Kreativ oder Krise

Open Innovation - Ideen von Fans

07.11.2014 von Julian Bahrs
Wenn Kunden in die Produktentwicklung einbezogen werden, entstehen oft die besten Ideen und echte Innovationen.

Best Practices zeigen allerdings: Die Organisation eines offenen Innovationsprozesses sollte gut geplant sein. Neue Technologien und soziale Netzwerke machen das möglich: Kunden fühlen sich mit Marken enger verbunden, und die Unternehmen rücken näher an ihre Kunden.

Diejenigen, die die Produkte verwenden, werden mittlerweile immer häufiger in ihre Entwicklung einbezogen. Hierzu gibt es vielfältige Ansätze, die von der eher spaßorientierten Aktion für Markenfans bis hin zum Innovationsprozess von hochpreisigen Produkten im Business to Business reichen. Vor allem soll die Weisheit der vielen, auch bekannt als Crowd-Intelligenz, zu neuen Ideen für Produkte und Dienstleistungen führen. Spannend ist dabei der Blick auf Vorteile und Chancen solcher Strategien: Handelt es sich um reines Marketing, oder steckt mehr dahinter?

Die größten Innovationsfallen
Die größten Innovationsfallen
Oft verpassen vermeintlich innovative Unternehmen die Marktentwicklung. Lesen Sie hier die gefährlichsten Innovationsfallen, in die Firmen tappen.
Die Hochglanzfalle
Wer sich Websites, Visionen und Hochglanzbroschüren der meisten Unternehmen genauer ansieht, stellt schnell Folgendes fest: Irgendwie sind sie alle visionär, hochkreativ und praktisch kurz davor, die Branche zu revolutionieren. Auf den ersten Blick liest sich das beeindruckend. Blickt man jedoch genauer hinter die Fassade der Homepages und Prospekte, dann haben diese Botschaften oft wenig Substanz.
Die Erfahrungsfalle
Insider, die auf den Management-Tagungen des ehemaligen Druckmaschinenherstellers Manroland waren, erinnern sich an die Botschaften des Vorstands. Er sagte der Zeitung eine große Zukunft voraus. Immer wieder wurde die Solidarität zur Druckrolle beschworen, während die meisten Medienverlage bereits ihr Wachstum auf ganz anderen Feldern suchten. Der Vorstand von Manroland ignorierte das. Die eigenen Erfahrungen sprachen dagegen. Für den damals zweitgrößten Druckmaschinenhersteller der Welt war es schlichtweg unvorstellbar, dass seine Produkte einmal überflüssig werden könnten. Das Ergebnis dieser Fehleinschätzung: Der Konzern wurde Anfang 2012 zerschlagen.
Die Trägheitsfalle
Prozessoptimierung, Kostenoptimierung, Lean Management: Das waren die Schlagwörter der 90er- und frühen 2000er-Jahre. Arbeitsabläufe wurden systematisch gescannt, jede überflüssige Handbewegung untersagt und jede Tätigkeit in genau definierte Prozessabläufe gezwängt. Das hat bis heute einen positiven Effekt: Unternehmen können das operative Geschäft viel schneller, besser und billiger als andere beherrschen. Die Kehrseite ist: Es bleibt kaum Zeit, über neue Wege nachzudenken. Anders gesagt: Man ist so sehr damit beschäftigt, den operativen Ergebnissen nachzujagen, dass man sich kaum fragt, ob dies noch sinnvoll ist.
Die Erfolgsfalle
Erfolg macht sexy. Erfolg fühlt sich gut an. Erfolg macht zufrieden. Genau das ist das Problem. In zahlreichen Firmen werden schnelle Erfolge belohnt. Ein kurzfristiges Plus der Verkaufszahlen, ein großer Deal, kurzfristige Erfolge bei der Neukundengewinnung. Gerade in Unternehmen, die vom Quartalsdenken geprägt sind, ist der schnelle Erfolg wichtiger als langfristiges Denken. Im Kern ist das nicht verkehrt, denn: die Summe vieler schneller Erfolge macht eine erfolgreiche Company aus - nur nicht unbedingt eine innovative. Solange schnelle Erfolge mit dem Bestehenden zu erzielen sind, hat das Neue kaum eine Chance, sich durchzusetzen.
Die Kannibalismusfalle
Unternehmen haben ständig Angst sich selbst zu kannibalisieren. Wenn die Konkurrenz angreift, ist das schlimm. Schlimmer ist es jedoch, wenn ein Unternehmen sich selbst Marktanteile wegnimmt. Aus diesem Grund weigerten sich die Elektronikhändler Saturn und Media Markt jahrelang, Online-Shops zu eröffnen. Die Kunden könnten schließlich via Internet und nicht mehr in den Läden einkaufen. Auch der Entertainment-Gigant Sony leidet unter dem Kannibalismusproblem. Um das eigene CD-Geschäft zu schützen, hat er die Entwicklung eines Download-Portals für Musik nur halbherzig vorangetrieben. Und der Fotohersteller Leica? Er vermied es Anfang der 90er Jahre tunlichst, in die digitale Fotografie einzusteigen - aus Angst, das eigene Geschäft mit analogen Apparaten zu gefährden.

Kürzere Innovationszyklen

Im traditionellen Innovationsprozess hing es bislang im Wesentlichen von den Experten im Unternehmen und ihrer Einschätzung ab, welche Entscheidungen rund um ein neues Produkt getroffen wurden. Farben, Größen, Materialien, Eigenschaften - all dies wurde im Verborgenen diskutiert und entwickelt und erst später, entweder als Testversion oder komplett fertiggestellt, den Kunden präsentiert. Das Feedback durch Nutzer und Anwender zog zwar immer wieder Verbesserungen nach sich, jedoch erfolgte der Wissenstransfer meist mit erheblicher Verzögerung. Wer sich jedoch die Crowd-Intelligenz erschließen kann, gewinnt oft einen Vorsprung gegenüber Wettbewerbern, deren Ideen noch nach dem traditionellen Ansatz von einigen wenigen Experten generiert werden. Unternehmen mit kreativen und treuen Anhängern können so ihre Innovationszyklen entscheidend verkürzen und dabei auch die Kosten senken.

Lieblingsprodukte von Kunden

Firmen wie Adidas, Tchibo oder die dm-Drogeriemärkte rufen ihre Kunden regelmäßig auf, Ideen und Erfindun-gen beizusteuern. Gleiches gilt für den Food-Bereich: Ob die Zusammenstellung des Frühstücksmüslis oder eines Burgers - nahezu überall werden die Kunden heute eingeladen, ihre Ideen einzubringen und ihr Lieblingsprodukt zu kreieren. Hierzu werden, je nach Ausrichtung der Aktion, sowohl soziale Netzwerke wie Facebook genutzt als auch eigens eingerichtete Kundenforen und Websites mit Social-Media-Charakter.

Fünf Stufen der Innovationsreife
Fünf Stufen der Innovationsreife
Sucht man den Zusammenhang zwischen Innovation und IT, stößt man auf fünf unterschiedliche Ausprägungen. Dömer nennt sie "Reifeboxen" und hat sie folgendermaßen definiert:
1. IT-interne Innovation
Dazu gehören etwa die Server-Virtualisierung oder die Orientierung am IT-Service-Management-Standard ITIL.
2. Innovation in Geschäftsprozessen ohne Kundenkontakt
Hier wirkt die IT als Enabler, indem sie dem Business neue IT-Systeme anbietet.
3. Innovation in den Prozessen mit Sichtbarkeit nach außen
Die IT schafft neue Möglichkeiten für die Interaktion des Unternehmens mit seinen Kunden, beispielsweise Apps oder Online-Kanäle.
4. Neue Produkte mit IT-Anteil
An dieser Stelle sind nicht nur die IT-Produkte zu nennen, sondern beispielsweise auch die Automobile, die immer mehr IT enthalten.
5. Neue Geschäftsmodelle, die aus der IT heraus entstehen - und ohne sie eigentlich gar nicht möglich wären
Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die IT ein Unternehmen in die Lage versetzt, den Zwischenhandel zu umgehen.

Als der Kosmetikhersteller Manhattan im Jahr 2012 eine Produktentwicklungs-Aktion ankündigte, war das Interesse riesig: 20 neue Nagellackfarben sollten in Kooperation mit der Plattform Unseraller.de entwickelt werden. 500 ausgewählte Mitglieder bekamen im Zuge dieser Kampagne ein "User Innovation Toolkit", um damit zu Hause zu experimentieren und ihre eigene Wunsch-Lackfarbe zusammenzumischen. Die Community wählte später aus den besten Vorschlägen die 20 Lacke, die im Herbst 2013 unter dem Kollektionsnahmen "Community Colours" in den Handel kamen. Der Lohn für die aktivsten Teilnehmer war das komplette Nagellack-Set - noch vor dem offiziellen Verkaufsstart. Das Crowdsourcing-Projekt bezog dabei nicht nur die bestehenden Kunden in den Entwicklungsprozess ein, sondern lockte auch neue Konsumentinnen an. Gleichzeitig war die Aktion eine wirkungsvolle Marktforschungsmaßnahme. Fast nebenbei konnte der Kosmetikhersteller zudem an seinem Markenimage feilen.

Ideenprüfung und Vermarktung

Das Prinzip der kundenbasierten Ideenfindung verfolgt auch Tchibo mit der Plattform Tchibo Ideas: Hier sind die Mitglieder der Community aufgefordert, visionär zu denken und Produktinnovationen zu entwickeln, die im Tchibo-Regal landen sollen. Vier Schritte sind im Innovationsprozess vorgesehen, von der Einreichung und Prüfung der Idee bis hin zum Lizenzvertrag und der späteren Produktion und Vermarktung. Dabei kommt es darauf an, dass die Produktidee neu, schutzfähig und produzierbar ist. Ist eine Idee marktreif und wird eine Lizenzvereinbarung abgeschlossen, entsteht durch die anschließende Vermarktung in den Filialen eine für beide Seiten gewinnbringende Kooperation. Etliche Ideen aus der Community wurden auf diese Weise schon in konkrete Produkte umgesetzt: ein nicht tropfendes Teelöffel-Sieb, die platzsparende Mehrfachsteckdose sowie der Pfannenwender auch für übervolle Pfannen zählen zu den Produkten, die die Crowd ersonnen hat und die den Weg in die Tchibo-Läden fanden.

Zwei Prinzipien für derartige Produktentwicklungsansätze lassen sich an diesen beiden Best Practices erkennen: Die Produktentwicklung - orginär eigentlich ein wichtiger Tätigkeitsbereich eines Unternehmens - wird in Teilen an die Nutzer ausgelagert. Darüber hinaus kann die entwickelte Idee auch von anderen Kunden gesehen und bewertet werden. Dadurch lässt sich schon bei der Entwicklung der Idee absehen, wie das spätere Produkt voraussichtlich am Markt von den Verbrauchern aufgenommen wird.

Bei der Ideengenerierung über die Crowd wird unterschieden zwischen einem geschlossenen ("Closed") Produktentwicklungskonzept und der sogenannten Open Innovation, bei der der Prozess für weitere Akteure geöffnet ist. Je nach dem Ziel, das sich ein Anbieter steckt, lässt sich die Open Innovation auch gezielt auf eine bestimmte Nutzergruppe einschränken. Auch wenn beispielsweise Tchibo und Manhattan ihre Projekte theoretisch für jeden interessierten Teilnehmer offen halten, locken sie in der Praxis doch vor allem sehr engagierte Personen an, die auch tatsächlich hochwertige Inhalte einbringen und Ideen sachlich und ehrlich bewerten. Die Kundenbindung steht hier im Fokus: Aus vormals passiven Konsumenten sollen aktive, motivierte Ideengeber werden, die sich sowohl für das Unternehmen als auch für seine Produkte und Markenstrategie begeistern können.

Kreativ oder Krise?

Weitsicht ist jedoch geboten: Bei manchen Ideenwettbewerben der Vergangenheit, die vornehmlich zur Fan-Aktivierung gedacht waren, schossen die Teilnehmer weit über das eigentliche Ziel hinaus. Als etwa die Fans der Facebook-Seite von Henkel in einem Wettbewerb kreative Designideen für das Spülmittel Pril einreichen sollten, sahen sie sich teilweise zu kuriosen Vorschlägen angespornt. Bekannt geworden ist etwa eine Flasche mit der Aufschrift "Schmeckt lecker nach Hähnchen". Als der Hersteller Henkel mit Zensur reagierte und das Voting-Verfahren nur noch für die vom Konzern bevorzugten Designs freigab, kam es zu Protesten in den sozialen Netzwerken.

Die Marketing-Strategen von Ritter Sport hingegen nahmen ähnlich kreative Beiträge mit Humor. Als vor einiger Zeit neue Schokoladenkreationen gesucht wurden, gingen auch Vorschläge wie "Toast Hawaii", "Döner Kebab" und "Blutwurst" ein. Diese wurden konsequent und souverän im eigenen Blog vorgestellt, wodurch der Schokoladenhersteller an Sympathie gewann.

Eine größere Herausforderung für die Produkt-Manager als "Spaßbeiträge" sind jedoch destruktive oder beleidigende Inhalte, die bei solchen Mitmach-Konzepten jederzeit auftauchen können. Generell stellt der Umgang mit entsprechenden Beiträgen oder auch Querschlägern unter den Ideen hohe Anforderungen an die Moderation.

Was zeichnet "Innovatoren" aus?
Was zeichnet "Innovatoren" aus?
Ein echter Entrepreneur oder Innovator an der Unternehmensspitze zu sein, verlangt mehr als ein Unternehmen zu managen und die Ressourcen effektiv zu nutzen. Es schließt kreative Elemente ein wie das Identifizieren von Marktchancen, das Finden neuer Geschäftsideen und deren Umsetzung in Form neuer Geschäftsmodelle. Das setzt gewisse persönliche Eigenschaften voraus:
Neugier
Entrepreneure hinterfragen auch scheinbar selbstverständliche Dinge und wollen diese verstehen. Sie stellen Fragen, die andere nicht stellen - zum Beispiel: Warum muss ein Auto ein Lenkrad haben? Warum stapeln sich in meiner Schublade die Gebrauchsanleitungen und Fernbedienungen? Muss ein Unternehmen eine "Zentrale" haben?
Innere Unruhe
Entrepreneure geben sich mit bestehenden Lösungen nicht zufrieden. Sie hinterfragen auch Selbstverständlichkeiten wie etwa, dass in nahezu jedem Haushalt eine Bohrmaschine vorhanden ist, mit der sie ein- oder zweimal jährlich Löcher in ihre Wände bohren, obwohl sie das eigentlich lästig finden. Also ergibt sich die Frage: "Wie könnte man Dinge anders befestigen?" So gelangen sie zu ganz neuen Problemlösungsansätzen und schließlich zu Produkten, die sich verkaufen lassen.
Imagination
Entrepreneure verfügen über die Fähigkeit, sich Dinge anders vorzustellen als sie gerade sind. Sie sehen beim Betreten einer leeren Wohnung nicht die kahlen, kalten Räume - also die Realität. Sie sehen vor ihrem geistigen Auge vielmehr, wie die eingerichtete Wohnung künftig aussehen könnte. Sie sehen also die Möglichkeiten, Potenziale und Chancen.
Ausdauer und Beharrlichkeit
Entrepreneure zeichnen sich durch eine gewisse "Starrköpfigkeit" aus. Sie glauben auch noch an eine Lösung, wenn die ersten Versuche gescheitert sind und fast alle im Umfeld sagen "Das klappt nie". Zugleich bewahren sie jedoch den erforderlichen Realitätsbezug, ohne den sie Phantasten wären.
Unternehmer- statt Managergeist:
Entrepreneure sind Macher und Erfinder zugleich. Sie verfügen wie Edison über einen gesunden Pragmatismus. Ein typisches Beispiel ist Reinhold Würth, der aus der väterlichen Schraubenhandlung die weltweit agierende, auf Befestigungs- und Montagetechnik spezialisierte Unternehmensgruppe Würth entwickelte. Ein weiteres Beispiel ist Artur Fischer, der die Fischerwerke gründete, die heute noch auf ihrer Webseite stolz verkünden: "Aus der Belegschaft stammen jährlich 13,2 Patentanmeldungen pro 1000 Mitarbeiter (Industriedurchschnitt: 0,54). Bezogen auf die Zahl der Mitarbeiter meldet Fischer mehr Patente an als jeder der zehn aktivsten Anmelder in Deutschland."

Neudesign des Vorschlagswesens

Im Business to Business macht man sich das Prinzip der Open Innovation ebenfalls oft zunutze, indem man die Teilnehmer zuvor gezielt auswählt. So lassen sich etwa Softwarehersteller von ihren Anwender-Communitys konkret vorschlagen, an welchen Funktionalitäten demnächst Bedarf für ein zukunftsfähiges Business besteht. Bei einer solchen Zielsetzung herrscht häufig der Wunsch nach mehr Kontrolle über den Prozess und die integrierten Teilnehmer - und auch die Kunden geben ihre Vorschläge eher in einem kleineren Rahmen ab. Der Anbieter beabsichtigt hier vor allem die systematische Ideengenerierung für Innovationen oder auch die gezielte Weiterentwicklung bestehender Produkte. Dabei sollen die Innovationspotenziale auch insofern geschützt werden, als dass Wettbewerber nicht zu frühzeitig Einblicke erhalten dürfen. Damit die Qualität der eingereichten Ideen möglichst hoch ist und die Beiträge überwiegend wertschätzend bewertet werden, setzt man oft auf kleine, aber feine Communities. Auf diese Weise wird eine Balance zwischen Offenheit und Kontrolle geschaffen. Gleichzeitig lassen sich - wenn auch in begrenzterem Rahmen als bei völlig offenen Wettbewerben - neue Potenziale erschließen.

Wie kann ein solcher halboffener Innovationsprozess im Business to Business aussehen? Zwei Aspekte sind hierbei besonders relevant: zum einen die Auswahl der beteiligten Personen, zum anderen die Art der Beteiligung. Die Beschränkung auf eine bestimmte Teilnehmergruppe wie zum Beispiel Stammkunden oder Power-Nutzer sowie auch die Kommunikation mit Klarnamen schützt vor unseriösen Beiträgen oder Spam-Versuchen. In diesem Fall können vertrauliche oder fachlich detailliertere Situationen in der Aufgabenstellung berücksichtigt werden. Online-Diskussionsforen, die Vergabe von Punkten als Bewertungsmöglichkeit oder auch das von Facebook bekannte "Like" sind typische Elemente für die Ausgestaltung von B2B-orientierten Ideenportalen. Häufig nutzen Unternehmen diesen Ansatz, beschränkt auf ihre Mitarbeiter, für das interne Vorschlagswesen. So stellt etwa eine norddeutsche Großstadt intern eine Ideenplattform bereit, auf der die Mitarbeiter der Verwaltung gemeinsam Potenziale zur Verbesserung interner Prozesse entwickeln. Ähnlich geht ein Produktionsunternehmen für Rohrsysteme vor: Es lässt in einer internen Community Produktinnovationen vorschlagen und von den Mitarbeitern bewerten und diskutieren.

Foto: Sergey Niven, Fotolia.com

Nutzen muss man sofort erkennen

Auch bei diesen Beispielen wird der Mitarbeiter motiviert, das Unternehmen aktiv mitzugestalten. Für ihn muss daher als unmittelbarer Effekt der Nutzen entstehen, dass sich sein Arbeitsalltag verbessert. Wesentlich für den Erfolg solcher Ideen-Communitys sind die Einführungsstrategie, die nachhaltige Kommunikation und das Management der jeweiligen Plattformen. Vor allem bei unternehmens-internen Crowdsourcing-Strategien besteht eine weitere Herausforderung darin, sich an der bisherigen Form der internen Kommunikation zu orientieren, damit die Nutzer nicht durch zu viele neue Funktionen überfordert werden.

Innovationen, die das Produktportfolio bereichern, lassen sich indes häufig besser erarbeiten, wenn Kunden oder andere externe Bezugsgruppen eingebunden sind. Ein auf HR-Self-Services ausgerichteter Softwarehersteller bindet etwa seine Kunden ein, um künftige Produktversionen auf ihre Vorstellungen abzustimmen. Dazu wurde ein Extranet konzipiert, in dem unter anderem Interessenten, Vertriebspartner und bestehende Endanwender mitwirken. Hier können Kunden, Partner und Interessenten in einen Dialog treten und Erfahrungen austauschen. Zudem sollen Kunden auch explizit ihren Bedarf an Funktionalitäten mitteilen und so Einfluss auf die Weiterentwicklungen nehmen. Gleichzeitig lassen sich Erkenntnisse über bisherige Erfahrungen der Anwender gewinnen, weil diese über die Plattform auch ihre Anfragen an den Support richten. Künftig ist zudem geplant, für Teilgruppen gemeinsam mit Kooperationspartnern Ideenwettbewerbe auszurichten.

Das kreative Ideenpotenzial der Crowd lässt sich für jedes Unternehmen erschließen. Im ersten Schritt ist zu entscheiden, wie sich die jeweilige Community zusammensetzen soll. Dabei lassen sich Risiken wie unseriöse Beiträge oder Ideendiebstahl im Business to Business durch die Auswahl und durchdachte Ausgestaltung der jeweiligen Plattform verringern. Die Vorteile des Crowdsourcings überwiegen, denn der Aufwand wird durch konsequente Ideengenierung und eine marktnahe und somit verkaufsstärkere Produktentwicklung belohnt. Auch die Kunden- und Partnerbindung, die durch Open Innovation erreicht wird, trägt gezielt zum langfristigen Erfolg der Unternehmen bei.