Anwenderbericht Ravensburger AG

Redesign schafft Schutz vor Ausfällen im Core-Bereich

27.07.2009 von Jürgen Hill
Der Spielehersteller Ravensburger konnte mit einem neuen Netzdesign die Ausfallsicherheit deutlich erhöhen.
Die Ravensburger AG ist als Spielehersteller für Klassiker wie Memory bekannt. Das Spiel feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag.
Foto: Ravensburger Spiele

Über 91 Prozent der Menschen kennen Memory, den Megaseller des Unternehmens, der in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert. Während der Jubilar von der doppelten Auslegung seiner Spielkarten lebt, war die Redundanz der Netzinfrastruktur in der Vergangenheit nicht immer gegeben.

Dabei führt schon ein Ausfall von wenigen Minuten zu Auswirkungen in der Supply Chain des Unternehmens. "Und das kostet Geld und Nerven", erläutert Marcus Dressler, CIO bei Ravensburger und Herr über 700 PCs sowie 220 Laptops und rund 80 Server mit Windows Server 2003. Entsprechend wichtig ist für den Mittelständler mit seinen rund 1.500 Beschäftigten ein reibungsloses Funktionieren des Netzes. Deshalb wollte der Spielehersteller sein Netz einem Redesign unterziehen, um die Ausfallsicherheit und Performance zu verbessern. Gleichzeitig sollten die erst kürzlich beschafften Cisco-Switches weiterhin zum Einsatz kommen.

Um wirklich schonungslos alle Schwachstellen im Netz zu identifizieren, holten sich die Ravensburger externe Hilfe ins Boot. Die Entscheidung fiel dabei zugunsten der Scatel AG. Das Unternehmen aus Waltenhofen bei Kempten, so erklärt Martin Fillafer, Leiter Benutzerservice und Kommunikation bei dem Spielehersteller, die Entscheidung, "vermittelte uns den Eindruck, hier jemanden zu haben, der den Mittelstand gut versteht". Das konnte das Scaltel-Team gleich zu Beginn des Projekts unter Beweis stellen: In einem ersten Schritt sollte es die bestehende Netzinfrastruktur auf Schwachstellen untersuchen und ein Konzept für das Redesign des Netzes vorschlagen.

Die Projektziele

  • Redesign des Netzes,

  • vorhandene Switches weiternutzen,

  • größere Ausfallsicherheit,

  • höhere Performance,

  • übersichtliche und redundante Netzstruktur,

  • Netzbetrieb mit höchster Verfügbarkeit,

  • weniger Topologiewechsel,

  • Fitness für die Zukunft (VoIP).

Neustrukturiertes Netz bietet Ausfallsicherheit

Redesign: Dank einer strukturierten Verkabelung konnte man bei Ravensburger die vorhandenen Switche weiternutzen und gleichzeitig die Redundanz und Verfügbarkeit des Netzes erhöhen.
Foto: Cisco

Die Netzexperten von Scaltel fanden bei ihrer Analyse dann einige Stellen, an denen in der über mehrere Jahre gewachsenen Infrastruktur Handlungsbedarf bestand. So lief fast der gesamte Netzbetrieb, also nahezu alle User-Arbeitsplätze, Server und auch das Routing, auf einem Coreswitch zusammen. Bei einem Ausfall dieses Geräts wären viele Unternehmensbereiche betroffen gewesen. Durch die gewachsene Struktur war die Ethernet-Topologie zudem unübersichtlich. Erschwerend kam hinzu, dass mit dem Standart Spanning Tree Protocol ein veraltetes Protokoll zum Einsatz kam. Zudem befanden sich viele Verbindungen nicht im Aktiv-Modus, so dass diese Leistungswege nicht genutzt wurden. Auch in anderen Punkten war die Redundanz beziehungsweise Ausfallsicherheit nicht optimal. Nur rudimentär implementiert und konfiguriert war auch das VLAN Trunking Protocol (VTP), das in Cisco-Netzen zur Administration der virtuellen LANs dient.

Nach einer Analyse dieser Ergebnisse waren sich alle Beteiligten einig, dass die Infrastruktur einer Neustrukturierung bedurfte, damit Ravensburger nicht nur ein ausfallsicheres Netz erhielt, sondern auch für die Anforderungen der Zukunft wie etwa VoIP gerüstet war. Dabei sollten die vorhandenen Switches aus Kostengründen weiter zum Einsatz kommen.

Grundlage des neuen Netzkonzepts sollte eine strukturierte Verkabelung sein. Hierzu waren die bestehenden Multimode-Glasfasern bis zu den Unterverteilern vorgesehen. Die einzelnen Arbeitsplätze sind mit Kupferkabeln angebunden. Teilweise, etwa bei den MAC-Rechnern, sah das Konzept dabei bereits Gigabit Ethernet vor. Ansonsten sollten alle risikobehafteten Netzkomponenten ausgetauscht werden. Zugunsten eines ganzheitlichen Redundanzkonzeptes sollten zudem die vorhandenen Cisco-Modelle ergänzt werden. Gleichzeitig sah das von Scaltel und der Ravensburger IT-Mannschaft erarbeitete Lastenheft vor, den bisher kritischen Core-Bereich des Netzes durch eine Verteilung und Auslagerung verschiedener Netzservices zu entlasten und so die Situation zu entzerren.

Angesichts der vielen unterschiedlichen Aufgaben kristallisierte sich schnell heraus, dass die Netzumstellung nur in zwei Schritten zu bewältigen war. Zuerst wurden risikobehaftete Netzkomponenten durch neue ersetzt beziehungsweise ergänzt. Für manche hatte der Hersteller keinen Service mehr gewährleistet. In der zweiten Stufe wurde die hohe Last im Core-Bereich entzerrt. Hierzu schuf Partner Scaltel eine neue Netztopologie. Mit Hilfe der 3750-Switches wurde ein redundanter Server-Layer im Datacenter-Bereich eingerichtet, um die Rechner aus dem Core-Bereich auszulagern. Dadurch erhöht sich vor allem die Ausfallsicherheit. Für zentrale Dienste fungiert ein Modell der Catalyst-Serie 6506 als Core Switch. Da die Ravensburger AG zwei solcher Geräte im Einsatz hat, konnte das Routing und andere Dienste auf beide Komponenten verteilt werden. Zentrale Dienste Firewall und WLAN könnern hier zukünftig integriert werden. Gleichzeitig wurde das Link Aggregation Control Protocol (LACP) eingeführt, um physische Netzverbindungen dynamisch zu bündeln. Ergänzend wurde das Routing via HSRP aufgeteilt. Das ursprünglich proprietäre Hot Standby Router Protocol ist eine Cisco-Entwicklung und dient dazu, die Verfügbarkeit von wichtigen Gateways in lokalen Netzen zu erhöhen. Neue Aufgaben übernahm ein bereits vorhandener 4507-Switch. Kam er früher ebenfalls im Core-Bereich zum Einsatz, so dient er jetzt als klassischer Distributionsverteiler.

Unter dem Strich gelang es Scaltel mit dieser Topologie, die Spanning-Tree-Domain zu verkleinern und Leitungen, die vorher nur zur Sicherung gedient hatten und sonst nicht genutzt wurden, ebenfalls aktiv in die Architektur einzubinden. Auf diese Weise wurde nicht nur ein redundantes Netzdesign geschaffen, das der Ausfallsicherheit zugute kommt, sondern es konnte auch die Performance im Netz deutlich gesteigert werden. Zudem existiert nun die Option einer Vollvermaschung ohne Standby-Leitungen.

Verbesserte Infrastruktur ermöglicht neue Services

Im nächsten Schritt soll auch das Netz des Freizeitparks Ravensburger Spieleland modernisiert werden.
Foto: Ravensburger

Auf dem Papier, die Beteiligten hatten 80 Prozent der Projektzeit in Planung und vorbereitende Dokumentation investiert, wirkte die neue Struktur überzeugend. Doch die eigentliche Nagelprobe wartete auf die Netzexperten in Form der praktischen Umstellung. Diese hatte nämlich im Core, so blickt CIO-Dressler zurück, an nur einem Wochenende zu erfolgen, um die sonst laufende Supply Chain nicht zu stören. Eine Operation, die dank der guten Vorbereitung ohne Probleme gelang.

Mittlerweile kann sich Dressler nicht nur über ein Netz mit verbesserter Ausfallsicherheit und höherer Performance freuen, sondern den Anwendern auch neue Services offerieren. So können jetzt über Nacht die MAC-Daten über das LAN gesichert werden. Früher scheiterte dies an den fehlenden Gigabit-Switches, so dass die Nachtzeit hierfür nicht ausreichte.

Dressler hat bereits das nächste Projekt vor Augen. In dem zum Konzern gehörenden Famillien-Freizeitpark "Ravensburger Spieleland" sollen die Netzkomponenten ebenfalls ausgetauscht werden, um eine einheitliche Cisco-Umgebung herzustellen. Diese könnte dann beispielsweise als Basis für eine künftige Migration auf Voice over IP (VoIP) dienen.