Praxistest: HTC S710 / Vodafone VDA V

29.06.2007

Design / Verarbeitung

Selten fiel ein Gerät des taiwanischen Produzenten HTC mit überragender Materialwahl oder besonderem Design aus dem Rahmen. Auch das S710 macht hier keine Ausnahme: sein Gehäuse besteht aus robustem Kunststoff, der in weiten Teilen mit einer gummiähnlichen Softtouch-Oberfläche überzogen ist. Das kompakte Barrenhandy liegt damit griffig in der Hand, macht aber optisch nicht viel her - auch die Metallelemente auf der Frontseite können daran nichts ändern. Dass man das Gerät zwecks leichterer Bedienbarkeit auch aufschieben kann, bemerkt man erst, wenn man explizit darauf hingewiesen wird. Dabei funktioniert der Slider gut: leichtgängig und mit präzisen Rastpunkten ist er stets zur Stelle, wenn man ihn braucht und verschwindet wieder, wenn man mit dem S710 telefonieren möchte. Der feste Sitz des Sliders und die sauberen Nahtstellen zwischen den Gehäusebauteilen zeugen darüber hinaus von einer sauberen Verarbeitung. Das Gerät hinterlässt damit einen robusten, aber auch glanzlosen Eindruck: ein mobiles Büro in Reinform, bei dem Pragmatismus weit vor dem Design rangiert.

Zugeschoben bedient man das HTC S710 wie ein herkömmliches Barrenhandy, die Druckpunkte auf der Oberseite sind angenehm weich ausgefallen, alle Tasten ausreichend groß bemessen und gut erfühlbar. Etwas unkonventionell ordnet HTC die Telefontasten an, die zugunsten der beiden Windows-typischen Home- und Zurücktasten nach unten weichen mussten - dafür lässt sich die Zurücktaste auch zum Löschen einzelner Zeichen in Texten einsetzen. Der Navkey und insbesondere dessen Bestätigungstaste fällt etwas klein aus, sodass man bei der einhändigen Bedienung häufiger versehentlich danebendrückt.

Schiebt man das S710 seitlich auf ganzer Breite auf, offenbart sich eine vollständige QWERTZ-Tastatur, mit der man bequem Emails und SMS tippen kann. Witziges Detail: drückt man die Hochstell- oder Funktionstaste, wird das mit zwei kleinen LEDs über der Tastatur signalisiert. Die Tasten sind räumlich gut voneinander abgesetzt und dank leichter Wölbung exzellent erfühlbar, doch mangels Platzangebot etwas klein ausgefallen. Trotzdem: Dank knackiger Druckpunkte und kurzem Tastenhub tippten wir selten souveräner Texte ins Handy als mit dem S710. Auch das Display hinterlässt einen guten Eindruck. Mit der Auflösung von 240x320 Pixel und der Darstellung von ca. 65.536 Farben bietet es seinem Nutzer zwar "nur" Durchschnittskost; hohe Helligkeits- und Kontrastwerte sorgen aber für ein angenehmes mobiles Arbeitsumfeld. Schräge Blickwinkel stellen die Komponente auch nicht vor Probleme, die Farben verfälschen kaum.

Ausstattung

Das HTC S710 biedert sich nicht nur als mobile Büromaschine beim Verbraucher an, es kann auch für Schnappschüsse oder zum Musikhören verwendet werden. Zwar reicht die rückseitig verbaute 2-Megapixelkamera nicht an designierte Camphones wie Sony Ericssons K550i heran; doch wird man - zumindest bei Außenaufnahmen - von einer Fotoqualität überrascht, die durchaus auf Hochglanzpapier kleineren Formats druckfähig ist. Ergänzt wird die gute Bildqualität von einer Vielzahl manueller Einflussmöglichkeiten (Weißlichtabgleich, Rahmeneffekte, etc.) und einem Videomodus, der Filme mit bis zu 176x144 Pixel aufnimmt. Bilder und Videos können dank der neuen Live-Funktionen von Windows Mobile 6 direkt und bequem vom Gerät ins Internet gebeamt werden: Mit Hilfe eines einzelnen Menüpunkts ist es direkt im Kamera-Menü bzw. in der Galerie möglich, ein gerade geschossenes Foto an sein persönliches Weblog zu übermitteln. Umwege über anonyme Blog-Einträge oder ein spezielles Anmeldeverfahren entfallen, denn bei Windows Mobile 6 meldet man sich nur ein einziges Mal mit seinem Hotmail/Windows Live-Account an und hat anschließend vollen Zugriff auf alle personalisierten Funktionen. Wenige nennenswerte Änderungen birgt dagegen der Medienplayer Windows Media 10, der mit allen gängigen Formaten (WMA, MP3, AAC) umgehen kann und eine bewährt übersichtliche Bedienoberfläche bietet. HTC spendiert dem S710 darüber hinaus einen eigenen Medienplayer namens Audio Manager, der mit einem über Themes veränderbaren Frontend und einer eigenen Bibliotheksfunktion aufwartet. Übrigens: wer Musik hören möchte, muss die mitgelieferten Kopfhörer nutzen, da HTC beim Thema Audio auf einen miniUSB-Anschluss setzt und das A2D-Profil (für drahtlosen Stereo-Sound via Bluetooth) vom S710 nicht unterstützt wird.

Kontaktverwaltung und Kalender bieten einen nur marginal erweiterten Funktionsumfang gegenüber Systemversion 5 an, sind aber für Entwickler geöffnet worden, sodass sich Applikationen von Drittherstellern direkt in die Programme integrieren lassen. So plant Skype derzeit die direkte Einbindung ihrer Skype-ID ins Adressbuch. Keinerlei Veränderung hat der mobile Internet Explorer erfahren: er stellt HTML-Seiten in Desktop-Qualität dar und kann mit eingebetteten Flash-Movies und AJAX-Scripten umgehen. Gegenüber modernen Lösungen wie Safari, KTHML oder Opera fehlt dem Browser eine Multizoom-Fähigkeit, eine Seitenübersicht und die Unterstützung von RSS-Feeds. Neu hinzugekommen sind neue und erweiterte MSN Live-Features, darunter Mehrfach-Chats mit anderen MSN-Teilnehmern, MSN Space-Integration und lokalisierte bzw. MSN-weite Suche.

Der Messaging-Bereich wurde unter Windows Mobile 6 komplett überarbeitet. Fast schon revolutionär ist die erweiterte Push-Email-Funktionalität: Wer Wert darauf legt, in Echtzeit über Neuzugänge in seinem Postfach informiert zu bleiben, benötigt nun keinen Exchange-Server mehr. Ein einfacher (und kostenloser) Hotmail-Account reicht völlig aus! Der Nachrichtenempfang funktioniert in atemberaubender Geschwindigkeit: geht eine Mail im MSNLive-EMail-Account ein, bemerkte das unser via WiFi mit dem Netz verbundenes HTC S710 in weniger als fünf Sekunden. Weiterhin kann man mit dem HTC S710 endlich HTML-Mails inklusive Formatierung und eingebetteten Bilder betrachten, ohne dass darunter die Programmgeschwindigkeit leiden würde. Praktisch ist die erweiterte Suchfunktionalität: Tippt man die ersten Buchstaben eines Absenders oder einer Betreffzeile ein, nach der man im Posteingang suchen will, werden automatisch nur Mails aufgelistet, die der Buchstabenkombination entsprechen. Betreibt man im Unternehmen Exchange 2007 weitet sich diese Suchfunktionalität sogar auf Mails aus, die nur auf dem Server vorliegen. In Verbindung mit dem neuen Groupware-Server stehen auf dem HTC S710 auch Information Rights Management-Funktionen zur Verfügung, die es etwa dem Autor einer Email erlauben, eindeutig festzulegen, welcher Personenkreis seine Post überhaupt lesen darf. Versehentlich an falsche Adressaten weitergeleitete Mails lassen sich von diesen weder auf Endgeräten noch am PC öffnen. Wichtig für Business-Professionals: Die mobilen Versionen von Word und Co. sucht man auf dem S710 vergeblich. Stattdessen spendiert HTC dem Smartphone die Dokumentenbetrachter von ClearVue, die mit ähnlichen Leistungsmerkmalen wie das "Original" aufwarten, aber leider nicht in der Lage sind, Inhalte zu bearbeiten. Zum Betrachten von PDF-Dokumenten ist Adobes Reader LE mit an Bord.

Neben allen neuen Webfunktionen versteht sich das S710 natürlich auch auf die eigentlichen Mobilfunkstandards SMS und MMS, die in einem eigenen Ordner in Outlook Mobile auflaufen. Während Kurzmitteilungen dank der großen QWERTZ-Tastatur locker von der Hand gehen und man beim Tippen sogar von einer Wortvervollständigung unterstützt wird, haben Microsoft und HTC den MMS-Client um ein nützliches Feature erweitert. Er erkennt Bilder, die zu groß für den mobilen Versand sind und kann sie entsprechend zurechtskalieren. Während ihm fortschrittliche Features wie Folienübergänge oder ein mehrspaltiges Layout verwehrt bleiben, wirkt er sehr aufgeräumt und leicht bedienbar.

Praxistest: HTC S710 / Vodafone VDA V
Foto:
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Quadband-GSM sorgt für weltweite Erreichbarkeit, vermissen lässt HTCs S710 in erster Linie schnellen 3G-Funk, setzt aber stattdessen auf WLAN 802.11b/g und nutzt bei Bedarf GPRS/EDGE, um Daten mit dem Internet auszutauschen. Hotspots in der näheren Umgebung werden automatisch aufgelistet, Signalstärke und Verbindungsstatus übersichtlich in einer aufgeräumten Liste dargestellt. Die WiFi-Software auf unserem S710 verstand sich auf Anhieb mit WEP- und WPA/WPA2-verschlüsselten Netzen sowie den Mechanismen PSK, TKIP und AES. Besonders hervorzuheben ist die reibungslose Konfiguration aller Connectivity-Features über HTCs "Comm Manager". An den heimischen PC dockt das Smartphone via miniUSB- oder Bluetooth-Schnittstelle an, softwareseitig stellt unter Vista das neue "Windows Mobile Gerätecenter" (MDC) eine übersichtliche Bedienoberfläche bereit. Hier hat Microsoft ganze Arbeit geleistet: USB-Kabel auspacken, S710 anschließen und die Vista-Lichter gehen an. Ohne einen einzigen Treiber zu installieren, erkennt das Betriebssystem den Namen des Smartphones und bietet Lösungen vom Firmware-Upgrade bis zur simplen Kontaktsynchronisation an.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Das erste, das jeder Nutzer von seinem Windows Smartphone zu sehen bekommt, ist der sogenannte "Homescreen". Der lässt sich auf dem S710 (wie in allen Vorgängerversionen) beliebig mit kleinen Applikationen erweitern und farblich wie stilistisch dem eigenen Gusto anpassen. Eine seitlich durchschaltbare Windows Live-Komponente sorgt dafür, dass man immer den Überblick über Hotmail-EMails und seinen Online-Status behält und auch eine Direkteingabe für Suchbegriffe über die MSN Live-Search hat Microsoft nicht vergessen. Optisch auffallend in der neuesten Windows Mobile-Version ist in erster Linie die Annäherung an Windows Vista, die sich in kristallin schimmernden Hintergrundverläufen und neu gestalteten Windows-Buttons und Menü-Icons manifestiert. Die wichtigsten Funktionen, die man von einem Mobiltelefon erwartet, werden im Programmmenü in einer 3x3-Gittermatrix aufgelistet. Darüber hinaus bietet das Windows-typische Startmenü aus jeder Bediensituation heraus Zugriff auf selbst definierbare Menüpunkte.

Praxistest: HTC S710 / Vodafone VDA V
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Die Antenne des S710 garantiert auch in schwächer abgedeckten Regionen zuverlässig telefonische Erreichbarkeit. Zellwechsel gehen schnell und reibungslos vonstatten - zuverlässige Indikatoren, die eine ordentliche Empfangsleistung belegen. Auf einem ähnlich hohen Niveau ist die Sprachqualität angesiedelt. War manches Windows-basierte Smartphone im Handheld-Formfaktor kaum zum Telefonieren zu gebrauchen, bewährt sich das S710 am Ohr dank seiner kompakten Bauweise genauso wie ein gängiges Barrenhandy. Während eines Gesprächs kann man übers Kontextmenü die Freisprecheinrichtung aktivieren, die allerdings trotz rückseitig verbautem Zweitlautsprecher nicht allzu laut ausfällt.Die Ausdauerleistung lässt ebenfalls keine Wünsche offen, denn ans Stromnetz mussten wir unser S710 trotz Dauerbeanspruchung durch Bluetooth, GPRS und WLAN erst am Abend des zweiten Tages hängen. Grund für die außerordentliche Ausdauerleistung dürfte der 1050mAh starke Li-Ionen-Akku sein, der im S710 steckt.

Fazit

Während auf der einen Seite Symbian und Blackberry mit beachtlichem Forschungsaufwand um Partnerschaften mit bekannten und beliebten Web-Technologien ringen, stellt sich Microsoft auf der anderen Seite mit einem äußerst breiten Portfolio an Funktionen auf, die alle aus eigenem Hause stammen bzw. im Laufe der Zeit einverleibt wurden. Als absolut herausragende Features stehen die Live-Funktionen im Vordergrund: angefangen beim Spaces-Blogging über geradezu selbstverständlich wirkendes Instant Messaging bis hin zum Push-fähigen Hotmail-Posteingang - wer bislang noch keine Datenfunktionen auf seinem Handy nutzte, wird demnächst neidisch vor Windows Mobile 6-Nutzern erblassen müssen. HTC baut als erster Hersteller alltagstaugliche Geräte um die neue Software herum und genehmigt sich bei seinem Einstand auch ein paar Freiheiten inklusive hauseigenem "Audio Manager". Im zugeschobenen Zustand ist das S710 ein handliches Telefon, aufgeschoben ein exzellenter Vertreter der "Communicator"-Ideologie. Wer bereits treuer Kunde von Microsoft-Lösungen ist und die liebgewonnenen Funktionen auch unterwegs effizient nutzen möchte, kommt um dieses Gerät kaum herum. Allzu bunt kann man es außerhalb von vier Wänden allerdings nicht treiben: mangels UMTS ist man zum Austausch größerer Datenmengen auf einen WLAN-Hotspot angewiesen.

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