Oracle Deutschland gibt sich optimistisch

10.07.2003 von Gerhard Holzwart
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Ähnlich wie der Oracle -Konzern insgesamt konnte die deutsche Landesgesellschaft im abgelaufenen Geschäftsjahr dem negativen Branchentrend trotzen. Geschäftsführer Rolf Schwirz ist auch für das laufende Jahr verhalten optimistisch. Die Auswirkungen des bereits abgeschlossenen Umbaus der Consulting-Sparte könnten jedoch noch für Spannung sorgen.

Foto: Joachim Wendler

Selbstbewusstsein war angesagt, als Rolf Schwirz vergangene Woche turnusmäßig zur Jahrespressekonferenz nach München geladen hatte. Der Chef der Oracle Deutschland GmbH konnte Überzeugendes präsentieren: Mit einer rund 2,5-prozentigen Umsatzsteigerung von 435 auf 446 Millionen Euro sowie einem operativen Ergebnis, dass ebenfalls „über dem Konzerndurchschnitt“ lag, hat der Datenbankriese auch hierzulande das Geschäftsjahr 2002/03 (Ende: 31. Mai) - gemessen an der schwierigen Marktsituation - erfolgreich abgeschlossen. Zum Vergleich: In der vor wenigen Wochen veröffentlichten konzernweiten Jahresbilanz hatte Oracle einen gegenüber dem Vorjahr um vier Prozent auf 2,30 Milliarden Dollar verbesserten Nettogewinn ausgewiesen, gleichzeitig waren aber die Einnahmen um zwei Prozent auf 9,47 Milliarden Dollar zurückgegangen.

Gutes Lizenzgeschäft

Schwirz zeigte sich deshalb mit der Entwicklung im abgelaufenen Geschäftsjahr „zufrieden“ - erst recht, da sich in seinem Verantwortungsbereich der Umbau der Consulting-Sparte und der damit verbundene Abbau von rund 200 Arbeitsplätzen zunächst negativ auf den Umsatz in Bereich Professional Services ausgewirkt hat. Dies konnte jedoch durch ein überdurchschnittliches Wachstum im Lizenzgeschäft kompensiert werden. Hier habe man „deutlich besser“ als die anderen europäischen Landesgesellschaften abgeschnitten, betonte der deutsche Oracle-Frontmann.

Besonders erfreut zeigte sich der hiesige Country-Manager über den „hohen Anstieg“ der Verkäufe bei der Standardsoftware „E-Business-Suite“, wenngleich dieses Wachstum natürlich auf „sehr niedrigem Niveau“ erzielt worden sei. Das „Interesse vieler Kunden, auch vieler SAP-Anwender“, sei da. Nähere Angaben hierzu sowie zur generellen Aufschlüsselung der Einnahmen wollte Schwirz nicht machen. Er deutete jedoch an, dass sich die deutsche Oracle-Dependance bei weitem noch nicht dem konzernweiten Umsatzmix bei Neulizenzen von rund 80 Prozent Erlöse aus Datenbanken, der Rest aus Applikations-Servern, Entwicklungstools und Applikationen, angenähert habe.

Datenbankbastion soll verteidigt werden

Unabhängig davon wolle man hierzulande natürlich auch die Marktführerschaft im reinen Datenbankgeschäft verteidigen, erklärte Schwirz mit Blick auf das unlängst von Gartner veröffentlichte Ranking im weltweiten Markt für relationale Datenbanksysteme. Demnach hat sich IBM im vergangenen Jahr mit einem Marktanteil von 36,2 Prozent vor Oracle (33,9 Prozent) an die Spitze gesetzt. Nach den Worten von Schwirz ist die Position seiner Company in Deutschland als Datenbankanbieter Nummer eins jedoch unangefochten. So würden beispielsweise sechs von sieben Informix-Kunden europaweit und in Deutschland nicht zu „IBM DB2“, sondern zu „Oracle 9i“ migrieren. Ein Umstand, den man bei Gartner jedoch nicht unbedingt für aussagekräftig hält. Schließlich sind die Informix-Datenbanken bekanntlich nicht für Mainframes konzipiert;

gleichzeitig ist Oracles starke Bastion in gemischten Unix- und Windwos-Umgebungen unstrittig. Grundsätzlich komme es darauf an, ob man den Markt „mit oder ohne den auf Großrechnern laufenden Systemen betrachtet“, äußerte sich Ed Thompson, im Bereich Software Industry Research bei Gartner tätig, vielsagend.

Auch die hiesige Oracle-Dependance will sich als „Mehr-Produkt“-Company etablieren.  Quelle: Oracle

Ungewiss dürfte auch noch eine weitere Entwicklung bei Oracle Deutschland sein. So bezeichnete Schwirz zwar die Neuausrichtung seiner Consulting-Sparte als abgeschlossen. Viele der rund 200 gekündigten Berater seien inzwischen an einschlägige Oracle-Partner und Systemhäuser vermittelt worden. Damit habe man sichergestellt, dass das „Oracle-Know-how im Markt bleibt“. Parallel zur Verschlankung der eigenen Organisation gelte es nun jedoch, das Partnergeschäft deutlich auszubauen und darüber hinaus eine Reihe von Entwicklungstätigkeiten an Konzerngesellschaften in Indien auszulagern. Grundsätzliches Ziel im Bereich Professional Services sei ein stärkerer Kundenfokus, klarere Verantwortlichkeiten sowie weniger Schnittstellen.

Nach Ansicht von Fried Saacke, Vorstandsvorsitzender der DOAG Deutsche Oracle Anwendergruppe e.V., ist Oracle mit dieser neuen Service- und Beratungsstrategie in Deutschland „insgesamt auf einem guten Weg“. Der Softwareriese habe lange Zeit den Fehler begangen, „alle großen Projekte selbst machen zu wollen“. Saacke argumentiert als Berliner Geschäftsstellenleiter des Münchner Systemhauses und Oracle-Partners MSG Systems AG natürlich nicht ganz uneigennützig, fügt jedoch hinzu, dass Oracle Deutschland unter Umständen auch noch mit ein paar anderen Altlasten im Servicebereich zu kämpfen haben könnte. So habe das Unternehmen lange Zeit den Anwenderwunsch nach deutschprachigem Support nicht ernst genommen. Darüber hinaus fehlte es an der klaren Transparenz der Supportprozesse und Zuständigkeiten. Erst im vergangenen Jahr habe Oracle, so

der Anwendervertreter, erste Maßnahmen ergriffen.

Kunden investieren wieder „normal“

Oracle-Manager Schwirz verspricht sich indes nicht nur von der internen Neuaufstellung, sondern auch von der aus seiner Sicht verbesserten Stimmung im Markt einen weiteren Aufschwung für sein Geschäft. Er habe den Eindruck, dass die Kunden allmählich wieder zu einem „normalen Investitionsverhalten“ zurückkehrt. Unter dem Strich sollen dabei für die deutsche Landesgesellschaft ein höheres Wachstum wie im vergangenen Fiskaljahr sowie eine „zufriedenstellende Ergebnissteigerung“ herauskommen.

Inwieweit sich die geplante feindliche Übernahme von Peoplesoft auf das Geschäft hierzulande auswirken könnte, ließ Schwirz offen. Man warte zunächst ab, zu welchen Entscheidungen es auf der „Corporate-Ebene“ kommt. Allerdings beginne auch die deutsche Oracle-Tochter damit, „proaktiv“ auf die wenigen Peoplesoft-Kunden zuzugehen. Es gebe hinsichtlich des zukünftigen Supports und der Wartungsgarantien für Peoplesoft-Produkte „einiges richtigzustellen“.