Outsourcing an IBM

Pfleiderer nutzt SAP nach Bedarf

17.06.2009 von Joachim Hackmann
Der Holzverarbeiter lagert schrittweise die Betreuung seiner SAP-Anwendungen an IBM aus. Die Services bezieht er on Demand.
Foto: Pfleiderer

Die Pfleiderer AG in Neumarkt ist einer der weltweit führenden Anbieter von Holzwerkstoffen. Das klare Profil hat sich das Unternehmen mit einer konsequenten Bereinigung des Portfolios in den Jahren 1999 bis 2002 verdient. In dieser Zeit hat die Pfleiderer AG sich von Bereichen und Gesellschaften getrennt, die nicht zum Kerngeschäft mit Holzwerkstoffen und Oberflächenveredelungen passten. Dem starken anschließenden Wachstum, aber auch dem unerwarteten, durch die aktuelle wirtschaftliche Krise hervorgerufenen Umsatzrückgang muss die IT folgen. Dazu strebt Klaus Vogl, Group CIO der Pfleiderer AG, unter anderem einen bedarfsgerechten Bezug von Services an.

Ausgangssituation

Die vielen Unternehmenszukäufe hatten sich auch auf die IT niedergeschlagen. In den fünf Business-Centern verfolgten separate IT-Einheiten unterschiedliche Strategien und Ziele. Eine globale IT sowie eine konzernübergreifende Abstimmung der IT-Projekte gab es nicht. "Ende 2006 hatte Pfleiderer beispielsweise die unterschiedlichsten Applikationen, fünf verschiedene Helpdesks sowie diverse Infrastrukturlösungen im Einsatz", schildert Vogl die Ausgangslage. Im Business Center West und Ost hatte Pfleiderer das SAP-Hosting bereits ausgelagert, in den Ländern USA, Kanada und Schweden jedoch nicht.

IT-Strategie

Mit den ehrgeizigen Wachstumszielen des Konzerns wurde auch die IT in die Pflicht genommen. Zur obersten Priorität erhob Vogl, der Mitte 2007 als Group CIO von Adidas zu Pfleiderer kam, die Unterstützung der Geschäftsprozesse. Nicht die technischen Fähigkeiten der IT-Mitarbeiter schaffen Mehrwert für das Unternehmen, sondern ihr Wissen um die Eigenheiten des Kerngeschäfts und deren Umsetzung in IT-Abläufe. Aus dieser Erkenntnis leitete Vogl die IT-Strategie der global geführten und gesteuerten IT ab. Kernelemente sind Standardisierung und Harmonisierung, die Reduzierung der IT-Kosten, die Zufriedenheit der Anwender sowie die Globalisierung der Supportstrukturen. Alles zielt darauf ab, das Wachstum im Kerngeschäft zu unterstützen.

Im vergangenen Jahr betrieb Pfleiderer beispielsweise weltweit sieben große SAP-Projekte, um eine einheitliche Applikationslandschaft einzuführen. "Das ist für ein im MDAX notiertes Unternehmen enorm viel", betont Vogl. Die SAP-Harmonisierung konnte mittlerweile so weit vorangetrieben werden, dass die ersten Länder und Regionen (etwa Schweden, USA, Kanada) den Betrieb der Systeme im Rahmen eines weltweiten Hosting-Abkommens an IBM auslagern konnten. Weitere interne Konsolidierungsprojekte in den SAP- und Nicht-SAP-Applikationslandschaften sowie der Infrastruktur dauern an.

Projektsteckbrief

Unternehmen: Pfleiderer AG.

Projekt: Vergabe des SAP-Hostings und des Application-Managements.

Branche: Holzwerkstoffe.

Kernprodukt: IBM On Demand Services.

Herausforderung: Standardisierung und Globalisierung des SAP-Betriebs und -Supports.

Umfang: rund ein Jahr Projektarbeit mit durchschnittlich fünf internen IT-Mitarbeitern.

Ergebnis: Einsparung eines einstelligen Millionen-Euro-Betrags; Erhöhung der Flexibilität; bedarfsgerechter Bezug von IT-Leistungen.

Stand des Projekts: Zwei von fünf Landesgesellschaften beziehen SAP-Hosting-Leistungen von IBM. Im Application-Management läuft die Übergabe.

Weitere Planung: Bis Ende des Jahres soll das Application-Management-Projekt abgeschlossen werden.

IT-Dienstleister: IBM für das SAP-Hosting und Application-Management; Equaterra als Benchmarking-Partner.

Ansprechpartner: Klaus Vogl, Group-CIO der Pfleiderer AG.

Outsourcing-Strategie

Foto: Pfleiderer

Um die Globalisierungs- und Konsolidierungsvorhaben effektiv verfolgen zu können, greift Pfleiderer auch auf die Hilfe externer Partner zurück. Ziel ist es, die eigenen IT-Experten von Routineaufgaben zu entbinden, um sie mit Projekten zu betrauen, die Business- und Prozess-Know-how erfordern. So möchte Pfleiderer sicherstellen, dass das in der Einführung von Applikationen, Systemen und Prozessen gesammelte Wissen im Unternehmen bleibt. Das Auslagern von Commodity-Diensten ist daher eines der zahlreichen Hilfsmittel, um die formulierte IT-Strategie umzusetzen. In seinen Entscheidungen wurde Vogl vom Benchmark-Dienstleister Equaterra unterstützt. "Die Analyse hat gezeigt, dass das Outsourcen dieser Dienste für unsere Zielsetzung, Know-how im Unternehmen binden zu können, die deutlich günstigere Betriebsform ist", schildert Vogl das Ergebnis der Equaterra-Erhebung.

Daher kamen diverse Services auf den Prüfstand, doch nicht alle eignen sich per se zur Vergabe an externe Dienstleister. So muss sichergestellt sein, dass ein Unternehmen in der Lage ist, beispielsweise das erforderliche Know-how aufzubringen, um einen externen Provider zu steuern.

Outsourcing-Projekte

Klaus Vogl, Group CIO der Pfleiderer AG: Das Outsourcen bestimmter Dienste ist für uns die deutlich günstigere Betriebsform.
Foto: Pfleiderer

Im SAP-Hosting und Application-Management waren die Voraussetzungen weitgehend erfüllt, so dass Pfleiderer im Herbst 2008 beide Services an IBM übergeben hat. Ausschlaggebend für die Wahl war, dass die Landesgesellschaften von IBM vier der sieben SAP-Projekte betrieben haben und dadurch die auszulagernde Umgebung recht gut kannten. Zudem war der Provider bereits Hosting-Partner von Pfleiderer in Polen.

Heute beliefert der IT-Dienstleister erste internationale Pfleiderer-Niederlassungen mit SAP-Hosting-Diensten und Management-Services. Eine Ausnahme ist die Region West für das SAP-Hosting, zu der auch Deutschland zählt. Hier hatte Pfleiderer im Februar 2007 den lokalen Hosting-Partner gewechselt. Die SAP-Systeme wurden drei Jahre lang von der damaligen VW-Tocher Gedas (heute T-Systems) betreut, bevor TDS sie in Obhut nahm. Auch diese Systeme werden nach Vertragsende in das IBM-Data-Center migriert.

Ganz abgeschlossen ist die Standardisierung und Harmonisierung auch in der Applikationslandschaft noch nicht. Im vergangenen Jahr hat Pfleiderer etwa das APO-Modul zur Produktionsplanung eingeführt. Hier sind weitere Anpassungen erforderlich, die bis Ende 2009 abgeschlossen werden sollen. In den kommenden Monaten müssen noch drei Landesgesellschaften in die IBM-Rechenzentren migriert werden. Zudem sind weltweit noch unterschiedliche SAP-Solution-Manager und XI-Systeme (Exchange Infrastructure) im Einsatz. Diese Aufgaben werden vorwiegend von Pfleiderer-Mitarbeitern mit Unterstützung von IBM erledigt.

Ziele des Outsourcings

Foto: pfleiderer

Die über die gesamte Laufzeit von sieben Jahren erhofften Einsparungen summieren sich auf einen einstelligen Millionen-Euro-Betrag. Weitere Kostenvorteile ergeben sich, weil Pfleiderer keine eigenen SAP-Experten einstellen musste. Acht bis zehn zusätzliche Kräfte wären erforderlich gewesen, um die eingeführte SAP-Software selbst zu betreiben. Die vorhandenen internen Experten betreuen nun SAP-Projekte, wenn etwa neue Werke in die Applikationslandschaft eingebunden werden müssen.

Darüber hinaus war es Pfleiderer ein besonderes Anliegen, die Flexibilität zu erhöhen. Das gewährleistet der abgeschlossene On-Demand-Vertrag. Dieser wurde vor allem in Hinblick auf die geplante Wachstumsstrategie des Unternehmens angestrebt, zahlt sich aber auch in den aktuellen wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus. Im Application-Management orientiert sich die Entlohnung etwa an der Zahl der User-Tickets. Die Abnahmemenge pro Landesgesellschaft und Monat (Baseline) lässt sich je nach Bedarf erhöhen und reduzieren.

Weitere Projekte

Im SAP-Hosting werden zwei Business-Center bereits komplett von IBM betreut. Die Landesgesellschaften in den USA und in Kanada sollen bis Ende dieses Jahres den Betriebsübergang abschließen. Zudem laufen die Vorbereitungen, um die TDS-Systeme in Deutschland an IBM zu übergeben. Die Übergangsphase im SAP-Hosting möchte Vogl bis Mitte 2010 abschließen. Im Application-Management verfolgt das Unternehmen einen anderen Zeitplan: Hier werden der Betrieb der SAP-Module und die Anwenderbetreuung derzeit an IBM übergeben und sollen noch in diesem Jahr zu Ende gebracht werden.

Die Pfleiderer AG

Unternehmen: Die im MDAX notierte Pfleiderer AG gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Holzwerkstoffen, Oberflächenveredelungen und Laminatfußböden.

Standorte: 22 Standorte in Nordamerika, West- und Osteuropa.

Umsatz: etwa 1,74 Milliarden Euro im Jahr 2008.

Mitarbeiter: weltweit rund 5800 Mitarbeiter.

Sortiment: Pfleiderer produziert für die Möbelindustrie, den Fach- und Heimwerkerhandel sowie den Innenausbau. Die Produktpalette reicht von Rohspanplatten, mitteldichten (MDF) und hochdichten Faserplatten (HDF) und Laminatfußböden bis hin zu Veredelungsprodukten wie direktbeschichteten Spanplatten und Elementen.

IT-Budget: etwa 27 Millionen Euro pro Jahr.

IT-Mitarbeiter: weltweit rund 110.

Website: www.pfleiderer.com.