Doag-Umfrage

Oracle-Anwender kritisieren Supportqualität

22.11.2010 von Martin Bayer
Die Deutsche Oracle Anwendergruppe (Doag) fordert Verbesserungen bei ihrem Softwarelieferanten. In der Kritik stehen die Supportqualität, Lizenzierung und Informationspolitik.
Die Deutsche Oracle Anwendergruppe legt den Finger in die Wunde.

Wieder einmal steht die Qualität des Oracle-Supports in der Kritik. Kurz vor ihrer Jahreskonferenz Mitte November in Nürnberg hat die Doag ihre Mitglieder gefragt, wie zufrieden sie mit der Supportqualität sind. Das Ergebnis ist wenig schmeichelhaft für Oracle. Nur jeder fünfte gab dem Softwareanbieter in diesem Fach eine gute Note. 54 Prozent bezeichneten die Qualität als befriedigend und 23 Prozent als schlecht. In einer Umfrage vor zwei Jahren hatten noch 37 Prozent der Anwender die Supportqualität als gut bewertet. 57 Prozent der 186 befragten Oracle-Kunden kritisieren im Rahmen der aktuellen Erhebung, der Support habe sich in den beiden vergangenen Jahren verschlechtert.

Offenbar ist es Oracle nicht gelungen, seine Kunden von dem neuen Serviceportal "MyOracle Support" zu überzeugen. Zentrale Tools wie der "Oracle Configuration Manager" (OCM) werden laut der Doag-Umfrage kaum genutzt. Sechs Prozent kennen das Tool nicht, 58 Prozent nutzen es nie, weitere 29 Prozent selten. Mit Hilfe des kostenlosen OCM können Anwender Konfigurationsdaten ihre Oracle-Infrastruktur in das Portal übertragen. Dies erleichtere und verbessere aus Sicht der Oracle-Verantwortlichen den Support. Das sehen die Kunden offenbar anders. Man vereinfache letztendlich den Support für Oracle. Ein Mehrwert für die Kunden sei nicht ersichtlich.

Das waren die Themen der Oracle-Anwender in den vergangenen Jahren:

Darüber hinaus haben mehr als drei Viertel der befragten Anwender Sicherheitsbedenken, das Tool zu nutzen. Außerdem monieren sie den hohen Aufwand, fehlendes Know-how und Defizite in der Informationspolitik ihres Softwarelieferanten. Nur acht Prozent der Nutzer gaben an, dass sich mit Hilfe des Tools die Bearbeitung der Service-Requests beschleunigt habe. 38 Prozent verneinten diese Frage. Allerdings, so schränken die Doag-Verantwortlichen ein, müsse man beachten, dass bis dato nur wenige Anwender den OCM nutzen und damit die statistische Basis für fundierte Aussagen noch schwach ist.

DOAG-Umfrageergebnisse 2010
Oracle-Lizenzierung bei Virtualisierung und im Cloud Computing
Markt für Virtualisierungslösungen (incl. Desktop)
VMware ist mit großem Abstand Marktführer
Oracle-Kernaussagen zur Nutzung von (x86)Virtualiserungslösungen
Die Oracle Datenbank kann unter VMware, XEN, Hyper V und Oracle VM unter produktiven Bedingungen betrieben werden
Lizenz-Hintergrund
Partitionierung und Lizensierung
Beispiel 1
Beispiel 2
Andere Datenbank-Hersteller im Vergleich
Eckdaten zur Umfrage der DOAG
Ergebnis der Umfrage
Setzen Sie Virtualisierungslösungen ein?
Ergebnis der Umfrage
Welche Virtualisierungslösung setzen Sie ein?
Ergebnis der Umfrage
Sind Sie zufrieden mit der Oracle-Regelung, dass bei Einsatz von Oracle-Produkten bei allen Virtualisierungslösungen außer Oracle VM der komplette Server, ggf. Server-Verbund, lizenziert werden muss, und nicht nur die zugewiesenen Prozessoren?
Ergebnis der Umfrage
Sind Sie zufrieden mit dem Oracle-Support beim Einsatz von Virtualisierungslösungen?
Ergebnis der Umfrage
Könnten Sie sich vorstellen, im Bereich Virtualisierung aufgrund der derzeitigen Lizenzregelung auch Datenbank-Produkte anderer Hersteller einzusetzen?
Cloud Computing
Probleme in Sicht.
Schlussfolgerungen
Die DOAG empfiehlt
Online-Umfrage zur Qualität des Oracle-Supports und zur Nutzung des Oracle Configurations Managers
Ziel / Hintergrund
Zufriedenheit
ORACLE Support Beurteilung?
Tendenz
Wie hat sich der Oracle Support verändert?
OCM: Nutzung
Arbeiten Sie mit dem Oracle Configuration Manager
OCM: Gründe
Was schränkt die Nutzung des OCM ein?
OCM: Service Request
Wird ein SR durch die Nutzung des OCM schneller bearbeitet?
Trends
Folgende Trends lassen sich ausmachen:
Ergebnis 2010
Wie geht es weiter?

Man könne noch nicht genau sagen, warum die Supportqualität gefühlt schlechter geworden sei, stellt Doag-Geschäftsführer Fried Saacke fest. Dieser Punkt sei im jüngsten Stimmungsbild nicht abgefragt worden. Die Anwendervertreter wollen die Umfrage als eine Art Wasserstandsmeldung in Sachen Support verstanden wissen. Die Ergebnisse der Erhebung seien jedoch Anlass genug, sich wieder verstärkt mit dem Thema zu beschäftigen. Hier gebe es offenbar Verbesserungspotenzial.

Jürgen Kunz: "Aufregende Zeiten"

Jürgen Kunz, Geschäftsführer von Oracle in Deutschland: "Es sind aufregende Zeiten bei Oracle."
Foto: Oracle Deutschland

Rund 2000 Oracle-Anwender haben sich vom 16. bis 18. November auf dem Nürnberger Messegelände getroffen, um die aktuellen Entwicklungen rund um Oracle zu diskutieren. Von Langeweile war dabei nichts zu spüren. "Es sind aufregende Zeiten", eröffnete Jürgen Kunz, Geschäftsführer von Oracle in Deutschland, seine Keynote am ersten Konferenztag. Mit der Akquisition von Sun Microsystems und der Integration der Produkte habe der Softwarekonzern eine neue Dimension erreicht. Die seit etwa acht Jahren laufende Übernahmestrategie habe sich bewährt und trage Früchte. Oracle habe die Konsolidierung der IT-Branche als Treiber dieser Entwicklung gut überstanden. Kunz zufolge werde diese Reise auch in Zukunft so weitergehen.

Das größte Problem, mit dem sich Anwenderunternehmen derzeit herumschlagen müssten, ist Kunz zufolge die steigende Komplexität ihrer IT-Systeme. Diese untergrabe die Produktivität, erhöhe die Kosten und verringere die Flexibilität der Unternehmen. Noch immer müssten die IT-Verantwortlichen rund 80 Prozent ihres IT-Budgets für den IT-Betrieb aufwenden. Für Innovationen blieben lediglich 20 Prozent. Es sei deprimierend, dass sich an diesen Zahlen in den vergangenen Jahren nichts geändert habe. Ziel müsse dem Oracle-Manager zufolge sein, das Verhältnis umzukehren.

Erreichen will Kunz dies mit Hilfe von integrierten und vorkonfigurierten Paketen aus Hardware und Software. Kunden forderten heute verstärkt solche Bundles, weil sie den Integrationsaufwand nicht selbst schultern möchten. Oracle sei angesichts dieser Entwicklung gut aufgestellt. "Wir haben das größte Portfolio in der gesamten IT-Industrie", behauptet der Oracle-Mann. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern. Kunz verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Entwicklungsausgaben Oracles, die sich von 1,5 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2005 auf rund 4,2 Milliarden Dollar im laufenden Fiskaljahr 2011 erhöht haben.

Als Beispiel für die Anstrengungen Oracles an dieser Stelle führt Kunz die Hochleistungs-Datenbankmaschine "Exadata" an - eine Kombination aus Datenbank-Server aus dem Hause Sun und Oracle-Software. Exadata sei die am schnellsten wachsende Produktpipeline, sagte Kunz. Kunden erreichten mit dem System eine bessere Performance und könnten zudem Kosten einsparen. Beispielsweise lasse sich ein Backup, das zuvor 48 Stunden gedauert habe, mit der Exadata innerhalb einer Stunde erledigen. Mit der "Exalogic Elastic Cloud" setzt Oracle die Strategie der vorkonfigurierten Lösungen fort. Mit Hilfe der integrierten Middleware-Maschine ließen sich Kunz zufolge beispielsweise hunderte von Applikations-Servern konsolidieren.

Die Doag-Vertreter bestätigen, dass Oracles Rechnung offenbar aufgeht. Das Interesse an den Exadata-Systemen sei groß, berichtet Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der Doag. Der Vorteil der vorkonfigurierten Maschinen liege in erster Linie darin, dass diese die Komplexität in den IT-Infrastrukturen der Anwenderunternehmen verringerten. Die Anwendervertreter gehen davon aus, dass weitere Systeme folgen werden. Richteten sich die Datenbank- und Middleware-Maschine vor allem an Konzernkunden und den gehobenen Mittelstand, erwartet Saacke für die Zukunft auch mehr integrierte Lösungen für mittelständische Kunden. Allerdings, so schränkt der Anwendervertreter ein, müssten sich die Käufer dieser Systeme bewusst sein, dass sie sich im Grunde eine Art "Black Box" anschaffen. Das schaffe auch einen höheren Grad an Abhängigkeit.

Anwender lehnen Oracles Lizenzpolitik für virtuelle Umgebungen ab

Während die Doag-Verantwortlichen Oracles Bestrebungen begrüßen, die Komplexität in den IT-Infrastrukturen der Anwender mit Hilfe von vorkonfigurierten System zu verringern, üben sie an anderer Stelle scharfe Kritik. Demnach muss sich aus ihrer Sicht dringend im Bereich der Lizenzierung von Oracle-Produkten in virtualisierten Umgebungen etwas ändern. Setzen Anwender hier Oracle VM ein, müssen sie nur die den Oracle-Anwendungen zugewiesenen Server-CPUs lizenzieren. Beim Einsatz anderer Virtualisierungslösungen wie VMware zieht Oracle den kompletten Server als Lizenzierungsgrundlage heran, auch wenn nur ein Teil der CPU-Ressourcen den Oracle-Anwendungen zugewiesen ist. Damit wird es für die betroffenen Anwender deutlich teurer.

Neun von zehn der 420 vor wenigen Wochen befragten Oracle-Kunden sind mit dieser Praxis unzufrieden. Der Grund: Nicht einmal neun Prozent der Anwender setzen Oracles eigene Virtualisierungslösung ein. Mit fast 80 Prozent baut die überwiegende Mehrheit auf VMware. Angesichts der Lizenzierungsproblematik erklärten drei Viertel der Befragten, sie könnten sich im Bereich der Virtualisierung durchaus auch den Einsatz von Datenbanken anderer Hersteller vorstellen. Laut den Umfrageergebnissen setzen bereits fast 90 Prozent der befragten Anwenderunternehmen Virtualisierungstechniken ein.

Dietmar Neugebauer, Vorstandsvorsitzender der Doag, fordert von Oracle Nachbesserungen bei den Lizenzmodellen für virtualisierte Umgebungen.

Die Argumentation der Oracle-Verantwortlichen, die betroffenen Firmen hätten entweder sowieso ein Unlimited License Agreement (ULA), das den uneingeschränkten Einsatz von Oracle-Produkten im gesamten Unternehmen erlaubt, beziehungsweise würden ihre Server komplett mit Oracle-Datenbanken auslasten, ist aus Sicht des Doag-Vorstandsvorsitzenden Neugebauer nicht nachzuvollziehen. Gerade der deutsche Mittelstand sei in Sachen Virtualisierung sehr aktiv, betreibe aber gerade damit unterschiedliche Lösungen auf seinen virtualisierten Maschinen. Aus diesem Grund werde die Doag das Thema weiter verfolgen und eine Änderung der bestehenden Lizenzmetriken bei Oracle einfordern, versprechen die Anwendervertreter.

Das sei allerdings teilweise nicht einfach, räumen die Doag-Sprecher ein, auch wenn man in Sachen Lizenzierung bereits in die höchsten Führungszirkel vordringen konnte. Problematisch sei jedoch, dass bei Oracle letztlich nur eine einzelne Person Entscheidungen treffe - Lawrence Ellison. In kaum einem anderen Unternehmen seien die Führungsstrukturen derart zentralistisch auf eine Figur zugeschnitten. Das mache es bisweilen schwierig, Gehör zu finden, bedauert Saacke. Die Tatsache, dass zwei hochrangige Oracle-Manager, die direkt an Konzernchef Lawrence Ellison berichten, signalisiert haben, das Thema noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen, wertet der Doag-Geschäftsführer jedoch schon als Erfolg. "Das sind kleine, aber positive Schritte." Schließlich hätten die Oracle-Verantwortlichen den Punkt Lizenzmodelle in virtuellen Umgebungen im Grunde schon abgehakt.

Stimmung im Java-Lager bleibt wechselhaft

Fried Saacke, Geschäftsführer der Doag: "Für die Java-Community geht es derzeit auf und ab."

Auch in Sachen Java wollen die Doag-Vertreter nicht in ihren Bemühungen nachlassen. Auch an dieser Stelle gehe es vor allem darum, mehr Gehör in der Oracle-Zentrale zu finden. Die Java-Gemeinde erlebe derzeit ein Wechselbad der Gefühle, berichtet Saacke. "Es geht auf und ab." Der Grund: Ständig wechselten sich gute mit schlechten Nachrichten ab. Nachdem Oracle auf seiner Kundenkonferenz OpenWorld im Oktober mit Informationen zur weiteren Java-Roadmap die Community beruhigt hatte, sorgten kurz danach Gerüchte über verschiedene Java-Versionen, eine kostenlos - die andere kostenpflichtig, wieder für Verunsicherung. Die Ankündigung Oracles, mit IBM und Apple bei der künftigen Java-Entwicklung kooperieren zu wollen seien wiederum ein gutes Zeichen für Java. Allerdings hegen Community-Vertreter nach wie vor Zweifel, inwieweit die vollmundigen Versprechen ernst gemeint sind.

Es fehle grundsätzlich an einer kontinuierlichen und guten Kommunikationspolitik im Hause Oracle, kritisiert der Doag-Vorstand. Teilweise sei es nicht einfach, an belastbare Informationen zu kommen. Das sei ein Problem, das alle Produktlinien betreffe. "Oracle hat die besten Produkte, aber wir wissen nichts davon", zitiert Saacke einen offensichtlich leicht desillusionierten Applications-Anwender von Oracle.

Trotz aller Probleme und dem infolge der Unruhen im Java- und Open-Source-Umfeld angeknacksten Image Oracles, stellen die Kunden ihren Softwarelieferanten nicht grundsätzlich in Frage. "Wir sehen Oracle nicht als den Bad Guy der IT-Branche", stellen sie klar. Sicher verfolge man auch die Prozesse und Klagen, allgemein herrsche aber eine gute Stimmung. Das habe auch die jüngste Open-World-Konferenz gezeigt. Den Einwand, Oracle nehme mit seiner hoch-margigen Preispolitik die Kunden aus, will Saacke nicht gelten lassen. Es gebe wenig Sinn, über Preise zu diskutieren. Schließlich sei der Markt das beste Regulativ und die Oracle-Produkte würden gekauft. "Der Erfolg gibt Ellison Recht."