Trotz hoher Akzeptanz läßt AS400 noch Wünsche offen

Release-Wechsel zu aufwendige mangelnde Ausfallsicherheit, problematische PC-Anbindung unter DOS

18.01.1991

Beim Blick auf die AS/400-Szenerie fällt auf, daß zwar einerseits ihre Positionierung durch IBM als Nachfolgemodell für alle /3x-Modelle von den /36-Anwendern kaum akzeptiert wird, sich andererseits die "Silverlake"-Familie dennoch großer Beliebtheit, ergo einer starken Marktpräsenz, erfreut. Das Erbe sehr vieler /38-Maschinen haben deren Anwender automatisch der AS/400 übertragen, die darüber hinaus recht erfolgreich in den Revieren anderer MDT-Hersteller wildert. Allemal fällt beim Gespräch über Midrange-Systeme von IBM der Name AS/400 als erster. Insofern hat das Marketing des Herstellers Erfolg gehabt.

Bei aller grundsätzlich positiven Beurteilung der Maschine durch die Anwender werden gleichwohl auch verschiedene Wünsche laut. Von der COMPUTERWOCHE befragte User würden es begrüßen, wenn IBM auf dem Gebiet der PC-Unterstützung etwas unternähme. Angeregt wurde auch, ein Konzept der Ausfallsicherheit für die AS/400 bereitzustellen und die Installationszeiten für neue Betriebssystem-Releases wesentlich zu verkürzen. Auf Probleme mit dem technischen Support der IBM, obwohl eingestandenerweise vorhanden, wollten betroffene Anwender im Gespräch nicht eingehen, um nicht in laufende Nachbesserungsverfahren einzugreifen.

Andreas Wacker, Leiter Technische Kommunikation, Unternehmensberatung Pica GmbH, München:

Unter dem speziellen Aspekt der Connectivity, mit dem ich vorwiegend zu tun habe, erscheint das Konzept der AS/400 grundsätzlich sehr gut. Dennoch habe ich zwei Wünsche, was das Betriebssystem OS/400 angeht. Damit stehe ich im übrigen sicher nicht allein da:

Bei der Anbindung von PCs an die AS/400 vernachlässigt IBM weitgehend die DOS-Benutzer. Der Hauptspeicher-Bedarf der IBM-eigenen Emulation auf dem PC ist gigantisch. Er ist so groß, daß ich im Regelfall eigentlich keine DOS-PCs mit einer AS/400 unterstützen kann. Meines Erachtens geht IBM hier zu einseitig auf den OS/2-Benutzer ein, für den das Ganze ja prächtig funktioniert. IBM hat sich wohl gesagt: Die AS/400-Modelle sind ja SAA-Produkte, und da ist die klare Linie sowieso OS/2. Dieses Betriebssystem allerdings befindet sich momentan wohl eher auf dem absteigenden Ast, und die meisten Anwenderunternehmen werden in absehbarer Zeit die Anbindung von DOS-PCs bevorzugen.

Technisch ist die DOS-Emulation der AS/400 keine Schwierigkeit; eine Reihe von Third-Party-Anbietern hat das ja hinbekommen. Allerdings gibt es auch dabei mit der AS/400 ein zusätzliches Problem gegenüber der /36 und der /38: Hier war es nämlich noch möglich, Emulationsprogramme von IBM mit solchen anderer Anbieter zu mischen. Mit einer AS/400 muß ich mich von Anfang an für Emulationen im IBM- oder im Non-IBM-Modus entscheiden und stehe damit vor des Teufels Alternative: Wenn ich als DOS-User die IBM-eigene Emulation nehme, kann ich mit der Maschine nichts mehr anfangen. Gehe ich auf die Emulation eines Drittanbieters, habe ich bald sehr viel Ärger mit dem Support von seiten der IBM. Der Techniker sagt mir dann: Ich kann Ihnen leider nicht helfen.

Mein Wunsch wäre, daß OS/2 mehr gepowert würde; davon würden unter dem Connectivity-Aspekt dann auch die AS/400-Anwender profitieren. Damit meine ich, daß adäquat ausgestattete OS/2-PCs billiger sein müßten. Bisher sind sie ja noch nicht zu bezahlen.

Ulrich Heep, DV-Leiter, Blechwarenfabrik Limburg GmbH, Limburg:

Um mit der Betriebssystemseite anzufangen: Die Installation ist mir zu langwierig und zu aufwendig. Wir haben jetzt das Release 3 von OS/400 installiert, wofür im Endeffekt ein Wochenende draufgegangen ist. Die reine Installationszeit beträgt schon zehn Stunden; die zusätzlichen Arbeiten, die man erledigen muß, um keinen Schiffbruch zu erleiden, tun ein übriges.

Der Umgang mit OS/400-Fehlern ist nach meiner Erfahrung gerade beim jeweils neuen Release nicht einfach: Die Ingenieure im Support der IBM Deutschland bekommen die neuen Versionen nicht eher aus den USA als die Anwender selbst. Wenn dann bei der Installation Fehler auftreten, die ja meist neu sind, dann steht der SE ziemlich ratlos in der Gegend herum. Als wir von OS/400, Release 1, auf Release 2 umgestellt haben, trat ein gravierender Bug im Bereich JOIN-Dateien auf. Unsere Anlage war dadurch praktisch zwei Tage unten. IBM Deutschland kam nicht klar, also mußten wir uns selbst Hilfe aus dem Entwicklungslabor in Rochester besorgen. Bis von dort eine Problemlösung kommt, vergeht natürlich eine gewisse Zeit.

Im OS/400, Release 3, sind wesentliche Verbesserungen gegenüber Release 2 enthalten. Allerdings steht man bei Lizenzprogrammen - zum Beispiel beim PC-Support - noch immer schlechter da, weil solche Sachen im Vergleich zu anderen Computerherstellern zu aufwendig sind. Ehe man den PC angemeldet und die Verbindung aufgebaut hat, vergeht eine Menge Zeit. In dieser Richtung müßte also schon noch einiges passieren.

Bei der Hardware ist ein wesentlicher Schritt gemacht worden, etwa dadurch, daß man jetzt auch Platten spiegeln kann. Damit sind wir zufrieden. Performance-Probleme mit den Platten hatten wir auch nie, so daß wir noch immer die alten Einheiten fahren. Es gab zwar Geschwindigkeitsprobleme - die hingen mit unserem Entwicklungsgenerator zusammen -, aber mit den entsprechenden Performance-Tools konnten wir die Ursache identifizieren. Durch eine Hauptspeicher-Erweiterung war die Sache erledigt.

Ich wünsche mir eine weniger zeitaufwendige und elegantere Umstellung von OS/400-Versionen. IBM hat offenbar im Prinzip erkannt, daß hier etwas getan werden muß und installiert neue Releases oder Software-Ergänzungen für 2000 bis 3000 Mark beim Kunden. Eigentlich sollte der Anwender das aber selbständig machen können. Gerade durch die neuen Low-end-Maschinen, die C4 und die C6, kommt ja eine Kundengruppe hinzu, die sich zuvor eher im PC-Bereich bewegt hat. Wenn die zehn oder 18 Stunden mit einem Release-Wechsel beschäftigt sind, dann beklagen sie sich natürlich, und das zu Recht.

Silvia Lohse, DV-Leiterin, Naas Magnet GmbH, Hannover

Wir haben eine /36 über ein "Golden Cable" an eine AS/400-B35 angebunden, worüber täglich die Kundenauftrags-Daten übermittelt werden. Disposition, Einkauf und Produktion laufen seit Oktober 1990 komplett auf der AS/400.

Wir sind zufrieden mit der Maschine; allerdings sind wir auch nicht sehr anspruchsvoll. Zwar schreiben wir im Betriebssystem-Bereich einige CL-Programme, aber ansonsten muß die Maschine einfach nur Tag und Nacht laufen. Das tut sie.

Am Anfang unserer AS/400-Zeit hat mir nicht gefallen, daß IBM uns die Maschine ohne Betriebssystem hingestellt hat, also nicht lauffähig. Ich hätte es vorgezogen, wenn die Lieferung komplett gewesen wäre und wir uns nicht um so vieles hätten kümmern müssen.

Alfred Knauf, Hauptabteilungs-Leiter Org./DV, Battenfeld GmbH, Meinerzhagen

Wir haben neben einer AS/400-B50 noch eine /38-700. Die AS/400 ist sehr komfortabel und kompromißlos bei nicht kritischen Anwendungen wie etwa der Finanzbuchhaftung; sie unterstützt sie sehr gut. Wenn hier mal etwas passiert und ich zwei Tage lang die Buchhaltung nicht aktualisieren kann, ist das noch kein Beinbruch.

Es gibt aber auch existenzkritische Anwendungen, mit denen wir unsere liebe Mühe und Not haben, solange sie auf der AS/400 laufen. Wir planen deshalb, auch dort auf DEC-VAX zu gehen. Technische Anwendungen fahren wir bereits jetzt damit. Wenn zwei Tage lang die Produktionsplanung und -steuerung ausfällt, kann es sehr schnell passieren, daß eine auf Flexibilität und kurze Fristen angewiesene Fertigung leer läuft.

Haben wir etwa einen Head-Crash, dann brauchen wir mindestens 24 Stunden, bis die Backup-Bänder überspielt worden sind und die AS/400-Anlage wieder aktiviert ist. Darauf kann ich nicht bauen.

Um eine maximale Verfügbarkeit der AS/400 zu erreichen, bin ich in höherem Maße auf guten Service angewiesen. Daß keine fehlertoleranten Systeme im Midrange-Bereich vorhanden sind, bleibt aber eine Schwachstelle der IBM im Vergleich zu den Mitbewerbern.

Unser PPS-System unterstützt rund 120 Anwender. Wenn die Anlage steht, geht nichts mehr. Das eskaliert dann so weit, daß ganze Abteilungen nach Hause gehen können. Die Schwäche der AS/400 ist es, daß sie kein dezentrales Verarbeitungskonzept mit mehreren Prozessoren als Backup- oder Schattenrechner ermöglicht. Das wirkt sich auch beim Upgrade-Bedarf negativ aus: Von unserer B50 können wir noch auf eine B70 gehen. Ist die aber auch ausgelastet, muß ich praktisch eine zweite Anlage dazukaufen. Dann habe ich aber erhebliche

Probleme, die Applikationen zu splitten. In der DEC-Welt werden solche Probleme mit Hilfe des VAX-Cluster-Konzepts gelöst.

Über eine SQL-Schnittstelle ist es zwar möglich, von einer AS/400 auf den Datenbestand einer anderen zuzugreifen, also quasi verteilt zu arbeiten; das gilt aber nicht, wenn ein Rechner außer Betrieb ist. Wir werden die SQL-Schnittstelle trotzdem implementieren, um die Kommunikation zwischen der AS/400- und der DEC-Welt zu ermöglichen.

Vielleicht faßt die IBM das ja als Input auf. Zur Zeit jedenfalls kann sie bestimmte Anforderungen, die in den Anwenderunternehmen auftauchen, nicht bedienen.