Praxistest: Nokia 6131

02.04.2007

Lieferumfang / Verarbeitung

Besonders gönnerhaft geben sich die Finnen beim Nokia 6131 nicht. Neben dem Handy und dem obligatorischen Ladekabel findet man lediglich ein kabelgebundenes Stereo-Headset und zwei Anleitungen in der Pappschachtel. Man muss den Folder einmal in der Hand gehalten haben, um nachempfinden zu können, warum Nokia ihm den Untertitel "Slim" mit auf den Weg gibt. Denn vom Datenblatt sollte man sich nicht täuschen lassen: 20mm misst das 6131 nur an der Kopfseite und verjüngt sich in Richtung Fuß zu einer unverwechselbaren Keilform. Design mag Geschmackssache sein, aber an Motorolas KRZR oder Samsungs D830 kommt dieses Telefon wahrlich nicht heran. Da hilft auch der Kunstlederüberzug auf der Rückseite nicht viel, den Nokia wahrscheinlich eher aus Marketinggründen als "Softtouch"-Oberfläche deklariert. Die sonstige Materialwahl bewegt sich irgendwo zwischen Legostein und glattem Chromplastik und kann haptisch bei weitem nicht so begeistern wie ein D600, RAZR oder PEBL. Eine effektvolle Spielerei konnten sich die Finnen nicht verkneifen: ein Knopf am Scharnier öffnet den Folder mit einer etwas wackeligen Klappmechanik.

16 (komma 7) Millionen Farben stellt das 240 Pixel breite und 320 Pixel hohe Hauptdisplay des 6131 dar - bei dieser Auflösung eher förderlich für die Produktwerbung als für die Darstellung. In der Praxis bewährte sich aber vor allem das transflektive Außendisplay: auf 128x160 Pixeln werden vollständige Statusinformationen sowie Popup-Boxen über Bluetooth-Connectivity, anstehende Termine oder eingegangene Nachrichten ausgegeben. Da das Display über eine Beschichtung verfügt, lassen sich Informationen auch ablesen, ohne vorher die Hintergrundbeleuchtung aktivieren zu müssen.

Die gleichmäßig großen Tasten liegen etwas dicht beieinander, lassen sich aber dank leicht erfühlbarer Erhebungen auch von Schnelltippern gut bedienen. Die Druckpunkte sind weich ausgefallen und äußerst gleichmäßig. In ihrer Größe gut angepasst findet man neben dem 5-Wege-Navkey zwei Tasten für die Telefonfunktionen und zwei Softkeys, die die Hauptarbeit bei der Menünavigation übernehmen. Unterstützt wird die Bedienung von einer gleichmäßigen Tastaturbeleuchtung, die alle Zifferntasten in sanftem Weiß durchleuchtet. Navkey und Softkeys werden farblich hervorgehoben und sind auch im Dunkeln gut vom Rest der Tastatur unterscheidbar.

Ausstattung

1280x960 Pixel messen Fotos aus der CMOS-Kamera auf der Oberseite der Klappe. Je nachdem, wie ernst man das Thema Handyfotografie nimmt, kann man der Bildqualität ein wenig auf die Sprünge helfen und in drei Stufen den Trade-Off zwischen Speichergröße und Kompressionsverlusten regeln. Doch auch bei höchster Qualitätseinstellung können die Ergebnisse nicht mit den Spitzenmodellen der Branche mithalten - zu deutlich legt sich ein Rotstich über die Fotos, zu undeutlich und verwaschen wirken Details, auch wenn sie sich relativ nahe an der Linse befinden. Die erweiterten Einstellungsmöglichkeiten lassen sich dann auch an einer Hand abzählen, zu den Highlights zählt eine Multibild-Funktion, die ähnlich wie Sony Ericssons K800i mehrere Aufnahmen in höchster Auflösung schnell hintereinander schießt. Die Qualität der maximal QCIF-großen 3GP-Filmchen vom 6131 riss ebenfalls keinen unserer Redakteure vom Hocker. Wer mehr will, braucht z.B. ein 6280. Mit den im 6131 ab Werk verfügbaren knapp 11 Megabytes Speicher kommt man nicht allzu weit. Wenn man Medienfunktionen nutzen möchte, ist das Upgrade aber leicht: bis zu 2000MBs lassen sich in Form von microSD-Kärtchen nachrüsten, ohne dafür den Akku entnehmen zu müssen. Der Musikplayer kann mit MP3-, MP4- (bzw. entsprechenden AAC-) und WMA-Dateien umgehen, sofern diese nicht einem digitalen Rechtemanagement unterliegen, das vom PC ausgeht. Darüber hinaus verfügt das Handy über Decoder für AMR-, MIDI- und WAV-Files. Alle Dateitypen lassen sich auch als Klingel- oder SMS-Benachrichtigungston einstellen. Ärgerliches Manko: der Player ist nicht in der Lage, Playlists anzulegen - hier ist man auf den Music Manager von Nokias PC Suite angewiesen. Sollte man statt der eigenen Musiksammlung lieber auf Sound aus dem Ultrakurzwellenäther setzen, bekommt man von Nokia ein FM-Radio an die Seite gestellt.

Das Quadband-Handy stellt Verbindungen mit dem Internet via GPRS oder - soweit verfügbar - dem schnelleren Zwischenstandard EDGE her. Als Browser kommt eine selbst entwickelte Software zum Einsatz, die sowohl mit HTML als auch XHTML- und WAP2.0-Websites umgehen kann. Er kann mit Javascript, verschiedenen Textkodierungen und Cookies umgehen und merkt sich auf Wunsch Passwörter. EMails kann man mit dem 6131 von TLS und SSL-gesicherten POP- und IMAP-Postfächern abholen, die Einstellungen nimmt das Handy in vielen Fällen automatisch vor. Ein automatischer Abruf ist allerdings nicht vorgesehen. MMS sendet und empfängt der Folder bis zu einer Maximalgröße von 300kB, SMS landen dank FlashSMS-Funktion sofort auf dem Bildschirm des Empfängers.

Die Kontaktverwaltung gestaltet sich beim Nokia 6131 so erfreulich vielseitig, so dass man von einem Referenzmodell in diesem Bereich sprechen kann. Einer Person lassen sich mehrere Telefonnummern aus verschiedenen Kategorien hinzufügen und nachträglich auch deren Typisierung ändern. Wieder mit an Bord sind die IMPS-typischen Eigenschaften für Erreichbarkeitsdienste, mit denen sich - einen entsprechenden Server vorausgesetzt - feststellen lässt, ob ein Kontakt gerade online oder beschäftigt ist. Der Kalender genügt erweiterten Ansprüchen einer Privatperson und kategorisiert Termine nach Besprechungen, Anrufen, Geburtstagen, Notizen und Erinnerungen, stellt sie in der Wochenansicht aber alles andere als übersichtlich dar. Noch "spezieller" sieht die Monatsübersicht aus: Tage, an denen Termine anliegen, werden in leichtem Fettdruck angezeigt - dank der hohen Auflösung ist das aber kaum zu erkennen.

Mit seinem Bluetooth 2.0EDR-Port verschickt das 6131 mit durchschnittlich 50kB/s über den maximal 10m langen Äther, ein A2DP-Profil für Musikfreunde hat Nokia dem Folder leider nicht spendiert. Dafür gibt's ein SAP-Profil, mit dem man bequem von seiner Freisprecheinrichtung im Kfz auf die SIM-Kontakte zugreifen kann. Als besonders praktisch erweist sich Bluetooth, wenn man die Funkschnittstelle als Ersatz fürs nicht mitgelieferte Datenkabel verwendet, in der Praxis waren unsere Pairings mit WidComm-Treibern aber ziemlich instabil. Auch das HID-Profil wird vom Bluetooth-Port des 6131 implementiert - mit Hilfe des so genannten "Presenters", für den man eine zusätzliche Software auf dem PC installieren muss, kann man verschiedene PC-Funktionen vom Telefon aus steuern - beispielsweise den Mauszeiger, den Windows Media Player oder eine Powerpoint-Präsentation.

Praxistest: Nokia 6131
Foto:
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Durchschnittlich 244 Zähler erreicht das 6131 im JBenchmark2-Test, die 2D- und 3D-Darstellung wirken trotz hochaufgelöstem Display flüssig und schnell. Zu verdanken ist die hohe Leistung unter anderem dem der Java-Maschine zur Verfügung gestellte 2MB große Speicher. Die integrierte FlashLite-Engine eröffnet Spieleentwicklern darüber hinaus weitere Möglichkeiten, anspruchsvolle Spiel- und Applikationsideen füs Handy umsetzen zu können. Als Sondersoftware liegt eine Series40-Version von Nokia Sensor bei, mit dessen Hilfe man die Bluetooth-Umgebung nach neuen Freunden absuchen kann.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Auch wenn die von S60 adaptierten 3D-Icons die Menüführung bestimmen, fällt die Bedienbarkeit etwas holperiger aus als bei manchem anderen Midrange-Telefon und verfällt bisweilen in undurchsichtige ellenlange Listenmenüs. Zwar lassen sich häufig benötigte Funktionen auch via Favoritenmenü oder frei belegbaren Navkey-Tasten schnell wiederfinden, das entschuldigt aber noch nicht die Tatsache, dass man schon sehr genau wissen muss, was ein "Datenträger" oder eine "Konfigurationseinstellung" ist, wenn man ohne Zuhilfenahme des Netzbetreibers eine Verbindung zum Internet aufbauen will. Nur gut, dass den meisten Nutzern die Active Standby-Ansicht für die Bedienung ihres Telefons höchstwahrscheinlich ausreichen wird, die beispielsweise den laufenden Musiktitel und anstehende Termine anzeigt. Über Bildschirmthemes kann das Look&Feel der Oberfläche vollständig dem eigenen Geschmack angepasst werden, was Nokia anhand der zwei mitgelieferten Skins "Snakes" und "Soccer" demonstriert: sie mogeln Schlangen oder Fußbälle in die Icons hinein. Wer gerne über ein Headset telefoniert, profitiert von der sprecherunabhängigen Sprachwahl und -steuerung, die beim 6131 zum Einsatz kommt. Der Name eines Adressbucheintrags wird mit einem quakigen Sprachbefehl automatisch hinterlegt. Reagiert die bisweilen sehr eigenwillige Sprachmaschine nicht auf die Automatik, kann man selbst einen neuen Sprachbefehl anlernen.

Praxistest: Nokia 6131
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Die ausgewogene Sprachqualität war schon immer ein Trumpf von Nokia-Handys. Beim 6131 verblasst der schöne Schein nur minimal, unsere Gegenüber hörten sich etwas schnarrig und rauh an. Freuen darf man sich in erster Linie über die hervorragende Empfangsleistung, die das 6131 auch im E-Netz an den Tag legt. Zwar beschränkt sich die Balkenanzeige auf maximal drei Striche, aber auch nach anhaltender Praxis segnet selten mehr als einer von ihnen das Zeitliche. Der Multimedia-Lautsprecher dient auch zur Wiedergabe von Telefonaten im Freisprechmodus, verdient sich dort aber keine Lorbeeren: zu quäkig wirkt die Ausgabe bei hoher Lautstärke, zu leise ist sie im fahrenden Auto. Wer sich insbesondere die Nutzung von Datendiensten verkneift, kommt mit dem 760mAh starken Akku bis zu vier Tage über die Runden, vor allem das Stehvermögen bei vermeintlich leerer Batterie ist beachtlich - einen solchen Reservetank wünschten wir uns auch auf mancher Dienstreise.

Fazit

So sehr wir die vielen Funktionen und vollständigen Connectivity-Merkmale am Nokia 6131 zu schätzen wissen, so wenig sind wir von der Bedienlogik und dem Coolness-Faktor des Geräts überzeugt. Konkurrieren muss der keilförmige schmale Folder mit Motorolas Vorzeigemodellen RAZR und KRZR bzw. Samsungs schicken Einsteiger-Klappen und -Slidern und verliert dabei - sofern man ausschließlich die Haptik betrachtet - um Längen. Doch der Erfolg gibt den Finnen recht: einmal Nokia, immer Nokia, lautet die Devise vieler Handy-Nutzer und sie werden nicht enttäuscht sein. Auf der Habenseite verbucht der Folder im Business-Bereich eine beachtliche, Smartphone-ähnliche Ausstattungsvielfalt, ordentliche Sprachqualität und Ausdauer sowie ein SAP-Profil und einen erstklassigen EMail-Client mit Spamfilter. Aus der Multimedia-Perspektive vermissen wir Playlists, einen eingängig bedienbaren Medienplayer, eine übersichtliche Galeriefunktion, eine vernünftige Kamera und natürlich A2DP. Auch der Straßenpreis von durschnittlich 200 Euro macht dem Nokia 6131 das Leben nicht leichter - Motorolas Folder RAZR V3i kostet etwa das gleiche. Nicht die stärkste Vorstellung, die Nokia da abliefert, aber eine gute Grundlage für den UMA/WiFi-Folder 6136, der demnächst erscheinen soll.

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