Österreichs Leasing-Markt im Aufbruch:Die Angst des EDV-Manns vor der Leasing-Fessel

23.06.1978

WIEN/MÜNCHEN - Entwicklungsland im Bereich des EDV-Leasing ist bislang Unterreich. Das soll anders werden. Die größten Leasing-Unternehmen in der Alpenrepublik wollen jetzt mit einem eigenen Verband "eine Kerze in den dunklen Tunnel stellen", wie Diplomkaufmann Peter Gasser von der österreichischen Leasing GmbH die Lichtmeß-Aktion beschreibt.

Der noch namenlose Verband, dessen Initiatoren sich Ende Mai in Wien gerade mal beschnupperten, will sich später sogar um eine gemeinsame Konditionenpolitik sorgen. Fürs erste aber geht es darum, über Gemeinschaftswerbung die alpenrepublikanischen Leasing-Muffel "minded" zu machen. Da haben es die rot-weiß-roten Leasinggeber nicht leicht.

Vor allem die Angst des EDV-Manns vor der Leasing-Fessel hat bislang den Markt gebremst, für den es nur Hoffnungen, "aber keine Zahlen" (Gasser) gibt. Nur Anwender, die sicher sein könnten, daß ihre Maschine noch vier, fünf Jahre aktuell sei, wären in Österreich für Leasing-Gespräche zu gewinnen. Das Argument "Flexibilität" tauche, so Grasser, in jedem Gespräch auf. Tenor: Wer bindet sich schon mit einem Leasing-Vertrag, wenn vielleicht morgen eine neue Maschine auf den Markt kommt, die für weitaus weniger Geld weitaus mehr leistet - und bei der zu allem Überfluß auch noch das Gerücht über

eine Nachfolgemaschine im Umlauf ist.

Einen Grund, sich auch dann für Leasing zu entscheiden, gäbe es: Kostenvorteile. Doch, so lästert Gasser: 4 "Der österreichische EDV-Chef rechnet nicht so scharf wie der bundesdeutsche." Da läßt ein EDV-Mann schon mal einen kostengünstigeren Leasing-Vertrag sausen, nach der Denkart: "Mein EDV-Budget ist bewilligt, was soll ich jetzt noch sparen."

Ohne schützende Wartungshand

Unterschwellig spielt freilich eine nicht zu fassende Sorge der Anwender mit: Der Mainframer könnte bei zu keckem Leasing, etwa dann, wenn auch noch unter Umgehung der österreichischen Vertretung direkt aus dem Ausland eine Maschine geleast wird seine schützende Wartungshand zurückziehen. Gasser kennt solche Bedenken von IBM-Anwendern. Er glaubt aber sie zerstreuen zu können. Denn IBM-Österreich könnte sich's von der Policy her nicht erlauben, bei der Wartung Schwierigkeiten zu machen.

Daß durch den gezielten Einsatz von Leasing und Cleverness auf dem Second-Hand-Markt "beträchtliche Kosteneinsparungen" erzielbar seien, das glaubt zwar auch der österreichische Anwender. Aber: Die Ausnützung von Marktchancen "setzt schon eine gewisse Mündigkeit des EDV-Anwenders voraus, und hier scheint Österreich noch stark nachzuhinken", stöhnt Leasing-Promotor Gasser.

Zugeschnitten auf rot-weiß-rote EDV-Anwender hat Grasser eine Pro-Argumentationslatte aufgestellt, daraus die wichtigsten Punkte:

þSale-and-lease-back installierter Anlagen zur Reduzierung der monatlichen Kosten nach Ausnützung der Kaufoption. - Besonders bei Anlagen des Marktführers gibt es einen exakt errechenbaren Zeitpunkt, bei dem das Maximum an bezahlten Mieten bei Inanspruchnahme einer Kaufoption in Anspruch genommen werden kann. Wenn der EDV-Anwender zu diesem Zeitpunkt die Anlage kauft und zum selben Wert an die Leasingfirma weiterverkauft und zurückmietet (Sale-and-lease-back), können erhebliche Einsparungen der monatlichen Kosten erreicht werden.

þKeine Mehrschichtkosten bei Leasing. - Die Leasinggesellschaft verrechnet keine Mehrbenützungskosten außerhalb der ersten Arbeitsschicht, was aber in etlichen Mietverträgen von Herstellern verlangt wird.

þKeine indexabhängigen Leasingratenerhöhungen. - Die Leasingraten sind bei seriösen Leasingfirmen an das Zinsniveau gebunden und nicht an den Verbraucherpreisindex. So auch bei dem Leasingunternehmen, das den MDT- und EDV-Markt betreut.

þDegressive Mietmodelle mit Kalkulation eines Restwertes bei Vertragsende der dann am Gebrauchtmarkt erzielbar ist. - Der Vorteil einer Degressivmiete ist die Tatsache, daß die Kosten einer EDV-Abteilung insgesamt auf konstanter Höhe gehalten werden und damit in Prozent von den Gesamtkosten eines Unternehmens sinken. Dies wird dadurch erreicht, daß die sinkenden Leasingmieten für die Hardware die steigenden Personalkosten in der EDV auffangen.

Außerdem wird durch sinkende Mieten der Marktentwicklung eher Rechnung getragen, wo Anlagen steigender Leistung immer billiger auf den Markt kommen.

Durch einen Restwert, der bei Vertragsende verbleibt, kann die Mietzahlung über die Laufzeit gegenüber einem Full-pay-out-Vertrag weiter gesenkt werden. Diesen Restwert muß aber der Leasingkunde der Leasinggesellschaft garantieren, und er sollte so gewählt werden, daß er bei Vertragsablauf tatsächlich erzielbar ist. Bei Beurteilung zukünftiger Restwerte tun sich allerdings auch Fachleute schwer.

þKontakt zum internationalen Second-hand-Markt über die Leasingfirma. - Eine Leasingfirma, die wie die obengenannte Kontakte zum internationalen Gebrauchtcomputermarkt bieten kann, ist natürlich ein wertvoller Partner. Der internationale Markt ist wesentlich breiter und auch aufnahmefähiger als der rein österreichische.