von 20 bis 80 kW und mehr als 9 kW pro Quadratmeter. Das kleinere System C3 Spear ist nur 24 Höheneinheiten groß.

Mit dem Armarac zielt Thureon auf kleine Unternehmen und Freiberufler
Foto: Thureon

Aber es geht noch kleiner: Thureon, ein Hersteller, dessen Ursprünge im fernen Neuseeland liegen, präsentiert seine Lösung Armarac als Serverraum in der Box zum an die Wand hängen. Zielgruppe sind kleinere Niederlassungen, Anwaltskanzleien oder andere Standorte mit ungünstigen Platzbedingungen. Im Armarac werden bis zu sechs 1-HE-Server oder entsprechende Speichermodule an einem Schwenkarm senkrecht montiert und bei Bedarf wie ein Buch aufgeklappt, so dass von der Vorderseite aus alle wichtigen Komponenten zugreifbar sind. Dieses Klappsystem heißt Vertiblade und ist patentiert. Die Türen dieses nach vorn abgerundeten Mini-Rechenzentrums mit integrierter Stromversorgung und Lüftung öffnen sich nach oben und unten und geben dann den Blick auf das Innenleben frei. Das kann neben Servern auch aus Storage-Einschüben bestehen, wobei sich zwei bis vier 1-HE-Einschübe zu einem Steckplatz zusammenfassen lassen. Außerdem gibt es das Gerät in einer Variante für die Vernetzung. Hier werden zwei der vertikalen Einschübe durch sogenannte Zig Zag Panels ersetzt, die bis zu 144 Netzwerkports bereitstellen.

Für die Kühlung gibt es mehrere Varianten: Freiluftkühlung mit sechs hocheffizienten Lüftern für die Montage im Büro, staubdicht mit Hinterlüftung und leistungsstärkeren Lüftern für den Aufbau etwa in Fabrikationsräumen oder vollklimatisiert mit effizienter Miniklimaanlage, die direkt hinter dem eigentlichen Schaltschrank montiert ist, etwa für den Außenbereich. Wem die Wandmontage, für die jede stabile Betonwand ausreichen soll, zu gefährlich ist, kann das Gerät auch mit zusätzlicher Stütze oder auf Rollen erwerben. Hinein passen alle üblichen 19-Zoll-Module. Zwei Schränke lassen sich mit einem Zusatzkit kaskadieren. Der Preis: je nach Lüftung zwischen rund 3000 und 6000 Euro ohne IT. Innerhalb von zwei Monaten seien in Europa bereits fünfhundert Armarac-Einheiten verkauft worden, vermeldet Armin Schirmer, der dessen Produkte hier vermarktet, beispielsweise an den Flughafen Salzburg, wo das Gerät in einem Kesselraum steht.

Fazit: Container fordern RZ-Bauer heraus

RZ-Container und -Module gibt es inzwischen in allen Größenklassen und von unterschiedlichsten Anbietern. Dass es die Großen im Data-Center-Geschäft nicht unbedingt eilig mit solchen Ansätzen haben, liegt auf der Hand – bedroht der neue Markt doch einen Teil ihrer Verdienstmöglichkeiten. Das Aufkeimen neuer Ideen und Hersteller zeigt aber, dass modularen oder Container-basierten Ansätzen eine spannende Zukunft beschieden sein könnte – vor allem, weil ein gut dimensioniertes, effizient klimatisiertes und ausgelastetes Rechenzentrum, das mitwächst, automatisch weniger Betriebskosten verursacht als riesige Hallen mit Rechnern im Leerlauf. (wh)