Open Source soll den SOA-Einstieg erleichtern

14.09.2007
Auf der Fachkonferenz "SOA Days" warb die Deutsche Post für ihr quelloffenes SOA-Framework und die von ihr initiierte Benutzervereinigung.

Das Interesse an Service-orientierten Architekturen wächst rapide, erklärte Johannes Helbig, CIO des Post-Unternehmensbereichs Brief, zur Eröffnung der "SOA Days 2007 Technology Conference" in Bonn. Trotzdem hätten bislang nur wenige Unternehmen ein umfassendes Programm für eine SOA und eine damit verbundene Enterprise Architecture aufgesetzt. Wer vor einem Jahr den Begriff SOA in die Suchmaschine Google eintippte, erhielt bereits 17 Millionen Treffer, heute sind es rund 38 Millionen. Dass IT- wie auch Business-Manager noch immer zurückhaltend mit dem Thema umgehen, habe viele Gründe, so Helbig. Ein entscheidendes Hindernis sieht er in der hohen Eintrittsschwelle: Einschlägige Projekte erforderten in der Regel erhebliche Vorabinvestitionen in Infrastruktur und Know-how (siehe auch: "Die zehn schwersten SOA-Hürden").

An diesem Punkt setzt das SOA-Innnovation Lab an, eine Benutzervereinigung, die der Logistikkonzern im März ankündigte. Zur Gründungsveranstaltung vergangene Woche kamen laut Helbig etliche Vertreter großer Unternehmen, darunter Lufthansa, DaimlerChrysler, Siemens, die Bahn und T-Mobile. Als "erste deutsche Business-Initiative zu SOA und Architektur-Management" konzentriere sich die Organisation auf vier Themenschwerpunkte: SOA-Strategie, SOA-Einsatzszenarios, Enterprise Architecture Management sowie SOA-Methoden und -Tools.

Einen weiteren Ansatz, Unternehmen den Einstieg in die SOA zu erleichtern, sieht die Post in ihrem ausgegründeten Beratungsunternehmen Senacor. Das aus der internen Abteilung Sopsolutions und dem IT-Dienstleister 100World hervorgegangene Unternehmen soll die mittlerweile siebenjährigen SOA-Erfahrungen der Post weitergeben und vermarkten. In diese Richtung zielt auch die Entscheidung, das eigenentwickeltes SOA-Framework der Open-Source-Organisation Eclipse zur Verfügung zu stellen (siehe auch: "Die Post stellt ihre SOA Open Source"). Unter dem Dach der Eclipse Foundation firmiert das System unter der Bezeichnung SOA Runtime Framework (Codename: Swordfish). Auch damit sind freilich kommerzielle Interessen verbunden: Ähnlich wie die Distributoren im Linux-Umfeld offeriert die ebenfalls von der Post initiierte Firma Sopera Wartungs-, Support- und Implementierungsdienste für die Infrastruktur-Software, die dort unter dem Markennamen "Sopera Advanced Services Framework" beworben wird. Sowohl Senacor als auch Sopera agierten als eigenständige Unternehmen, betont der Bonner Konzern. Allerdings sind beide Unternehmen vorerst von der Post als Großkunden abhängig. Vertreter von Sopera nutzten die SOA Days denn auch intensiv, um in Vorträgen und im Ausstellungsbereich für das eigene Angebot zu werben.

Wie stark die Resonanz auf die User Group der Post letztlich ausfallen wird, ist offen. Von Besuchern der SOA Days waren dazu auch kritische Töne zu hören. Angesichts der Aktivitäten von Sopera und Senacor nähme man die Post nicht mehr nur als SOA-Anwender sondern auch als Anbieter wahr, erklärten IT-Verantwortliche gegenüber der COMPUTERWOCHE. Die Open-Source-Community jedenfalls freut sich über die umfangreiche Codespende der Post. Sie stärke die Position von Java-basierenden Entwicklungswerkzeugen gegenüber Microsofts .NET-Framework im SOA-Umfeld, erklärte Mike Milinkovich, Executive Director der Eclipse Foundation. Anwendern böte sich damit unter anderem die Chance, eine drohende Herstellerabhängigkeit zu vermeiden.

Der ehemalige IBM-Manager Milinkovic nutzte seinen Vortrag auf den SOA Days, um eine Lanze für das Open-Source-Entwicklungsmodell zu brechen. Das Geschäftsmodell für Software habe sich grundlegend verändert, so seine Argumentation. Rund 80 Prozent der Entwicklungs- und Wartungskosten entfielen heute auf Infrastruktur, die Unternehmen in keiner Weise vom Wettbewerb unterscheide. Im "Open Source Business Model" hingegen könnten Hersteller- wie Anwenderunternehmen bei der Entwicklung von Infrastruktur-Implementierungen zusammenarbeiten und so Ressourcen sparen. Ein Wettbewerb finde dennoch statt, und zwar auf der Ebene von Softwareprodukten, die auf der quelloffenen Infrastruktur aufsetzen. Hinzu kämen Service- und Support-Dienste, Vertriebskanäle und die Marken der Hersteller. Auf diese Weise könnten sich Unternehmen auf diejenigen Aspekte der Softwareentwicklung konzentrieren, die ihnen Wettbewerbsvorteile verschaffen.

Im Bereich der Java-Entwicklungsumgebungen hat Eclipse mit seinem offenen Plugin-Konzept gute Erfahrungen gemacht und sich zur führenden Plattform neben Microsofts "Visual Studio" entwickelt. Ob sich das Modell auch in der SOA-Welt etablieren kann, bleibt abzuwarten. Gegenüber der COMPUTERWOCHE räumte Milinkovich ein, dass die Bemühungen um das SOA Runtime Framework noch ganz am Anfang ständen. Gleiches gilt für das ebenfalls neu aufgesetzte SOA Tools Project. Dennoch könnten Anwender über kurz oder lang davon profitieren: Das offene SOA-Framework garantiere ihnen Wahlfreiheit hinsichtlich der Kernkomponenten, mehr Flexibilität und niedrigere Einstiegskosten.

Mehr zum Thema Open Source und Service-orientierte Architekturen finden Sie auch im SOA-Expertenrat der COMPUTERWOCHE. (wh)