HP-Technologie dann auch bei der IBM

Prestige-Erfolg für HP: Stratus setzt künftig PA-RISC-CPUs ein

10.07.1992

MÜNCHEN (CW) - Was die Techniker von Hewlett-Packard auf dem RISC-Sektor entwickeln, nötigt der DV-Industrie Respekt ab. Das beginnt sich für HP auszuzahlen. So entschied sieh die Stratus Computer Inc., in die nächste Generation ihrer fehlertoleranten Systeme PA-RISC-Prozessoren zu implementieren. Voraussichtlich arbeiten dann auch die /88-Systeme von Big Blue - OEM-Ware von Stratus - mit HP-Prozessoren.

Stratus, bereits seit 1989 mit RISC-basierten Minicomputern am Markt, wechselt den Lieferanten der RISC-CPUs: Nach Intel kommt jetzt HP. Der Spezialist für fehlertolerante Systeme implementierte in den ersten symmetrischen RISC-Multiprozessor-Systemen, die 1989 vorgestellt wurden, 860er Prozessoren von Intel. In Zukunft soll HP den Ton angeben - ab Ende 1993 will man einem Stratus-Mitarbeiter zufolge Rechner mit PA-RISC-Chips herausbringen.

Stratus begründet die Entscheidung mit der langjährigen Erfahrung der bereits früh bei offenen Systemen engagierten HP-Mannschaft. "Unsere Computerarchitektur ist nicht von einem einzigen Chip abhängig", erklärt Paul Jones, Vice-President für Entwicklung. Daher könne man wechseln, wie hier zum Hersteller HP.

Sämtliche Anwendungen, die auf den Systemen mit Motorola, Intel-860- oder PA-RISC-CPU eingesetzt werden, sind laut Stratus zueinander kompatibel. Wie bereits die ersten RISC-Rechner unterstützen alle mit HP-Chip ausgestatteten Stratus-Rechner sowohl das proprietäre Betriebssystem VOS als auch das Unix-Derivat FTX. Damit unterscheidet sich der Hersteller aus Marlboro, vom wichtigsten Konkurrenten Tandem, dessen Mips-basiertes fehlertolerantes RISC-System "Cyclone/R" nur unter der herstellerspezifischen Systemsoftware "Guardian" läuft. Die Möglichkeit der Anwender, bei den Stratus-Produkten zweigleisig zu fahren, sehen Branchenkenner deswegen auch als Grund für die im Vergleich zum Markführer Tandem derzeit bessere Geschäftsentwicklung.

HP beliefert mit Stratus einen Wettbewerber. Die Sequoia Systems Inc., die eigenen Informationen zufolge mit Geschäftseinbußen rechnet, bietet ebenfalls fehlertolerante Systeme an. HP hat sich zu zehn Prozent an diesem Hersteller beteiligt und vertreibt zudem als OEM-Partner fehlertolerante Systeme mit Seqouia-Technologie.

Auch bei der IBM werden dann Rechner mit HP Chip zu finden sein. "Wir gehen nach den bisherigen Abmachungen davon aus, daß die IBM daran interessiert ist, die neue Technologie einzusetzen", erklärt ein Eschborner Stratus-Mitarbeiter. Erst 1990 verlängerte IBM den 1985 abgeschlossenen OEM Vertrag um weitere fünf Jahre. Die fehlertoleranten Rechner gehen bei den Armonkern als /88-Systeme über den Ladentisch, wobei Big Blue mit einem Anteil von 20 bis 25 Prozent am Gesamtumsatz von Stratus (1991: 448,6 Millionen Dollar) als OEM-Partner eine bedeutende Stellung einnimmt .

Der RISC-Chip von IBM stand bei den Stratus-Entwicklern trotz dieser Abkommen nicht zur Debatte. "Nicht jede RISC-CPU läßt sich für fehlertolerante Systeme verwenden" ,heißt es bei Stratus. Fehlertoleranz er fordere Chips, die absolut gleich arbeiten würden, wo eben jeder Zustand genau definiert sei. Bei den RS/6000-Prozessoren treffe dies nicht zu.