Data Warehouse Appliances

Oracle betritt den Hardware-Markt

25.09.2008 von Sascha Alexander
Erstmals in der Firmengeschichte gibt es Hardware aus dem Hause Oracle zu kaufen. Zusammen mit Hewlett-Packard stellt der Datenbankriese vorkonfigurierte Angebote für Highend-Data-Warehouse-Systeme vor: Die HP Oracle Database Machine und den HP Oracle Exadata Storage Server.
Um die Spannung zu steigern, hatte Oracle auf der OpenWorld zunächst nur von einem Produkt X gesprochen. Am letzten Tag der Veranstaltung wurde dann die neue Data-Warehouse-Appliance vorgestellt.

Die größte Nachricht auf der diesjährigen Hausmesse Oracle OpenWorld hatte sich Larry Ellision für den Schluss aufgehoben: Mit der "HP Oracle Database Machine" und dem "HP Oracle Exadata Storage Server" stellte er nach eigenen Aussagen Oracle erste Hardware-Produkte vor. Es handelt sich dabei um vorkonfigurierte Server-Racks welche die hauseigene Datenbanksoftware mit "Proliant"-Servern von Hewlett-Packard kombinieren. Sie sollen Kunden eine einsatzbereite Infrastruktur für den Aufbau von Data-Warehouse-Lösungen bieten. Solche kombinierten Angebote aus abgestimmter Hard- und Software sorgen derzeit unter der Bezeichnung Data-Warehouse-Appliances für einiges Aufsehen im Markt für Datenbanken und Business Intelligence.

Oracle konnte dieses neue, aber lukrative Marktsegment bisher nur mit Referenzimplementierungen adressieren. Rivalen wie IBM, Sybase und vor allem Teradata als langjähriger Appliance-Anbieter sind hier schon weiter. Auch Microsoft hatte kürzlich durch den Kauf des Spezialisten DATallegro zusätzliche Datenbanktechnik erworben und arbeitet derzeit an einer eigenen Appliance auf Basis des "SQL Server 2008".

Wettlauf im Datenbankmarkt

Allen Marktschwergewichten gemein ist der Kampf gegen eine ganz Reihe neuer Datenbankanbieter, die man zunächst wenig beachtete nun aber immer mehr als echte Konkurrenten um große Data-Warehouse-Kunden erleben muss. Hierzu zählen vor allem Netezza, Vertica, Kalido, Dataupia oder Greenplum, das mit Sun Microsystems paktiert. Aber auch Hewlett-Packard ist mittlerweile mit einem eigenen Angebot vertreten (Netezza hatte beispielsweise kürzlich Oracle beim Kunden The Phone House ersetzt). Selbst aus dem Open-Source-Lager ist bereits eine Appliance auf Basis der Datenbank "Ingres" erhältlich. Allerdings bieten nicht alle Hersteller Komplettangebote wie etwa Teradata oder IBM, sondern müssen mit anderen Spezialisten zusammenarbeiten.

Zudem gibt es laut Experten fundamentale Unterschiede im Datenbankdesign. So setzen die Spezialisten aus Gründen der Abfrage-Performance auf Massiv-paralelle-Systeme und eine spaltenbasierenden Abfrage, während Oracle, IBM oder Microsoft immer noch transaktionsorientierte Datenbanken mit symmentrisch-parallelen-Rechnerarchitekturen und umfänglichen Indizes entwickeln. Kritiker, aber auch manche Anwender hatten deshalb in der Vergangenheit bezweifelt, dass die etablierten, relationalen Datenbanken die passende Option für die schnelle Auswertung der immer weiter steigenden Datenmengen in Unternehmen seien (siehe auch "Die Datenverwaltung und Auswahl der richtigen Datenbank geraten zur Wissenschaft").

Abfragen im Speicher und nicht in der Datenbank

Oracle verfolgt nun den Ansatz, über die Kooperation mit HP das vermeintliche Leistungsproblem über die Speicherarchitektur (Grid) anzugehen. So ist der Exadata Storage Server mit einem Dutzend Festplatten und zwei Quad-Core-Intel-Prozessoren ausgerüstet und soll Datenbankabfragen bereits in der Speicherumgebung bewältigen. Dies soll die Arbeitslast der Data-Warehouse-Datenbank erheblich reduzieren, da nur noch die benötigten Datenmenge (Abfrageergebnisse) geladen wird.

Larry Ellison sprach dann auch von einem um den Faktor zehn gesteigerten Leistungsgewinn gegenüber bisherigen Data-Warehouse-Systemen aus dem eigenen Haus. "Das Speichersystem verwendet eine parallele Abfragetechnik, die Oracle normalerweise in seiner Datenbank verwendet", sagte der Manager auf der OpenWorld. Breitere "Pipes" zwischen Speicher und Datenbank sowie kleinere Datenmengen seien der Schlüssel, um Appliances wirklich schnell zu machen.

Mächtige Datenbank-Appliance

Kunden können den Storage-Server künftig entweder separat bei Oracle bestellen, um mit ihm vorhandene Data-Warehouse-Lösungen zu trimmen, oder gleich die neue HP Oracle Database Machine als Komplettpaket kaufen. Diese umfasst acht Oracle-Datenbank-Server mit insgesamt 64-Intel-Core-Prozessoren, Software für Business Intelligence sowie die eigene "Real-Application-Cluster-Technik. Basis der HP Oracle Database Machine bilden 14 Exadata Storage Servers.

Im Einzelnen ist jeder Storage-Server über zwei Infiniband-Pipes mit den Datenbanken verbunden und kann Daten mit einer Geschwindigkeit von 20Gbits pro Sekunde weiterleiten. Allerdings ist die Systemleistung abhängig von der Geschwindigkeit der Festplatten, so dass tatsächlich ein Durchsatz von einem Gbit pro Sekunde erzielt werden kann. Insgesamt können die in der HP Oracle Database Machine gekoppelten Storage-Server 168 Terabytes speichern. Laut Ellison, könnten Kunden die Speichertechnik "mit jeder Oracle-Datenbank" kombinieren, will sagen: Es muss nicht die aktuelle Version "Oracle 11g" sein (siehe auch das technische Datenblatt).

Alle genannten Komponenten werden in einem gemeinsamen Rack ausgeliefert. Als Betriebssystem setzt Oracle zunächst auf das eigene Oracle Enterprise Linux. Andere Plattformen sollen folgen. Der Preis für dieses Kraftpaket liegt laut Oracle bei 4000 Dollar pro Terabyte. Hinzu kommt allerdings noch der Lizenzpreis für die Datenbank. Kunden können die Appliance direkt bei Oracle kaufen, das laut Abkommen mit HP den Vertrieb und Support übernimmt. HP ist hingegen für die Auslieferung und Betreuung der Hardware verantwortlich.

Schlagabtausch mit Teradata und Netezza

Oracle-Boss Ellison sieht sich - wie alle Anbieter- mit der Appliance auf dem direkten Weg ins Highend des Data Warehousing-Marktes, wo bisher Teradata weitgehend allein regiert. Die gefundene Architektur aus Speicher und Datenbank ermöglich eine Leistung, die weit über der von Teradata oder Netezza liege, verkündete er auf der Veranstaltung und holte gleich zum Schlag aus: So besitze Konkurrent Teradata seiner Ansicht nach eine "ziemlich anspruchsvolle" Datenbank, doch in dessen Speicher-Server "keinerlei Intelligenz" zu entdecken. Netezza hingegen könnte mit seiner Appliance zwar schnelle Table-Scans machen, dafür aber nur eine recht primitive Datenbank bieten.

Larry Ellison in bekannter Manier auf der OracleWorld 2008: Mit harrscher Kritik überzog der Oracle-Boss bei der Ankündigung der neuen Appliance die Konkurrenten Teradata und Netezza.

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. So erklärte Jim Baum, President von Netezza, in einer schriftlichen Stellungnahme, dass er wenig von der Oracle-HP-Appliance halte. "Data-Warehouse-Appliances müssten aus einem Guss, von einem Anbieter entwickelt werden und nicht mit "Klebe und Spucke" aus verschiedenen Teilen.

Ein Sprecher von Teradata formuliert seine Kritik diplomatischer: "Das Leistungsversprechen von Oracle ist schwer zu beurteilen. Wir respektieren unsere Wettbewerber und freuen uns darauf, uns mit Oracle zu messen", sagte Randy Lea, Teradata Vice President of Product and Services Marketing, gegenüber der CW-Schwesterpublikation "Computerworld". Man benötige mehr Details über die Oracle-Appliance und habe auch nicht verstanden, was denn die Intelligenz der Speicher-Technik ausmache und worin sie sich von der eigenen unterscheide, so Lea.