Warum mußte der Compaq-CEO seinen Hut nehmen?

Pfeiffers Rücktritt löst Spekulationen aus

23.04.1999
MÜNCHEN (wh) - Der vom Aufsichtsrat erzwungene Rücktritt des langjährigen Compaq-Chefs Eckhard Pfeiffer hat in der Branche Spekulationen ausgelöst. Experten mögen der naheliegenden Interpretation nicht folgen, das schwache erste Quartal habe den CEO das Amt gekostet.

Die schlechten Gewinnerwartungen für das erste Geschäftsquartal 1999 gelten in der Branche als Auslöser, nicht aber als Ursache für den Rauswurf Pfeiffers. Am 9. April hatte Compaq mit einer Gewinnwarnung für heftige Turbulenzen an der New Yorker Börse gesorgt (siehe CW 15/98, Seite 14). Der Gewinn je Aktie liegt demzufolge im ersten Quartal mit 15 Cent weit unter den Erwartungen der Analysten, die 32 Cent prophezeit hatten. Unter dem Strich sei mit einem Nettoertrag von maximal 250 Millionen Dollar zu rechnen; die ursprünglichen Prognosen hatten bei 560 Millionen Dollar gelegen.

Einiges spricht dafür, daß es ungeachtet der Zahlen zwischen dem Aufsichtsratschef Ben Rosen und Pfeiffer zu einem tiefen Zerwürfnis gekommen ist. Rosen, der hinter den Kulissen des texanischen Herstellers die Fäden zieht, hatte 1991 bereits den damaligen CEO und Compaq-Mitgründer Rod Canion aus dem Amt gejagt; Pfeiffer wurde anschließend zum neuen Compaq-Chef befördert. "Das schlechte Quartalsergebnis war sicher nicht alleine entscheidend", meint Luis Praxmarer, Geschäftsführer der Meta Group Deutschland GmbH. Die von Rosen gegenüber Finanzanalysten und Pressevertretern abgegebenen Statements deuteten darauf hin, daß der Aufsichtsrat generell nicht mehr mit der Unternehmensentwicklung zufrieden gewesen ist. Es habe Inventurprobleme gegeben, die Built-to-order-Pläne seien nicht im gewünschten Maße umgesetzt worden.

Die Erklärung Pfeiffers, der Gewinn im ersten Quartal falle wegen einer allgemeinen Marktschwäche geringer aus, hält Praxmarer für "unglücklich", da gleichzeitig zwei andere Hersteller (Dell und HP) von guten Wachstumsraten redeten. "So etwas sollte eigentlich nicht passieren. Als CEO des zweitgrößten IT-Unternehmens kann ich mich nicht hinstellen und von einem Industry Slowdown sprechen, wenn die anderen gute Zahlen melden." Nicht die Ergebnisse an sich, sondern die Art und Weise, wie diese dem Board und der Finanzwelt angekündigt wurden, seien das Problem gewesen, so der Analyst. "Es wird gefährlich wenn das Vertrauen verlorengeht."

Die zerrütteten Beziehungen zu Finanzanalysten der Wallstreet dürften bei der Demission Pfeiffers und des Finanzchefs Earl Mason eine erhebliche Rolle gespielt haben. "Es gab so viel böses Blut zwischen dem alten Management und der Street, daß nichts mehr zu reparieren war", kommentierte etwa Ashok Kumar von US Bancorp Piper Jaffray gegenüber dem "Wall Street Journal".

Praxmarer weist in diesem Zusammenhang auf einen "Überraschungseffekt" beim Aufsichtsrat und den Anlegern hin. Die letzten Quartale seien unerwartet gut ausgefallen, weil man davon ausgegangen sei, daß die Integration Digitals deutlichere Spuren in den Ergebnissen hinterlassen würde. In der Tat rechtfertige eine genaue Analyse des Unternehmens und seine Positionierung keineswegs die guten Zwischenresultate. Ein Unternehmen wie Compaq besitze verschiedene buchungstechnische Möglichkeiten, die Zahlen positiver erscheinen zu lassen, deutet Praxmarer an. Vor diesem Hintergrund könnte das nun angekündigte schwache erste Quartal möglicherweise nur ein realistischerer Ausdruck der tatsächlichen Verhältnisse sein.

Helmut Gümbel, Analyst bei Strategy Partners, stößt in das gleiche Horn: "Das Problem liegt nicht in dem abgelaufenen Quartal, sondern darin, daß diese Abrechnungsperiode ein Vorgeschmack auf kommende Quartale sein kann." Die Kosten, die die Integration von Digital und Compaq mit sich gebracht hat, sind nach seiner Ansicht nicht konsequent genug gesenkt worden. "Man kann so etwas wegstecken, wenn das Geschäft weiter galoppiert. Aber beim kleinsten Gegenwind holt einen die Vergangenheit ein." Compaq kämpfe an zwei Fronten, so Gümbel. Mit dem von Tandem und DEC erworbenen Produktarsenal müsse man sich einerseits gegen Unternehmen wie Hewlett-Packard und IBM behaupten. Dieser Prozeß sei nicht schnell genug vorangegangen. Andererseits würden die Texaner aber auch im Stammgeschäft von Anbietern wie Dell bedroht. Eine damit verbundene notwendige Restrukturierung habe Compaq zwar begonnen, aber noch nicht zu Ende geführt.

Und noch ein weiterer Aspekt dürfte bei der Entmachtung des hochdekorierten Compaq-Chefs eine Rolle gespielt haben: "Pfeiffer ist sicher einer der uncharismatischsten Führungspersönlichkeiten in diesem Geschäft", kommentiert Gümbel. "Wenn man ein so großes Rad dreht, dann ist Ausstrahlung schon ein wichtiges Hilfsmittel."

Abb.1: Compaq - Gewinn und Verlust

Compaq mußte seine Gewinnerwartung nach unten korrigieren: Für das erste Quartal 1999 rechnet der PC-Hersteller mit 250 Millionen Dollar. Quelle: Compaq

Abb.2: Compaq - Einnahmen

Der Umsatz von Compaq sinkt. Für das erste Quartal 1999 rechnet die Company mit Einnahmen von 9,4 Milliarden Mark. Quelle: Compaq