Virtuelle Desktops in Unternehmen

Ratgeber - IT-Infrastruktur für Thin Clients

07.12.2012 von Johann Baumeister
Thin Clients sind einfach in der Verwaltung und lassen sich schnell an veränderte Anforderungen, wie etwa virtuelle Desktops, anpassen. Gleichzeitig ändern sie aber auch die Betriebsprozesse. Wir geben Hilfestellung bei der Einführung und dem Betrieb von Thin-Client-basierten IT-Strukturen.

Thin Clients wurden ursprünglich vor allem als Endgeräte in Server-based-Computing-Umgebungen mit Microsoft WindowsTerminal Server und Citrix Server eingesetzt. Mittlerweile haben sich die System- und IT-Strukturen jedoch weiterentwickelt. Die Netzwerkinfrastrukturen sind gewachsen, und die Thin-Client-Technologien sind weitaus ausgereifter.

Aktuelle Thin Clients zeichnen sich durch ein schlankes Design, geräuschloses Arbeiten und sehr geringen Stromverbrauch aus. Aufbau und Funktionsweise eines Thin Clients orientieren sich primär an den Anforderungen und dem Einsatzzweck. Manche Hersteller bieten dabei ein umfassendes Spektrum an Geräten, von einfachen Modellen mit geringster Ausstattung für die Datenerfassung bis hin zu Systemen, die für den Einsatz als grafische Arbeitsplätze optimiert sind. Heutige Einsatzbereiche sind daher vielfältig. Infolgedessen erobern Thin Clients schrittweise immer neue Segmente der IT-Nutzung, sodass auch entsprechende IT-Infrastrukturen zur Verfügung stehen müssen.

Rezentralisierung der IT durch Thin Clients

Die Konzepte hinter den Thin Clients sind keineswegs neu. Die Großrechnersysteme und auch Unix-Systemeoperierten von Beginn an mit schlanken Benutzergeräten, die als Terminals bezeichnet wurden. Durch die Produktreihen von Microsofts Terminal Server und Citrix XenApp wurden diese Terminal Server-Funktionen im breiten Stil etabliert. Selbst VMware konnte sich dem Trend nicht verschließen und offeriert mit View nun eine vergleichbare Lösung. All diese Implementierungen orientieren sich an den Konzepten schlanker Endgeräte.

Im Wandel: Der Einsatz von Thin Clients erfordert eine spezielle IT-Infrastruktur.
Foto: HP

Aufgrund ihrer universellen Struktur eignen sich diese schlanken Rechner aber nicht nur für entfernte Bildschirmausgaben, sondern sie lassen sich gleichermaßen als Benutzergeräte für virtuelle Desktops, zum Beispiel im Kontext mit Citrix XenDesktop oder Oracle Virtual Desktop Infrastructure, anwenden. Des Weiteren kommen diese Geräte auch als Frontend für Highend-Arbeitsplätze mit Blade Workstations im Rechenzentrum zum Einsatz.

Einsatzszenarien für Thin Clients

Thin Clients erobern immer weitere Felder im IT-Einsatz. Von einem vollständigen Ersatz von PCs durch Thin Clients zu sprechen, wäre allerdings verfrüht. Daher sollte man sich im Vorfeld über den möglichen Einsatz im Klaren sein. Heutzutage zeigen sich vor allem folgenden möglichen Einsatzszenarien, bei denen Thin Clients ihre Stärken ausspielen können:

Thin Clients in der Kostenbetrachtung

Durch die Technik des Server-based Computing, die den Thin Clients zugrunde liegt, werden die Applikationen auf einem zentralen Server ausgeführt. Auf Anwenderseite werden lediglich die Benutzereingaben entgegengenommen und die Bildschirmausgaben dargestellt. Hierzu werden aber nur einfachere und kostengünstigere Geräte benötigt. Dies hat entscheidende Vorteile.

Die Geräte, die für diese Aufgaben erforderlich sind, benötigen keine umfangreiche Ausstattung. Statt vollständiger PCs kommen weniger komplexe Client-Geräte zum Einsatz. Diese wiederum haben einen geringeren Stromverbrauch, senken die Wärmeentwicklung, vermeiden Lüftergeräusche und sind weniger fehleranfällig und vor allem weitaus einfacher zu verwalten. Alle diese Aspekte helfen signifikant die Kosten zu senken.

Die Analysten von IDC haben in Studien nachgewiesen, dass sich durch den Einsatz von virtuellen Desktops die Kosten senken lassen. Dies liegt vor allem an der einfacherer Verwaltung eines Thin Client gegenüber dem Aufwand für einen vollständigen PC. Den Experten von IDC zufolge schlagen diese Verwaltungskosten mit zirka 80 Prozent der Gesamtkosten pro Jahr zu Buche. Die Analysten gehen von einer Senkung des Verwaltungsaufwand auf ein Drittel aus. Diese wiederum entspricht einer Reduzierung der Verwaltungskosten von etwa 1298 US-Dollar auf zirka 425 US-Dollar pro Jahr.

Neue Verwaltungsprozesse notwendig

Da Thin-Client-Anwendungen immer die Unterstützung von Systemen in der zentralen IT benötigen, sind hier gravierende Änderungen zu erwarten. Eine genaue Bedarfsanalyse sollte daher bei der Einführung dieser Gerätekategorie selbstverständlich sein. Mitunter müssen neue Serversysteme und zentrale Speicherkapazitäten aufgebaut werden. Da alle Anwendungen über das Netzwerk geschleust werden, wird man oftmals nicht umhinkommen, auch Netzwerkanpassungen vorzunehmen. Diese kann mitunter erhebliche Investitionen nach sich ziehen. Dafür gewinnt man aber eine einfachere Verwaltung. Templates ersetzen die Rollout-Mechanismen für individuelle Desktops.

Daher werden in den IT-Abteilungen neue Verwaltungsprozesse und auch Tools notwendig. Aber nicht nur die zentrale IT muss sich umstellen: Bei der Einführung von Thin Clients müssen sich die Unternehmen häufig auf mangelnde Akzeptanz seitens der Anwender einstellen, denn manche Nutzer stehen den Thin Clients skeptisch gegenüber und präferieren einen "vollwertigen" PC. Der Trend zu den mobilen Geräten wie Smartphones oder Tablets, die ebenso wie Thin Clients Anwendungen und Daten aus der Ferne beziehen, kann diese Hürde allerdings abbauen.

Einfache Verwaltung als Pluspunkt

Die Verwaltung von Thin Clients reduziert sich vor allem auf die Bereitstellung einer zentralen Konfiguration. Vor-Ort-Serviceeinsätze entfallen dabei in der Regel. Für eine Remote-Konfiguration dienen häufig herstellereigene Verwaltungs-Tools, die neben der Update-Unterstützung des Thin-Client-Betriebssystems und einzelner Module auch Konfigurationsmöglichkeiten sowie Support-Tools wie zum Beispiel eine Arbeitsplatzspiegelung bieten.

Der gesamte Aufgabenblock der Softwarebereitstellung, des Patch-Managements sowie der Verwaltung von Profilen oder Daten entfällt auf der Client-Seite. Durch ein Kommunikationsmodul, dem Broker, werden die zentralen Ressourcen mit den Thin Clients verknüpft. Dies ist, verglichen mit der Client-seitigen Verwaltung auf einem traditionellen PC, weitaus einfacher und letztendlich auch der Grund für den Erfolg der Citrix-Dienste beziehungsweise des Microsoft Terminal Servers. Alle Berechnungen und Erfahrungen der Unternehmen haben gezeigt, dass die Verwaltung einer PC-basierten Infrastruktur ein Mehrfaches der eigentlichen Anschaffungskosten ausmacht. Die Kosten entstehen somit über die Jahre verteilt in der Verwaltung der Systeme.

Da Thin Clients nur wenige Konfigurationseinstellungen kennen, ist auch die Verwaltung relativ einfach. Dennoch sollte man sich im Vorfeld über die genauen Aufgaben der Verwaltung im Klaren sein. Neue Tools und Prozesse werden benötigt. Die bestehenden und bekannten Desktop-Tools und Hilfen zur Hard- und Softwareinventarisierung, zur Softwareverteilung, zur Sicherung von Daten auf den Clients und zur Client-basierten Sicherheit, wie etwa Anti-Virus, Anti-Spam oder Desktop-Firewalls, sind bei Thin Clients meist nicht anzuwenden, oftmals aber auch nicht notwendig. Bei der Verwendung von Thin Clients werden diese Aufgaben zumindest durch weitaus einfachere Funktionen ersetzt. Gleiches gilt für den Datenschutz und die Anforderungen an die Compliance.

Eingebaute Sicherheit

Ein weiterer Aspekt beim Einsatz von Thin Clients betrifft die Systemsicherheit. Da die gesamte Verarbeitung der Applikationen auf den zentralen Serversystemen und nicht auf dem Benutzer-Desktop durchgeführt wird und auf dem Benutzergerät auch keine Daten oder Konfigurationseinstellungen liegen, sind die abgespeckten Systeme, verglichen mit PCs, per se sicherer. Angriffe sind somit nicht direkt möglich, sodass die Gefahr eines Datenverlusts oder Datendiebstahls gering ist.

Da die Anwendungen als Serverapplikationen bereitgestellt werden, sind Thin Clients auch in Bezug auf Design und Funktionalität klarer und einfacher. Dies macht sie zudem weniger anfällig gegen Systemfehler, Hardwareausfälle oder Sicherheitsangriffe.

Geringeres Bedrohungsrisiko

Ebenfalls überdacht werden müssen die Sicherungskonzepte für die Daten. Werden Daten gestohlen, so geht das in der Regel immer mit einem erheblichen Reputationsschaden einher. Um dem Diebstahl von Daten vorzubeugen, setzt man bei PCs auf Firewalls oder Data-Leakage-Protection-Werkzeuge. Ferner werden meist auch organisatorische Vorgaben festgelegt. Zwar gelten beim Einsatz von Thin Clients viele Konzepte weiter, aber längst nicht alle. Viele dieser Bedrohungen sind im Thin-Client-Umfeld nämlich irrelevant.

Wenn keine Daten lokal vorhanden sind, so können auch keine gestohlen werden. Aber auch der weitere Schutz, wie etwa jener durch Firewalls oder DLP- Tools, wird bei Thin Clients einfacher. Die Sicherungssysteme müssen nur für die Server eingerichtet und verwaltet werden.

Störungen in der Funktionsfähigkeit sind bei Thin Clients eher seltener zu erwarten. Dagegen sind etwa Windows-PCs mit lokal installierten Applikationen öfter Angriffen ausgesetzt, die die Stabilität des Rechners und seine Funktionsfähigkeit gefährdet. Zudem haben die Benutzer nur sehr eingeschränkte oder keine Rechte und Möglichkeiten, Änderungen an den Geräten oder in der Konfiguration vorzunehmen.

Zentrale Sicherungskonzepte

Benutzer speichern häufig Daten auf den lokalen Festplatten der PCs. Diese Daten sind aber nur unzureichend gegen Diebstahl oder versehentliches Löschen gesichert. Häufig müssen sich die Unser zudem selbstständig um die Sicherung ihrer lokalen Daten auf den PCs kümmern. Das führt nicht selten zu Datenverlusten und in der Folge zu Doppelarbeiten oder zur Unterbrechung des Arbeitsflusses.

Thin Clients haben in der Regel keine lokalen Daten. Alle Daten werden ausschließlich auf zentral verwalteten Servern beziehungsweise Storage-Systemen abgelegt. Durch den Einsatz der Thin Clients können daher die zentral verwalteten Datenmengen erheblich ansteigen. Die Sicherungskonzepte für diese Systeme müssen deshalb oftmals angepasst werden. Durch sie werden dann, ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Benutzer, die Benutzerdaten gesichert. Damit sind Datenverluste auf ein geringeres Risiko begrenzt.

Die Zentralisierung der Daten auf dem Server beziehungsweise Storage hat noch einen weiteren Vorteil: Die Daten der einzelnen Rechner müssen nur auf einem einzigen Speicher bereitgehalten und gesichert werden - das spart Installationsaufwand bei einem Ausfall (Backup und Restore). Die Installation von Daten auf verteilten "Einzelplatz-PCs" hingegen ist mit erheblich höherem Arbeits- und Managementaufwand verbunden. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation TecChannel.