Praxistest: LG Prada

29.06.2007

Lieferumfang / Verarbeitung

Dass das Luxus-Label beim gleichnamigen Mobiltelefon ein gehöriges Wörtchen mitzureden hatte, wird bereits beim rabenschwarzen Karton aus Kunstleder mehr als deutlich. In großen silbernen Buchstaben ist die Marke "Prada" zu lesen - von LG Electronics hingegen ist nirgendwo etwas zu sehen! Öffnet man den Karton im dezenten Schmuckschatullen-Look, bleibt die Verwunderung bestehen, denn statt eines klassischen Mobiltelefons mit Zahlentastatur gleicht das ebenfalls nahezu komplett in Schwarz gehaltene Prada Phone einem äußerst handlichen PDA, bei dem ein hochwertiger XXL-Touchscreen (262k Farben, 400 x 240 Pixel) fast vollständig die komplette Frontseite einnimmt. Lediglich drei Tasten für die Rufannahme, -beendigung sowie fürs Löschen falscher Eingaben lassen im ersten Augenblick darauf schließen, dass man mit dem Prada-Gadget auch telefonieren kann. Auch auf dem Cover ist nur der bekannte Labelname zu sehen - Erst auf der Rückseite erhält man fast schon verschämt die Information, dass auch LG seine Finger bei diesem Handy im Spiel hat.

Von diesem Versteckspiel mal abgesehen, folgt das Handy der typischen Prada-Design-Philosophie, dass weniger oftmals mehr ist. Schwarz wie der Karton und mit einem geradezu minimalistischen Quader-Formfaktor versehen, strahlt das Prada Phone viel Noblesse und Extravaganz aus. Einziger dezenter Farbklecks ist der seitliche Rand in silberfarbiger Metalloptik. Grundsätzlich nichts gegen Hartplastik, aber angesichts eines Verkaufspreises von rund 600 Euro hätte dem Designfunker richtiges Metall noch besser gestanden. Irritierend ist beim genaueren Inspizieren der Umstand, dass kein Einschub für einen Eingabestift vorhanden ist. Der simple Grund: Genau wie das iPhone wurde der kapazitive Touchscreen und die Menüführung auf die Handhabung per Fingerzeig optimiert - ein gewagter Schritt!

Um Kratzer auf den Klavierlack und dem XXL-Touchscreen zu vermeiden, sollte man das Prada Phone wie ein rohes Ei behandeln. Aus diesem Grund gehört eine ebenfalls schwarze Tasche aus edlem Saffiano-Leder zum Lieferumfang, die allerdings so dimensioniert wurde, dass das Prada-Logo an der Gerätespitze noch herausragt - man zeigt halt, was man hat. Käufer dürfen sich außerdem noch über ein USB-Kabel, eine 256 MB große microSD-Speicherkarte (244 MB sind frei nutzbar) samt Adapter, ein Reinigungstuch mit Logo-Prägung sowie ein Headset mit Fernbedienungs-Clip freuen.

Ausstattung

Gleich vorweg: Trotz gewisser Parallelen zum iPhone kann man beide Mobilfunker kaum miteinander vergleichen, denn das Prada Phone ist lange nicht so ein Ausstattungs-Schwergewicht wie Steve Jobs' innovatives Apfelhandy - und als Smartphone sollte man es genauso wenig betiteln - doch dazu später mehr. Prominent besetzt ist das Designstück bei den Multimedia-Fähigkeiten, denn wie schon beim Shine haben sich die Koreaner bei der 1,9-Megapixel auflösenden Autofokus-Digitalkamera Hilfe von Schneider-Kreuznach geholt. Ein Wunderknipser wird die Kamera deswegen zwar nicht, doch insbesondere bei Tageslicht sehen die Schnappschüsse erfrischend lebendig und natürlich aus. Bei dunkler Umgebung wird die Kamera durch eine LED-Leuchte unterstützt, die allerdings ein klar erkennbares Pixelrauschen und eine erkennbare Einschränkung der Bildschärfe nicht verhindern kann. Videos lassen sich mit dem Handy ebenfalls aufnehmen - mehr Spaß macht allerdings deren Konsum: der Halbitaliener nutzt die 400 x 240 Pixel Auflösung auf voller Breite des 3 Zoll-Displays komplett aus.

Das gleiche trifft auch auf eines der insgesamt vier Java-Spiele zu, das eigens für das Prada Phone programmiert wurden. Beim Game "Virus" muss man per Fingerkraft reaktionsschnell Viren eliminieren, was in höheren Levels für das Umfeld sehr lustig aussehen muss, wenn der Nutzer wild auf dem Display herumtippt. Erwartungsgemäß sorgt ein klanglich auch über die internen Lautsprecher ordentlicher MP3-Player für Kurzweil. Er gibt alle relevanten Tonformate wieder, kann aber mangels Equalizer kein Feintuning am Sound vornehmen. Gut: Dank Stereo-Bluetooth (A2DP-Profil) ist man nicht von einer störenden Strippe abhängig, MP3-Files lassen sich auch als Ruftöne verwenden und dank des Flugzeug-Modus darf man auch über den Wolken ungestört Musik hören. Für weitere musikalische Unterhaltung sorgt ferner ein UKW-Radio mit zwölf Stationstasten, wobei das Kabel des Headsets gleichzeitig als Antenne dient. Mit Hilfe der Headset-Fernbedienung lässt sich bequem zwischen den einzelnen Sender wechseln. Das Auffinden der Sender erfolgt auf Wunsch vollautomatisch.

Die Organizer- Fähigkeiten des Prada Phones sind trotz des PDA-Looks nicht ganz so üppig, wie man das vielleicht erwartet hätte. Logisch: Ein Kalender mit Erinnerungsfunktion, ein Wecker, insgesamt 50 Notizzettel sowie ein Taschenrechner und ein Währungs-/Einheiten-Umrechner sind, wie man es von LG gewohnt ist, mit an Bord. Hinzu kommt eine geniale Weltuhr mit einem sehenswerten aber ohne Sinn behafteten Zoomeffekt Das Adressbuch ist mit maximal 1.000 Kontakten und zehn Merkmalen pro Rufnummer grundsolide dimensioniert. Hinzu kommen 300 Kurzmitteilungen und ein dynamischer Speicher für MMS-Nachrichten (max. 300 Kb), der angesichts von mageren 8 MB internem Multimedia-Speicher allerdings nicht zu stark belastet werden sollte.

Erfreulich für Vielreisende ist außerdem ein Dokumentenbetrachter zum Lesen von Microsoft Office-Dateien. EMails können im IMAP- und POP-Verfahren von Servern abgeholt werden, sobald man einen der maximal drei möglichen EMail-Accounts eingerichtet hat. Der Datentransport erfolgt maximal auf EDGE-Niveau, weswegen sich das Surfvergnügen über den HTML-Browsers trotz des großen Displays in Grenzen hält.

Praxistest: LG Prada
Praxistest: LG Prada
Praxistest: LG Prada

Dass man das LG Prada trotz geraumer Business-Ausstattung keinesfalls Mobile Office-Tauglichkeit attestieren kann, liegt nicht zuletzt daran, dass Eingaben nur über eine virtuelle Zahlen/Ziffern-Tastatur möglich sind, die von einem T9-System unterstützt wird. Eine iPhone-ähnliche QWERTZ-Tastatur bleibt dem geneigten Nutzer leider verborgen. Und da sich das Prada ganz Handy-like nur mit Hilfe von Java-Anwendungen erweitern lässt, bleibt ihm auch der Titel "Smartphone" verwehrt.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Touch hier, Phone da - eine virtuelle Tastatur sieht zwar schick aus, ist aber nicht so direkt und flott wie eine echte. Davon mal abgesehen fehlt schlichtweg das physische Feedback. Richtig hakelig wird es mit dem Prada sogar, wenn man beispielsweise im Adressbuch nach Kontakten sucht, denn in dieser Situation muss man mit einer Mini-Scrolleiste vorlieb nehmen, die per gezieltem Fingerdruck gar nicht so einfach zu bedienen ist. Kurzum: Viele Aktionen, die auf einem "normalen" Mobiltelefon locker und flockig von der Hand gehen, erfordern beim Designstück deutlich mehr Zeit und Aufwand. Genug gemeckert: Lob gebührt der Gestaltung der Menüverästelungen, denn die sind nahezu durchgehend logisch, übersichtlich und intuitiv gelungen. Im Hauptmenü wurden die Optionen in vier Blöcke unterteilt: Telefonie, Multimedia, Organizer und Einstellungen. Innerhalb der Blöcke sind alle Icons ausreichend groß und von der Bedeutung her eindeutig gekennzeichnet, sodass sich der Nutzer mit einer schlafwandlerischen Sicherheit durch die Verzeichnisse tippt - top!

Praxistest: LG Prada

Zur Technik: Designhandys waren noch nie als Marathonläufer bekannt, erst recht nicht, wenn es ein derart großes Luxus-Display befeuert werden muss. Und tatsächlich: Wenn der Nutzer das kleine Schwarze durchschnittlich nutzt, muss er bereits nach drei vollen Tagen wieder das Netzteil herauskramen. Die Empfangsqualitäten sind dafür absolut einwandfrei. Egal, ob Vodafone-Kunde, oder O2ler, der Empfangsbalken geht auch bei suboptimalen Bedingungen weder im D- als auch im E-Netz nicht so schnell in die Knie. Großstadt-Cowboys müssen sich also keine Gedanken über abrupte Gesprächsabbrüche machen. Die Verständigung funktioniert ebenfalls einwandfrei. Im Gegensatz zum Großteil der Handy-Modelle bekamen die Entwickler das Problem mit dem Hintergrundrauschen nahezu optimal in den Griff. Stimmen klingen außerdem, vor allem bei Telefonaten ins Festnetz, angenehm natürlich und ausreichend laut.

Fazit

Betrachtet man die nackten Fakten wie Ausstattung, Bedienbarkeit und Technik, ist das Prada-Phone alles andere als ein Vorzeigehandy. Doch bei einem solch extravaganten Sprechapparat stehen andere Kriterien, wie Lifestyle, Design oder Hinguckfaktor, eher im Vordergrund. Und wenn man danach geht, dann ist LG und Prada zwar nicht der ganz große Wurf, aber immerhin ein schicker Achtungserfolg gelungen, auf dem die Macher aufbauen sollten. Denn die Welle des iPhone-Hypes wird Telefonen mit Touchdisplay noch lange reichliche Erfolgschancen auf dem Markt garantieren.

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