Fachmesse WES 2010

RIM zeigt neue Smartphones und VoIP für Blackberry

28.04.2010 von Moritz Jäger
Einmal im Jahr lädt Blackberry-Hersteller RIM zum Wireless Enterprise Symposium. Auf dieser Fachmesse präsentiert der Smartphone-Hersteller neue Services und kommende Geräte.

Auf der Fachmesse Wireless Enterprise Symposium in Orlando gibt der Smartphone-Hersteller RIM die Trends für mobile Business vor. Neben einem neuen Blackberry Bold, der allerdings in erster Linie für den amerikanischen Markt gedacht ist, gehört ein überarbeiteter Blackberry Pearl sowie das kommende Mobile Voice System 5 zu den Highlights. Letzteres ist ein Plugin für den Blackberry Enterprise Server, mit dem die Smartphones mit IP-basierten PBX-Systemen gekoppelt werden können.

Keynote: RIM Co-CEO Mike Lazarides stellt neue Produkte und Dienste vor.
Foto: RIM

Mit Spannung erwartet wurde die Ankündigung des neuen Betriebssystems, Blackberry OS 6. Co-CEO Mike Lazaridis gab in der Keynote zwar eine kurze Aussicht darauf - wer sich aber harte Informationen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Zu sehen gab es lediglich ein Promotions-Video, in dem RIM scheinbar vor allem Wert darauf gelegt hat, die Musik-Player-Fähigkeiten des neuen Betriebssystems in den Vordergrund zu heben. Die Demonstration zeigte außerdem, dass das neue OS scheinbar auf die Bedienung per Touch ausgelegt ist. RIM schweigt sich darüber aus, wie und ob das neue Betriebssystem auch auf herkömmlichen Smartphones arbeitet.

Die größte Neuerung ist der Webkit-Browser, diesen hat RIM bereits auf dem Mobile World Congress im Februar 2010 vorgestellt. Der neue Browser soll unter anderem endlich Tabs unterstützen. Mit dem Browser versucht RIM Anschluss an moderne Betriebssysteme wie das iPhone zu erhalten. Wie gut das System im Alltag arbeitet, ist derzeit noch nicht abzusehen. Geht es nach Mike Lazaridis können sich Nutzer bald selbst vom neuen Betriebssystem überzeugen. Der Start soll "im nächsten Quartal" erfolgen, das wäre das Q3 2010. Welche Geräte auf das neue Betriebssystem aufgerüstet werden können, ist noch nicht bekannt.

Neuer Pearl 3G mit schnellem Internet-Zugriff

Mit dem Blackberry Pearl 3G verpasst RIM der Pearl-Familie eine längst fällige Überarbeitung. Künftig verfügt die Pearl-Serie nicht nur über ein 3G-Modem, es ist zudem der erste Blackberry, der mit dem schnellen WLAN-Standard 802.11n funkt. Die Position kann das Smartphone per GPS bestimmen. Auch das Innenleben wurde kräftig überarbeitet: Dem gerät steht eine CPU mit 624 MHz sowie 256 MByte Flash-Speicher zur Verfügung. Per Micro-SD-Slot kann der Nutzer den Speicher zudem erweitern, bis zu 64 GByte sind möglich. Inhalte zeigt der Pearl 3G mit einer Auflösung von 360 x 400 Pixeln an - die Vorgängermodelle schafften 240 x 260 Pixel. Die höhere Auflösung macht sich vor allem bei der Anzeige von E-Mails bemerkbar, diese sind auf dem Pearl 3G deutlich besser anzusehen als auf den Vorgängergeräten. Auf der Rückseite ist zudem eine Kamera mit 3,2 Megapixeln Auflösung untergebracht.

Pearl 3G
Blackberry Pearl 9100 Front
Blackberry Pearl 9100 Seite
Blackberry Pearl 9105 Front
Blackberry Pearl 9100 Tastatur
Blackberry Pearl 9105 Tastatur

RIM bietet den Pearl 3G in zwei Varianten an. Der Pearl 3G 9100 verfügt über ein verkürztes QWERTZ-Keyboard, das wie die Vorgänger je zwei Buchstaben auf 20 Tasten verteilt. Alternativ können Nutzer den Blackberry Pearl 9105 erwerben, bei diesem sind die Tasten wie bei einem herkömmlichen Telefon angeordnet, je drei Buchstaben sind auf 14 Tasten verteilt. Beide Modelle verfügen über ein optisches Trackpad zur Steuerung, diese löst den Trackball der bisherigen Modelle ab. Die neuen Blackberry Pearls 3G sollen ab Juni bei den Mobilfunkprovidern erhältlich sein.

Neuer Bold für Nordamerika

Neben dem Blackberry Pearl 3G wurde auch ein neues Mitglied der Bold-Familie präsentiert. Allerdings handelt es sich um ein CDMA-Gerät, es muss also in Nordamerika oder Kanada aktivert werden. Das Smartphone ähnelt dem Bold 9700 nahezu komplett, allerdings wurde die Tastatur scheinbar leicht überarbeitet, auch wurde der interne Speicher auf 512 Mbyte verdoppelt. Derzeit gibt es keine Pläne den Blackberry Bold 9650 in Europa einzuführen.

BB Bold 9650
Blackberry Bold 9650 Front
Blackberry Bold 9650 Seite
Blackberry Bold 9650 Front Sprint
Vergleich Blackberry Bold
Vergleich Blackberry Bold
Vergleich Blackberry Bold
Blackberry Bold 9650
Blackberry Bold 9650
Blackberry Bold 9650
Blackberry Bold 9650

MVS 5 - VoIP für den Blackberry

SIP-basierte Endgeräte und Voice over IP ist in vielen Unternehmen längst der Standard, ein Fakt, dem auch RIM mit den Mobile Voice Services 5.0 endlich Rechnung trägt. Ab Sommer soll die Erweiterung für den Blackberry Enterprise Server (BES) dafür sorgen, dass Firmen die Smartphones an vorhandene PBX-Anlagen anschließen können - ein Feature wie es beispielsweise die E-Serie von Nokia seit längerem zur Verfügung stellt.

MVS 5: Mit dem BES-Plugin Mobile Voice System 5 können Blackberrys an IP-PBX-Systeme angeschlossen werden.
Foto: RIM

Firmen können daraus zahlreiche Vorteile ziehen: Die Mitarbeiter sind nicht nur am Arbeitsplatz unter ihrer Firmendurchwahl verfügbar, sondern überall, wo sie eine Datenverbindung zum Unternehmen aufbauen können. Sie können auch unterwegs auf die Funktionen zugreifen, die das Arbeitsplatz-Telefon bietet - etwa Anrufweiterleitung, Makeln oder Hold. Besonders praktisch: Auf WiFi-fähigen Blackberrys können Anrufe über WLAN geroutet werden - damit lassen sich deutlich Roaming-Kosten sparen. Die erste Ausbaustufe sieht allerdings noch keine nahtlose Übergabe zwischen Mobilfunknetz und WLAN vor, im Gespräch mit COMPUTERWOCHE stellt die Alan Panezic, Vice President, Platform Product Management bei RIM diese Funktion aber für spätere Ausbaustufen vor. Das Problem hierbei ist der Handshake zwischen Mobilfunknetz und WLAN.

Um die Sicherheit zu gewährleisten nutzt die SIP-Telefonie die in die Blackberry integrierten VPN-Funktionen. Erst wenn eine gesicherte Verbindung in das Unternehmen besteht, sind die SIP-Telefonate verfügbar. Die Funktion selbst ist für den Nutzer komplett Transparent, soll heißen dass auf dem Gerät keine Konfiguration durch den Endnutzer notwendig ist. Administratoren erhalten zudem neue Richtlinien, um die Zugriffe zu steuern. Sie können beispielsweise festlegen, mit welchen WLANs sich Nutzer verbinden dürfen oder können eingehende und ausgehende Anrufe filtern und blocken.

MVS im Einsatz: Nutzer sind auch mobil unter ihrer Festnetznummer erreichbar.
Foto: RIM

RIM will MVS 5 ab Sommer 2010 sukzessive ausrollen, zunächst in Nordamerika, anschließend in den anderen Märkten wie EMEA. Zu Beginn werden zunächst nur lokal vorhandene VoIP-Infrastrukturen genutzt, später soll die Unterstützung für gehostete Lösungen hinzukommen. Für den Start arbeitet RIM mit Cisco zusammen, doch auch andere Anbieter von VoIP sollen sich zertifizieren lassen können.

Fazit: Mehr Mut notwendig

Es scheint fast, als hätte RIM nicht den Mut, komplett neue Wege zu gehen. Bei den vorgestellten Geräten handelt es sich im Grunde um Auffrischungen bestehender Smartphones. Lediglich MVS 5 verspricht neue Funktionen für Unternehmen, welche sich mit Konkurrenzprodukten allerdings teilweise schon heute realisieren lässt.

Themen wie LTE wurden auf der WES nicht einmal angeschnitten, obwohl die All-IP-Struktur des kommenden Mobilfunkstandards sehr gut zu den angekündigten VoIP-Services passen würde. Dazu kommt, dass es in den USA bereits kommerziell betriebene LTE-Netzwerke gibt.

Sieht man durch den Hype, denn RIM um sein neues Betriebssystem schüren will, bleiben nur wenige Informationen übrig. Die Firma ist, glaubt man dem Promotionsvideo, davon überzeugt, dass die Bedienung per Touch-Screen die Zukunft ist. Sieht man sich allerdings die Verkaufszahlen der RIM-Smartphones an, liegen vor allem Geräte wie der Bold und der Curve weit vorne. Der Storm und Storm 2 ist zwar kein Ladenhüter wie zu beginn, ein Geldbringer ist er aber auch nicht. RIM würde gut daran tun, den Admins bereits vorab mehr Informationen zum kommenden Blackberry OS zur Verfügung zu stellen, als sich daran zu versuchen, einen Apple-ähnlichen Hype aufzubauen.