Mehr Effizienz im Posteingang

Response-Management verwaltet E-Mail professionell

29.06.2009 von Diego Wyllie
Beim Thema E-Mail-Management denken viele an die gesetzeskonforme Archivierung. Doch die effiziente Verwaltung der E-Mail beginnt schon im Posteingang. Systeme zum E-Mail-Response-Management (ERM) leisten wertvolle Hilfestellung.

Heutzutage werden laut IBM-Erhebung 60 bis 70 Prozent der gesamten Kommunikation eines Unternehmens über E-Mail abgewickelt. So gut wie alle Betriebe verwenden das Medium nicht nur zur geschäftlichen Korrespondenz, sondern auch zum Versenden von Dateien und Dokumenten. In vielen Unternehmen ist die E-Mail-Kommunikation damit bereits wichtiger geworden als die per Brief oder Fax, betont Big Blue.

August-Wilhelm Scheer: Zwölf Prozent der deutschen Arbeitnehmer verwalten zwei oder mehr Postfächer.
Foto: Scheer

In Deutschland haben rund vier von zehn Berufstätigen (42 Prozent) mindestens eine dienstliche E-Mail-Adresse, jeder zweite davon bekommt mehr als fünf E-Mails am Tag. Dies zeigte eine repräsentative Studie der Aris Umfrageforschung, die letztes Jahr im Auftrag des Branchenverbands Bitkom betrieben wurde. Zwölf Prozent der deutschen Arbeitnehmer verwalten demnach zwei oder mehr elektronische Postfächer. Wie Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer erklärte, sind das hohe Zahlen, weil in der Untersuchung nicht nur Bürojobs berücksichtigt wurden, sondern alle Tätigkeiten.

Bedeutung der elektronischen Nachricht nimmt zu

Welche Bedeutung deutsche Firmen der E-Mail-Kommunikation schenken, hat die Management- und Technologieberatung BearingPoint GmbH im Rahmen einer Studie untersucht, bei der rund 500 Entscheidungsträger aus mittelständischen und Großunternehmen befragt wurden. Demnach gehen knapp zwei Drittel der Teilnehmer davon aus, dass jede vierte E-Mail geschäftskritische Informationen enthält. Etwa ein Drittel schätzt zudem, dass sogar über die Hälfte der E-Mails zum Unternehmenserfolg beitragende Inhalte übertragen.

E-Mail-Flut gefährdet die Sicherheit

Mit dem Siegeszug der elektronischen Post in den Geschäftsalltag und der unaufhaltsam wachsenden E-Mail-Flut sind die Anforderungen an ein effizientes E-Mail-Management stetig angestiegen. Dass Mitarbeiter an manchen Tagen über 100 elektronische Nachrichten bearbeiten müssen, ist längst keine Seltenheit mehr. Die Folgen für das Unternehmen: überquellende Postfächer, Sicherheitsverletzungen des Mail-Systems oder unzureichende Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen, um nur einige Beispiele zu nennen. Dies konfrontiert Unternehmen zunehmend mit der Frage, wie sie mit der gewaltigen Menge ein- und ausgehender Mails und vor allem mit den darin enthaltenen Daten umgehen sollen.

E-Mail ist häufig Teil der ECM-Strategie

Viele Firmen in Deutschland haben den Veränderungsbedarf beim E-Mail-Management bereits erkannt und entsprechende IT-Projekte auf ihre Agenda gestellt. So hat sich der BearingPoint-Studie zufolge mehr als die Hälfte der befragten Firmen bereits mit dem Einsatz einer IT-Lösung zur Optimierung ihres E-Mail-Managements beschäftigt. Darüber hinaus sehen mehr als die Hälfte der Interviewten das E-Mail-Management nicht als Einzellösung, sondern als Teil einer ECM-Strategie (Enterprise-Content-Management) zur Verwaltung und Steuerung aller für das Unternehmen geschäftskritischen Informationen.

In der Praxis fehle allerdings häufig der organisatorische Rahmen für eine effiziente und effektive E-Mail-Verwaltung: "Firmen verstehen oft nicht, dass E-Mail-Management kein technisches Problem darstellt, sondern dass die Lösung organisatorischer Natur ist", gibt Thomas Bahr, Manager im Bereich Enterprise Content Management Emea bei BearingPoint und einer der Autoren der besagten Studie, zu bedenken.

E-Mail-Management ist Chefsache

"Die Unternehmen sollten zunächst feststellen, welchen Status ihr E-Mail-Management heute hat und wo sie in (naher) Zukunft stehen möchten", empfiehlt der Analyst. Was den Unternehmen dabei fehlt, sei also eine Feststellung ihrer Reife ("Maturity") und Fähigkeit ("Capability") in der Behandlung von E-Mails.

Aus dieser Feststellung können die Betriebe dann eine Strategie für das unternehmensweite E-Mail-Management ableiten. In Verbindung damit wird das Thema oft bei der IT angesiedelt. Getrieben werden sollte es dann durch die Geschäftsführung als "Chefsache" und auch von hier aus mit einem Governance-Modell hinterlegt werden, so Bahr. Auch auf Anwenderseite wird diese Anforderung bestätigt. So wünscht sich etwa die Hälfte (54 Prozent) der vom Bitkom befragten E-Mail-Nutzer Orientierungshilfen von ihrem Arbeitgeber.

Prozesseffizienz und Compliance als wichtigste Treiber

Die Treiber für E-Mail-Management im Unternehmen sind vielfältig: Mittelständler brauchen es unter anderem, weil sie die Betriebskosten ihrer Hardware (Server, Desktop, Speicher) senken müssen, "denn das steigende Volumen an E-Mail-Verkehr erhöht die Laufzeiten von Backups, benötigt mehr Speicherplatz, mehr Wartung, mehr Strom und senkt die Performance", so Bahr wörtlich. Ferner müssen sie nach Angaben des Experten die nationalen und zunehmend internationalen Gesetze und Vorschriften zur Aufbewahrung von E-Mails einhalten sowie die Risiken, die durch die Geschäftsrelevanz von E-Mails begründet sind, verringern.

E-Mail Response Management sorgt für Effizienz

"Wenn E-Mails Geschäftsprozesse auslösen, dann müssen die Betriebe deren Effizienz steigern und die Kundenzufriedenheit durch kurze Reaktionszeiten, bedarfsgerechte Informationsaufbereitung sowie vollständige und fehlerfreie Informationen erhöhen", konstatiert Bahr. Für Abhilfe sorgen dabei so genannte ERM-Systeme (E-Mail-Response-Management). Diese Datenbank-basierenden Anwendungen dienen der automatisierten, strukturierten und effizienten Bearbeitung großer Mengen eingehender E-Mails.

Response-Management erhöht Kundenzufriedenheit

Die Bandbreite der über E-Mail ausgetauschten Informationen beziehungsweise Dokumente ist groß. Den Schwerpunkt bildet dabei die Geschäftsanbahnung. So geht aus der BearingPoint-Studie hervor, dass 87 Prozent der Unternehmen Kundenanfragen und 82 Prozent Angebote per E-Mail senden beziehungsweise erhalten. Auch Bestellungen (60 Prozent), Rechnungen (43 Prozent) und Verträge (43 Prozent) würden verstärkt per E-Mail ausgetauscht. Vor diesem Hintergrund ist die effiziente E-Mail-Kommunikation im Kundenservice unverzichtbar.

Brief und Telefon sind Auslaufmodelle

Der BearingPoint-Manager gibt sich überzeugt: "Die E-Mail wird Papier und Telefon als die bevorzugten Kommunikationswege verdrängen. Denn Konsumenten schätzen E-Mail aufgrund ihrer Flexibilität und der als höher wahrgenommenen Servicequalität, wenn Anfragen denn beantwortet werden, sehr." Und genau hier liege das Problem: "Wenn Kunden E-Mail-Anfragen an Firmen senden, dann erwarten sie unverzügliche und sachgerechte Kommunikation", erklärt Bahr. ERM-Systeme sollen mit speziellen Funktionen zur Kunden- und Anliegenerkennung, Datenextraktion oder zum Abgleich mit weiteren Business-Anwendungen dabei helfen, diesen Kundenanforderungen gerecht zu werden.

Als weitere Vorteile kommen die nahezu lückenlose Dokumentation der Kundenkommunikation sowie ein konsistenter Kundendialog über sämtliche Kanäle hinweg hinzu. Denn die zentralen Funktionen von ERM-Systemen der letzten Generation können nicht nur auf E-Mails, sondern auch auf Faxe, Briefe oder SMS-Nachrichten angewandt werden - vorausgesetzt, es findet eine Integration mit den entsprechenden Systemen statt.

Wie ERM-Systeme funktionieren

ERM-Lösungen können das Thema einer eingehenden Nachricht über die Standardprotokolle POP3, SMTP oder MAPI anhand vordefinierter Schlagwörter und hinterlegter Filterregeln erkennen. So kann beispielsweise dem System mitgeteilt werden, dass wenn das Wort "Angebot" in einer Nachricht genannt wird, diese als eine Kundenanfrage nach einem Angebot zu interpretieren ist. Definiert man dabei für jedes Produkt ein Schlagwort, so können die Angebotsanfragen kategorisiert werden. Moderne Systeme sind ferner in der Lage, aufgrund von automatisierten Lernverfahren auf die oft aufwändige Definition von Regeln zu verzichten (Ausführliche Informationen über die typische Funktionsweise von ERM-Software finden Sie im COMPUTERWOCHE-Wiki).

Lernende PTME analysiert eingehende Mails

Ein solches System bietet beispielsweise die Firma ITyX Solutions AG aus Köln. ITyX Mediatrix ERMS implementiert die Analyse eingehender E-Mails mit Hilfe der "Power Text Mining Engine", kurz PTME. Wie der Anbieter erklärt, ordnet diese selbstlernende Komponente mittels einer semantischen Untersuchung E-Mails automatisch einer bestimmten, vordefinierten Kategorie zu. Bei Systemeinführung lernt die PTME aus dem Verhalten ausgewählter Mitarbeiter, die in dieser Phase des Projekts die Nachrichten noch manuell zuordnen müssen. Nach Erreichen einer bestimmten Treffergenauigkeit beziehungsweise nach Verarbeitung einer gewissen Zahl von E-Mails, analysiere und verteile die Engine die eingehenden E-Mails selbst.

Wann lohnt sich der ERM-Einsatz?

E-Mail-Response-Management-Systeme lohnen sich laut Experteneinschätzungen in der Regel ab einem Mail-Aufkommen von 100 bis 150 eingehenden E-Mails pro Tag. Sind hochwertige Antworten und eine hohe Compliance gefordert, rechnen sich ERM-Anwendungen jedoch auch bei einem kleineren Mail-Aufkommen. Einsatz findet ERM typischerweise in allen kommunikationsstarken Bereichen von E-Commerce, Marketing und Kundenservice.

Mit dem Produkt Novomind iMail der Novomind AG aus Hamburg können beispielsweise Standardanfragen bezüglich Lieferterminen, Reklamationen oder Produktinformationen anhand von "Knowledge-Packs" größtenteils automatisiert beantwortet werden, behauptet der Hersteller. Differenzierte Wünsche können themen- beziehungsweise aufgabenspezifisch an den jeweiligen Experten im Haus automatisch weitergeleitet werden.

Laut Hersteller werden Nachrichten mit einer Trefferquote von mindestens 80 Prozent interpretiert, kategorisiert, verteilt und automatische Antwortvorschläge aus der zentralen Wissensbasis erstellt. Ein Beispiel aus der Praxis: Die mittelständische Travel Overland GmbH & Co. KG mit rund 300 Mitarbeitern betreibt unter anderem das Reiseportal www.travelchannel.de und erhält laut eigenem Bekunden rund 12.000 E-Mails im Monat, die durch die ERM-Lösung der Hamburger mit einer Erkennungsquote von 94 Prozent auf mehr als 50 Kategorien verteilt werden.

Integration in Business-Anwendungen

Ein wesentlicher Vorteil moderner Softwarelösungen für das automatische Response-Management besteht in der Möglichkeit, sie in bestehende Business-Anwendungen, insbesondere in CRM-, ERP- oder ECM-Systeme, einzubauen. Bei der ERM-Implementierung können somit Schnittstellen zu Bestandssystemen definiert werden, um etwa extrahierte Kunden- oder Produktdaten aus eingehenden Nachrichten zu prüfen oder automatische Verarbeitungsprozesse in ERP-Umgebungen auszulösen. Sowohl Novomind iMail als auch Mediatrix ERMS bieten nach Herstellerangaben solche Integrationsmöglichkeiten.

Diese beiden sowie weitere ERM-Systeme hat übrigens das Business Application Research Center (Barc) ausführlich getestet. Die Testergebnisse finden Sie in der kostenpflichtigen E-Mail-Management-Studie "Systeme für Verwaltung, Archivierung und Response-Management im Vergleich". (pg)