Quartalsverlust fuehrt zu Entlassungen Cobol-Firma Micro Focus muss sich nach der Decke strecken

12.05.1995

MUENCHEN (qua) - Mit Spar- und Umstrukturierungsmassnahmen reagiert der Cobol-Spezialist Micro Focus Ltd., Newbury, England, auf den ruecklaeufigen Umsatztrend und einen Verlust von 4,2 Millionen Pfund beziehungsweise 6,8 Millionen Dollar im ersten Viertel des Geschaeftsjahres 1995. Auch die Micro Focus GmbH in Muenchen muss den Guertel enger schnallen.

Das negative Ergebnis des juengsten Quartals kommt nicht ganz unerwartet. Ihm ging ein mageres Geschaeftsjahr 1994 voraus. Zwar nahm das britischstaemmige Software-Unternehmen zwischen dem 1. Februar 1994 und dem 31. Januar 1995 weltweit 138,5 Millionen Dollar ein, also rund zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. Doch statt des 1993 erzielten Gewinns von 22 Millionen Dollar musste Micro Focus diesmal einen Verlust von 4,9 Millionen Dollar hinnehmen.

Ein wenig abgemildert wurde diese negative Tendenz durch das britische Steuerrecht. Aufgrund besserer Abschreibungsmoeglichkeiten ermoeglichte es dem Software-Unternehmen mit Zweitsitz im kalifornischen Palo Alto, daheim im Vereinigten Koenigreich einen Profit von 4,6 Millionen Pfund zu berichten.

Die vorlaeufigen Zahlen fuer das erste Quartal des neuen Geschaeftsjahres weisen den - diesmal in den USA und in Grossbritannien evidenten - Verlust zumindest teilweise als das Ergebnis eines Umsatzrueckgangs aus. Hatte sich der Micro-Focus- Vertrieb im Vergleichszeitraum des Vorjahres Einnahmen in Hoehe von 30 Millionen Dollar gutschreiben koennen, so lag der Vierteljahresumsatz heuer nur bei 28,7 Millionen Dollar. Da der Cobol-Markt insgesamt nicht viel Dynamik zeigt, duerften die neuen Produktankuendigungen von IBM und Computer Associates (siehe CW Nr. 50 vom 16. Dezember 1994, Seite 19 und Seite 20) den Micro-Focus- Verkaeufern das Leben recht schwer gemacht haben. Allerdings sind in dem Verlust auch Restrukturierungskosten von 3,4 Millionen Dollar enthalten.

Wie im Falle eines Verlusts ueblich, hat das Micro-Focus-Management beschlossen, die Belegschaft zu reduzieren. 75 Mitarbeiter "aus allen Bereichen des Unternehmens" (Micro-Focus-Pressemitteilung), mithin ein Zehntel der Workforce, bekommen demnaechst ihre Papiere. Die anderen werden so lange auf Gehaltserhoehungen verzichten muessen, bis die Ergebnisse wieder einen "zufriedenstellenden" Grad der Profitabilitaet erreicht haben.

Auch die Micro Focus GmbH, Muenchen, bleibt von den in Newbury und Palo Alto beschlossenen Sparmassnahmen nicht verschont. Ein Sprecher der deutschen Niederlassung bestaetigte, dass es Entlassungen geben werde, beteuerte jedoch, dass die Bereiche mit "direktem Kundenkontakt" davon ausgenommen wuerden.

Wie der deutsche Geschaeftsfuehrer Reinhard Janning kuerzlich im Gespraech mit der CW erlaeuterte, will Micro Focus kuenftig neben dem traditionellen Cobol-Geschaeft Beratungs- und Serviceaktivitaeten in den Bereichen Mainframe-Offloading und Client-Server-Computing forcieren. Die jetzt angekuendigten Restrukturierungsmassnahmen dienen dazu, so Chief Executive Officer Paul O'Grady, die Unternehmensorganisation mit diesen Zielen in Einklang zu bringen. O'Grady wird kuenftig als alleiniger CEO die Geschicke des Unternehmens leiten. Im Gegenzug hat er den Posten des Chairman an den bisherigen Co-Chef Brian Reynolds abgegeben, der eng mit dem FuE-Bereich kooperieren soll