Praxistest: Blackberry 8100 Pearl

02.04.2007

Lieferumfang / Verarbeitung

Im Lieferumfang des Pearl findet man neben einem Netzstecker auch zwei Adapter, mit denen man das Smartphone in Australien und Japan mit Strom versorgen kann. Neben einer microSD-Karte mit 128 MByte Kapazität erhält der Kunde ein kabelgebundenes Stereoheadset und ein USB-Datenkabel. Unerfreulich: die 270 Seiten lange Bedienungsanleitung steht nur als PDF-Datei zur Verfügung.

Der Name ist Programm: Die Schale des 8100 glänzt den Nutzer in schwarzem Klavierlack an, der durch edle Chromapplikationen an den Gehäuseseiten durchbrochen wird. Der flache, abgerundete Formfaktor (107x50x15 mm) macht das Handy zum Handschmeichler und lässt es geschmeidig in der Tasche verschwinden, in die es mit nur 88 Gramm Gewicht keine Beulen schlägt. Weniger gut als die Optik gefiel uns die Verarbeitung des Kanadiers. Ein leichter Druck genügt, um den Akkudeckel vom Gehäuserücken zu lösen - hier sollte man also im Alltag ein wenig Vorsicht walten lassen. Obwohl der dünne Deckel nicht besonders vertrauenserweckend scheint und zu allem Überfluss eine Menge Staub und Fusseln ins Geräteinnere gelangen lässt, kann man dem Pearl auch bei festerem Druck keine Knarzgeräusche entlocken.

Das Display zeigt auf 240x260 Pixeln bis zu 65.536 Farben; fürs mobile Office und Multimediaanwendungen reicht das vollkommen aus. Denn wichtiger als Auflösung und Farbtiefe sind Leuchtkraft und Kontrast und davon bietet das 8100 eine gelungene Mischung. Einziger Kritikpunkt: das Display ist nicht transflektiv ausgelegt, was bei bei direkter Sonneneinstrahlung die Ablesbarkeit beeinträchtigt. Die Tastatur ist ein Kompromiss aus Design und Funktion: heraus kommt eine platzsparende Grundtastatur mit 20 Tasten, die eine vollwertige QWERTZ-Tastatur abbilden. Texte lassen sich mit Hilfe von RIMs SureType-Algorithmus eingeben, der Wörter anhand eines lernfähigen Wörterbuchs erkennt und vervollständigt. Ist das gewünschte Wort zu exotisch, tippt man solange, bis der Blackberry das Zielwort nicht mehr kennt und tastet sich dann buchstabenweise weiter vor. Eine Tastenwippe an der rechten Seite kompensiert das legendäre Scrollrädchen älterer Blackberry-Generationen und weicht dem zentralen Bedienelement, dem das Pearl seinen Namen verdankt. Mittig unter dem Display thront ein Trackball, der sehr empfindlich reagiert, zugleich aber eine überraschend präzise und intuitive Steuerung aller Smartphone-Funktionen zulässt. An eine mausähnliche Steuerung sollte man jetzt natürlich nicht denken, denn auch der Trackball kennt nur vier mögliche Bewegungsrichtungen.

Ausstattung

Research In Motion hat sich insbesondere um die Multimedia-Features des 8100 gekümmert: die Kamera auf der Rückseite ist dafür das auffälligste Merkmal. Sie nimmt Fotos mit maximal 1280x1024 Pixeln Auflösung auf, die sich qualitativ allenfalls als optische Gedankenstütze für Architekten oder Blog-typische Schnappschüsse eignen. Bei einer Auslösezeit von knapp einer Sekunde sollte es allerdings mehr "Schuss" als "Schnapp" heißen - ein ruhiges Händchen ist die Voraussetzung für ambitionierte Pearl-Knipser. Auf einen Nachtmodus und eine Videofunktion verzichtet der Hersteller gänzlich, die neben der Linse platzierte Foto-LED leuchtet kaum weiter als einen halben Meter. Die Galeriefunktion bietet das Notwendigste. Alle Bilder werden in einer simplen Thumbnail-Vorschau angezeigt und lassen sich nur unter Inkaufnahme längerer Bedenkzeiten durchblättern. Immerhin gibt's eine Diashow-Funktion und die Möglichkeit, Fotos mit Hilfe von kompatiblen Fotodruckern direkt auf Papier zu bannen.

Ab Werk bietet das Pearl 19 MB Speicher, die natürlich in erster Linie für die Email-Korrespondenz und die Kontaktdatenbank genutzt werden. Wer alle Multimedia-Funktionen des Blackberry Pearl nutzen möchte, erweitert sein Gerät mit Hilfe von microSD-Karten auf bis zu 1GB. Schließt man das Pearl via beiliegendem USB2.0-Kabel an den Rechner an, wird das Handy automatisch als Wechseldatenträger erkannt, ein MP3-Titel wechselt dann in knapp zehn Sekunden das Medium. Der Medienplayer kommt mit den Soundformaten MP3 und AAC/M4A klar, unterstützt aber keine Microsoft-typischen WMA-Files. Via Trackball wird vor- und zurückgespult, Playlists oder die zufällige Wiedergabe von Musik vermissten wir im Test äußerst schmerzlich. Dafür spielt der Player auf Wunsch auch im Hintergrund weiter, wenn man parallel eine EMail schreiben möchte. Videos können im 3GP-/H.263, bzw. MPEG4-Format vorliegen, nutzen zur Wiedergabe aber nicht die gesamt Displayfläche.

Quadband-GSM sorgt beim Pearl für nahezu weltweiten Empfang, via GPRS und EDGE verbindet sich das Gerät mit dem World Wide Web. Wirklich Spaß macht das Surfen im Internet insbesondere auf "echten" HTML-Seiten nicht, denn der auf einer Eigenentwicklung basierende Browser tut sich mit deren Darstellung etwas schwer. Seiten, die für mobile Plattformen angepasst wurden, stellt er dagegen in der Regel sauber und übersichtlich dar und auch das beliebte Nachrichtenformat RSS wird unterstützt. Bluetooth 2.0 und USB sorgen lokal für die Kopplung mit anderen Geräten. Die Funkschnittstelle ist vor allem zum Synchronisieren von Daten interessant: Neben Kalenderdaten, Adressbuch und Aufgaben können auch Notizen über den mitgelieferten Desktop-Manager für Windows PCs ausgetauscht werden. Eine SyncML-kompatible OTA-Synchronisationsfunktion oder eine Schnittstelle zu Microsofts Outlook WebAccess sucht man dagegen vergeblich.

Der Echtzeitempfang von EMails stand selbstverständlich auch beim Pearl als zentrales Feature im Fokus der Entwickler. Dank des vorinstallierten Einrichtungsassistenten geht das Vorspiel zur Einrichtung eines neuen Blackberry-Accounts schnell über die Bühne. Man kann beliebig viele Mailadressen in den Sammeldienst eintragen, der eine neu eingegangene Nachricht in weniger als 10 Sekunden direkt aufs Endgerät weiterleitet. Kopfzeilen werden gleichzeitig mit der Benachrichtigung empfangen, die eigentliche E-Mail wird in Teilen bei Bedarf via GPRS nachgeladen. Dafür nutzt Blackberry das IMAP-Verfahren: Alle Ordner und Nachrichten werden auf dem Server verwaltet, sodass Endgerät und der Posteingang auf dem PC idealerweise immer identisch sind. HTML-Mails sind für das Pearl ein Fremdwort, das Handy ist für die Kommunikation im Plaintext-Modus vorgesehen. Enthält eine EMail Anhänge wie Bilder oder gängige Office-Formate (inklusive PDF), lassen sie sich direkt auf dem Gerät betrachten. Während die Darstellung von Präsentationen sehr übersichtlich und Desktop-getreu ausfällt, könnten insbesondere .doc- und PDF-Viewer eine Frischzellenkur vertragen. Ab Werk installiert ist der Blackberry Messenger, mit dem sich Textnachrichten mit anderen Nutzern des Push-Dienstes über eine geräteeigene PIN-Nummer austauschen lassen. Neue Anwendungen, beispielsweise das ICQ-kompatible Chatprogramm Jimm können dank MIDP2.0-konformer Java-Engine hinzufügt werden.

Praxistest: Blackberry 8100 Pearl
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Bei der Kontaktverwaltung liefert das Blackberry Pearl ein so erstklassiges Bild ab wie alle seine Vorgänger. Die Einträge lassen sich nach Vor-, Zu-, und Firmennamen sortieren und in beliebig viele Gruppen einordnen. Jedem Kontakt können mehrere Rufnummern, Post-, Web- und Mail-Adressen sowie Anruferbilder und Klingeltöne zugewiesen werden. Zwei Dinge, die wir bemängeln müssen: erstens lassen sich keine Geburtstage der Kontakte im Adressbuch verwalten, zweitens wirkt die Optik dieser Funktion so dröge, dass man bisweilen die Lust an intensiver Kontaktpflege verliert. In fadem Bürograu präsentiert sich auch der Kalender, der über eine Tages-, Wochen-, Monats- und Tagesplanungsansicht verfügt. Um die äußerst intelligente Monatsansicht zu verstehen, benötigt man ausgeprägte Abstraktionsfähigkeiten, um die kleinen Balken, die auf einen anliegenden Termin und dessen Zeitraum hinweisen, interpretieren zu können. Die timeslotbasierte Wochenansicht ist deutlich überschaubarer und visualisiert auch Terminüberschneidungen. Die integrierte Aufgabenliste übersteigt mit ihrer Funktionalität viele andere Smartphones, korrespondiert aber nicht mit dem Kalender: es lassen sich in drei Stufen priorisierbare Aufgaben erstellen und terminieren sowie detaillierte Serienwiederholungen für eine Aufgabe definieren - in der Kalenderansicht taucht eine so angelegte Aufgabe aber nicht auf.

Telefonfunktionen / Ausdauer

RIM hat beim Pearl zwar die Bedienung mit Hilfe eines Trackballs "revolutioniert", in puncto Bedienoberfläche und Betriebssystem ist jedoch alles beim alten geblieben. Nach wie vor kommt eine Eigenentwicklung auf Java-Basis zum Einsatz. Das Menüsystem ist abgesehen vom Hauptmenü komplett listenbasiert aufgebaut und wird ausschließlich via Trackball und Escape-Taste bedient. Je nach Theme-Auswahl bietet die Startseite einen Überblick über aktuelle Ereignisse, Termine oder eingegangene Mails. Schade, dass hier weder Shortcuts für häufig benötigte Anwendungen noch der Status im Hintergrund laufender Programme angezeigt werden. Nicht weniger als 25 Menüpunkte zählt das unübersichtliche Hauptmenü; wer kreatives Chaos und volle Schreibtische mag, wird sich hier rasch heimisch fühlen, da selbst die elementarsten Funktionen im Hauptmenü wiederzufinden sind. Immerhin lässt sich die Reihenfolge aller Icons beliebig verändern, um das Smartphone den eigenen Bedürfnissen anzupassen.

Praxistest: Blackberry 8100 Pearl
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Auch ein smartes Telefon nutzt man primär zum Telefonieren - und hier lässt das Blackberry Pearl Muskeln spielen. Sowohl im Freien als auch in geschlossenen Räumen leistet das Smartphone hinsichtlich seiner Empfangsleistung gute Arbeit. Grundsolide bewerten wir auch die Sprachqualität, die Stimme des Gesprächspartners klingt nur ein wenig dumpf und höhenarm, was am integrierten Rauschfilter liegt, der seine Aufgabe ziemlich ernst nimmt. Auch die Freisprecheinrichtung leistet gute Qualität; der Lautsprecher sorgt für eine klare und bei Bedarf auch laute Sprachwiedergabe, ersetzt aber keine Freisprecheinrichtung fürs Kfz. Mit 900mAh ist der Akku des Pearl groß genug bemessen, um das Gerät problemlos 5-7 Tage bei mäßiger Nutzung und regelmäßigem Email-Empfang ohne Stromzufuhr zu betreiben. Auch die vom Hersteller angegebenen 15 Tage Standby- und 3,5 Stunden maximale Gesprächszeit schätzen wir nach unseren Erfahrungen als realistisch ein. Praktisch: die Aufladung erfolgt entweder übers Netzteil oder mit Hilfe eines via USB-Kabel angeschlossenen Rechners.

Fazit

Das Blackberry Pearl überzeugt auf den ersten Blick mit schickem Design und einem sehr handlichen, Business-optimierten Formfaktor. Erst nach längerer Arbeit mit dem Smartphone verblasst der Glanz des Klavierlacks ein wenig: Den Versuch, ein Business-Smartphone mit zeitgemäßen Multimediafunktionen auszurüsten, scheitert beim Pearl an Kompromissen in Bezug auf Leistungsumfang, Qualität und Connectivity. Die SureType-Tastatur ersetzt nicht die QWERTZ-Tastatur eines Nokia E61 oder die überzeugenden Wipptastaten eines Sony Ericsson M600i und dem schicken Design steht eine mittelmäßige Verarbeitung gegenüber. Wer sich vom leichtgewichtigen Gewand des Pearl überzeugen lässt, bekommt zwar einen der ausstattungsstärksten Blackberrys, die je gebaut wurden, der aber effektiv nicht mit der Creme de la Creme der aktuellen Smartphone-Generation mithalten kann.

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