Arbeitslos trotz Weiterbildung

Praxis zählt mehr als SAP-Zertifikat

29.09.2009 von Hans Königes
SAP-Zertifikate sind wichtig, aber kein Garant für einen neuen Job. Das zeigt die aktuelle Diskussion im CW-Karriereratgeber.

Ein studierter Betriebswirt mit 15 Jahren beruflicher Erfahrung im IT-Bereich hat sich nach plötzlicher Arbeitslosigkeit im 41. Lebensjahr vor etwa einem Jahr auf den Bereich SAP Technology (SAP Basis Administration) spezialisiert, dort aber trotz mehrerer SAP-Zertifizierungen beruflich nie wirklich Fuss fassen können. Nun wurde ihm der Besuch einer Weiterbildung zum SAP BI/BW Consultant angeboten.

Der angehende SAP-Mann möchte seine Attraktivität für den Arbeitsmarkt parallel zur BI-Weiterbildung durch weitere Qualifikationen verbessern. So hat er einen Fernkurs Controlling angefangen und wird bis Schulungsende auf jeden Fall noch die Prince2-Zertifizierung absolvieren. Er möchte nun wissen: "Angenommen, es stehen mehrere Bewerber mit identischer Kernkompetenz sowie ähnlicher Persönlichkeit (Soft Skills) zur Auswahl - was wäre in solch einem hypothetischen Fall eine entscheidungsrelevante Zusatzqualifikation?"

Unternehmen wollen keine bloße Theorie

Martin Schwalbe antwortet: "Erfahrungsgemäß bevorzugen Arbeitgeber immer die Praxiserfahrung vor Zertifikaten und Weiterbildungen, da diese immer nur theoretische, teils auch realitätsfremde Inhalte haben. Anders gesagt: Eine Zertifizierung ohne bisherige Anwendung der erworbenen Kenntnisse in der Praxis wird leider wenig geschätzt. Dies gilt auch bezüglich der Weiterbildung im BI-Bereich. Der große Vorteil, den ich trotzdem für Sie sehe, ist, dass Sie keine Lücke in Ihrem Lebenslauf haben. Gerade eine längere Arbeitslosigkeit ohne solche Zusatzmaßnahmen erweckt bei Arbeitgebern immer den Eindruck des ,Sich-Gemütlichmachens-in-der-Arbeitslosigkeit`.

Martin Schwalbe, DV-Ratio: "Wer keine Lücken im Lebenslauf hat, zeigt, dass er aktiv war."

Da jede Position andere Anforderungen an den Bewerber stellt, gibt es außer den Soft Skills keine Zusatzqualifikationen, die für jedermann bei einer Bewerbung hilfreich wären. Ich kann Ihnen nur raten, weiterhin Ihre Zeit so sinnvoll zu nutzen, wie Sie es offenbar tun, eventuell ein Sprach- oder Bewerbungstraining zu absolvieren und Ihren schriftlichen Lebenslauf von jemand Unabhängigem überprüfen zu lassen.

Haben Sie noch Fragen zur IT-Karriere? Im Karriere-Ratgeber gibts die Antworten.

Erfolgreich bewerben: Zehn Tipps

zehn tipps
Bewerbungsgespräch
"Warum sollen wir gerade Sie einstellen?" Als Bewerber zahlt es sich aus, auf diese Frage im Vorstellungsgespräch vorbeireitet zu sein. Was Sie sonst noch über eine erfolgreiche Bewerbung wissen sollten, das sagt Ihnen Cornelia Riechers, Autorin des paradoxen Bewerbungsratgebers "So bleiben Sie erfolgreich arbeitslos.", in den folgenden zehn Tipps.
Traumberuf
Der erfolgreiche Bewerber weiß, was er will. Er hat das, was er am allerliebsten tut, zu seinem Beruf gemacht. Die Freude an seiner Arbeit gibt ihm immer genug Kraft, um sich und seine Familie damit zu ernähren, auch in schlechten Zeiten. Wenn er in einer Firma seinen Job verliert, findet er im Handumdrehen etwas Neues oder macht sich selbständig.
Eigeninitiative
Der erfolgreiche Bewerber wartet nicht, wie der Mann auf dem Bild, bis jemand an seiner Haustür klingelt und ihm seinen neuen Job auf dem Silbertablett serviert. Er wird selbst aktiv und setzt alle Hebel in Bewegung. In seine Bewerbungskampagne investiert er genauso viel Arbeit wie in eine Vollzeitanstellung. Rückschläge verkraftet er gut, weil er immer mehrere Eisen im Feuer hat.
Zielgerichtete Bewerbung
Der erfolgreiche Bewerber sieht ein Unternehmen nicht als Anlaufstelle für seine Versorgungsansprüche. Vielmehr agiert er wie ein Verkäufer, der dem Arbeitgeber einen Nutzen bietet und dafür eine Vergütung erhält. Er zeigt dem Unternehmen, was er leisten kann, um dessen Umsätze und Gewinne zu steigern.
Selbstpräsentation
Der erfolgreiche Bewerber knausert nicht und übertreibt nicht. Sein Foto misst etwa sechs mal neun Zentimeter, seine schlichte, praktische Bewerbungsmappe umfasst maximal sieben bis zehn Dokumente. Sein Anschreiben passt auf ein Blatt; sein Lebenslauf darf sich über zwei bis drei Seiten erstrecken. Beim Vorstellungsgespräch tritt er bescheiden, jedoch nicht unterwürfig auf und strahlt Selbstvertrauen aus, ohne arrogant oder anmaßend zu wirken. Achten Sie auf Ihre Körperhaltung: verkrampfte Hände und unruhige Füße wirken unsicher.
Stärken und Schwächen
Der erfolgreiche Bewerber besinnt sich auf seine besonderen Stärken. Dann findet er heraus, welche Unternehmen Bedarf an seinem Können haben. An diese wendet er sich, lange bevor sie ein Stellenangebot veröffentlichen. So erschließt er den verdeckten Stellenmarkt und verschafft sich dadurch Vorteile.
Wege zum Markt
Der erfolgreiche Bewerber kennt mehr als einen Weg zum neuen Job. Er reagiert auf Angebote in Printmedien und Internet-Jobbörsen, er schaltet auch ein eigenes Stellengesuch. Die Möglichkeiten der Agentur für Arbeit schöpft er aus, einschließlich der angeschlossenen Institutionen wie ZAV (Zentrale Auslands- und Fachvermittlung). Er geht von selbst auf Firmen zu, nicht nur per Telefon, Brief und E-Mail, sondern auch persönlich. Sein berufliches und privates Kontaktnetzwerk nutzt er, um seinen Aktionsradius zu erweitern. Und er optimiert seinen Auftritt mit der Unterstützung eines Outplacement- oder Karriereberaters.
Bewerbungsmappe
Der erfolgreiche Bewerber gestaltet seine Bewerbungsunterlagen so, dass der Arbeitgeber seine Eignung für den angestrebten Job erkennt. Er legt den Schwerpunkt auf diejenigen Erfahrungen und Kompetenzen, die ihn dafür qualifizieren.
Anschreiben
Der erfolgreiche Bewerber befasst sich gründlich mit einem Stellenangebot, bevor er es beantwortet. Seine Analyse beginnt ganz oben, bei der Selbstdarstellung des Unternehmens und der Beschreibung der Aufgaben. Er versteht, worauf es bei der ausgeschriebenen Position ankommt, und arbeitet in seinem Anschreiben Punkt für Punkt alles ab, was er in Bezug auf die Anforderungen zu bieten hat. Dabei vergisst er auch seine Englisch- und IT-Kenntnisse nicht.
Vorstellungsgespräch
Im Vorstellungsgespräch zeigt der erfolgreiche Bewerber, dass er sich mit seinem zukünftigen Unternehmen und seiner Tätigkeit dort intensiv beschäftigt hat und dass er die anstehenden Aufgaben lösen kann. Außerdem spürt man seine Freude an genau dieser Arbeit, deshalb hat er die Nase vorn und kann die Konkurrenz ausstechen.
Einarbeitungszeit
In der Probezeit achtet der erfolgreiche Bewerber vor allem darauf, sich in das bestehende Team einzufügen. Er weiß, dass sein Erfolg nur zu zwanzig Prozent von seinen fachlichen Leistungen abhängt. Weil er dafür sorgt, dass sein Chef und seine neuen Kollegen ihn mögen, umgibt ihn automatisch auch der Nimbus des Tüchtigen.