Oracle zieht weiter gegen Lizenzhändler ins Feld

06.10.2006
Lizenzhändler i2Core darf nicht weiter behaupten, dass der Handel mit Gebrauchtsoftware grundsätzlich durch ein Urteil des Münchner Oberlandesgericht (OLG) bestätigt sei. Wie schon gegen den Softwarehändler Usedsoft erwirkte Oracle auch gegen i2Core eine einstweilige Verfügung.

Am 29. September erließ das Landgericht München 1 eine einstweilige Verfügung gegen das Unternehmen i2Core (Aktenzeichen: 33 O 17704/06). Der Gebrauchtsoftwarehändler darf in Zukunft nicht mehr behaupten, dass einem Urteil des OLG München zufolge der Handel mit Second-Hand-Lizenzen grundsätzlich rechtens sei. Wegen gleich lautender Äußerungen hatte Oracle bereits Anfang August dieses Jahres eine einstweilige Verfügung gegen den Münchner Softwarehändler Usedsoft vor dem Landgericht der bayerischen Landeshauptstadt durchgesetzt (Aktenzeichen 7 O 14055/06).

Der US-amerikanische Softwarehersteller will damit gegen die aus seiner Sicht falsche Interpretation eines Urteils vom 3. August 2006 vorgehen. Hier hatte das OLG München in einer Berufungsverhandlung ein Urteil bestätigt, wonach der Weiterverkauf von Nutzungsrechten an einer Software nicht gestattet ist (siehe auch: Oracle punktet gegen Lizenzhändler). Der Datenbankspezialist hatte Anfang des Jahres gegen Usedsoft geklagt, weil der Lizenzhändler Oracle-Software angeboten hatte, die potenziellen Käufer sich die eigentliche Software jedoch erst via Internet hätten beschaffen müssen. Durch diese Praxis werde das Urheberrecht verletzt, hatte das Landesgericht München I am, 19. Januar 2006 entschieden (Aktenzeichen 7 O 23237/05) (siehe auch: Streit um Gebrauchtsoftware geht weiter).

In der Folge eskalierte der Streit zwischen Oracle und Usedsoft (siehe auch: Oracle vs. Usedsoft: Schlammschlacht um Second-Hand-Software). Der Lizenzhändler interpretierte den Richterspruch in dem Sinne, dass der Handel mit Gebrauchtsoftware durch das OLG grundsätzlich bestätigt sei. Lediglich online übertragene Software dürfe nicht weiter verkauft werden. Oracle-Produkte, die per CD vertrieben wurden, dürften weiter gehandelt werden. Damit sei ein "zukunftsweisendes Geschäftskonzept im Grundsatz bestätigt". Dieser Argumentation schloss sich auch i2Core an und zitierte auf seiner Website die Pressemitteilungen von Usedsoft zu diesem Thema.

Den Oracle-Verantwortlichen ging diese Interpretation des OLG-Urteils zu weit. Sie erwirkten gegen beide Lizenzhändler einstweilige Verfügungen, wonach diese nicht mehr behaupten dürfen, der Handel mit gebrauchter Software sei per Richterspruch legitimiert. "Mit dieser und anderen Falschbehauptungen versuchen Usedsoft und i2Core, ihre Kunden gezielt in die Irre zu führen, um sie zum Erwerb gebrauchter Softwarelizenzen zu veranlassen", heißt es in einer offiziellen Miteilung seitens Oracles.

Die Interpretation Oracles zu dem Urteil lautet ganz anders: Das OLG München hat den Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen für rechtswidrig erklärt, steht in der Erklärung. Allerdings schießen auch die Verantwortlichen des Datenbankspezialisten damit über das Ziel hinaus. Es sei nicht entschieden, ob unter bestimmten Voraussetzungen die Weitergabe von Datenträgern, die von Oracle stammen und ihre Programme enthalten, zulässig ist, relativiert Sibylle Fey, Richterin am OLG München. Auch Oracle muss in seiner Deutung des Richterspruchs zurückrudern. "Ob und unter welchen Voraussetzungen ein An- und Verkauf von gebrauchten Originaldatenträgern zulässig ist, ist bis heute nicht geklärt", räumt der Hersteller ein. Damit dürften die hiesigen Richter auch in Zukunft in Sachen Second-Hand-Softwaremarkt noch gut beschäftigt sein. (ba)